VwGH 85/14/0092

VwGH85/14/009214.1.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Tobola, über die Beschwerde des RG in T, vertreten durch Dr. Gunther Nagele, Rechtsanwalt in Innsbruck, Südtiroler Platz 8/1, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol, Berufungssenat, vom 22. April 1985, Zl. 30.217‑3/84, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer für 1979 bis 1981, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §23 Z1
EStG 1972 §28 Abs1 Z1
GewStG §1 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1985140092.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt in einer Fremdenverkehrsgemeinde ein Sportgeschäft mit Schiverleih. Diese Tätigkeit übt er im Kellergeschoß und im Erdgeschoß eines ihm gehörigen Gebäudes aus. Im ersten und zweiten Stock desselben Gebäudes befinden sich vier Ferienwohnungen mit insgesamt bis zu 18 Betten, die der Beschwerdeführer an Feriengäste vermietet. In den Abgabenerklärungen für die Streitjahre behandelte er Sportgeschäft und Ferienwohnungen als einheitlichen Gewerbebetrieb, dessen Gewinn er gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1972 ermittelte. Im Rahmen dieser Gewinnermittlung machte er auch für die Ferienwohnungen betreffende Investitionen Investitionsfreibeträge geltend.

Die belangte Behörde vertrat hingegen in dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid - aufbauend auf den Feststellungen einer Betriebsprüfung - die Auffassung, daß die Vermietung der Ferienwohnungen zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führe und dies der Annahme eines einheitlichen Gewerbebetriebes mit dem Sportgeschäft sowie der Inanspruchnahme der Investitionsfreibeträge für die Ferienwohnungen betreffende Investitionen entgegenstehe. Die belangte Behörde begründete diesen ihren Standpunkt damit, daß die landläufige saisonbedingte Fremdenzimmervermietung noch keine gewerbliche Tätigkeit nach Art eines Beherbergungsbetriebes darstelle, wenn sie nur in geringem Umfang betrieben werde. Anders als im Falle des hg. Erkenntnisses vom 12. Februar 1960, Zl. 895/59, Slg. Nr. 2171/F, könne im Beschwerdefall ein solcher geringer Umfang unterstellt werden, da die tägliche Verabreichung des Frühstücks an die in den Ferienwohnungen wohnenden Gäste - anders als im Falle der damaligen Beschwerdeführerin - in den Streitjahren ausdrücklich nicht zu den üblichen Leistungen des Beschwerdeführers gehört habe. Bedenke man, daß in den Ferienwohnungen auch keine tägliche Reinigung erfolgt sei, so habe der Beschwerdeführer nicht einmal die für das „landläufige Zimmervermieten an Saisongäste“ beiden typischen Nebenleistungen erbracht. Einschlägig wäre das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1979, Zl. 1312/78. Mit dem Hinweis auf die Vermietung bloßer Schlafstellen an Fremdarbeiter, über die der Verwaltungsgerichtshof mit dem Erkenntnis vom 1. Juni 1976, Zlen. 363, 2342/75, abgesprochen habe, sei für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, denn bei der Schlafstellenvermietung genüge die hohe Frequenz und die Kurzfristigkeit der Mieten allein nicht, um Gewerbebetrieb annehmen zu können, wenn nicht besondere im Beherbergungsgewerbe übliche Nebenleistungen erbracht würden. Die fehlende Gastgewerbekonzession wertete die belangte Behörde als Indiz gegen seine Einkünfte auf Gewerbebetrieb bewirkende Fremdenzimmervermietung.

In der wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erhobenen Beschwerde legt der Beschwerdeführer dar, daß die Vermietung der strittigen Ferienwohnungen über eine bloße Vermögensverwaltung hinausgegangen sei. Würden nämlich mehr als zehn Fremdenbetten vermietet, so liege nach dem Schrifttum regelmäßig bereits ein Gewerbebetrieb vor. Auch das (schon erwähnte) Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Slg. Nr. 2171/F spreche dafür, daß die Vermietung der bestens eingerichteten Ferienwohnungen eine gewerbliche Tätigkeit sei. Diese Vermietung komme derjenigen gleich, wie sie beim Betrieb von Hotels und Ferienpensionen vorliege. Zudem entfalte der Beschwerdeführer auch eine Tätigkeit, wie sie nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1982, Zl. 82/13/0125, betreffend die Vermietung von Schlafstellen an Fremdarbeiter, einen Gewerbebetrieb begründe (polizeiliche An- und Abmeldung, Bereitstellung sauberer und reparierter Bettwäsche, gesäuberter Räume sowie die Zurverfügungstellung von Mobiliar und die Zahlung der anfallenden Gas- und Stromrechnungen). Der Beschwerdeführer werbe auch für die Vermietung der Ferienwohnungen mit Inseraten, einem eigenen Prospekt und mit sonstigen Werbemaßnahmen.

Des weiteren zeigt der Beschwerdeführer in der Beschwerde im einzelnen auf, daß Sportgeschäft und Ferienwohnungen zusammen einen einheitlichen Gewerbebetrieb bilden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Das Unterscheidungsmerkmal zwischen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und Einkünften aus Gewerbebetrieb ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darin zu erblicken, ob sich die Tätigkeit des Vermieters auf die bloße Überlassung des Bestandgegenstandes beschränkt oder ob, in welcher Richtung und in welchem Ausmaß sie darüber hinausgeht. Die durch jede Art von Vermietung bedingte laufende Verwaltungsarbeit und die durch sie gleichfalls oft erforderliche Werbetätigkeit allein machen die Betätigung nicht zu einer gewerblichen, es sei denn, die laufende Verwaltungsarbeit hätte ein solches Ausmaß, daß sie nach außen als gewerbliche Tätigkeit erscheint. Insgesamt müssen zur bloßen Vermietung besondere, damit nicht im Regelfall oder stets verbundene Umstände hinzutreten, durch die eine über die bloße Nutzungsüberlassung hinausgehende weitere Tätigkeit des Vermieters bedingt wird (siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Mai 1983, Zl. 82/14/0248, und die dort erwähnte Vorjudikatur). Eine solche weitere Tätigkeit wird vor allem in den typischen Fällen „gewerblicher“ Beherbergung von Fremden in Hotels und Fremdenpensionen erbracht (siehe Philipp, Gewerbesteuer‑Kommentar, Tz 1‑177). Diese weitere Tätigkeit besteht insbesondere in der (angebotenen) Verpflegung der Gäste (und sei es auch nur in der Form eines Frühstücks) und in der täglichen Wartung der Zimmer (Reinigung, Bettenmachen). Wenn solche Tätigkeiten wie die tägliche Verabreichung eines Frühstücks und die tägliche Wartung der Zimmer allerdings wegen der geringen Zahl von Fremdenzimmern nur in bescheidenem Ausmaß anfallen, begründen auch sie keinen (steuerlichen) Gewerbebetrieb (so das Erkenntnis vom 3. Mai 1983, Zl. 82/14/0248). Umgekehrt führt aber eine Fremdenzimmer‑(Ferienwohnungs‑)vermietung, bei der keinerlei Verpflegung der Gäste und keine tägliche Wartung der Zimmer stattfindet, erst dann zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn eine verhältnismäßig größere Zahl von Zimmern eine Tätigkeit bedingen, die über jene Tätigkeit, wie sie mit der bloßen Nutzungsüberlassung von Räumen üblicherweise verbunden ist, deutlich hinausgeht (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Juni 1983, Zlen. 81/13/0157, 0183).

Mißt man den Beschwerdefall an diesen und den weiteren vom Verwaltungsgerichtshof zur Fremdenzimmer-(Ferienwohnungs-)vermietung entwickelten Grundsätzen, so zeigt sich, daß einzelne Sachverhaltsmerkmale für eine gewerbliche, andere wieder für eine bloße Vermietungstätigkeit (im Sinne von Einkünften aus Gewerbebetrieb bzw. Einkünften aus Vermietung und Verpachtung) sprechen. Diese Merkmale gilt es gegeneinander abzuwägen.

Einen gewissen Hinweis auf eine gewerbliche Tätigkeit bietet die in der Sachverhaltsdarstellung erwähnte Werbung des Beschwerdeführers für die Ferienwohnungen. Ausschlaggebende Bedeutung kommt diesem Umstand aber nicht zu, weil auch mit typischen Vermietungstätigkeiten (z.B. in größeren Wohn- oder Bürohäusern) eine oft umfangreiche Werbung für die Mietobjekte verbunden ist, ohne daß die Vermietung deshalb zu einer gewerblichen würde (vgl. nochmals die Erkenntnisse Zlen. 81/13/0157, 0158, und 82/14/0248).

Indiz für eine gewerbliche Zimmervermietung ist im Beschwerdefall weiters die Art der Einrichtung der Ferienwohnungen. Zwar bewirkt eine Vermietung von Räumen nicht schon deshalb, weil sie eine Einrichtung mit umschließt, Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1979, Zl. 1312/78). Besteht die Einrichtung aber wie im Beschwerdefall zu einem beträchtlichen Teil aus technischen Geräten (Küchengeräte, Staubsauger, Fernseher), so kann dies wegen der notwendigen Instandhaltungsarbeiten und Nachschaffungen auf gewerbliche Einkünfte hindeuten (siehe das genannte Erkenntnis Slg. Nr. 2171/F). Im Beschwerdefall führt aber auch dieser Umstand nicht zu gewerblichen Einkünften, wenn man in Betracht zieht, daß nur vier Ferienwohnungen zur Vermietung gelangten. In diesen Ferienwohnungen erbrachte der Beschwerdeführer keine für die gewerbliche Fremdenzimmervermietung signifikanten Leistungen. Es erfolgte keine tägliche Reinigung der Zimmer; diese hatten die Feriengäste selbst vorzunehmen, wofür ihnen ein Staubsauger zur Verfügung gestellt wurde; es kam lediglich beim Wechsel der Feriengäste zu einer „Endreinigung“ durch den Beschwerdeführer; die Betten hatten sich die Feriengäste selbst zu machen, sie hatten - von der Beschwerde unwidersprochen - die Betten auch mit der vom Beschwerdeführer zur Verfügung gestellten Bettwäsche selbst zu überziehen; der Beschwerdeführer verabreichte keine Verpflegung, grundsätzlich (laut Beschwerde: „nur äußerst selten“) nicht einmal das Frühstück. Bei dieser Sachlage überwiegen die Merkmale einer Vermietungstätigkeit im Sinne des § 28 EStG 1972. Die Zahl der Betten - bis zu 18 - fällt beim gegebenen Sachverhalt gegenüber der Zahl der Ferienwohnungen nicht ins Gewicht; die Zahl der Betten wird dort bedeutsam sein, wo in nennswertem Maße von der Zahl der belegten Betten abhängige Leistungen erbracht werden (Frühstück und/oder andere Mahlzeiten, Zimmerreinigung mit Betten machen). Im Beschwerdefall schlägt sich die Zahl der Betten auf die Verwaltungsarbeit im wesentlichen nur über den Wäscheaufwand zu Buch. Selbst die An- und Abmeldungen finden bei Ferienwohnungen regelmäßig (familienweise) pro Wohnung statt.

1.2. Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Februar 1960, Zl. 895/59, Slg. Nr. 2171/F, betraf insofern keinen gleichgelagerten Fall, als dort auch Frühstücksverpflegung geboten wurde.

Der Fall des vom Beschwerdeführer ebenfalls erwähnten hg. Erkenntnisse vom 13. Oktober 1982, Zl. 82/13/0125, betreffend Schlafstellenvermietung an Gastarbeiter unterscheidet sich vom Beschwerdefall dadurch wesentlich, als in jenem Fall eine Vielzahl oft wechselnder Personen nicht nur häufige (personenbezogene) polizeiliche An- und Abmeldungen, sondern auch den im Erkenntnis ausdrücklich erwähnten überdurchschnittlichen Arbeitsaufwand mit der Bettwäsche zur Folge hatte und der häufige Wechsel der Personen innerhalb der einzelnen Räume auch die praktisch laufende Säuberung derselben bedingte.

2. Die Ferienwohnungsvermietung stellt sohin eine Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 28 EStG 1972 und keinen Gewerbebetrieb dar. Sie kann daher auch mit dem Sportgeschäft keinen einheitlichen Gewerbebetrieb bilden. Abgesehen davon besteht auch keine derart enge Verflechtung der Appartementvermietung mit dem Sportgeschäft, daß die Ferienwohnungen als notwendiges Betriebsvermögen des Sportgeschäftes angesehen werden könnten.

3. Der angefochtene Bescheid läßt deshalb keine Rechtswidrigkeit erkennen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 14. Jänner 1986

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