VwGH 86/02/0073

VwGH86/02/007311.12.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Dorner, Dr. Stoll und Dr. Bernard als Richter, im Beisein des Schriftführers Regierungskommissär Dr. Kundegraber, über die Beschwerde der EF in M, vertreten durch Dr. Gottfried Peloschek, Rechtsanwalt in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung Zl. MA 62-IV/2556/84, beschlossen am 8. April 1986, ausgefertigt am 9. April 1986, betreffend Versagung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, zu Recht erkannt:

Normen

AusländergrunderwerbsG Wr 1967 §4;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1986020073.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Antrag vom 29. August 1984 begehrte die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland, die Erteilung der Genehmigung eines beabsichtigten Rechtserwerbes nach dem Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz, LGB. Nr. 33/1967. Diesem Rechtserwerb lag ein mit E AG, einem Unternehmen mit dem Sitz in der Schweiz, abgeschlossener Kaufvertrag betreffend 4/55-Anteile an der Liegenschaft EZ. nn1, KG. A, verbunden mit dem Recht, die Wohnungen Nr. 20 und 20A in dem auf der Liegenschaft befindlichen Gebäude zu benützen, zugrunde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der gegenständliche Rechtserwerb "gemäß § 1 Abs. 1 des Ausländergrunderwerbsgesetzes" nicht genehmigt.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Beschwerdeführerin brachte zu der Gegenschrift der belangten Behörde einen vorbereitenden Schriftsatz ein.

 

Der Gerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes, LGBl. Nr. 33/1967, bedarf der Erwerb des Eigentums an Grundstücken jeder Art durch Ausländer zu seiner Gültigkeit der behördlichen Genehmigung. Gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. erteilt die Landesregierung nach Anhörung der zuständigen gesetzlichen Interessensvertretung diese Genehmigung. Sie ist zu erteilen, wenn am Zustandekommen des Rechtsgeschäftes ein volkswirtschaftliches oder soziales Interesse besteht, oder wenn nachgewiesen wird, daß das Grundstück, auf welches sich das Rechtsgeschäft bezieht, ausschließlich zur besseren Nutzung eines anderen Grundstückes dienen soll und im Vergleich zu diesem nur von geringerem Ausmaß ist. Andernfalls oder wenn andere öffentliche Interessen entgegenstehen, insbesondere solche militärischer oder sicherheitspolizeilicher Natur, ist die Genehmigung zu versagen.

Auf Grund des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht fest, daß dem Rechtserwerb keine öffentlichen Interessen entgegenstehen. Die belangte Behörde begründete ihre negative Entscheidung damit, daß an dem Rechtserwerb weder ein volkswirtschaftliches noch ein soziales Interesse besteht. Sie stützt sich dabei insbesondere auf die von ihr eingeholten Stellungnahmen der im ersten Satz des § 4 genannten Interessenvertretungen und der - "zur Beurteilung wirtschaftlicher Aspekte berufenen" - Magistratsabteilung 4. Sie verneint das Vorliegen eines sozialen Interesses im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführerin das Kaufobjekt nicht zur Deckung eines Wohnbedürfnisse benötige, sowie das Vorliegen eines volkswirtschaftlichen Interesses, weil dem Verbleib der bisher ins Ausland abfließenden Mieteinnahmen der Verkäuferin im Inland der Abfluß des Kaufschillings ins Ausland gegenüberstehe.

Die Beschwerdeführerin bekämpfte diese Argumentation der Sache nach damit, daß keine Bindung der Behörde an die Stellungnahmen der Interessenvertretungen bestehe, daß die Beschwerdeführerin Deviseninländerin sei, seit 20 Jahren ihren ständigen Wohnsitz im Inland habe und eine Arbeitsbewilligung besitze und sogar die Voraussetzungen für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft aufweise, daher nicht undifferenziert wie andere Ausländer behandelt werden dürfte, daß kein Ausverkauf "österreichischen Bodens" vorliege, daß ein soziales Interesse darin zu erblicken sei, daß das Kaufobjekt zur Erzielung von Einnahmen zum Zweck der Bestreitung ihrer hohen Lebenserhaltungskosten im Inland (Deckung der überhöhten Betriebskosten ihrer jetzigen Wohnstätte) und als "Altersvorsorge" dienten, sowie daß ein volkswirtschaftliches Interesse darin liege, daß zumindest mittelfristig eine positive Auswirkung auf die österreichische Zahlungsbilanz eintrete, weil die Einnahmen aus der Vermietung des Kaufobjektes im Inland verblieben, während sie derzeit ins Ausland flössen, und dies bereits nach vier Jahren den einmaligen Abfluß des Kaufschillings ins Ausland ausgleichen würde.

1. Der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen, wenn sie der Meinung ist, die Behörde sei an die nach dem ersten Satz des § 4 einzuholenden Stellungnahmen der gesetzlichen Interessenvertretungen nicht gebunden. Dies schließt es aber nicht aus, daß die Behörde diese Stellungnahmen bei ihrer Entscheidung verwertet, indem sie sich im nachhinein diesen Stellungnahmen in der Sache anschließt und in der Begründung des Bescheides auf diese verweist. Nichts anderes hat die belangte Behörde getan. Anzumerken ist, daß die genannten Stellungnahmen der Beschwerdeführerin vor Erlassung des angefochtenen Bescheides zur Kenntnis gebracht und ihr die Gelegenheit gegeben wurde, dazu ihrerseits Stellung zu nehmen; von dieser Möglichkeit hat sie auch Gebrauch gemacht.

2. Das Gesetz knüpft hinsichtlich der Genehmigungsbedürftigkeit eines Rechtsgeschäftes, mit dem eine natürliche Person Rechte erwirbt, ausschließlich an deren Staatsbürgerschaft an. Zu jedem einschlägigen Rechtserwerb durch eine natürliche Person, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt, ist unterschiedslos eine Genehmigung erforderlich. Es findet sich auch im Gesetz keine Sonderregelung für Ausländer mit einer besonderen Nahebeziehung zu Österreich, die sich etwa im Wohnsitz, der Dauer des Aufenthaltes und der beruflichen Tätigkeit in Österreich oder deren Eigenschaft als "Deviseninländer", ergibt. Die Genehmigungsvoraussetzungen müssen auch in Ansehung solcher Personen gegeben sein. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen gegen diese Regelung nicht, weil Ausländer nicht im Genusse des Gleichheitsgrundsatzes stehen und darüber hinaus eine allfällige Unbilligkeit in Einzelfällen (Härtefälle) nicht die Unsachlichkeit eines Gesetzes bewirken.

3. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch kein unrichtiges Verständnis der belangten Behörde vom Inhalt der Begriffe des volkswirtschaftlichen oder sozialen Interesses im Sinne des zweiten Satzes des § 4 zu erkennen. Es trifft zwar zu, daß eine Versagung der Genehmigung das Fehlen sowohl eines volkswirtschaftlichen als auch eines sozialen Interesses zur Voraussetzung hat. Beides konnte die belangte Behörde aber unbedenklich annehmen. Der Erwerb einer Eigentumswohnung zum Zwecke der Vermietung und der Erzielung von Einkünften für die Bestreitung der hohen Kosten der tatsächlich benützten Wohnung kann nicht als ein soziales Interesse im Sinne des Gesetzes angesehen werden, und zwar weder als soziales Interesse der Beschwerdeführerin noch als ein solches der Allgemeinheit. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß die Beschwerdeführerin, die Gesellschafterin und Geschäftsführerin eines nach ihren Angaben florierenden Unternehmens ist, in irgendeiner Weise in sozialer Hinsicht auf die Einkünfte aus der Vermietung dieser Eigentumswohnung angewiesen sei. Dasselbe gilt für die Tatsache, daß der Rechtserwerb einer Kapitalanlage zum Zweck der Altersversorgung der Beschwerdeführerin dienen soll.

Was schließlich das behauptete volkswirtschaftliche Interesse an dem Erwerb anlangt, verkennt die Beschwerdeführerin zweierlei:

Einmal kann von einem solchen Interesse nur unter anderen quantitativen Aspekten gesprochen werden. Die bloße Aussicht auf eine mittelfristige Verbesserung der Zahlungsbilanz, die sich aus dem Nichtabfluß von etwa S 200.000,-- pro Jahr ins Ausland ergibt, erreicht diese Dimension nicht. So sprechen auch die Erläuterungen zum Entwurf des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes, Zl. MA 62- 1/115/67, beispielsweise von einem volkswirtschaftlichen Interesse an der Ansiedlung von (Teil)Betrieben im Inland. Zum anderen hat das Gesetz durchaus den Zweck, auch aus Anlaß des Verkaufes von Grundstücken durch Ausländer dahingehend zu steuern, daß der Erwerber ein österreichischer Staatsbürger sein soll. Wenn auch kein "Ausverkauf österreichischen Bodens" vorliegt, so kann dem Gesetz doch entnommen werden, daß mit der Knüpfung von Rechtserwerbern an eine verwaltungsbehördliche Zustimmung nicht nur die Abwehr des Erwerbes bisher im Eigentum österreichischer Staatsbürger stehender Grundstücke durch Ausländer erfolgen soll, sofern nicht besondere öffentliche Interessen für diesen Erwerb sprechen, sondern daß auch die allfällige Rückführung von Grundstücken in das Eigentum österreichischer Staatsbürger bezweckt wird, wenn ein Ausländer sein Eigentum an dem inländischen Grundstück aufgeben will.

Da die belangte Behörde das Gesetz richtig ausgelegt hat, liegen auch die behaupteten Verfahrensmängel nicht vor, weil das Ergebnis der von der Beschwerdeführerin vermißten Ermittlungen nach dem Gesagten nicht erheblich ist.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 11. Dezember 1986

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