VwGH 85/17/0143

VwGH85/17/014314.3.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Kramer, Dr. Wetzel und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Wrulich, über die Beschwerde der LK in W, vertreten durch Dr. Erich Hermann, Rechtsanwalt in Wien 1., Wollzeile 6‑8, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 13. August 1985, Zl. 3‑Gem‑233/1/85, betreffend Nachsicht von Zinsen für die Stundung von Gemeindeabgaben (mitbeteiligte Partei: Stadt Villach, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt: Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Normen

B-VG Art119a Abs5
GdKanalisationsG Krnt 1978 §11
GdKanalisationsG Krnt 1978 §8
LAO Krnt 1983 §182 Abs1
LAO Krnt 1983 §217
Statut Villach 1966 §79

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1985170143.X00

 

Spruch:

Das Bundesland Kärnten hat der Beschwerdeführerin z.Hd. des Rechtsanwaltes Dr. Erich Hermann in Wien 1, Wollzeile 6‑8, S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin bezieht eine monatliche Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung der Angestellten von zur Zeit S 4.378,60 sowie Mietzinsbeihilfe und Sozialunterstützung der Gemeinde Wien, sie ist Inhaberin eines Sozialpasses. Die Beschwerdeführerin bemühte sich durch viele Jahre ihr unbebautes Grundstück in der mitbeteiligten Gemeinde im Ausmaß von 6.062 m2 zu verkaufen. Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde hatte gegenüber der Beschwerdeführerin im Jahre 1981 für das genannte Grundstück den Kanalanschlußbeitrag mit S 483.645,-- und den Wasseranschlußbeitrag mit S 138.214,90 festgesetzt und der Beschwerdeführerin vorgeschrieben. Da dieser auf Grund ihrer Einkommenssituation zur Entrichtung dieser Abgaben nicht in der Lage war, wurde ihr Stundung gegen Bezahlung von Stundungszinsen bewilligt, die sich schließlich bis 2. März 1984 hinsichtlich des Kanalanschlußbeitrages auf S 82.112,-- und hinsichtlich des Wasseranschlußbeitrages auf S 26.171,--, zusammen daher auf S 108.283,-- beliefen. Die von einer Bank für deren Forderung gegen die Beschwerdeführerin betriebene Zwangsversteigerung des genannten Grundstückes (Schätzwert S 6,759.130,--) sowie eines Waldgrundstückes der Beschwerdeführerin im Ausmaß von 3.924 m2 in Velden (Schätzwert S 75.860,--) und von 12/32 Anteilen der Beschwerdeführerin an Wiesen- und Weidegrundstücken (7.283, 321 und 66 m2) jeweils in derselben Katastralgemeinde (Schätzwert S 1,334.580,--) war für den 13. September 1984 anberaumt. Der Beschwerdeführerin gelang es allerdings noch vorher, mit Kaufvertrag vom 26. Juni 1984 das eingangs erwähnte Grundstück um S 5,000.000,-- zu verkaufen, wobei die Käuferin auch noch den Kanalanschlußbeitrag und den Wasseranschlußbeitrag zur Zahlung übernahm, nicht jedoch die Stundungszinsen. Aus dem Kaufpreis von S 5,000.000,-- mußte die Beschwerdeführerin zur vereinbarten Lastenfreistellung auf der Liegenschaft haftende Forderungen von insgesamt S 4,502.594,08 begleichen, aus dem verbleibenden Rest von S 497.405,92 beglich sie die Vermittlungsgebühr von S 125.000,--, Vertragserrichtungs- und Lastenfreistellungskosten von S 75.000,--, Kreditzinsen, Spesen und Eintragungsgebühr für eine Zwischenfinanzierung bis zum Außerkrafttreten einer der Durchführung des Kaufvertrages entgegenstehenden Rangordnung (die einzige Ausfertigung des Rangordnungsbescheides war der Beschwerdeführerin in Verlust geraten) von S 12.926,13, Gas- und Stromschulden von S 36.543,43 und einen Mietzinsrückstand von S 12.000,-- betreffend ihre Wohnung, rückständige Anwaltskosten von S 67.000,-- und einen Kreditrückstand bei einer weiteren Bank von S 150.968,08. Außerdem hatte die Beschwerdeführerin, weil die mitbeteiligte Gemeinde auf pfandrechtliche Sicherstellung ihrer Abgabenrückstände einschließlich Grundsteuer (S 75.386,--) von zusammen S 807.512,90 gedrungen hatte, die Eintragungsgebühr hiefür von S 9.303,-- zu bezahlen gehabt. Wegen der Befriedigung des betreibenden Gläubigers aus dem Kaufpreis wurde das Zwangsversteigerungsverfahren eingestellt.

Die Beschwerdeführerin ersuchte den Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde im Jahre 1984, als sich für sie herausstellte, daß die Stundungszinsen von S 108.283,-- von der Käuferin des Grundstückes nicht übernommen werden, um deren Nachsicht mit der Begründung, ihr damaliges monatliches Pensionseinkommen betrage S 4.238,90, sie sei Inhaberin eines Sozialpasses, mit dem aus dem Liegenschaftsnotverkauf zu erwartenden Erlös könne sie nur die auf der Liegenschaft haftenden und die sonstigen mit der Liegenschaft verbundenen Schulden abdecken, es verbleibe ihr praktisch kein Verkaufserlös. Die Liegenschaft sei bisher durch Kanal- und Wasserleitung effektiv noch nicht aufgeschlossen, durch die Nichtzahlung der Beiträge sei der mitbeteiligten Gemeinde daher kein Schaden entstanden.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde wies diesen Antrag mit der Begründung ab, der erzielte Kaufpreis lasse eine Unbilligkeit der Einhebung nicht erkennen. Die Beschwerdeführerin habe sich durch Jahre die fälligen Abgaben mit der Begründung stunden lassen, der Verkauf der Liegenschaft sei geplant, sie habe dabei die Stundungszinsen zur Kenntnis genommen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie ausführte, die Bezahlung der Stundungszinsen bilde für sie eine außerordentliche Härte. Sie habe sich seit 1968 um den Verkauf des Grundstückes bemüht. Trotz konkreter Angebote sei es bis 1984 zu keinem Verkauf gekommen, weil sämtliche Bauvorhaben der Interessenten von der mitbeteiligten Gemeinde abgelehnt bzw. die hiefür erforderlichen Sonderwidmungen nicht erteilt worden seien, aber auch wegen eines anhängigen Enteignungsverfahrens. Die geführten Verhandlungen seien für die Beschwerdeführerin mit beträchtlichen Kosten, insbesondere Rechtsanwaltskosten verbunden gewesen. Es habe daher nicht an der Beschwerdeführerin gelegen, daß sich der Verkauf so verzögert habe. Vom schließlich erzielten Verkaufserlös sei der Beschwerdeführerin nichts verblieben. Trotz des vorhandenen Grundvermögens sei die Beschwerdeführerin wegen Überschuldung - wie aus dem vorgelegten Vermögensteuerbescheid hervorgehe - nicht vermögensteuerpflichtig. Die Versorgungsanlagen um das verkaufte Grundstück seien bereits in der Zwischenkriegszeit errichtet worden, durch das Bauansuchen der Beschwerdeführerin - die auf Grund desselben erteilte Baubewilligung für eine Wohnhausanlage hatte die Festsetzung und Vorschreibung von Kanalanschlußbeitrag und Wasseranschlußbeitrag ausgelöst - seien der mitbeteiligten Gemeinde keine Kosten oder Aufwendungen für das Grundstück erwachsen. Das weit über dem gesetzlichen Zinssatz liegende Zinsenbegehren für eine „absolute Nichtleistung“ sei unstatthaft, auch wenn es durch eine gesetzliche Bestimmung gedeckt sein sollte. Bis zur Enteignung habe die Beschwerdeführerin Grundsteuer und Bodenwertabgabe auch für den enteigneten Geländestreifen bezahlen müssen, obwohl dieser schon 20 Jahre vorher von der öffentlichen Hand als öffentliche Straße verwendet worden sei.

Unter Hinweis auf die Beweislast der Beschwerdeführerin zur Offenlegung ihrer Vermögensverhältnisse sowie der Verwendung des Erlöses aus dem Verkauf des Grundstückes von der Berufungsbehörde aufgefordert, brachte die Beschwerdeführerin in einer schriftlichen Äußerung vor, daß der Verkaufserlös, wie bereits dargestellt, verwendet worden sei. Die Beschwerdeführerin habe noch eine Kreditschuld gegenüber ihrem Neffen HK, der ihr ein zinsenloses Darlehen von 1,200.000.-- gewährt habe, wofür sie ihre Wohnungseinrichtung als Pfand gegeben habe, über die sie daher nicht mehr verfügen könne. Das oben erwähnte, ausgeschlägerte Waldgrundstück werde laut Planung für den Autobahnzubringer bzw. eine Ortsumfahrung benötigt und daher einem Enteignungsverfahren unterzogen werden. Bis wann mit einem Erlös zu rechnen sei, sei derzeit völlig unbekannt. Einem Verkauf dieses Grundstückes werde behördlicherseits wegen der bevorstehenden Enteignung nicht stattgegeben. Bei den Grundstücken, an denen die Beschwerdeführerin mit 12/32‑tel Anteilen Miteigentümerin sei, bestünden seit Jahren Schwierigkeiten bei der Realteilung. Da jahrelange Bemühungen der Beschwerdeführerin, eine einvernehmliche Teilung herbeizuführen, erfolglos geblieben seien, werde die Sache im Prozeßweg ausgetragen werden müssen und es könne daher mit einer Verwertung erst in Jahren gerechnet werden. Der Beschwerdeführerin stünden daher nur ihre kleine Pension und die Sozialleistungen der Gemeinde Wien zur Verfügung.

Der Stadtsenat der mitbeteiligten Gemeinde gab hierauf der Berufung nicht Folge. Von einer Nichtleistung der mitbeteiligten Gemeinde für den Anschluß (Kanal und Wasser) könne nicht gesprochen werden, mögen auch Leistung und Gegenleistung zeitlich nicht unmittelbar zuordenbar sein. Die Verpflichtung zur Gegenleistung seitens des Eigentümers sei erst mit der Baubewilligung eingetreten, die Leistung der Gemeinde in Form der gegebenen Anschlußmöglichkeit sei bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorhanden gewesen. Ein Anschlußbeitrag (für Wasser und Kanal) trete mit Erlöschen der Baubewilligung außer Kraft. Für die Anschlußbeiträge hätte die Beschwerdeführerin daher die bescheidmäßig vorgeschriebenen Stundungszinsen bezahlen müssen. Sie habe über den Erlös aus dem Grundstücksverkauf, wie eingangs dargestellt, verfügt. Die weitere Verbindlichkeit gegenüber ihrem Neffen habe mangels glaubhafter Darstellung nicht anerkannt werden können. Gemäß § 182 LAO 1983, Kärntner LGBl. Nr. 36, könnten die Stundungszinsen, welche gemäß § 2 Abs. 2 lit. d zu den Abgabenschuldigkeiten zählten, auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Die Beurteilung der Frage der Unbilligkeit sei noch keine Ermessensentscheidung, diese könnte erst nach Bejahung der Unbilligkeit getroffen werden. Da Unbilligkeit hier nicht vorliege, sei das auf Nachsicht gerichtete Begehren abzuweisen. Der Beschwerdeführerin sei aus dem Verkauf ein Erlös von S 497.405,92 verblieben. Richtig sei, daß noch weitere Verbindlichkeiten bestanden hätten, die die Summe insgesamt überstiegen. Eine Nachsicht der Stundungszinsen unter dem Aspekt zu gewähren, daß noch weitere Verbindlichkeiten bestünden und alle gleichzeitig nicht beglichen werden könnten, weshalb Unbilligkeit vorliege, könne nicht Sinn des § 182 LAO 1983 sein. Möge auch derzeit die Realisierbarkeit des weiteren Liegenschaftsvermögens der Beschwerdeführerin nicht oder schwer möglich sein, so handle es sich dennoch um Vermögenswerte, die nicht unberücksichtigt gelassen werden könnten. Da eine existenzielle Gefährdung der Beschwerdeführerin nicht gegeben erscheine und es nicht Sinn des § 182 LAO 1983 sein könne, eine Nachsicht zu gewähren, um die gleichzeitige Abdeckung anderer Verbindlichkeiten zu gewährleisten, könne nicht die Feststellung getroffen werden, die Einhebung der Stundungszinsen sei unbillig.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung unter Hinweis auf den Inhalt ihrer Berufungsschrift und ihrer Berufungsschrift und ihrer im Berufungsverfahren erstatteten Äußerung. Die Berufungsbehörde habe zu Unrecht die Stundungszinsen wie bevorrechtete Forderungen behandelt und sei vorgegangen, als handle es sich um ein Konkursverfahren. Die Unbilligkeit der Einhebung sei jedenfalls gegeben, weil die mitbeteiligte Gemeinde die effektiven Aufwendungen in der Zwischenkriegszeit, also vor ca. 50 Jahren erbracht habe, wodurch sie nun nicht mehr belastet sei. Ein Kausalzusammenhang zwischen den Aufwendungen vor 50 Jahren und dem behaupteten Zinsenentgang bestehe effektiv nicht. Hätte die Beschwerdeführerin die Baubewilligung verfallen lassen, wäre sowohl der Gebührenanspruch als solcher, als auch der behauptete Zinsenanspruch als gegenstandslos verfallen. Tatsächlich sei sofort nach Beurkundung des Kaufvertrages vom Käufer die Wasser- und Kanalanschlußgebühr bezahlt worden. Nach den Bestimmungen des Gemeindekanalisationsgesetzes (Krnt LGBl. Nr. 18/1978 hätte die Vorschreibung der Kanalgebühr erst mit Baubeginn erfolgen dürfen, weil nach diesem Gesetz nur errichtete Gebäude den Kanalanlagen anzuschließen seien. Erst der Bau löse den Gebührenanspruch aus. Tatsächlich sei die Gebühr bereits anläßlich der Erteilung der Baubewilligung vorgeschrieben worden, ein Vorgang, der dem Gesetz widerspreche; umsomehr sei es gesetzwidrig, aus der seinerzeit zu Unrecht vorgeschriebenen Kanalanschlußgebühr Zinsen zu begehren. Es sei von der Berufungsbehörde übersehen worden, daß die Beschwerdeführerin, selbst wenn man davon ausgehe, sie könnte aus ihrer Pension von S 4.238,90 ihre Lebensbedürfnisse decken, von dieser Pension noch den Saldo aus der in der Zusammenstellung der Verbindlichkeiten angeführten Schulden zu bezahlen hätte und diese nicht verbücherten Schulden im wesentlichen im Zusammenhang mit den jahrelangen Verkaufsbestrebungen, Bauplänen, Umwidmungsverfahren udgl. in unmittelbarem Zusammenhang stünden. Zu Unrecht werde die Schuld der Beschwerdeführerin gegen ihren Neffen in Zweifel gezogen, obwohl diese vom Finanzamt infolge Glaubhaftmachung anerkannt worden sei. Den Nachweis für diese Schuld habe die Beschwerdeführerin durch Vorlage des Vermögensteuerbescheides erbracht. Der genannte Gläubiger sei jederzeit bereit, die Schuld als Auskunftsperson zu klären und zu diesem Zweck auch (von Frankreich) nach Kärnten anzureisen. Die Berufungsbehörde habe zur Kenntnis genommen, daß das weitere Liegenschaftsvermögen der Beschwerdeführerin in absehbarer Zeit nicht realisiert werden könne. Nach dem Ableben ihres Ehemannes sei die Beschwerdeführerin völlig mittellos dagestanden und habe zur Bedeckung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt, für welche sie mitgehaftet habe, fast ihr gesamtes Vermögen opfern müssen. Von dem genannten Neffen habe die Beschwerdeführerin im Laufe der Jahre Unterstützungen erhalten, welche bis zum Betrag von S 1,200.000,-- angelaufen seien. Die Beschwerdeführerin sei jedoch verpflichtet, diese Schuld in irgendeiner Form abzuzahlen. Bei einer Zwangsversteigerung des Grundstückes hätte die mitbeteiligte Gemeinde nicht auf volle Befriedigung hoffen können.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die Kärntner Landesregierung (in der Folge: belangte Behörde) die Vorstellung als unbegründet ab. Es könne nicht nach § 182 LAO 1983 vorgegangen werden, wenn die Vorschreibung zufolge unzutreffender Abgabenbescheide, die nicht mit Hilfe von Rechtsmitteln bekämpft worden seien, unbillig erscheine, weil dies zu einer unzulässigen Durchbrechung der Rechtskraft führen würde. Hier seien sowohl der Bescheid über die Festsetzung des Wasseranschlußbeitrages als auch der Bescheid über die Festsetzung des Kanalanschlußbeitrages in Rechtskraft erwachsen; der Beschwerdeführerin seien auf Grund ihres Ansuchens Stundung gewährt und dafür mit rechtskräftigem Bescheid Stundungszinsen vorgeschrieben worden. Die für eine mögliche, sodann im Ermessen der Abgabenbehörde liegende Nachsicht geforderte Voraussetzung der Unbilligkeit der Einhebung sei im allgemeinen dann gegeben, wenn die Einbringung in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen stünde, die sich aus der Einziehung für den Steuerpflichtigen oder für den Steuergegenstand ergeben. Dabei habe, abweichend vom sonst gültigen Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung, der Nachsichtswerber einwandfrei und unter Ausschluß jeden Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden könne. Der Fall der Beschwerdeführerin sei von den Gemeindeabgabenbehörden sehr sorgfältig untersucht worden, die Wertung der in Betracht kommenden Sachumstände sei durchaus sachlich erfolgt und das Bemühen, eine richtige Entscheidung zu treffen, sei erkennbar. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Umstände reichten nicht hin, jenes wirtschaftlich nicht vertretbare Verhältnis zwischen der Einbringung der Abgabe und dem Nachteil für die Beschwerdeführerin als gegeben anzunehmen, auf Grund dessen die Einbringung unbillig wäre. Die Berufungsbehörde weise mit Recht darauf hin, daß der Beschwerdeführerin in jener Zeit, in welcher die Liegenschaft verkauft wurde, vom Kaufpreis nach Abdeckung grundbücherlich sichergestellter Verbindlichkeiten noch ein Betrag von S 497.405,92 verblieben sei, mit dem noch weitere Verbindlichkeiten abgedeckt worden seien, nicht jedoch jene gegenüber der mitbeteiligten Gemeinde. Somit habe die Berufungsbehörde richtigerweise eine Unbilligkeit der Einhebung der Stundungszinsen verneint. Die durchaus zutreffende Begründung der Berufungsbehörde werde übernommen und zum Bestandteil des angefochtenen Bescheides gemacht.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid, wie dem Beschwerdevorbringen entnehmbar ist, in ihrem Recht auf Anerkennung der Unbilligkeit der Einhebung der Stundungszinsen als Voraussetzung für deren Nachsicht gemäß § 182 LAO 1983 verletzt. Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Die Gemeinde hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die belangte Behörde hat schon deshalb fälschlich ihren Bescheid spruchgemäß neben § 79 Villacher Stadtrecht (in der Folge: ViStR) auch auf § 66 Abs. 4 AVG 1950 gestützt, weil der Vorstellungsbehörde bei Erledigung einer Vorstellung nicht die Befugnisse einer Berufungsbehörde zu reformatorischer Entscheidung zustehen, sondern lediglich zu nachprüfender Kontrolle dahingehend, ob die Verletzung von Rechten des Vorstellungswerbers durch den Bescheid des letztinstanzlichen Gemeindeorganes erfolgt ist, wie sich dies aus Art. 119 a Abs. 5 B‑VG und § 79 ViStR ergibt. Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf die Frage, ob die Vorstellungsbehörden im Verfahren betreffend den Anwendungsbereich der Landesabgabenordnung 1983 deren Verfahrensvorschriften oder das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz anzuwenden haben (vgl. zur gleichen Frage und zur Rechtslage in Niederösterreich Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Dezember 1978, Zlen. 2096, 2097/78, vom 25. Mai 1984, Zl. 83/17/0194 u.a.).

Durch die Anführung des § 66 Abs. 4 AVG 1950 als Rechtsgrundlage im Spruch des angefochtenen Bescheides wurde die Beschwerdeführerin jedoch im Rahmen des Beschwerdepunktes in ihren Rechten nicht verletzt, weil sich die belangte Behörde auf die ihr durch § 79 ViStR zugewiesenen Aufgaben beschränkt und von den sich aus § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergebenden Befugnissen einer Berufungsbehörde keinen Gebrauch gemacht hat.

2. Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, daß sich in der Regel aus der materiellen Rechtswidrigkeit eines in Rechtskraft erwachsenen Abgabenbescheides nicht die Unbilligkeit der Einhebung der betreffenden Abgaben nach Lage des Falles im Sinne des § 182 Abs. 1 LAO 1983 ergibt, es sei denn, die Abgabenbehörde hätte etwa die Versäumung oder Unterlassung eines Rechtsmittels gegen die Abgabenfestsetzung durch rechtswidriges Verhalten, etwa eine unrichtige Belehrung, veranlaßt oder die Rechtsverfolgung wäre aus anderen Gründen unverschuldetermaßen unterblieben (Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. September 1977, Zl. 1996/75, vom 23. April 1971, Zl. 1411/70, vom 21. September 1983, Zl. 83/17/0019).

Im vorliegenden Fall wurde tatsächlich im Jahre 1981 vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde bei Festsetzung des Kanalanschlußbeitrages gesetzwidrig vorgegangen. Gemäß § 8 Gemeindekanalisationsgesetz ist der Kanalanschlußbeitrag nämlich für jene Gebäude oder befestigten Flächen zu entrichten, für die ein Anschlußauftrag (§ 4) erteilt oder für die ein Anschlußrecht (§ 6) eingeräumt wurde. Gemäß § 4 leg. cit. trifft die Eigentümer der im Kanalisationsbereich gelegenen Grundstücke die Anschlußpflicht für die auf diesen Grundstücken errichteten Gebäude und für die im Kanalisationsbereich gelegenen befestigten Flächen, wenn die Art und Menge der Abwässer deren unschädliche Beseitigung erfordert. Gemäß § 11 Gemeindekanalisationsgesetz ist Abgabenschuldner der Eigentümer des Gebäudes oder der befestigten Fläche. Die Erteilung einer Baubewilligung löste daher anders als nach § 6 Gemeindewasserversorgungsgesetz, Krnt LGBl. Nr. 17/1977, hinsichtlich des Anschlusses an die Gemeindewasserversorgungsanlage eine Anschlußpflicht an die Kanalisationsanlage und daher auch die Kanalanschlußbeitragspflicht nicht aus, worauf die Beschwerdeführerin zutreffend in ihrer Vorstellung hingewiesen hat. Auf ihrem Grundstück befand sich weder ein Gebäude noch eine befestigte Fläche. Der Abgabenanspruch war daher gemäß § 3 Abs. 1 LAO im Jahre 1981 noch nicht entstanden. Die Festsetzung des Kanalanschlußbeitrages erfolgte somit rechtwidrig. Bei rechtmäßiger Vorgangsweise hätte die Beschwerdeführerin daher keiner Stundung bedurft, Stundungszinsen aus dem Kanalanschlußbeitrag von S 483.645,‑‑ im Ausmaß von S 82.112,-- hätten nicht entstehen können und dürfen.

Die Beschwerdeführerin hat jedoch den Abgabenbescheid auch hinsichtlich des Kanalanschlußbeitrages unbestrittenermaßen in Rechtskraft erwachsen lassen, weshalb sie der Stundung bedurfte. Ebenso ließ sie die Bescheide betreffend Stundungszinsen in Rechtskraft erwachsen. Daß dies jeweils infolge unrichtiger Belehrung durch die Behörden der mitbeteiligten Gemeinde geschehen sei oder die Beschwerdeführerin unverschuldetermaßen aus anderen Gründen die Rechtsverfolgung unterließ, wurde von ihr nie behauptet und ist im Verfahren auch nicht hervorgekommen.

Zu Recht stützt sich die Beschwerdeführerin daher nicht darauf, die mit der Einhebung der Stundungszinsen verbundene Unbilligkeit ergebe sich bereits aus der Tatsache rechtswidriger Abgabenfestsetzung.

3.1. Der Beschwerdeführerin ist allerdings darin beizupflichten, daß die belangte Behörde aus einem anderen Grund § 182 Abs. 1 LAO 1983 unrichtig angewendet hat.

Nach dieser Bestimmung können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig ist. Liegt die Einbringung der Abgabe in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen, die sich aus der Einziehung für den Steuerpflichtigen oder für den Steuergegenstand ergeben, so ist in der Regel Unbilligkeit anzunehmen. Hiezu bedarf es nicht der Gefährdung des Nahrungsstandes, der Existenzgefährdung, besonderer finanzieller Schwierigkeiten und Notlagen, sondern es genügt, daß die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, so etwa, wenn die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Veräußerung von Vermögenschaften möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleichkäme (Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 1971, Zl. 840/71, vom 26. November 1971, Zl. 1160/70, vom 19. September 1956, Zl. 333/56). Einbußen an vermögenswerten Interessen, die mit Abgabenleistungen allgemein verbunden sind und die jeden gleich berühren können, stellen eine Unbilligkeit dagegen nicht dar.

Die belangte Behörde hat die Feststellung der Berufungsbehörde, wonach eine Realisierung des enteignungsbedrohten abgeholzten Waldgrundstückes der Beschwerdeführerin und ihrer Minderheitsanteile an weiteren Grundstücken derzeit nicht oder nur sehr schwer möglich ist, übernommen. Die belangte Behörde hätte daher davon auszugehen gehabt, daß diese Vermögenswerte die mit der Einhebung der Stundungszinsen verbundene Unbilligkeit nicht zu verringern vermögen, zumal nicht abzusehen ist, ob überhaupt und wann dieser Liegenschaftsbesitz zu Geld gemacht werden kann und mit welchem Betrag nach Abzug der bis dahin auflaufenden Kosten der Verwertung zu rechnen sein wird. Der Beschwerdeführerin zumutbare Verwertungsmaßnahmen bezüglich dieses Liegenschaftsbesitzes vermochten weder die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Gemeinde noch die belangte Behörde aufzuzeigen. Wie einer derartigen Unsicherheit bei der Verwertbarkeit von Vermögen für den Nachsichtsfall zu begegnen ist, ergibt sich aus § 217 LAO 1983.

Das der Beschwerdeführerin verbliebene Liegenschaftsvermögen wurde von der belangten Behörde, die sich vollinhaltlich den Ausführungen im Bescheid der Berufungsbehörde angeschlossen hat, daher zu Unrecht als Hindernis für die Annahme einer Unbilligkeit nach Lage des Falles angesehen.

3.2. Da die Beschwerdeführerin somit zumutbarerweise Stundungszinsen nicht aus ihrem verbliebenen Liegenschaftsvermögen bestreiten könnte, müßte sie dies aus ihrer oben genannten geringen Pension und ihrer Sozialunterstützung der Gemeinde Wien tun. Daß dies möglich wäre, ohne die Beschwerdeführerin der Not preiszugeben, wird auch von der belangten Behörde nicht ernstlich behauptet. Bei Pfändung der Pension wäre die Beschwerdeführerin tatsächlich einer Notlage ausgesetzt. Die Einbringung der Stundungszinsen bei ihr hätte daher nur dann von der belangten Behörde nicht als nach der Lage des Falles unbillig angesehen werden dürfen, wenn die Beschwerdeführerin bei Verwendung des aus dem Notverkauf ihres Grundstückes verbliebenen Kaufpreisrestes, der nicht bereits durch die im Kaufvertrag von ihr übernommene Lastenfreistellung aufgezehrt war, die zumutbare Sorgfalt zu Lasten der Stundungszinsen der mitbeteiligten Partei vernachlässigt und die mitbeteiligte Partei dabei willkürlich benachteiligt hätte. Hievon kann jedoch nach der Lage des Falles keine Rede sein.

Wenn die belangte Behörde in der Gegenschrift behauptet, das Auflaufen der Stundungszinsen sei auf das lange Zögern der Beschwerdeführerin bei Verwertung der Liegenschaft zurückzuführen, ist dies angesichts des bisher unwiderlegten ausführlichen Vorbringens der Beschwerdeführerin über die einer angemessenen Verwertung durch Jahre entgegengestandenen Hindernisse, welche auch auf das - sei es auch rechtmäßige - Verhalten der mitbeteiligten Gemeinde zurückzuführen gewesen sein soll, schlechthin unverständlich. Eine solche Verzögerung kann daher nicht gegen die Unbilligkeit der Einbringung der Stundungszinsen ins Treffen geführt werden.

Völlig übersehen wurde von der Berufungsbehörde und der belangten Behörde jedoch, daß selbst dann, wenn man davon ausgehen wollte, der Beschwerdeführerin wäre der nach Lastenfreistellung verbliebene Kaufpreisrest von S 497.405,92 zur freien Verfügung gestanden, dieser bei gleichteiliger Befriedigung sämtlicher angeführten Forderungen keineswegs ausgereicht hätte, sondern von diesen ebenfalls nur ein Bruchteil hätte befriedigt werden können, ließe man auch die von der belangten Behörde als zweifelhaft angesehene Forderung des Neffen der Beschwerdeführerin völlig außer Betracht. Auch die Verletzung der von der belangten Behörde offenbar unterstellten Pflicht zur anteilsmäßigen Befriedigung hätte es daher nicht gerechtfertigt, den danach ungedeckten Rest der Stundungszinsen von einer Nachsicht gemäß § 182 LAO 1983 von vornherein auszuschließen.

Diese Bestimmung zielt jedoch gerade darauf ab, Härten, wie sie mit einem Kridaverfahren verbunden sind und die die wirtschaftliche Existenz des Gemeinschuldners in der Regel vernichten, wenn dies unbillig wäre, zu vermeiden. Der Annahme einer Unbilligkeit könnte daher nur eine solche Verfügung der Beschwerdeführerin über den Kaufpreisrest entgegenstehen, welche die Stundungszinsen willkürlich oder unangemessen benachteiligt hätten. Dergleichen war jedoch nicht der Fall. Wenn die Beschwerdeführerin rückständige Mietzinse, Strom- und Gasrechnungen für ihre Wohnung aus dem Kaufpreisrest bezahlt hat, so handelte es sich dabei um die Beseitigung der dringendsten Schulden, weil ja andernfalls der Verlust der Wohnung sowie der Versorgung dieser Wohnung mit Strom und Gas gedroht hätte. Hinsichtlich der übrigen Schulden hat sich die Beschwerdeführerin bisher unwiderlegt darauf berufen, daß es sich um solche gehandelt habe, die eingegangen worden seien, um überhaupt den Verkauf der Liegenschaft zu ermöglichen, welcher erst zur Befriedigung der Hauptforderung der mitbeteiligten Gemeinde (Kanal- und Wasseranschlußbeitrag) geführt hat. Was die Zwischenfinanzierung wegen des verlorenen Rangordnungsbescheides, die Vermittlungsgebühr, die Vertragserrichtungs- und Lastenfreistellungskosten anlangt, steht dies im übrigen außer Zweifel. Bezüglich der übrigen Schulden, welche aus dem Kaufpreisrest befriedigt wurden, wurde die Behauptung der Beschwerdeführerin, es handle sich dabei um Kosten, die im Zusammenhang mit den Bemühungen um Veräußerung der Liegenschaft entstanden sind, weder von der Berufungsbehörde, noch von der belangten Behörde in für die Beschwerdeführerin erkennbarer Weise widerlegt, weshalb sich diese auch nicht zu weiteren Nachweisen ihrer Behauptung diesbezüglich veranlaßt sehen mußte. Dies umso weniger, als auch ihre Behauptung, sie habe infolge ihrer jahrelangen Bemühungen um einen Verkauf sehr hohe Kosten gehabt, von den Abgabenbehörden offenbar nicht in Zweifel gezogen worden ist. Wenn die Beschwerdeführerin diesen Schulden, welche sie überhaupt erst in die Lage setzten, den Notverkauf schließlich zu bewerkstelligen und damit für eine Befriedigung der Hauptforderung der mitbeteiligten Partei zu sorgen, bei der Verwendung des Kaufpreisrestes den Vorzug vor den Stundungszinsen gegeben hat, die noch dazu zum weitaus überwiegenden Teil auf eine materiell rechtswidrige Vorschreibung des Kanalanschlußbeitrages zurückzuführen waren, kann hierin eine Verletzung von Sorgfaltspflichten durch willkürliche Benachteiligung des Nebengebührenanspruches der mitbeteiligten Partei, welche die Annahme einer Unbilligkeit der Einhebung nach Lage des Falles ausschlösse, nicht erblickt werden.

4. Von der belangten Behörde wurde die Rechtslage daher verkannt. Von ihr wurde aber auch zu Unrecht ein Begründungsmangel im Bescheid der Berufungsbehörde nicht wahrgenommen, der darin gelegen war, daß ohne Angabe nachvollziehbarer Gründe die Unglaubwürdigkeit der Darstellung der Beschwerdeführerin für die Darlehensschuld gegenüber ihrem Neffen von S 1,200.000,-- angenommen wurde. Die bloße Behauptung, die Darstellung der Beschwerdeführerin sei nicht glaubhaft, reichte als Begründung nicht aus. Hatte die Berufungsbehörde gegen die betreffende Aussage der Beschwerdeführerin und die Richtigkeit des Vermögensteuerbescheides Bedenken, so wäre sie verpflichtet gewesen, den Neffen der Beschwerdeführerin als Zeugen zu vernehmen. Die belangte Behörde hat das Gesetz daher auch dadurch verletzt, daß sie den genannten Verfahrensmangel, der der Berufungsbehörde unterlaufen war, nicht wahrnahm.

5. Die belangte Behörde hat in Verkennung der Rechtslage den Bescheid der Abgabenberufungsbehörde nicht unter Überbindung der oben dargestellten Rechtsansicht aufgehoben, damit die Abgabenberufungsbehörde in die danach gebotene Ermessensentscheidung unter Heranziehung der Gesichtspunkte des § 18 LAO 1983 eintrete.

In diesem Zusammenhang sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu dem Hinweis veranlaßt, daß dem Begriff der „Zweckmäßigkeit“ die Bedeutung „öffentliches Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben“ beizumessen ist (vgl. hiezu das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1981, Slg. Nr. 5567/F, weiters die Erkenntnisse vom 11. Februar 1982, Zl. 81/15/0083, und vom 16. September 1982, Zl. 82/16/0022), welches bei Stundungszinsen, die auf materiell unberechtigte Abgabenforderungen (hier: Kanalanschlußbeitrag) zurückzuführen sind (in diesem Sinne Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Juni 1973, Zl. 353/73), wegen der Pflicht zur Berücksichtigung aller Umstände zu verneinen sein wird.

6. Der angefochtene Bescheid mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben werden.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Gemäß § 59 VwGG konnte nicht mehr als verzeichnet zuerkannt werden.

Wien, am 14. März 1986

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte