VwGH 86/17/0022

VwGH86/17/002214.2.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Kramer, Dr. Wetzel und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wrulich, über die Beschwerde des JM in W, vertreten durch Dr. Hans Georg Zeiner, Rechtsanwalt in Wien I, Schellinggasse 6, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 13. November 1984, Zl. Jv 4276-33a/84, betreffend Einbringung von Sachverständigengebühren, zu Recht erkannt:

Normen

GEG §2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1986170022.X06

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war Antragsteller in einem Verfahren gemäß § 37 Abs. 1 Z. 8 MRG bei einem Wiener Bezirksgericht, welches von der Gegnerin (Vermieterin) gegen die Entscheidung der Gemeinde gemäß § 40 Abs. 1 MRG am 9. Dezember 1981 angerufen worden war (vgl. Art XVII. § 2 Abs. 6 in bezug auf Art. XI. Z. 2 Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. Nr. 135). In diesem Verfahren wurden vom Gericht von Amts wegen Sachverständige beauftragt und zwar ein Sachverständiger mit der Schätzung von Einrichtungsgegenständen und (nacheinander) zwei Sachverständige aus dem Fach der Psychiatrie zur Frage der Prozeßfähigkeit des Beschwerdeführers, hinsichtlich welcher auf Grund des Verhaltens des Beschwerdeführers in der Verhandlung beim Richter Bedenken aufgetreten waren. Die Auftragserteilung an den zweiten Sachverständigen für Psychiatrie durch das Gericht, der schließlich auch das Gutachten in der Mietrechtssache dahin erstattete, daß der Beschwerdeführer prozeßfähig sei, wurde notwendig, weil der Beschwerdeführer mehreren Aufforderungen des zuerst bestellten Sachverständigen für Psychiatrie zur Befundaufnahme nicht Folge geleistet hatte. Die erwähnten drei Sachverständigen verzeichneten ihre Gebühren, welche vom Gericht rechtskräftig bestimmt wurden; die Auszahlung erfolgte aus Amtsgeldern, ein Kostenvorschuß war nicht vorhanden. Der rechtskräftige Beschluß über die Bestimmung der Gebühren von S 1.395,-- des zweiten Sachverständigen für Psychiatrie enthielt in seinem Spruch nach der Auszahlungsanweisung an den Rechnungsführer den Satz: "Der Betrag ist nach Rechtskraft des Beschlusses vom Antragsteller einzuheben." Als Antragsteller war in diesem Beschluß der Beschwerdeführer bezeichnet.

Nach Rechtskraft der genannten Beschlüsse und Auszahlung der Beträge an die Sachverständigen aus Amtsgeldern hob der Kostenbeamte des Gerichtes die Gebühren der drei erwähnten Sachverständigen zur Gänze zuzüglich der Einhebungsgebühr von S 20,-- beim Beschwerdeführer mit Zahlungsauftrag ein.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab der Präsident des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien (belangte Behörde) dem Berichtigungsantrag des Beschwerdeführers nur teilweise und zwar dahin Folge, daß beim Beschwerdeführer an Gebühren des Schätzsachverständigen nur die Hälfte des bestimmten Betrages einzuheben sei; im übrigen - also hinsichtlich der Gebühren der beiden Sachverständigen für Psychiatrie und hinsichtlich der Einhebungsgebühr - gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag nicht Folge. Dies begründete sie damit, daß die Gebühren des zuerst bestellten Sachverständigen für Psychiatrie ausschließlich dadurch vom Beschwerdeführer veranlaßt worden seien, daß dieser es abgelehnt habe, sich untersuchen zu lassen, und er zu der zweimal angeordneten Untersuchung nicht erschienen sei. Hinsichtlich der Gebühr des sodann bestellten Sachverständigen für Psychiatrie sei durch den Beschluß des Bezirksgerichtes - wenn auch unzuständigerweise - bereits rechtskräftig und damit auch für den Kostenbeamten bindend entschieden, daß die Einhebung beim Beschwerdeführer zu erfolgen habe. Da auch die Zahlungsfrist richtig bestimmt worden sei, habe dem Berichtigungsantrag insoweit keine Folge gegeben werden können.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof lediglich hinsichtlich der Einhebung der Gebühren der beiden Sachverständigen für Psychiatrie von S 1.066,--

und S 1.395,--, nicht jedoch hinsichtlich der Einhebung der verbliebenen Hälfte der Gebühr des Schätzsachverständigen. Der Beschwerdeführer erachtet sich im Umfang der Anfechtung in seinem Recht darauf verletzt, daß die Einhebung bei ihm nicht erfolge, behauptet Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb insofern die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt der Beschwerdeführer darin, die belangte Behörde habe nicht festgehalten, daß bereits im Entmündigungsverfahren der Gebührenanspruch des zweiten Sachverständigen bestimmt und abgegolten worden sei. Hinsichtlich des ersten Sachverständigen für Psychiatrie sei unberücksichtigt geblieben, daß sich der Beschwerdeführer im Mietrechtsverfahren ausdrücklich gegen die Bestellung des Sachverständigen ausgesprochen habe und daher eine Zahlungspflicht nicht bestehen könne.

Zum ersten Einwand ist zu sagen, daß der zweite Sachverständige für Psychiatrie sowohl im Entmündigungsverfahren als auch im Verfahren nach dem Mietrechtsgesetz über Auftrag des jeweiligen Gerichtes tätig geworden ist, jeweils ein Gutachten erstattet hat und ihm für die jeweilige Tätigkeit Gebühren zugesprochen worden sind. Im Beschwerdefall handelt es sich lediglich um die Sachverständigengebühren für die Begutachtung der Prozeßfähigkeit im außerstreitigen Mietrechtsverfahren. Gegenstand des Einhebungsverfahrens durch den Kostenbeamten ist die Einbringung der vom Gericht bestimmten und aus Amtsgeldern entrichteten Sachverständigengebühren. Ob die Gebührenbestimmung zu Recht und in richtiger Höhe erfolgt ist, entzieht sich der Nachprüfung durch die Verwaltungsbehörde. Gemäß § 7 Abs. 1 GEG steht Berichtigung in Ansehung von Beträgen, die in Durchführung einer rechtskräftigen Entscheidung des Gerichtes in den Zahlungsauftrag aufgenommen wurden, nur dann zu, wenn die Zahlungsfrist unrichtig bestimmt wurde oder wenn der Zahlungsauftrag der ihm zugrundeliegenden Entscheidung des Gerichtes nicht entspricht. Es war daher von der belangten Behörde nicht rechtswidrig, von dem Gebührenbestimmungsbeschluß des Gerichtes im außerstreitigen Mietrechtsverfahren auszugehen. Eine Berücksichtigung von Sachverständigengebühren, die im Entmündigungsverfahren entstanden sind, hatte nicht zu erfolgen.

Ohne rechtliche Bedeutung ist auch der Umstand, daß sich der Beschwerdeführer, wie er behauptet, gegen die Bestellung des Sachverständigen ausgesprochen habe. Die Notwendigkeit einer Überprüfung der Prozeßfähigkeit einer Partei durch das Gericht von Amts wegen unterliegt ebensowenig einer Nachprüfung durch die Verwaltungsbehörde (Kostenbeamter) im Einbringungsverfahren wie die Auswahl der Person des Sachverständigen.

Ein wesentlicher Verfahrensmangel, der zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen könnte, wird in der Beschwerde daher nicht aufgezeigt.

Die inhaltliche Rechtswidrigkeit erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen sei, der Beschwerdeführer habe die Beträge im Sinne des § 2 zweiter Satz GEG veranlaßt. Die Veranlassung sei vielmehr durch den Richter erfolgt, habe sich doch schließlich die Prozeßfähigkeit des Beschwerdeführers herausgestellt. Außerdem müßte § 63 EntMO (richtig wohl: § 60 Abs. 1 EntMO) und § 252 AußStrG in der Fassung des Art. IV Z. 1 SachwG analog angewendet werden, wonach die Begutachtungskosten endgültig vom Bundesschatz zu tragen seien.

Die Rechtsansicht des Beschwerdeführers ist verfehlt.

Gemäß § 2 GEG sind die in § 1 Z. 6 genannten Kosten (in bürgerlichen Rechtssachen alle Kosten, die aus Amtsgeldern berichtigt wurden, sofern sie von einer Partei zu ersetzen sind, u. a. also Gebühren der Sachverständigen), sofern hiefür kein Kostenvorschuß (§ 3) erlegt wurde oder keine andere Regelung getroffen ist, aus Amtsgeldern zu berichtigen; diese sind von der Partei zu ersetzen, die nach den bestehenden Vorschriften hiezu verpflichtet ist. Mangels einer Vorschrift sind diese Beträge von jenen Beteiligten zu ersetzen, die sie veranlaßt haben oder in deren Interesse die Amtshandlung vorgenommen wurde.

Die Gutachten über die Prozeßfähigkeit des Beschwerdeführers wurden im vorliegenden Fall in einem Verfahren gemäß §§ 37 ff MRG von Amts wegen in Auftrag gegeben. In einem solchen Verfahren gelten gemäß § 37 Abs. 3 MRG die Allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren außer Streitsachen mit den in der Folge angeordneten Besonderheiten. In diesen findet sich unter Z. 19 folgende Kostenregelung:

"Die Kosten rechtsfreundlicher Vertretung hat grundsätzlich jede Partei selbst zu tragen; einer Partei ist jedoch der Ersatz solcher Kosten aufzutragen, die sie mutwillig durch die Stellung nicht gerechtfertigter Anträge verursacht hat. Inwieweit andere Kosten des Verfahrens von einer Partei zu ersetzen sind oder unter die Parteien zu teilen sind, hat das Gericht in einem Verfahren, an dem zwei Parteien oder zwei Gruppen von Parteien mit widerstreitenden Parteiinteressen beteiligt sind, unter sinngemäßer Anwendung der §§ 41 ff ZPO zu entscheiden. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so gilt, daß diese Kosten des Verfahrens von den Parteien nach Billigkeit zu tragen sind; dabei ist zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß die Parteien mit ihren Anträgen durchgedrungen sind, in wessen Interesse das Verfahren durchgeführt wurde und welcher nicht zweckentsprechende Verfahrensaufwand zumindest überwiegend durch das Verhalten einzelner Parteien verursacht wurde."

Der letzte Satz dieser Bestimmung kam im Beschwerdefall nicht zur Anwendung, weil es sich um ein Verfahren gemäß § 37 Abs. 1 Z. 8 MRG handelte, an dem zwei Parteien mit widerstreitenden Interessen (Mieter, Vermieter) beteiligt waren. Die §§ 41 ff ZPO, welche sinngemäß anzuwenden waren, enthalten keine Vorschriften im Sinne des § 2 erster Satz GEG, weil sie nur vom Kostenersatz zwischen den Parteien des gerichtlichen Verfahrens handeln. Da es sich im vorliegenden Fall auch nicht um die Kosten rechtsfreundlicher Vertretung handelte, war davon auszugehen, daß - wie auch der Beschwerdeführer vorbringt - § 37 Abs. 3 Z. 19 MRG keine Vorschrift enthält, welche der Regel des zweiten Satzes in § 2 GEG vorginge. Eine solche Vorschrift ist auch den Allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren außer Streitsachen nicht zu entnehmen.

Eine analoge Anwendung des § 60 Abs. 1 EntmO oder des § 252 AußStrG kam nicht in Betracht, weil dem Entmündigungs- bzw. Sachwalterbestellungsverfahren öffentliche Interessen zugrundeliegen, welche mit den Interessen an der Feststellung der Prozeßfähigkeit einer Partei eines Mietrechtsverfahrens außer Streitsachen gemäß § 37 Abs. 1 Z. 8 MRG nicht vergleichbar sind. In einem solchen Verfahren steht nämlich das Interesse der Parteien an der Entscheidung über die Höhe des Mietzinses im Vordergrund.

Soweit das Bezirksgericht selbst in seinem Beschluß - wenn auch unzuständigerweise - darüber entschieden hatte, daß die Gebühr beim Beschwerdeführer einzubringen sei, war der Kostenbeamte daran gebunden und eine Überprüfung dieser Entscheidung des Gerichtes im Berichtigungsverfahren ausgeschlossen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Februar 1963, Zl. 556/62).

Es ist daher nur mehr zu untersuchen, ob hinsichtlich der Gebühr des zuerst bestellten Sachverständigen für Psychiatrie von der belangten Behörde § 2 zweiter Satz GEG richtig angewendet wurde.

Daß der Beschwerdeführer sich, wie er nun behauptet, gegen die Bestellung des Sachverständigen ausgesprochen habe, stand der Auftragserteilung durch das Gericht - wie bereits oben erwähnt - nicht entgegen, weil dieses Bedenken gegen die Prozeßfähigkeit einer Partei von Amts wegen zu prüfen hat. Daß zu solchen Bedenken Anlaß bestand, wird auch in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen. An der Berechtigung dieser Zweifel vermag es nichts zu ändern, daß das Gutachten die Bedenken gegen die Prozeßfähigkeit im außerstreitigen Mietrechtsverfahren zerstreute, weil die Wahnideen des Beschwerdeführers in das betreffende Verfahren nicht hineinspielten.

Die Gebühren dieses Sachverständigen entstanden nur durch den schließlich verlorenen Aufwand wegen des Nichterscheinens des Beschwerdeführers zur Befundaufnahme (Aktenstudium, Zeitversäumnis, Schreibgebühr und Porti).

Darin, daß die belangte Behörde diese Beträge als durch den Beschwerdeführer veranlaßt ansah, vermag der Verwaltungsgerichtshof eine unrichtige rechtliche Beurteilung nach § 2 zweiter Satz GEG nicht zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen, weil die Schriftsatz der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Gemäß § 59 VwGG durfte der Aufwandersatzantrag der belangten Behörde nicht überschritten werden.

Wien, am 14. Februar 1986

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