VwGH 84/06/0239

VwGH84/06/023917.4.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte Mag. Onder, DDr. Hauer, Dr. Würth und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kowalski, über die Beschwerde des EH in B, vertreten durch Dr. Kurt Sexlinger, Rechtsanwalt in Salzburg, Rainerstraße 25, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 12. Oktober 1984, Zl. 1/02-25.131/1-1984, betreffend die Erteilung eines Beseitigungsauftrages (mitbeteiligte Partei: Gemeinde B, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauTG Slbg 1976 §15 Abs6 idF 1983/032;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Gemeindevertretung B vom 31. Juli 1984 wurde der rechtzeitig eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde B vom 23. Mai 1984 keine Folge gegeben und der Bescheid des Bürgermeisters bestätigt, mit dem dem Beschwerdeführer aufgetragen worden war, die gemäß § 15 Abs. 6 des Bautechnikgesetzes nicht zulässige Reklameaufschrift auf dem Dach des Hauses L innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen und die Ausführung des Auftrages der Gemeinde B anzuzeigen. Begründet wurde dies mit der Bestimmung des § 16 Abs. 3 des (Salzburger) Baupolizeigesetzes in Verbindung mit § 15 Abs. 6 des Bautechnikgesetzes. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung und führte im wesentlichen dazu aus, daß mit der Bestimmung des § 15 Abs. 6 des Bautechnikgesetzes, wonach in Dächern keine Schriftzeichen eingefügt werden dürfen, nach dem Wortlaut dieser Bestimmung nicht das bloße Aufmalen von Schriftzeichen auf das Dach gemeint sei. In der Begründung des Bescheides vom 31. Juli 1984 vertrete die Gemeindevertretung B jedoch die Ansicht, daß der Landesgesetzgeber unter Einfügen in das Dach jegliche Art der Anbringung von Schriftzeichen oder Figuren in das Dach verstehe. Maßgeblich für die Auslegung eines Gesetzes sei in erster Linie dessen Wortlaut. Einfügen in das Dach heiße, daß in das Dach etwas, nämlich Schriftzeichen, eingefügt, also eingelegt, eingepaßt, eingebettet, eingelassen oder dgl., werden. Hätte die Anbringung von Schriftzeichen auf einem Dach, auf welche Art immer, untersagt werden sollen, hätte (vom Gesetzgeber) ein anderer weiter gefaßter Wortlaut gewählt werden müssen. Das Einfügen von Schriftzeichen in das Dach sei eine spezifische Form der Anbringung, die jedenfalls nicht das bloße oberflächliche Aufmalen einer Schrift miteinschließe. Schon wegen der leichteren Entfernbarkeit der Schrift sowie mangels jedweden Einflußes auf die Festigkeit eines Daches sei ein bloßes Aufmalen etwas wesentlich anderes als ein Einfügen in das Dach. Die Auslegung der Bestimmung des § 15 Abs. 6 des Bautechnikgesetzes durch die Gemeindevertretung B sei daher unrichtig und könne diese Bestimmung im gegenständlichen Fall nicht angewendet werden.

Mit Bescheid vom 12. Oktober 1984 wies die Salzburger Landesregierung (belangte Behörde) die Vorstellung des Beschwerdeführers ab und führte im wesentlichen begründend dazu aus, daß gemäß § 15 Abs. 6 des Bautechnikgesetzes, LGBl. Nr. 75/1976 in der geltenden Fassung, in Dächern keine Schriftzeichen oder Figuren eingefügt werden dürfen, die nicht aus öffentlichen Zwecken erforderlich seien. Hievon sei eine Ausnahme nicht zulässig. Unter Einfügen von Schriftzeichen sei im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers zu verstehen, daß diese mit den Dächern eine Einheit bilden. Gerade aus dem Wort Schriftzeichen sei zu entnehmen, daß auch bei grammatikalischer Interpretation an ein Verbot einer Bemalung des Daches gedacht war, da es schwerlich vorzustellen sei, daß ein Dach zum Beispiel mit Dachschindeln, die als Buchstaben geformt seien, gedeckt werde. Denknotwendigerweise habe daher der Gesetzgeber gerade das Aufmalen von Schriftzeichen verhindern wollen. Dementsprechend gehe die Argumentation des Beschwerdeführers ins Leere und sei daher die Vorstellung als unbegründet abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Aus dem Inhalt der Beschwerde ergibt sich, daß sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Belassung der aufgemalten Schriftzeichen verletzt erachtet.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragt, die Beschwerde als unbegründet. abzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 6 des Salzburger Bautechnikgesetzes 1976, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 1983/32, dürfen in Dächern keine Schriftzeichen oder Figuren eingefügt werden, die nicht aus öffentlichen Zwecken erforderlich sind. Hievon ist eine Ausnahme nicht zulässig.

Unter dem Wort "Einfügen" wird im allgemeinen Sprachgebrauch unter anderem das Anpassen, Einordnen, Angleichen, Eingliedern verstanden. Daraus folgt, daß nach dem klaren Gesetzeswortlaut die Absicht des Gesetzgebers eindeutig dahin geht, unter dem Begriff "Einfügen" nicht nur eine oberflächliche, daher leicht entfernbare Änderung, sondern eine gewisse Verbundenheit mit dem Dach bzw. Integration in das Dach, die u.a. Auswirkungen auf die Festigkeit und Sicherheit des Daches mit sich bringt, zu verstehen.

Eine grammatisch-logische Interpretation des § 15 Abs. 6 des Bautechnikgesetzes, insbesondere in Hinblick auf den primären Zweck dieser Bestimmung - einer technischen Sicherheitsvorschrift - kann daher nur zu dem Ergebnis führen, daß ein Aufbringen von Farbe auf ein Dach nicht gegen diese Sicherheitsvorschrift verstößt, daher der Begriff "Aufmalen" nicht unter den Begriff "Einfügen" subsumiert werden kann.

Damit hat aber die belangte Behörde zu Unrecht einen Beseitigungsauftrag gemäß § 16 Abs. 3 des Baupolizeigesetzes, LGBl. Nr. 117/1973 idF der Novelle LGBl. 1983/108, in Verbindung mit § 15 Abs. 6 des Bautechnikgesetzes erteilt, und damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.

Wien, am 17. April 1986

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