Normen
FlVfGG §36 Abs1 impl;
FlVfGG §36 Abs2 impl;
FlVfGG impl;
FlVfLG Tir 1978 §38;
LSGG §4 Abs2 impl;
LSLG Tir 1969 §34;
LSLG Tir 1969 §35;
LSLG Tir 1969 §5;
LSLG Tir 1969;
FlVfGG §36 Abs1 impl;
FlVfGG §36 Abs2 impl;
FlVfGG impl;
FlVfLG Tir 1978 §38;
LSGG §4 Abs2 impl;
LSLG Tir 1969 §34;
LSLG Tir 1969 §35;
LSLG Tir 1969 §5;
LSLG Tir 1969;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Kaufvertrag vom 11./14. Oktober 1982 erwarb der Beschwerdeführer von RR a) deren bisher mit dem Eigentum an der Liegenschaft EZ. 12 I KG. X verbundene 30/162-Anteile an der Liegenschaft EZ. 185 II KG. Y und b) das bisher mit dem geschlossenen Hof EZ. 12 I KG. Z realrechtlich verbundene Alleineigentum an der Liegenschaft EZ. 61 II KG. Y. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist unbestritten, daß es sich bei den oben genannten 30/162-Anteilen an der EZ. 185 II KG. Y zugunsten der EZ. 12 I KG. Z um ein agrargemeinschaftliches Anteilsrecht handelt, und daß die Gesamtheit der Eigentümer der Liegenschaften, denen ein Anteilsrecht an der EZ. 185 II KG. Y zukommt, einschließlich jener Personen, denen daran persönliche Anteilsrechte zustehen, eine Agrargemeinschaft bilden.
Mit Antrag vom 3. Februar 1983 begehrte der Beschwerdeführer bei der Agrarbehörde erster Instanz (AB) die Feststellung, daß der genannte Kaufvertrag den Grundsätzen des Tiroler Landwirtschaftlichen Siedlungsgesetzes 1969 (TLSG 1969), LGBl. Nr. 49/1969, entspreche. Diesem Antrag schloß der Beschwerdeführer eine "Zustimmungserklärung" an, mit welcher die Mehrheit der Miteigentümer (Anteilsberechtigten) an der Liegenschaft EZ. 185 II KG. Y dem Erwerb von Anteilen durch den Beschwerdeführer zustimmte. Der Aufforderung der AB, den ihrer Auffassung nach erforderlichen Vollversammlungsbeschluß der Agrargemeinschaft nachzureichen, kam der Beschwerdeführer nicht nach, weil es sich um eine nicht regulierte ("wilde") Agrargemeinschaft handle, die keine Organe habe.
Die AB wies hierauf mit Bescheid vom 27. Oktober 1983 den Antrag des Beschwerdeführers, den von ihm vorgelegten Kaufvertrag einem Siedlungsverfahren zu Grunde zu legen, gemäß § 5 Abs. 1 und 2 TLSG 1969 als unbegründet ab, weil im Falle einer Absonderung eines agrargemeinschaftlichen Anteilsrechtes und eines Erwerbes desselben durch ein Nichtmitglied der Agrargemeinschaft eine Zustimmung der Agrargemeinschaft vorliegen müsse. Diese Zustimmung könne nicht von einzelnen Mitgliedern, sondern nur von der Gemeinschaft durch deren Organe erteilt werden. Dies treffe auch für eine unregulierte Agrargemeinschaft, der keine Satzung verliehen worden sei, zu.
Die belangte Behörde hat die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung nach Durchführung einer Berufungsverhandlung mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26. April 1984 als unbegründet abgewiesen. Nach einer eingehenden Darlegung der gemeinschaftlichen Nutzung der Grundstücke der EZ. 185 II KG. Y und der einschlägigen Bestimmungen des TLSG 1969 sowie des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes 1978 (TFLG 1978), LGBl. Nr. 54/1978, führte die belangte Behörde begründend aus, die Abtrennung der 30/162-Anteile gemäß dem vorgelegten Kaufvertrag stelle die Absonderung eines agrargemeinschaftlichen Anteilsrechtes dar. Nach § 5 Abs. 3 TLSG 1969 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 habe die Siedlungsbehörde u.a. zu prüfen, ob der vorgelegte Vertrag den Bestimmungen des Flurverfassungs-Landesgesetzes entspreche. Dieses sehe vor, daß die mit einer Liegenschaft verbundene Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft nur mit Bewilligung der Agrarbehörde von der Stammsitzliegenschaft abgesondert werden dürfe. Die Absonderung sei u.a. dann zu bewilligen, wenn das Anteilsrecht von einem Mitglied der Agrargemeinschaft erworben werde oder, im Falle des Erwerbes durch ein Nichtmitglied, wenn die Agrargemeinschaft zustimme. An einer nach den Bestimmungen des TFLG 1978 gültigen Zustimmung der Agrargemeinschaft fehle es jedoch im Gegensatz zu der vom Beschwerdeführer vertretenen Rechtsansicht im Beschwerdefall deshalb, weil auch im Falle einer unregulierten Agrargemeinschaft, welcher bisher weder von Amts wegen noch auf Antrag eine Satzung verliehen worden sei, eine Willensbildung der Agrargemeinschaft nur in deren Organen herbeigeführt werden könne. Alle Agrargemeinschaften seien Körperschaften öffentlichen Rechtes und für alle hätten die einschlägigen Bestimmungen des TFLG 1978 gleichermaßen Geltung; aus diesen Bestimmungen ergebe sich, wie auch der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen habe, daß die Mindestorganisationsvorschriften auch für Agrargemeinschaften ohne Satzung gelten. Nach einer eingehenden Auseinandersetzung mit dem Inhalt der §§ 34 bis 37 TFLG 1978 kam die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zusammenfassend zu dem Ergebnis, daß auch bei Agrargemeinschaften ohne Verwaltungssatzung die Verwaltung gesetzlich den im § 35 TFLG 1978 angeführten Organen übertragen sei, welche die Agrargemeinschaft insbesondere nach außen zu vertreten hätten. Die vom Beschwerdeführer vorgelegte Zustimmungserklärung einzelner Mitglieder könne daher nicht der Agrargemeinschaft als Verwaltungsmaßnahme zugerechnet werden. Liege demnach keine Zustimmung der Agrargemeinschaft vor, dann entspreche der der Siedlungsbehörde vorgelegte Kaufvertrag vom 11./14. Oktober 1982 nicht den Erfordernissen des Flurverfassungs-Landesgesetzes, weshalb schon die AB völlig zu Recht die nach § 5 Abs. 3 TLSG 1969 beantragte Feststellung abgelehnt habe, und die dagegen erhobene Berufung abzuweisen sei.
Die Behandlung der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 28. Februar 1986 abgelehnt, weil sie - unter dem Blickwinkel der vom Verfassungsgerichtshof wahrzunehmenden Rechtsverletzungen - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe; gleichzeitig wurde die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Beschwerdeführer macht in seiner - im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten - Beschwerde weiterhin geltend, der angefochtene Bescheid sei in Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte ergangen, er sei aber auch aus einfachgesetzlicher Sicht wegen seines Inhaltes und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 TLSG 1969 können zum Zwecke der Verbesserung der Agrarstruktur landwirtschaftliche Siedlungsverfahren durchgeführt werden, deren Ziel gemäß § 1 Abs. 2 die Schaffung und Erhaltung solcher bäuerlicher Betriebe ist, deren Erträgnisse allein oder in Verbindung mit einem Nebenerwerb einer bäuerlichen Familie einen angemessenen Lebensunterhalt nachhaltig sichern.
Gemäß § 5 Abs. 1 TLSG 1969 hat die Agrarbehörde die Parteien im Hinblick auf das Ziel dieses Gesetzes (§ 1 Abs. 2) zu beraten. Soweit sich die Parteien auf einen Übergang von Rechten oder auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen geeinigt haben, diese Einigung dem Ziel des Verfahrens (§ 1 Abs. 2) und den Bestimmungen
des Grundverkehrsgesetzes, ... des Höfegesetzes ... und des
Flurverfassungs-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 34/1969 (wiederverlautbart als TFLG 1978 in LGBl. Nr. 54/1978) entspricht, hat die Agrarbehörde die entsprechenden Rechte mit Bescheid zuzuteilen.
Sofern die Parteien in verbücherungsfähiger Form abgeschlossene Verträge vorlegen, die den im Abs. 1 genannten Erfordernissen entsprechen und einen der in § 2 aufgezählten Vorgänge zum Gegenstand haben, hat dies gemäß § 5 Abs. 3 TLSG 1969 die Agrarbehörde an Stelle der Zuteilung (Abs. 1) mit Bescheid festzustellen.
Gemäß § 7 TLSG 1969 bedürfen die einem Siedlungsverfahren zugrunde liegenden Vereinbarungen und Verträge keiner Genehmigung nach dem Tiroler Höfegesetz, dem Grundverkehrsgesetz oder nach dem Flurverfassungs-Landesgesetz.
Einzige Streitfrage im Beschwerdeverfahren ist die Beurteilung des vom Beschwerdeführer vorgelegten Kaufvertrages aus der Sicht des Flurverfassungs-Landesgesetzes. Feststellungen dahin gehend, ob dieser Vertrag dem Ziel eines Siedlungsverfahrens (§ 1 Abs. 2 TLSG 1969) bzw. den Bestimmungen der anderen in § 5 Abs. 1 TLSG 1969 genannten Gesetze (Grundverkehrsgesetz und Höfegesetz) entspricht, haben die Agrarbehörden mit Rücksicht auf das negative Ergebnis ihrer Beurteilung dieses Vertrages nach dem Flurverfassungs-Landesgesetz nicht getroffen.
Gemäß § 34 Abs. 1 TFLG 1978 bildet die Gesamtheit der jeweiligen Eigentümer der Liegenschaft, an deren Eigentum ein Anteilsrecht an agrargemeinschaftlichen Grundstücken gebunden ist (Stammsitzliegenschaften), einschließlich jener Personen, denen persönliche (walzende) Anteilsrechte zustehen, eine Agrargemeinschaft.
Agrargemeinschaften sind gemäß § 34 Abs. 3 TFLG 1978 Körperschaften des öffentlichen Rechtes.
Bei Agrargemeinschaften, denen keine Satzungen verliehen sind, entscheidet gemäß § 34 Abs. 4 TFLG 1978 mangels einer anderen Vereinbarung die Mehrheit der Stimmen, die nach dem Verhältnis der Anteile der Mitglieder zu zählen sind. Die gemeinschaftlichen Nutzungen und Lasten sind nach dem Verhältnis der Anteile auszumessen. Sind keine Anteile festgelegt, so ist jeder Anteil als gleich groß anzusehen.
Die nachfolgenden §§ 35 bis 37 TFLG 1978 enthalten nähere Bestimmungen über die Organe der Agrargemeinschaften, über die Satzungen und über die agrarbehördliche Aufsicht über die Agrargemeinschaften.
Gemäß § 38 Abs. 3 TFLG 1978 darf die mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundene Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft von der Stammsitzliegenschaft nur mit Bewilligung der Agrarbehörde abgesondert werden.
Die Bewilligung nach Abs. 3 ist gemäß § 38 Abs. 4 lit. c TFLG 1978 dann zu verweigern, wenn die Agrargemeinschaft dem Erwerb des Anteilsrechtes durch ein Nichtmitglied nicht zustimmt.
Diese zuletzt genannte Bestimmung erachtet der Beschwerdeführer als verfassungswidrig, weil damit in gleichheitswidriger Weise eine "privilegierte" Gruppe von Agrargemeinschaftsmitgliedern von den "nicht privilegierten" Nichtmitgliedern unterschieden werde. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen nicht veranlaßt, im Sinne der Anregung des Beschwerdeführers einen Antrag auf Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 38 Abs. 4 lit. c TFLG 1978 an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Die Besonderheit einer Agrargemeinschaft als einer Körperschaft öffentlichen Rechtes und als einer historisch gewachsenen Personen- , Real- und Wirtschaftsgemeinschaft läßt es nämlich als sachlich gerechtfertigt erscheinen, daß gegebenenfalls im Wege körperschaftlicher Willensbildung der Erwerb von Anteilsrechten durch Nichtmitglieder verhindert werden kann. Die vom Beschwerdeführer dagegen aus anderen Rechtsgebieten (Erteilung von Gewerbeberechtigungen und Bestellung von Notaren) herangezogenen Beispiele vermögen nicht zu überzeugen, weil es in diesen Fällen - anders als bei Agrargemeinschaften - nicht um ein im Rahmen der Selbstverwaltung abzusicherndes künftiges Funktionieren einer persönlich und wirtschaftlich besonders eng verflochtenen Gemeinschaft geht. Dem Beschwerdeführer ist entgegenzuhalten, daß ein von der Agrargemeinschaft abgelehnter Erwerb von Anteilsrechten durch ein Nichtmitglied durchaus geeignet sein könnte, die künftige Erreichung der gemeinschaftlichen Aufgaben zu gefährden.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag den Beschwerdeausführungen auch darin nicht zu folgen, daß im Falle einer Agrargemeinschaft, die über keine Satzungen verfügt, die Willensbildung nicht über die Organe dieser Körperschaft, sondern durch einzelne Gemeinschafter herbeigeführt werden könnte, mögen diese auch über die Mehrheit der Anteile verfügen. Die belangte Behörde hat gegen diese Ansicht des Beschwerdeführers schon im Verwaltungsverfahren zutreffend auf die übereinstimmende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 20. Jänner 1981, Slg. Nr. 10345/A) und des OGH (Urteil vom 21. Mai 1975, SZ. 48/62) verwiesen, von der abzugehen der vorliegende Beschwerdefall keinen Anlaß bietet. Stellt aber im Sinne dieser Judikatur die Agrargemeinschaft im Gegensatz zur schlichten Miteigentumsgemeinschaft eine die freie Verfügung der einzelnen Mitglieder über ihre Anteilsrechte weitgehend ausschließende, realrechtlich zweckgebundene Gemeinschaft dar, dann kann sie nur durch ihre Organe tätig werden, und es kann keinesfalls der gemeinschaftliche Wille durch Willenskundgebungen einzelner Mitglieder außerhalb der körperschaftlichen Organisation, welche für die Vertretung sämtlicher Mitglieder zu sorgen hat, ersetzt werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat den eingehenden Ausführungen in seinem oben erwähnten Vorerkenntnis vom 20. Jänner 1981, wonach dies auch für Agrargemeinschaften ohne Satzung zutrifft, nichts hinzuzufügen und verweist diesbezüglich auf die in diesem Erkenntnis enthaltenen Erwägungen.
Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, daß es an der nach § 38 Abs. 4 lit. c TFLG 1978 erforderlichen Zustimmung der Argrargemeinschaft zu dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Kaufvertrag fehlt. Es war aber nicht Aufgabe der Agrarbehörden im Siedlungsverfahren, vom Amts wegen - sei es durch weitere Ermittlungen oder im Wege des Aufsichtsrechtes - darauf Einfluß zu nehmen, daß die Agrargemeinschaft durch ihr dazu berufenes Organ eine verbindliche Willenserklärung zu diesem Kaufvertrag abgibt. Ebensowenig war im vorliegenden Verfahren zu prüfen, ob die Agrargemeinschaft den gesetzlichen Erfordernissen der §§ 34 und 35 TFLG 1978 nachgekommen ist.
Die belangte Behörde hat daher nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie die vom Beschwerdeführer begehrte Feststellungsentscheidung im Sinne des § 5 Abs. 3 TLSG 1969 mit der Begründung verweigert hat, daß es hiefür an einer nach dem Flurverfassungs-Landesgesetz vorgesehenen Voraussetzung fehlt. Da bereits dieser Umstand einer Stattgebung des Antrages des Beschwerdeführers entgegenstand, kann der belangten Behörde auch nicht der Vorwurf einer Verletzung von Verfahrensvorschriften deshalb gemacht werden, weil sie weitere Ermittlungen im Hinblick auf die nach dem Gesetz darüber hinaus geforderten Voraussetzungen für einen Feststellungsbescheid nach § 5 TLSG 1969 unterlassen hat.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 15. Juli 1986
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