Normen
StVO 1960 §2 Abs1 Z10
StVO 1960 §8 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1985020192.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 15. April 1985 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs. 4 StVO 1960 schuldig erkannt und hiefür bestraft, weil er am 16. Jänner 1984 um
20.31 Uhr in Wien 1, Seitzergasse 5A, ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug mit zwei Rädern auf dem Gehsteig abgestellt und diesen somit vorschriftswidrig benützt habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 8 Abs. 4 StVO 1960 ist u.a. die Benützung von Gehsteigen - von den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen abgesehen - mit Fahrzeugen aller Art verboten. Für das Tatbild des § 8 Abs. 4 StVO 1960 ist nicht erforderlich, in welchem Ausmaß ein Gehsteig vorschriftswidrig benützt wird, weshalb dieser Tatbestand unabhängig davon, mit wie vielen Rädern ein Kraftfahrzeug am Gehsteig abgestellt ist, verwirklicht wird. Wenn der Beschwerdeführer rügt, sein Pkw sei mit allen vier Rädern und nicht nur - entsprechend den Angaben des Meldungslegers und ihm folgend dem von der belangten Behörde übernommenen Spruch des Straferkenntnisses erster Instanz - mit zwei Rädern auf der von der belangten Behörde als Gehsteig qualifizierten Fläche abgestellt gewesen, so ist nicht erkennbar, in welchen Rechten der Beschwerdeführer durch diese Angabe, sollte sie tatsächlich unrichtig sein, verletzt worden ist. Die damit im Zusammenhang stehenden Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Unglaubwürdigkeit des Meldungslegers und daher auch der von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung gehen deshalb ins Leere, weil der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt unbestritten ist und die vom Meldungsleger geäußerte Ansicht, die betreffende Fläche sei als Gehsteig anzusehen, - ebenso wie im übrigen auch die von der belangten Behörde verwertete, im gleichen Sinne ergangene Auskunft der MA 28 - eine rechtliche Beurteilung darstellte, die auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes allein der belangten Behörde oblag.
Feststeht, daß der Pkw des Beschwerdeführers am angeführten Tatort im Bereich einer Mauernische stand, die durch das Presbyterium der Kirche zu den Neun Chören der Engel Am Hof auf Grund der außen befindlichen Pfeiler gebildet wird. Zur örtlichen Situation führte die belangte Behörde näher aus, daß diese von ihr als Gehsteig gewertete Fläche baulich durch ca. 15 cm hohe Randsteine von der Fahrbahn getrennt sei, an der gegenständlichen Stelle eine Breite von ca. 2,30 bis 2,50 m aufweise und nur dort "so schmal" sei, wo die Mauervorsprünge der Kirche die Nischen voneinander trennten. Auf Grund dieser äußeren Merkmale, die der Beschwerdeführer nicht in Abrede zu stellen vermag, entspricht die Annahme der belangten Behörde, es handle sich bei der gegenständlichen Fläche um einen Gehsteig, dem Gesetz, ist doch unter diesem Begriff gemäß § 2 Abs. 1 Z. 10 StVO 1960 ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dergleichen abgegrenzter Teil der Straße zu verstehen. Die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, ein Teil der Straße sei erst dann als Gehsteig zu werten, wenn er "durch behördliche Verfügung" für den Fußgängerverkehr bestimmt sei, findet im Gesetz keine Deckung, weshalb auch sein Antrag auf "Beischaffung des Bescheides" über eine derartige behördliche Widmung von der belangten Behörde mit Recht abgelehnt wurde. Die Bestimmung eines Teiles der Straße für den Fußgängerverkehr richtet sich vielmehr ausschließlich nach den äußeren Merkmalen, die für jedermann deutlich erkennbar sind (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juni 1983, Zl. 83/02/0084, und vom 14. Februar 1985, Zl. 84/02/0245, auf welche unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen wird). Der Behauptung des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren, der linke Pfeiler der gegenständlichen Mauernische sei ca. 30 cm und der rechte Pfeiler "gar nur" ca. 10 cm von der Randsteinkante entfernt, "weshalb ein erwachsener Mann, dessen Breite üblicherweise mit 50 cm angenommen werde, diese Mauernische bestenfalls nur am Randstein und in seitlicher Stellung entlanggehen könnte", hat die belangte Behörde zutreffend entgegengehalten, daß sein Pkw "dort, wo die Mauervorsprünge der Kirche die Nischen voneinander trennen", nicht gestanden sei. Der Beschwerdeführer übersieht, daß auch dann, wenn unmittelbar auf Höhe der beiden genannten Pfeiler nicht vom Vorliegen eines Gehsteiges gesprochen werden könnte, dies nichts daran ändern würde, daß innerhalb der gegenständlichen Mauernische ein solcher vorhanden ist, zumal das Gesetz auch keine Beschränkung hinsichtlich der kürzestmöglichen Länge eines Gehsteiges kennt und dieser auch unterbrochen sein kann. Bei Beurteilung der Frage, ob ein Gehsteig vorliegt, kommt es auch nicht darauf an, ob bzw. in welchem Ausmaß er von Fußgängern benötigt wird. Es war daher aus diesem Grunde - und nicht, wie die belangte Behörde meint, deswegen, weil der Meldungsleger festgestellt hatte, "daß der Gehsteig von Fußgängern als solcher auch benützt werde" - die Durchführung des vom Beschwerdeführer beantragten Augenscheines am Tatort entbehrlich. Außerdem bedarf es auf dem Boden dieser Rechtslage nicht mehr einer Auseinandersetzung mit der von der belangten Behörde herangezogenen, vom Beschwerdeführer bekämpften Argumentation, im Hinblick auf sein Vorbringen, "daß Kinder diese Mauernische, indem sie diese ausgehüpft seien, benützt haben", sei ebenfalls vom Vorliegen eines Gehsteiges auszugehen, "zumal auch Kinder unter den Begriff ,Fußgänger' subsumiert werden und unter ,Hüpfen' auch als eine Art der Fortbewegung verstanden werden kann".
Da es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 20. Jänner 1986
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