Normen
ASVG;
EStG 1972 §16 Abs1 Z4;
EStG 1972 §27;
EStG 1972 §4 Abs4;
KStG 1966 §8;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1986140064.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Gesellschafter-Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H. und erzielte in dieser Eigenschaft in den Jahren 1979 und 1980 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und im Jahr 1981 solche aus selbständiger Arbeit. Im Zuge einer bei der Gesellschaft m.b.H. durchgeführten Betriebsprüfung vertrat die Abgabenbehörde die Auffassung, daß es sich bei den von der Gesellschaft m.b.H. für den Beschwerdeführer entrichteten Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Pensionsversicherung (1979: S 26.469,--, 1980: S 29.161, --, 1981: S 31.915, --) um verdeckte Gewinnausschüttungen handle. Dementsprechend wurden die genannten Beträge beim Beschwerdeführer als Einkünfte aus Kapitalvermögen erfaßt.
Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren darüber, ob die dem Beschwerdeführer als verdeckte Gewinnausschüttungen zugerechneten Beträge bei diesem als Werbungskosten im Rahmen seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (1979 und 1980) bzw. als Betriebsausgaben im Rahmen seiner Einkünfte aus selbständiger Arbeit (1981) zu berücksichtigen sind, wobei der Charakter dieser Beiträge als von der Gesellschaft m.b.H. für den Beschwerdeführer entrichtete Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Pensionsversicherung unbestritten ist.
Während der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, die von der Gesellschaft m.b.H. für ihn bezahlten Pflichtbeiträge seien mit Rücksicht auf ihre Beurteilung als verdeckte Gewinnausschüttung letztlich ihm als Aufwand zuzurechnen, begründet die belangte Behörde ihren abweisenden, im Instanzenzug ergangenen und nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid damit, daß die Pflichtbeiträge beim Beschwerdeführer nicht schon deshalb zu Aufwand würden, weil sie grundsätzlich abzugsfähig seien und die Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers beträfen. Die einkommensteuerliche Zurechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung, mit der seinerzeit bewußt versucht worden sei, dem Beschwerdeführer durch die Übernahme einer ihm persönlich auferlegten Beitragsleistung einen Vermögensvorteil zu verschaffen, könne nicht einfach dadurch egalisiert werden, indem beim Nutznießer nachträglich ein fiktiver Aufwand in Höhe eben dieses Vorteiles unterstellt werde.
In seiner Beschwerde gegen diese Entscheidung macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 1 zweiter Satz KStG liegt nach Lehre und Rechtsprechung vor, wenn eine Kapitalgesellschaft ihren Gesellschaftern Vermögensvorteile zuwendet, die einerseits nicht auf einem Gewinnverteilungsbeschluß beruhen, andererseits aber nur aus der Gesellschafterstellung heraus erklärbar sind, weil sie einem fremden Dritten nicht eingeräumt worden wären (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 7. Dezember 1982, Zl. 82/14/0110). Solche Vorteile werden beim Gesellschafter regelmäßig als Einkünfte im Sinne des § 27 EStG erfaßt.
Sowohl die Beurteilung der von der Gesellschaft m.b.H. für den Beschwerdeführer geleisteten Pflichtbeiträge als verdeckte Gewinnausschüttung als auch die Zurechnung dieser Beträge beim Beschwerdeführer als Einkünfte aus Kapitalvermögen stehen außer Streit. Der Beschwerdeführer vertritt aber die Auffassung, daß die für ihn entrichteten Pflichtbeiträge bei ihm in gleicher Weise als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben zu berücksichtigen seien, als ob er sie (aus offen ausgeschütteten Mitteln) selbst bezahlt hätte.
Mit dieser Auffassung ist der Beschwerdeführer aus folgenden Erwägungen im Recht:
Gemäß § 19 Abs. 1 EStG sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Zugeflossen sind Einnahmen dann, wenn der Steuerpflichtige die restliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht über sie erhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 1983, Zl. 82/13/0001). Dieser Grundsatz gilt auch im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen, somit auch für verdeckte Gewinnausschüttungen. Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, daß der Zeitpunkt, zu dem hinsichtlich der Vorteilszuwendung der Übergang der Verfügungsmacht auf den Beschwerdeführer und damit der steuerlich maßgebliche Zufluß der verdeckten Gewinnausschüttungen erfolgte, mit dem Zeitpunkt der Bezahlung der Pflichtbeiträge durch die Gesellschaft m.b.H. gleichzusetzen ist. Wird aber dieser Zuflußzeitpunkt unterstellt, dann war auch das "Verfügen" über die Mittel, die zur Bezahlung der Pflichtbeiträge des Beschwerdeführers verwendet worden waren, bereits zum Zeitpunkt der Bezahlung dem Beschwerdeführer zuzurechnen. Nach dem Zeitpunkt der Bezahlung hätte nämlich für den Beschwerdeführer gedanklich gar keine Möglichkeit mehr bestanden, über die bezahlten Mittel zu verfügen. Wollte man das in der Bezahlung der Pflichtbeiträge zum Ausdruck kommende Verfügen noch der Gesellschaft m.b.H. zurechnen, so hätte dies zur Folge, daß dem Beschwerdeführer Einnahmen zugerechnet würden, über die er zu keinem Zeitpunkt hätte verfügen können. Das würde aber eindeutig im Widerspruch zu der Bestimmung des § 19 Abs. 1 EStG stehen.
Als weiteres Argument für den Rechtsstandpunkt des Beschwerdeführers kann herangezogen werden, daß die Gesellschaft m.b.H. die Pflichtbeiträge des Beschwerdeführers zweifellos in dessen Namen bezahlte. Durch die Beurteilung der Zahlung als verdeckte Gewinnausschüttung erfolgte sie überdies auf Rechnung des Beschwerdeführers, da ja die zur Bezahlung der Pflichtbeiträge aufgewendeten Mittel mit jenen ident waren, die dem Beschwerdeführer als verdeckte Gewinnausschüttung zugerechnet wurden. Zahlungen, die im Namen und auf Rechnung des Steuerpflichtigen erfolgen, sind aber diesem zuzurechnen und für den Fall, daß sie den Charakter von Werbungskosten oder Betriebsausgaben haben, als solche zu berücksichtigen.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 16. Dezember 1986
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