VwGH 86/14/0093

VwGH86/14/009320.1.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. Dorner, über die Beschwerde der FS Kommanditgesellschaft in L, vertreten durch Dr. Wilfrid Stenitzer, Rechtsanwalt in Leibnitz, Hauptplatz 34/1, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark, Berufungssenat, vom 9. April 1986, Zl. B 212-3/1983, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für 1980, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §188;
EStG 1972 §23 Z2;
EStG 1972 §4 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1986140093.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der beschwerdeführenden Kommanditgesellschaft (KG) waren ab 2. Oktober 1978 Dipl. Ing. Sch mit einer Einlage von S 60.000,--

(= 30 %), ASch mit einer Einlage von S 80.000,-- (= 40 %), EG mit einer Einlage von S 30.000,-- (= 15 %) und Dipl. Ing. G ebenfalls mit einer Einlage von S 30.000,-- als Kommanditisten beteiligt. Dipl. Ing. Sch und ASch sind Ehegatten, EG und Dipl. Ing. G deren Tochter und Schwiegersohn. Die Kommanditisten waren im gleichen Anteilsverhältnis Gesellschafter der Sch.-GesmbH, die ihrerseits (ohne Vermögenseinlage) Komplementär der beschwerdeführenden KG (Beschwerdeführerin) war. Die Beschwerdeführerin bilanziert nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr mit Bilanzstichtag 31. Jänner. Zu Ende des Wirtschaftsjahres 1980 (dauernd vom 1. Februar 1979 bis 31. Jänner 1980) schied der am 2. Oktober 1978 eingetretene Kommanditist Dipl. Ing. G aus der beschwerdeführenden KG wieder aus. Sein Anteil ging durch Schenkung mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter auf seine Ehegattin über. Zur selben Zeit übertrug Dipl. Ing. G seiner Ehegattin auch seinen Geschäftsanteil an der GesmbH durch Schenkung, er blieb aber laut Vorhaltsbeantwortung vom 21. Juni 1982 weiterhin Arbeitnehmer der GesmbH und als solcher laut Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz auch deren Geschäftsführer.

Für das Wirtschaftsjahr 1980 verrechnete die Beschwerdeführerin dem Dipl. Ing. G in der zwecks Gewinnfeststellung gemäß § 188 BAO eingebrachten Abgabenerklärung einen Betrag von S 330.000,-- als Vergütung gemäß § 23 Z. 2 EStG 1972. Gleichzeitig wies aber diese Abgabenerklärung dem Dipl. Ing. G einen Verlustanteil von S 314.984,-- zu. Der Unterschied zwischen diesen beiden Beträgen (+ S 15.016,--) entspricht dem Gewinnanteil, der auf Dipl. Ing. G nach dem Gesellschaftsvertrag der beschwerdeführenden KG ohne die Vergütung gemäß § 23 Z. 2 EStG 1972 entfallen wäre. In der Gewinn- und Verlustrechnung der Beschwerdeführerin für das Wirtschaftsjahr 1980 scheinen die S 330.000,-- unter der Bezeichnung "Vorweggewinn" als Aufwandsposten auf. Auf dem in der Handelsbilanz aufgeschlüsseltem Privatkonto des Dipl. Ing. G, das die Beschwerdeführerin neben dem unveränderlichen Kommanditeinlagenkonto (für Dipl. Ing. G mit S 30.000,--) führte, ist gebucht:

 

Stand 1. Februar 1979

- 16.367,77

 

- 1.380,--

 

- 17.747,77

Verlustanteil per 31. Jänner 1980

- 314.983,98

 

- 332.731,75

  

 

Den Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung folgend erblickte das Finanzamt in dem als Vergütung ausgewiesenen Betrag von S 330.000,-- einen Geschäftsführerbezug des Dipl. Ing. G, der bei diesem gemäß § 23 Z. 2 EStG 1972 in voller Höhe zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führe. Dementsprechend verminderten sich die Ergebnisanteile der übrigen Gesellschafter.

Die Beschwerdeführerin vertrat hingegen im Rechtsmittelverfahren die Auffassung, mit den S 330.000,-- hätte Dipl. Ing. G im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehene und von den übrigen Gesellschaftern auch nicht genehmigte Entnahmen getätigt, die anläßlich des Jahresabschlusses für das Wirtschaftsjahr 1980 unter Bedachtnahme auf den gesellschaftsvertraglichen Gewinnanspruch berichtigt worden wären.

Die belangte Behörde schloß sich im angefochtenen Bescheid der Auffassung des Finanzamtes an und hielt fest, die Beschwerdeführerin hätte abgeforderte Vereinbarungen über Rückzahlungsmodalitäten für die S 330.000,-- nicht vorlegen können. Sie hätte lediglich das Konto "sonstige Forderungen" in der Bilanz für 1982 aufgeschlüsselt und dazu bemerkt, daß keine Forderungen gegenüber Dipl. Ing. G bestünden. Es sei jedoch unwahrscheinlich, daß einem familienfremden Kommanditisten Entnahmen im nachhinein zugestanden würden, und zwar ohne jegliche Absicherung hinsichtlich einer allfälligen Rückzahlung bzw. sogar ohne eine Rückzahlung vorzusehen. Gegen den Entnahmecharakter des strittigen Betrages spreche auch der Umstand, daß er in der Gewinn- und Verlustrechnung berücksichtigt worden sei, weiters in den Büchern ein Konto mit der Bezeichnung "Geschäftsführerbezug" aufscheine und auch die Banküberweisung unter diesem Titel erfolgt wäre. Das Finanzamt habe diese Ansicht der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht. Diese sei jedoch in der dazu abgegebenen Stellungnahme darauf nicht eingegangen. Erst im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz habe sie entgegnet, daß die Buchhalterin das Konto nach ihrem Gutdünken bezeichnet hätte. Verbunden mit der Tatsache, daß Dipl. Ing. G bis 1. Oktober 1979 (richtig wohl: 1978) Geschäftsführer gewesen wäre, weiters ab 1. Februar 1980 wiederum Arbeitnehmer sei und zusätzlich laut Notariatsakt vom 21. September 1978 als Geschäftsführer der GesmbH bezeichnet werde, könne das Vorliegen von Entnahmen nicht angenommen werden. Eine "Toleranz" gegenüber derartigen "Entnahmen" könne nur in dem gegebenen "familiären Konglomerat" seine Begründung haben. Die monatlichen Überweisungen stellten sich als Geschäftsführerbezüge dar.

Vorliegende Beschwerde macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Der Streit zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens läßt sich auf die Rechtsfrage eingrenzen, ob der Gewinn des Wirtschaftsjahres 1980 einschließlich des "Vorweggewinnes" von S 330.000,-- nach dem Gesellschaftsvertrag zu verteilen oder ob der Betrag von S 330.000,-- gemäß § 23 Z. 2 EStG 1972 allein dem Dipl. Ing. G als Vergütung zuzurechnen war.

1.2. Der Beschwerdeführerin ist dabei zuzubilligen, daß ein Gewinn auf Gesellschafter grundsätzlich nach dem Gesellschaftsvertrag zu verteilen ist. Dieser Grundsatz gilt aber nicht, wenn einem Gesellschafter tatsächlich - unter welchem Titel und in welcher Form immer - ein höherer als der gesellschaftsvertraglich vorgesehene Gewinnanteil zukommt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. Februar 1979, Zl. 214/77, vom 6. Mai 1980, Zlen. 1345, 1372/79, vom 21. Oktober 1980, Zl. 2385/79, sowie arg. e contrario das Erkenntnis vom 8. November 1983, Zl. 83/14/0037).

2. Die belangte Behörde durfte im Beschwerdefall aus folgenden Gründen zu Recht davon ausgehen, daß dem Dipl. Ing. G im Wirtschaftsjahr 1980 nicht nur der gesellschaftsvertraglich vorgesehene Gewinnanteil, sondern in Höhe des in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen "Vorweggewinnes" von S 330.000,-- zu Lasten der Gewinnansprüche der anderen Kommanditisten ein gesonderter Vorteil (als Vergütung im Sinne des § 23 Z. 2 EStG 1972) zugekommen war:

2.1. Zwar ist am Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht zu zweifeln, daß ihre Geschäftsführung der Komplementär-GesmbH oblag und Dipl. Ing. G nach den einschlägigen Gesellschaftsverträgen lediglich deren Geschäftsführer (neben Dipl. Ing. Sch) war. Die Beschwerdeführerin selbst führte aber in der Berufung bezüglich der Geschäftsführervergütung aus, daß die GesmbH keine Auszahlungen an Dipl. Ing. G vorgenommen hatte. Daß Dipl. Ing. G auch tatsächlich Geschäftsführungstätigkeiten der Beschwerdeführerin ausübte, ist Beschwerdevorbringen.

2.2. Für das Wirtschaftsjahr 1979 scheint in der Gewinn- und Verlustrechnung der Beschwerdeführerin (Punkt III) ein Geschäftsführungsaufwand von S 80.354,-- auf. Diese S 80.354,-- wies die Beschwerdeführerin in ihrer gemäß § 188 BAO für 1974 eingebrachten Abgabenerklärung als Vergütung des Dipl. Ing. G im Sinne des § 23 Z. 2 EStG 1972 aus, wobei für diese Geschäftsführung die Zeit vom Oktober 1978 bis Jänner 1979 in Betracht kam, in der die GesmbH nach den Beilagen zur Beschwerde ebenfalls bereits geschäftsführender Komplementär der beschwerdeführenden KG war.

2.3. Nach den der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebrachten Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung erhielt Dipl. Ing. G die strittigen S 330.000,-- in Form monatlicher Zahlungen in Höhe von S 20.000,-- bis S 30.000,--, die als "Geschäftsführerbezüge" zur Überweisung gelangten und als solche verbucht wurden. In Anbetracht des Umstandes, daß Dipl. Ing. G für die Geschäftsführung von der GesmbH keine Zahlungen erhielt (Punkt 2.1.), für das Wirtschaftsjahr 1979 hiefür aber von der Beschwerdeführerin auch als solche berücksichtigte Geschäftsführervergütungen erhalten hatte (Punkt 2.2.), erscheint es zweifelhaft, daß Dipl. Ing. G im Wirtschaftsjahr 1980 die monatlichen "Geschäftsführervergütungen" ohne Wissen und Willen der übrigen Gesellschafter erhielt, wie dies die Beschwerdeführerin behauptet. Die Zweifel verstärken sich, wenn man in Rechnung stellt, daß Dipl. Ing. G auch nach dem Wirtschaftsjahr 1980 jedenfalls bis in das Jahr 1983 hinein (Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 8. Juni 1983, Seite 3) Geschäftsführer der die Geschäfte der Beschwerdeführerin führenden GesmbH blieb, obwohl er sich im Wirtschaftsjahr 1980 monatlich S 20.000,-- bis S 30.000,-- angeblich eigenmächtig hatte zukommen lassen.

2.4. Vor allem aber fällt ins Gewicht, daß die Beschwerdeführerin trotz ausdrücklich gebotener Gelegenheit keine Vereinbarung der Gesellschafter aufzeigen konnte, die Dipl. Ing. G zur Rückzahlung der angeblich zu Unrecht bezogenen S 330.000,-- verhalten hätte. Die Beschwerdeführerin erbrachte auch keinen Beweis, daß eine solche Rückzahlung tatsächlich erfolgt wäre. Daß in der Handelsbilanz zum 31. Jänner 1982 gegenüber Dipl. Ing. G keine Rückzahlungsforderung (mehr) aufscheint, wie dies die Beschwerdeführerin in der Vorhaltsbeantwortung vom 30. Jänner 1986 darlegt, besagt nichts: Würde doch eine Rückzahlungsforderung auch dann nicht aufscheinen, wenn sie erst gar nicht geltend gemacht worden wäre auch die Schenkung des Kommanditanteiles durch Dipl. Ing. G an seine Ehegattin zu Ende des Wirtschaftsjahres 1980 kommt einer Rückzahlung der (oder einer Rückzahlungsvereinbarung über die) angeblich ungerechtfertigten Geschäftsführerbezüge nicht gleich, zumal in keiner Weise aufgezeigt wurde, wie und in welchem Verhältnis aus der Schenkung des insgesamt negativen Gesellschaftsanteiles des Dipl. Ing. G dessen angebliche Rückzahlungsverpflichtung abgedeckt wurde. Aus den Handelsbilanzen zum 31. Jänner 1980 und zum 31. Jänner 1981 geht lediglich hervor, daß die Ehegattin die Gesellschaftsanteile des Dipl. Ing. G an der beschwerdeführenden KG zu deren Buchwerten übernahm und mit den Buchwerten fortführte.

2.5. Die in der Beschwerde ins Treffen geführte "Angehörigen-Judikatur" des Verwaltungsgerichtshofes schlägt zum Nachteil der Beschwerdeführerin aus: Es ist unter Fremden völlig unüblich, daß bei unrechtmäßigen Bezügen in einer Höhe von immerhin S 330.000,-- keine eindeutige Rückzahlungsvereinbarung getroffen wird.

3. Die Beschwerdeführerin vermochte somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 20. Jänner 1987

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