Normen
EStG 1972 §2 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1986130132.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.600,‑ ‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine AHS‑Professorin, eröffnete mit 18. Oktober 1982 einen Altwarenhandel und stellte ihn mit 31. Oktober 1983 wieder ein; für 1982 wies sie einen Verlust von S 37.138,‑ ‑ aus und für 1983 einen solchen von S 88.670,‑ ‑ zuzüglich eines Übergangsverlustes von S 11.751,‑ ‑. Für beide Jahre beantragte sie eine Verlustveranlagung.
Das Finanzamt erließ hinsichtlich der Einkommensteuer Nichtveranlagungsbescheide; da sich nur Verluste ergeben hätten, liege ein Fall der Liebhaberei vor.
Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Berufung. Es seien sowohl die objektiven (Gewinnmöglichkeit) als auch die subjektiven (Gewinnstreben) Voraussetzungen gegeben gewesen; damit seien Einkünfte aus Gewerbebetrieb und nicht Liebhaberei vorgelegen.
Die Finanzlandesdirektion wies mit der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung diese Berufung ab. Bei der Art des Gewerbebetriebes der Beschwerdeführerin habe es sich um keinen Erzeugungsbetrieb gehandelt. Es sei dies ein reiner Handelsbetrieb gewesen. Gegenstand des Handels seien Altwaren gewesen. Daraus könne geschlossen werden, daß mit dieser Tätigkeit Neigungen der Beschwerdeführerin befriedigt worden seien. Im Vordergrund sei somit nicht eine wirtschaftliche Tätigkeit gestanden, sondern die Befriedigung einer Vorliebe der Beschwerdeführerin. Zu dieser Befriedigung der Vorliebe habe sich noch der Umstand gesellt, daß es sich bei den in Überschußrechnungen ausgewiesenen Löhnen um die Löhne für den Ehemann der Beschwerdeführerin gehandelt habe. Daß im Vordergrund nicht die wirtschaftliche Tätigkeit gestanden sei, sei auch dadurch ersichtlich, daß die entstandenen Verluste der Beschwerdeführerin als Empfänger von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu einer wesentlichen Verminderung der Einkommensteuerbelastung verholfen und zu einer Lohnsteuergutschrift geführt hätten und somit der Anreiz für eine Gewinnerzielungsabsicht nicht allzu groß erschienen sei. Das in der Berufung vorgebrachte Argument, „es wird niemand bestreiten, daß es nach objektiven Gesichtspunkten möglich ist, mit einem Altwarenhandel Gewinne zu erzielen“, gehe am Sachverhalt vorbei. Gehe es doch darum, ob nicht ein x‑beliebiger Altwarenhändler Gewinne erzielt habe, sondern im gegenständlichen Fall um die betriebswirtschaftliche Betriebsführung der Beschwerdeführerin. Eine solche habe jedoch nicht erblickt werden können. Auch der Hinweis auf mögliche Anlaufschwierigkeiten sei zu allgemein gehalten. Auf Grund der vorangestellten Erwägungen komme es hiebei in erster Linie auf die Branche an. Bei einem Produktionsbetrieb seien sicherlich Anlaufschwierigkeiten miteinzubeziehen. Bei einem Handelsbetrieb, wie im gegenständlichen Fall bei einem Altwarenhandel, seien diese von vornherein durch den Standort und die Marktlage abzuschätzen. Somit sei auch dieses Argument ins Leere gegangen. Es seien deshalb die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlichen Kriterien für das Vorliegen der Liebhaberei gegeben: Das besonders auffallende Mißverhältnis zwischen den Verlusten und den erzielten Umsätzen, die Höhe der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, um diese Verluste zu finanzieren, und ein im Verhältnis zu anderen vergleichbaren Gewerbebetrieben auffallend schlechtes Betriebsergebnis.
Die Beschwerdeführerin behauptet in der gegen diese Berufungsentscheidung erhobenen Beschwerde, sie sei in ihrem Recht verletzt, zur Einkommensteuer - Einkünfte aus Gewerbebetrieb ‑ veranlagt zu werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1972 ist Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im § 2 Abs. 3 leg. cit. bezeichneten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben.
Nur Tätigkeiten, die auf Dauer gesehen Gewinne bzw. Einnahmenüberschüsse erwarten lassen, kommen als Einkunftsquelle in Betracht. Andernfalls liegt einkommensteuerlich unbeachtliche Liebhaberei vor, und zwar auch dann, wenn an sich die Zuordnung der Tätigkeit zu einer Einkunftsart möglich wäre. Ist Liebhaberei anzunehmen, sind nicht nur die daraus resultierenden Verluste, sondern auch Zufallsgewinne (Überschüsse) steuerlich irrelevant. Bei der Führung eines Betriebes ist sowohl objektiv zu beurteilen, ob nach der Art des Betriebes (z. B. Größe, Ertragsfähigkeit) und der Art der Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen nachhaltig ein Gewinn erzielt werden kann, als auch, ob der Steuerpflichtige subjektiv nicht bloß Kostendeckung, sondern auch einen wirtschaftlichen Nutzen anstrebt. Der behauptete subjektive Wille, Überschüsse zu erzielen, reicht allein für die Annahme einer steuerlich beachtlichen Einkunftsquelle nicht aus, wenn objektiv betrachtet keine Möglichkeit einer Erzielung von Einnahmenüberschüssen besteht. Ergibt die Prüfung der objektiven Komponente kein eindeutiges Ergebnis, muß auch die nach außen in Erscheinung tretende subjektive Einstellung des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. Hat der Steuerpflichtige neben der zu beurteilenden Tätigkeit eine Einkunftsquelle, die es ihm erlaubt, daraus seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und sich daneben ohne wesentliche wirtschaftliche Einschränkung eine Liebhaberei zu „leisten“, ist dies ein Indiz für eine mangelnde Gewinnabsicht. Ist eine Tätigkeit objektiv geeignet, einen Ertrag abzuwerfen und entstehen tatsächlich regelmäßig Einnahmenüberschüsse, macht eine (behauptete) fehlende Gewinnabsicht die Tätigkeit nicht zur Liebhaberei. Um beurteilen zu können, ob eine Tätigkeit auf Dauer gesehen geeignet ist, Überschüsse abzuwerfen, muß ein längerer Zeitraum beobachtet werden. Bloß in der Anlaufphase oder durch Sonderabschreibung erlittene Verluste machen eine Tätigkeit noch nicht zur Liebhaberei (Schubert/Pokorny/Schuch/Quantschnigg, Einkommensteuer‑Handbuch2, § 2, Tz. 21 ff).
Den Akten des abgabenbehördlichen Verfahrens ist zu entnehmen, daß die Beschwerdeführerin, die als AHS‑Professorin tätig ist, am 8. Juli 1981 einen offensichtlich nicht aus Österreich stammenden Mann geheiratet hatte, dessen Beruf oder Art der Tätigkeit mit Arbeiter angegeben wurde; der Ehe entstammt ein am 8. April 1982 geborener Sohn. Die Beschwerdeführerin erklärte für den am 18. Oktober 1982 eröffneten und am 31. Oktober 1983 eingestellten Gewerbebetrieb ‑ in dem sie ihren Ehemann beschäftigte ‑ für 1982 einen Verlust von S 37.138,‑ ‑ und für 1983 einen solchen von S 88.669,‑ ‑ zuzüglich eines Übergangsverlustes von S 11.751,‑ ‑.
Da die Beschwerdeführerin den Altwarenhandel nur rund ein Jahr führte, bedarf es zur Annahme, es habe eine Einkunftsquelle gefehlt, weitergehender ‑ auf zureichende Ermittlungsergebnisse gestützte ‑ Feststellungen, als jene, daß zwischen den Umsätzen und den Verlusten ein auffallendes Mißverhältnis vorgelegen sei, daß die Höhe der Einkünfte der Beschwerdeführerin aus nichtselbständiger Arbeit die Finanzierung dieser Verluste zugelassen habe, und daß im Verhältnis zu anderen vergleichbaren Gewerbebetrieben ein auffallend schlechtes Betriebsergebnis erzielt worden sei. Unter dem Gesichtspunkt, daß der Beobachtungszeitraum bei Gewerbebetrieben eben wegen der Anlaufschwierigkeiten bis zu 8 und 10 Jahren beträgt, sind bei einer bloß einjährigen Geschäftsführung diese Gegebenheiten allein kein ausreichender Hinweis.
Der angefochtene Bescheid ist deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Schriftsatzaufwand in der angesprochenen Höhe stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Gemäß § 14 Abs. 1 Z. 6 GebG 1957 sind der Beschwerdeschriftsatz und jede Gleichschrift nur mit je S 120,‑ ‑ zu stempeln.
Wien, am 18. November 1987
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