VwGH 86/12/0145

VwGH86/12/014522.6.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Drexler, Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Janistyn, über die Beschwerde des Ing. HJ in L, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Rechtsanwalt in Wien I, Stubenring 20, gegen den Beschluß des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 20. Dezember 1979, intimiert durch Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21. Dezember 1979, Zl. 0-1-0, betreffend Jubiläumszuwendung, zu Recht erkannt:

Normen

GehG 1956 §20c Abs1 impl;
GehG/Statutargemeindebeamten OÖ 1956 §30 Abs3 idF 1969/029;
JubiläumszuwendungsV Linz 1971 §1 Abs1 idF VO 10.11.1977;
LBGErg OÖ 19te §20c;
GehG 1956 §20c Abs1 impl;
GehG/Statutargemeindebeamten OÖ 1956 §30 Abs3 idF 1969/029;
JubiläumszuwendungsV Linz 1971 §1 Abs1 idF VO 10.11.1977;
LBGErg OÖ 19te §20c;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Linz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist seit Ablauf des 31. Juli 1978 Ruhestandsbeamter der Landeshauptstadt Linz.

Am 10. Februar 1978 beantragte er die Auszahlung einer Jubiläumszuwendung aus Anlaß der Vollendung einer Dienstzeit von 35 Jahren gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 24. Juni 1971 über die Gewährung von Jubiläumszuwendungen und Treuebelohnungen, in der Fassung der Verordnung vom 10. November 1977.

Diesem Antrag gab der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz mit Beschluß vom 11. Juni 1979, dem Beschwerdeführer mitgeteilt mit Bescheid des Magistrates Linz vom 10. Juli 1979, nicht Folge. Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid ab und führte zur Begründung ihrer Entscheidung aus:

Die oben erwähnte Verordnung verlange als Voraussetzung für die Gewährung einer Jubiläumszuwendung neben der Vollendung bestimmter Dienstzeiten die Leistung "treuer Dienste". Nach herrschender Lehre bestehe die Treuepflicht darin, sich für die Interessen des Dienstgebers einzusetzen und alles zu unterlassen, was dem Dienstgeber abträglich sein könnte. Diese Verpflichtung komme auch im § 17 Abs. 1 des Statutargemeinden-Beamtengesetzes, LGBl. für Oberösterreich Nr. 37/1956, in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 29/1969, zum Ausdruck, demzufolge der Beamte bei Dienstantritt mit Handschlag dem Bürgermeister zu geloben habe, die Bundes- und Landesverfassung, die Bundes- und Landesgesetze sowie alle sonstigen Rechtsvorschriften unverbrüchlich zu beachten, die Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen, insbesondere auch die Pflicht der Amtsverschwiegenheit zu wahren und seine ganze Kraft in den Dienst der Heimat und der Stadt zu stellen.

Mit Disziplinarerkenntnis vom 29. April 1977 sei der Beschwerdeführer schuldig erkannt worden, die ihm gemäß § 21 Abs. 3 des Statutargemeinden-Beamtengesetzes obliegenden allgemeinen Pflichten eines Beamten, und zwar die Wahrung des Standesansehens im und außer Dienst, insofern verletzt zu haben, als er am 14. Februar 1973 um seines Vorteiles willen im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit seiner Ehefrau MJ Lebensmittel im Gesamtwert von S 72,90 aus dem Besitz des Hofer-Marktes in W entzogen habe.

Dadurch, daß der Beschwerdeführer - wenngleich im Zusammenwirken mit seiner Frau - den Straftatbestand Diebstahl erfüllt habe, habe er ein schweres Dienstvergehen begangen (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1977, Zl. 833/76, Slg. N. F. Nr. 9217/A) und somit die ihm als Beamten obliegenden Pflichten verletzt. Die maßgebliche Voraussetzung des § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Gewährung der Jubiläumszuwendungen und Treuebelohnungen, nämlich geleistete treue Dienste, liege demnach nicht vor.

Zu dem vom Beschwerdeführer erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Oktober 1973, Zl. 410/73, sei zu vermerken, daß dieses nicht den Fall eines disziplinierten Beamten, sondern den eines Beamten mit unterschiedlicher Beschreibung betreffe. Der Beschwerdeführer verweise ferner in seiner Berufung auf § 81 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes, der vorsehe, daß eine Dienstpflichtverletzung über eine Disziplinarstrafe hinaus zu keinem dienstrechtlichen Nachteil führen dürfe. Abgesehen davon, daß diese bundesgesetzliche Bestimmung bei der Stadt Linz noch nicht übernommen worden sei, bilde für die Zuerkennung der Jubiläumszuwendung die Leistung treuer Dienste auch nach § 20c des Gehaltsgesetzes 1956 eine wesentliche Voraussetzung.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Im Zuge dieses Beschwerdeverfahrens leitete der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Worte "für treue Dienste" in § 1 Abs. 1 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 24. Juni 1971 über die Gewährung von Jubiläumszuwendungen und Treuebelohnungen, in der Fassung der Verordnung vom 10. November 1977, ein. Mit Erkenntnis vom 28. Juni 1985, V 34/84, sprach er jedoch aus, daß die in Prüfung gezogenen Worte nicht als gesetzwidrig aufgehoben werden. Weiters wies er mit Erkenntnis vom 28. Juni 1985, B 54/80, die Beschwerde unter gleichzeitiger Abtretung derselben an den Verwaltungsgerichtshof ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:

Nach § 1 Abs. 1 der bereits wiederholt angeführten Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz kann dem Beamten aus Anlaß der Vollendung einer Dienstzeit von 25, 35 und 45 Jahren für treue Dienste eine Jubiläumszuwendung in der in dieser Verordnungsstelle näher bestimmten Höhe gewährt werden.

Mit Rücksicht auf das Ergebnis des Verordnungsprüfungsverfahrens des Verfassungsgerichtshofes ist davon auszugehen, daß die Wendung "für treue Dienste" entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung einer gesetzlichen Deckung nicht entbehrt.

Im Beschwerdefall erachteten die Verwaltungsinstanzen allein auf Grund des vom Beschwerdeführer im Zusammenwirken mit seiner Frau im Jahre 1973 in einem Hofer-Markt begangenen Diebstahls von Lebensmitteln im Gesamtwert von S 72,90 das Vorliegen treuer Dienste des Beschwerdeführers für seinen Dienstgeber als nicht gegeben. Der Beschwerdeführer war mit Disziplinarerkenntnis vom 28. April 1977 schuldig erkannt worden, durch diese Verfehlung seine Pflicht zur Wahrung des Standesansehens verletzt zu haben. Über ihn wurde die Disziplinarstrafe der Minderung der für den Ruhegenuß anrechenbaren Bezüge um 5 v.H. auf die Dauer von einem halben Jahr verhängt. Ausdrücklich zugestanden wurde dem Beschwerdeführer hingegen im gegenständlichen Verwaltungsverfahren (Schreiben des Personalamtes des Magistrates Linz vom 29. Juni 1978 an den Beschwerdeführer), eine durchaus zufriedenstellende Arbeitsleistung erbracht zu haben.

Bei dieser Sachlage vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, daß im Beschwerdefall das Vorliegen treuer Dienste nicht verneint werden kann. Die Verfehlung des Beschwerdeführers bestand in einem eher geringfügigen Diebstahl, der sich - worauf der Beschwerdeführer wiederholt zu Recht hingewiesen hat - nicht im dienstlichen, sondern im außerdienstlichen Bereich ereignet hat. Das im angefochtenen Bescheid erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1977, Zl. 833/76, Slg. N. F. Nr. 9217/A, ist in einer Disziplinarsache ergangen und bezog sich nicht auf eine Jubiläumszuwendung. Auch in sachverhaltsmäßiger Hinsicht besteht insofern ein wesentlicher Unterschied, als damals über einen Diebstahl (von S 100,--) zu befinden war, den ein Polizeibeamter im Wachzimmer an einem Kollegen begangen hatte.

Da die belangte Behörde nach dem Gesagten zu Unrecht davon ausgegangen ist, daß im Beschwerdefall die Voraussetzung der Leistung treuer Dienste nicht erfüllt sei, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Ein Ersatz der Stempelgebühren, die der Beschwerdeführer im vorangegangenen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof entrichten mußte, konnte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht zugesprochen werden.

Wien, am 22. Juni 1987

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