VwGH 84/13/0083

VwGH84/13/008318.11.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rat Dr. Papierer, über die Beschwerde des Ing. KG in W, vertreten durch Dr. Elisabeth Constanze Schaller, Rechtsanwalt in Wien XV, Linke Wienzeile 236, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 30. September 1983, Zl. 6/1 - 1397/80, 6/1 - 1396/3/80, betreffend Einkommensteuer, einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften, sowie Gewerbesteuer für die Jahre 1972 bis 1976, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §22
EStG 1972 §23
EStG 1972 §4 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1984130083.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war Gesellschafter der KG, und zwar bis Ende 1974 als Komplementär und danach als Kommanditist. Gegenstand des Unternehmens war "Import-Export-Technische Beratung". Das Beteiligungsverhältnis änderte sich wiederholt. Für den Beschwerdefall von Bedeutung ist lediglich eine der Änderungen, nämlich der Erwerb des Kommanditanteiles der S.-AG (80 v.H.) durch den Beschwerdeführer im Jahr 1972, wodurch dessen Beteiligungsausmaß (vorübergehend) 99 v.H. betrug.

Für die Jahre 1972 bis 1976 fand bei der KG eine Betriebsprüfung statt. Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren über folgende Prüfungsfeststellungen:

1.) "Firmenwert" (Tz. 12 des Prüfungsberichtes):

Wie aus dem zum 1. Juli 1972 erstellten Auseinandersetzungsstatus zu ersehen sei, habe die S.-AG ihren Kommanditanteil an den Beschwerdeführer um S 1,000.000,-- verkauft. Da der Buchwert der Kommanditeinlage zum 30. Juni 1972 S -486.528,21 betragen habe, ergebe sich für die S.-AG ohne Berücksichtigung des Umstandes, daß der Beschwerdeführer sich auch zur Zahlung der Körperschaftsteuer verpflichtet habe, ein Veräußerungsgewinn von S 1,486.528,21. In der Buchhaltung sei dieser Vorgang wie folgt dargestellt worden:

Aufwertung des Anlagevermögens

S 50.913,60

Firmenwert

S 272.952,--

Abfindung eines lästigen Gesellschafters (= Betriebsausgabe)

S 1,162.662,61

  

 

Da von einem lästigen Gesellschafter nur dann gesprochen werden könne, wenn er bei objektiver Betrachtungsweise durch sein Verhalten den Betrieb wesentlich schädige und diese Voraussetzung bei der S.-AG nicht gegeben gewesen sei, habe die "Abfindung" dem Firmenwert hinzugerechnet werden müssen. Weiters sei der Firmenwert auch um die Körperschaftsteuer der S.-AG, zu deren Übernahme sich der Beschwerdeführer verpflichtet habe (= S 1,539.382,--), zu erhöhen gewesen. Für eine Abschreibung des Firmenwertes seien keine ausreichenden Gründe vorgelegen.

2.) "Sonstige Forderungen" (Tz. 13 des Betriebsprüfungsberichtes):

Aus der Durchschrift einer Honorarnote vom 27. November 1976 sei zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer im Rahmen eines Agenturvertrages mit der Firma M. die Aufgabe gehabt habe, die technische Beratung und Betreuung der Kunden vorzunehmen. Für diese Tätigkeit habe ein im voraus vereinbartes Honorar verrechnet werden können. Es sei vereinbart gewesen, die Überweisungen an die Handelsbank N zu leisten. Aus einem vorgelegten Bankbeleg sei zu ersehen, daß die Firma M. tatsächlich Zahlungen dorthin geleistet habe. Die Honorarnote vom 27. November 1976 über 220.000,-- hfl. (= ÖS 1,491.600,--) sei beim Beschwerdeführer vom Vollstrecker anläßlich einer Taschenpfändung gefunden worden. Der Beleg scheine in der Buchhaltung nicht auf. Der Betrag sei daher in der Bilanz 1976 zusätzlich als "sonstige Forderung" aufzunehmen gewesen.

3.) "Provisionen" (Tz. 18 Z. 1 des Prüfungsberichtes):

Provisionen, die auf Grund von Handbelegen des Beschwerdeführers über Privatkonto gebucht und die von Dritten ohne beigefügte Adresse quittiert worden waren (1972: S 235.040,-- ; 1975: S 66.000,--; 1976: S 65.000,--), sei die Abzugsfähigkeit gemäß § 12 EStG 1967 bzw. § 20 EStG 1972 zu versagen gewesen.

Der Beschwerdeführer gab zu den Prüfungsfeststellungen eine schriftliche Stellungnahme ab, in der er im wesentlichen folgendes ausführte:

Das am 27. Februar 1978 beantragte Konkursverfahren betreffend die KG zeige deutlich, daß der Firmenwert, sofern er überhaupt ursprünglich in der vom Prüfer angesetzten Höhe auszuweisen war, auf einen Teilwert von S 1,-- (Erinnerungswert) abzuschreiben sei. Keinesfalls sei es richtig, daß der Beschwerdeführer sich bereit erklärt habe, die Körperschaftsteuer der S.-AG zu bezahlen.

Das vom Betriebsprüfer festgestellte Schweizer Konto sei erst im Jahr 1977 eröffnet worden. Daraus ergebe sich bereits zwingend, daß in einer Honorarnote vom 27. November 1976, die der Vollstrecker "zu sehen geglaubt hat", dieses Konto noch nicht aufscheinen könne. Weiters sei zur angeblichen Forderung gegenüber der Firma M. zu sagen, daß M. an den Beschwerdeführer herangetreten sei und erklärt habe, daß er beim holländischen Fiskus Schwierigkeiten habe, an tschechoslowakische Personen bezahlte Provisionen als Spesenpost absetzen zu können. M. habe den Beschwerdeführer daher ersucht, "ihm die genannte Honorarnota in Höhe von hfl. 200.000,-- auszufertigen, damit er einen Provisionsbeleg für die Schweiz habe, welche so gestaltete Überweisung der holländische Fiskus angeblich akzeptiert". Es sei unerheblich, ob diese Forderung in die Bücher aufzunehmen gewesen wäre, weil es sich "eindeutig um eine Durchlaufpost" gehandelt habe. Die den Einnahmen gegenüberstehenden Ausgaben wären nur dann nicht anzuerkennen gewesen, wenn die Empfänger nicht genannt worden wären. Eine solche "Plus-/Minus-Rechnung" sei aber deshalb unmöglich, weil am 27. Februar 1978 das Konkursverfahren über das Vermögen der KG eröffnet worden sei und M. der KG die Vertretungsberechtigung entzogen habe.

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ entsprechende Feststellungs- bzw. Abgabenbescheide.

Der Masseverwalter der KG erhob Berufung und begründet diese mit den selben Ausführungen, die schon in der Stellungnahme des Beschwerdeführers enthalten gewesen waren.

In einer Stellungnahme des Betriebsprüfers wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich im Kaufvertrag der S.-AG gegenüber verpflichtet, "die Kosten dieses Vertrages sowie allfällige Steuern und Abgaben aus dieser Transaktion" zu tragen. Laut Aussage des Dr. HS (namens der S.-AG) sei es Parteienwille gewesen, daß der Beschwerdeführer auch die aus der Veräußerung der Gesellschaftsanteile resultierende Körperschaftsteuer der beschränkt steuerpflichtigen S.-AG tragen sollte.

Im Hinblick auf die positiven Betriebsergebnisse während des Prüfungszeitraumes komme eine Abschreibung des Firmenwertes nicht in Betracht.

Aus den Unterlagen der Österreichischen Nationalbank sei nicht zu entnehmen, wann das Konto bei der Handelsbank in Z tatsächlich eröffnet worden sei.

Das bei der Taschenpfändung durch den Vollstrecker vorgefundene Schriftstück habe folgenden Wortlaut gehabt:

"Laut Schreiben vom 27. November 1976 an .... M. .... wird

die Firma ersucht, die Honorarnote des .... (Beschwerdeführer) in

der Höhe von 220.000,-- holl. Gulden an die Handelsbank N,

Schweiz, auf das Konto .... zu überweisen."

Mit Schreiben vom 28. Februar 1980 teilte der Beschwerdeführer dem Finanzamt mit, daß er sich der Berufung des Masseverwalters anschließe.

In der Folge zog der Masseverwalter die Berufung betreffend die KG zurück. Über die Berufung des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde zum Teil stattgebend, zum Teil durch Abänderung zuungunsten des Beschwerdeführers entschieden.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer erklärt sich durch Verletzung einkommensteuerlicher Bestimmungen in folgenden Punkten als beschwert:

1.) Ansatz des Firmenwertes sowie Einbeziehung der Körperschaftsteuer der S.-AG in diesen Bilanzansatz;

2.) Ansatz einer Forderung an M. im Ausmaß von S 1,491.600,-- (= 220.000,-- hfl.);

3.) Nichtanerkennung von Aufwandsprovisionen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.) Firmenwert:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, sowohl der negative Stand des Kapitalkontos der ausgeschiedenen S.-AG als auch der vereinbarte Kaufpreis für den Kommanditanteil in Höhe von S 1,000.000,-- wären als Abfindung eines lästigen Gesellschafters sofort abzugsfähig und nicht als Firmenwert zu aktivieren gewesen. Zur Begründung dieser Ansicht wird allerdings lediglich vorgebracht, "nach den allgemeinen und jedermann einsichtigen Erfahrungen des täglichen Lebens" könne die Abfindungszahlung an die S.-AG, "bei einer Firma derart negativen Vermögensstandes wie der KG", nur den Grund haben, "Störungen des Betriebes durch

diesen Kommanditisten .... abzuwehren". Daß die S.-AG tatsächlich

ein gesellschaftsschädigendes Verhalten gezeigt bzw. worin dieses konkret bestanden hätte, wird nicht einmal andeutungsweise zum Ausdruck gebracht. Ein tatsächlich nachgewiesenes gesellschaftsschädigendes Verhalten der S.-AG vor ihrem Ausscheiden aus der KG wäre aber Voraussetzung dafür gewesen, um die Abfindungszahlung rechtlich als sofort abschreibbaren Aufwand zu beurteilen. Das Beschwerdevorbringen erweist sich somit in diesem Punkt als unbegründet.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, die Einbeziehung des negativen Kapitalkontostandes in die Ermittlung des Veräußerungsgewinnes der S.-AG einerseits und den Firmenwertansatz beim Beschwerdeführer andererseits sei zu Unrecht erfolgt, weil einen ausgeschiedenen Kommanditisten mit negativem Kapitalkonto keine Auffüllungsverpflichtung treffe, aus der er von den übrigen Gesellschaftern mit schuldbefreiender Wirkung entlassen werden könnte, wenn der negative Kapitalkontostand auf "tolerierte laufende Entnahmen" zurückzuführen sei.

Auch in diesem Punkt erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sobald nämlich ein ausscheidender Kommanditist eine Abfindungszahlung erhält, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß sowohl dem Abfindungsbetrag als auch einem allfälligen negativen Kapitalkonto stille Reserven und/oder ein Firmenwert gegenüberstehen. Das negative Kapitalkonto wird in einem derartigen Fall lediglich dazu führen, daß nicht der volle auf stille Reserven und/oder Firmenwert entfallende Kaufpreis ausbezahlt, sondern (teilweise) mit dem negativen Kapitalkonto gegenverrechnet wird. Das ändert aber nichts daran, daß auch der gegenverrechnete Kaufpreisteil seinen Grund in der Abfindung stiller Reserven bzw. eines Firmenwertes findet.

Anderenfalls müßte von der wirklichkeitsfremden Annahme ausgegangen werden, daß der Kaufpreis für einen Kommanditanteil völlig unabhängig vom jeweiligen Stand des Kapitalkontos des Kommanditisten festgelegt wird.

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, daß seine vertragliche Verpflichtung zur Tragung jener Steuern und Abgaben, die aus der Veräußerung des Kommanditanteiles durch die S.-AG resultierten, nicht auch die Körperschaftsteuer der S.-AG mitumfaßt. Er verweist diesbezüglich auch auf eine Stellungnahme jenes Rechtsanwaltes, der den Kaufvertrag formuliert hat. Danach sei der strittige Vertragspassus so gemeint gewesen, "daß ausschließlich die mit der Übertragung der Gesellschaftsanteile verbundenen Steuern und Abgaben" vom Beschwerdeführer zu tragen wären, keinesfalls jedoch die aus dieser Transaktion erwachsenden Personensteuern der S.-AG, wie Körperschaftsteuer und Vermögensteuer.

Dem hat die belangte Behörde zu Recht entgegen gehalten, daß die S.-AG als Vertragspartner den gegenteiligen Standpunkt eingenommen habe. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann es im Beschwerdefall jedoch dahingestellt bleiben, wie der strittige Vertragstext tatsächlich auszulegen ist bzw. worauf der Vertragswille des Beschwerdeführers und der S.-AG tatsächlich gerichtet war. Die belangte Behörde hat nämlich den gesamten Firmenwert im Jahr seines Entstehens (1972) mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Gesamtsituation der KG gewinnmindernd abgeschrieben und insoweit der Berufung des Beschwerdeführers stattgegeben. Durch diese Vorgangsweise kann der Beschwerdeführer aus abgabenrechtlicher Sicht in seinen Rechten auch dann nicht verletzt sein, wenn der Firmenwert in unzulässiger Weise zu hoch angesetzt worden sein sollte.

2. Forderung an M.:

Zu diesem Punkt bringt der Beschwerdeführer lediglich vor, die belangte Behörde hätte Feststellungen dahingehend zu treffen gehabt, ob die KG mit der Firma M. Geschäfte dieser Größenordnung getätigt habe. Diese Rüge ist unbegründet. Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung auf jenes Schriftstück gestützt, das anläßlich einer Taschenpfändung beim Beschwerdeführer vorgefunden worden war, und in dem unter Bezugnahme auf eine Honorarnote des Beschwerdeführers die Überweisung von 220.000,-- hfl. auf ein Schweizer Bankkonto begehrt wurde. Der Beschwerdeführer bzw. der Masseverwalter hat dazu vorgebracht, das betreffende Bankkonto habe zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestanden. Wie die belangte Behörde aber zutreffend festgehalten hat, war das vom Masseverwalter angesprochene Bankkonto nicht ident mit jenem, auf das die Überweisung erfolgen sollte. Dieser Umstand war dem Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren durch Übermittlung einer Stellungnahme des Betriebsprüfers vorgehalten worden, ohne daß sich der Beschwerdeführer zu diesem Vorhalt geäußert hätte. Die belangte Behörde konnte daher zu Recht davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer M. gegenüber eine Forderung in Höhe von 220.000,--

hfl. geltend gemacht hat.

3.) Aufwandsprovisionen:

Der Beschwerdeführer meint, bei Auslandsgeschäften sei ein nicht eindeutig belegbarer Provisionsaufwand jedenfalls zulässig, soweit er einen bestimmten relativ geringen Prozentsatz des betreffenden Jahresumsatzes nicht übersteige. Dies mag in Einzelfällen zutreffen. Voraussetzung ist jedoch jedenfalls, daß die betreffenden Geschäfte nachgewiesen und sowohl die Zuordnung der geltend gemachten Provisionen als auch deren Ausmaß glaubhaft gemacht werden. Die ganz allgemein gehaltene Behauptung, Provisionen seien im "Auslandsgeschäft" üblich, bietet noch nicht genügend Anhaltspunkte dafür, daß solche Provisionen im Einzelfall auch tatsächlich bezahlt wurden. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, nähere Auskünfte über Art und Ausmaß der getätigten Geschäfte, mit denen die Provisionen in Zusammenhang gebracht werden sollten, zu geben. Einen Verfahrensmangel hat die belangte Behörde diesbezüglich nicht zu vertreten.

Da sich somit die Beschwerde in ihrer Gesamtheit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Wien, am 18. November 1987

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