VwGH 85/14/0163

VwGH85/14/016316.9.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Dorner, über die Beschwerde des WM in V, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwalt Dr. Heinrich Peter-Pirkham in Villach, Perausstraße 31, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten, Berufungssenat I, vom 28. Dezember 1984, Zl. 302/4-3/82, betreffend Einkommensteuer für 1974 bis 1977, zu Recht erkannt:

Normen

KStG 1966 §8 Abs1;
KStG 1966 §8 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war in den Jahren 1974 bis 1977 (Streitjahre) allein vertretungsbefugter Gesellschafter-Geschäftsführer der W.-Gesellschaft m.b.H. Er war am Stammkapital dieser Gesellschaft mit 99,3 v.H. beteiligt, der restliche Anteil entfiel auf seine Schwester.

Im Unternehmen der W. GesmbH fand in den Jahren 1979 und 1980 eine die Streitjahre umfassende abgabenbehördliche Prüfung statt. Da bei dieser Prüfung eine Reihe abgabenrechtlich bedeutsamer Unterlagen nicht vorgelegt wurden, nahm der Prüfer Schätzungen der Abgabenbemessungsgrundlagen vor. Unter anderem setzte er im Schätzungsweg verdeckte Gewinnausschüttungen

a) für die Privatnutzung betrieblicher Kraftfahrzeuge durch die Gesellschafter (1974 S 21.200,--, 1975 und 1976 je S 24.000,-- und 1977 S 27.600,--)

b) für in den Aufwandspositionen freiwilliger Sozialaufwand, Werbe- und Reisekosten, Werbegeschenke, Arbeitskleidung, Bewirtungsspesen mit Kunden u.dgl., enthaltene Ausgaben, die nicht für Zwecke des Unternehmens getätigt worden seien (1974 S 38.500,-- , 1975 S 44.000,--, 1976 und 1977 je S 33.000,--) und

c) für den Verkauf einer 655 m2 großen Liegenschaft in K an den Bruder des Beschwerdeführers unter ihrem Wert (1975 S 426.000,--)

an. Der Prüfer sah auf Grund der dominierenden Stellung des Beschwerdeführers in der GesmbH sämtliche verdeckten Gewinnausschüttungen als diesem zugeflossen an.

Beim Beschwerdeführer erfaßte das Finanzamt die verdeckten Gewinnausschüttungen mit teils gemäß § 303 Abs. 4 BAO berichtigten, teils gemäß § 200 Abs. 2 BAO endgültigen Einkommensteuerbescheiden als Einkünfte aus Kapitalvermögen, wogegen der Beschwerdeführer Berufungen erhob.

Im Verfahren über die Berufungen gegen die berichtigten bzw. endgültigen Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre erließ das Finanzamt am 10. April 1984 einen umfangreichen Vorhalt, zu dem der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 1. Juni 1984 Stellung nahm.

Der angefochtene Bescheid gab den Berufungen des Beschwerdeführers teilweise, nicht jedoch in den aufgezeigten Punkten Folge. Zu diesen auch vor dem Verwaltungsgerichtshof noch strittigen Punkten vertrat die belangte Behörde im wesentlichen die Auffassung, daß der Beschwerdeführer den Feststellungen der Abgabenbehörden keine substantiierten Behauptungen hätte entgegensetzen können, von Beweisen ganz abgesehen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren über Belastungen, die der Käufer der Liegenschaft in K zusätzlich zum Kaufpreis hätte übernehmen müssen, stünde zudem mit dem zwischen der W. GesmbH, vertreten durch den Beschwerdeführer, und dem Bruder des Beschwerdeführers abgeschlossenen Kaufvertrag in Widerspruch. Die betreffend Einkommensteuer des Jahres 1977 eingewendete Verjährung sei wegen Unterbrechung der Verjährungsfrist nicht eingetreten.

Vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer behauptet zunächst, es sei an ihn kein "Bericht" über die festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen ergangen. Dem ist entgegenzuhalten, daß sich diese Feststellungen im die W. GesmbH betreffenden Betriebsprüfungsbericht vom 8. September 1980 finden und der Vorhalt der belangten Behörde an den Beschwerdeführer vom 10. April 1984 unwidersprochen festhielt, daß der Beschwerdeführer den Bericht am 16. November 1980 nachweislich übernahm. Abgesehen davon gibt der Vorhalt selbst die entscheidungswesentlichen Feststellungen des Betriebsprüfers wieder.

In den Einwänden gegen die in Rede stehenden verdeckten Gewinnausschüttungen bezieht sich die Beschwerde weiters wiederholt auf eine Berufung vom 25. Februar 1981 und deren Ergänzung vom 6. April 1981. Dieser Hinweis ist jedoch nicht zielführend, weil es sich dabei nicht um Schriftsätze des Beschwerdeführers in seiner Einkommensteuerangelegenheit - die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre auf Grund der abgabenbehördlichen Prüfung datieren alle erst mit 23. bzw. 25. August 1982 -, sondern um solche der W. GesmbH in deren Abgabensachen handelt. Der Beschwerdeführer hat sich in dem seine Einkommensteuer betreffenden Verwaltungsverfahren auf diese Schriftsätze auch nicht berufen. Von sich aus hatte die belangte Behörde keinen Anlaß, in der die Einkommensteuer des Beschwerdeführers betreffenden Berufungsentscheidung (angefochtener Bescheid) auf die beiden Schriftsätze der W. GesmbH einzugehen, da die Berufung der W. GesmbH zurückgezogen worden war, nachdem schon vorher der Beschwerdeführer die für das Berufungsvorbringen angebotenen bzw. von der Abgabenbehörde abgeforderten Beweise schuldig geblieben war.

Den Ausführungen der Beschwerde zur Frage der privaten Kraftfahrzeugnutzung ist überdies entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde ernsthaft um eine richtige Berufungsentscheidung in diesem Punkt bemüht war. Sie forderte den Beschwerdeführer mit dem Vorhalt vom 10. April 1984 auf, Ablichtungen der Aufwandskonten für die von den Gesellschaftern benützten Personenkraftwagen für die Streitjahre, sämtliche Belege betreffend den Kraftfahrzeugaufwand, Fahrtenbücher und Ablichtungen der Lohnkonten der Gesellschafter für die Streitjahre vorzulegen. Der Beschwerdeführer reagierte in der Vorhaltsbeantwortung darauf mit bloßen Behauptungen über eine ausschließlich betriebliche Nutzung der Kraftfahrzeuge und über ohnedies von selbst sogar zu hoch angesetzte Privatanteile. Die abgeforderten Beweismittel, welche diese Behauptungen erhärten hätten können, legte der Beschwerdeführer wieder nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof vermag bei dieser Sachlage keine Rechtswidrigkeit zu erkennen, wenn die belangte Behörde den Feststellungen des Betriebsprüfers folgte und die schätzungsweise angesetzten Privatnutzungsanteile gleich dem Prüfer dem Beschwerdeführer im Hinblick auf dessen dominierende Stellung in der W. GesmbH allein zurechnete, eine Zurechnung, die in Anbetracht des über 99 %igen Anteiles des Beschwerdeführers am Stammkapital der GesmbH im Zusammenhalt mit seiner alleiniger Geschäftsführungsbefugnis zu rechtfertigen ist. Daß die Privatnutzung von Kraftfahrzeugen einer Kapitalgesellschaft durch Gesellschafter den Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung zu verwirklichen vermag, ergibt sich aus dem hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1981, Zl. 14/2330, 2380/79.

In der Frage des "nichtanerkannten Aufwandes" (als verdeckte Gewinnausschüttungen behandelte Aufwendungen der W. GesmbH) zielen die Beschwerdeausführungen darauf ab, es wäre jegliche Ermittlungstätigkeit unterblieben. Dieser Vorwurf grenzt an Mutwillen. Hat doch die Behörde, gerade um die Frage des "nichtanerkannten Aufwandes" zu klären, den Beschwerdeführer im Vorhalt vom 10. April 1984 auch aufgefordert, Ablichtungen folgender Aufwandskonten unter Anschluß der Belege für die Streitjahre vorzulegen: freiwilliger Sozialaufwand, Werbeaufwand, Reisekosten, Werbegeschenke, Arbeitskleidung, Bewirtungsspesen, Geschäftsanbahnung, Spenden, Repräsentationen, Miete, Versicherungen, Rechtskosten und Fachliteratur. Auf diese Aufforderung reagierte der Beschwerdeführer in der Vorhaltsbeantwortung einzig und allein mit der Behauptung, der "nichtanerkannte Aufwand" sei "nicht in dieser Höhe gerechtfertigt und wenn ein nichtanerkannter Aufwand gerechtfertigt wäre, dann wäre dies in einem bei weitem geringeren Ausmaß durchzuführen". Beweismittel brachte der Beschwerdeführer keine bei. Die Beschwerdeausführungen, dem Beschwerdeführer sei die Buchhaltung ab der Mitte des Jahres 1981 nicht mehr zur Verfügung gestanden, enthalten unzulässiges neues Vorbringen im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG. In der Vorhaltsbeantwortung vom 1. Juni 1984 hatte sich der Beschwerdeführer nämlich noch erbötig gemacht, mit den Unterlagen der W. GesmbH beim Finanzamt vorzusprechen, wobei es allerdings beim Anbot geblieben war.

Hinsichtlich des "Hauskaufes K" ist zunächst festzuhalten, daß verdeckte Gewinnausschüttungen auch nahen Angehörigen eines Gesellschafters zufließen können, aber auch dann dem Gesellschafter selbst zuzurechnen sind (Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch2, § 27 Tz 20); die Überlassung von Vorteilen, die sich aus der Gesellschafterstellung ergeben, an den nahen Angehörigen ist beim Gesellschafter lediglich Einkommensverwendung. Weiters ist anzumerken, daß eine verdeckte Gewinnausschüttung auch verwirklicht werden kann, wenn die Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter (oder nahen Angehörigen) eine Liegenschaft verbilligt überläßt (Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. November 1977, Zlen. 410 und 618/77, Slg. Nr. 5193/F, und vom 26. September 1985, Zlen. 85/14/0051, 0052). Der Beschwerdeführer zieht diese dem angefochtenen Bescheid schlüssig zugrunde liegende rechtliche Beurteilung auch nicht in Zweifel. Er bestreitet aber, daß die Liegenschaft in K dem Bruder um einen zu geringen Preis verkauft worden wäre. Hiezu ist dem Beschwerdeführer jedoch entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde im Vorhalt vom 10. April 1984 die Feststellungen des Betriebsprüfers bezüglich des "Hausverkaufes K" nochmals im einzelnen unter Wiedergabe der Berechnungsgrundlagen festhielt und so dem Beschwerdeführer Gelegenheit bot, auch in dem seine Einkommensteuer betreffenden Abgabenverfahren zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Doch auch in dieser Frage unterblieb ein klarstellendes Vorbringen und die Vorlage von Beweisen. Dazu hätte aber für den Beschwerdeführer umsomehr Anlaß bestanden, als er in der Vorhaltsbeantwortung vom 1. Juni 1984 selbst davon ausging, daß die Liegenschaft dem Bruder mehr als den erklärten Verkaufserlös (S 74.000,--) gekostet habe, und zwar auf Grund einer Kredit-(Belastungs-)Übernahme. Es wäre am Beschwerdeführer gelegen gewesen, substantiiert aufzuzeigen, welchen Wert die an den Bruder verkaufte Liegenschaft nun tatsächlich hatte, zumal der erklärte Verkaufserlös von S 74.000,--

nicht einmal den Einheitswert der Liegenschaft zum 1. Jänner 1975 (S 216.000,--) erreichte, und welchen Kredit sowie mit welchem Betrag der Beschwerdeführer sonstige Belastungen zu übernehmen hatte. Was die Kreditübernahme betrifft, blieben dem Kaufvertrag aus dem Jahre 1975 zufolge zwar die Grundpfandrechte auch nach dem Verkauf aufrecht, doch traf die Zahlungspflicht für die den Grundpfandrechten zugrunde liegenden Schulden weiterhin die Verkäuferin (W. GesmbH - § 4 letzter Absatz des Kaufvertrages) und der Käufer (Bruder) hatte bei allfälliger Inanspruchnahme aus den Grundpfandrechten gegenüber der GesmbH einen Regreßanspruch (§ 9 des Kaufvertrages).

Die Betrachtungen, welche der Beschwerdeführer nunmehr in der Beschwerde über die Beschaffenheit der Liegenschaft, das Verkaufsmotiv, über den Wert der Liegenschaft, ihre Lage und über die Inanspruchnahme des Käufers aus den auf der Liegenschaft verbücherten Grundpfandrechten anstellt, können der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil sie alle dem Neuerungsverbot im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG unterliegen. Wieso der Verkauf eines Nachbargrundstückes durch die W. GesmbH an einen anderen (fremden) Käufer mit Gewinn der Annahme entgegenstehen soll, daß die gegenständliche Liegenschaft an den Bruder des Beschwerdeführers unter ihrem Wert veräußert wurde, ist für den Verwaltungsgerichtshof unerfindlich.

Hinsichtlich der Einrede der Verjährung kann sich der Verwaltungsgerichtshof zur Rechtslage mit dem Hinweis auf die Bestimmungen des § 207 Abs. 2, § 209 Abs. 1 und § 209 a Abs. 1 BAO und zur Sachlage mit dem Hinweis begnügen, daß die den Ergebnissen der Betriebsprüfung Rechnung tragenden Einkommensteuerbescheide für sämtliche Streitjahre im August 1982 erlassen wurden, so daß bezüglich der Einkommensteuer für 1977 eine Verjährung von vornherein ausscheidet. Bezüglich der Vorjahre unterbrachen die Verjährung jedenfalls die Berufungsvorentscheidung vom 17. Mai 1978 für 1974, der vorläufige Einkommensteuerbescheid vom 16. September 1977 für 1975 und der vorläufige Einkommensteuerbescheid vom 21. Juni 1978 für 1976.

Der Beschwerdeführer vermochte sohin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 16. September 1986

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