VwGH 83/07/0161

VwGH83/07/016124.6.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Pinter, über die Beschwerde der Agrargemeinschaft "Nachbarschaft S", vertreten durch Dr. Dietmar Poßnig, Rechtsanwalt in Villach, Moritschstraße 5, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 28. Februar 1983, Zl. Agrar 11-447/6/83, betreffend Entgelt für Holzschlägerung und -lagerung (mitbeteiligte Parteien: O und GG in S), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §9;
FlVfGG §36 Abs2;
FlVfLG Krnt 1979 §48 Abs2;
FlVfLG Krnt 1979 §51 Abs2;
FlVfLG Krnt 1979 §93;
AVG §9;
FlVfGG §36 Abs2;
FlVfLG Krnt 1979 §48 Abs2;
FlVfLG Krnt 1979 §51 Abs2;
FlVfLG Krnt 1979 §93;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines Spruchpunktes III wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben. Soweit sich die Beschwerde gegen Spruchpunkt II richtet, wird sie als unbegründet abgewiesen.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde Villach vom 17. Dezember 1981 wurde unter anderem der Antrag der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Parteien vom 24. Jänner 1979 auf Bezahlung eines Betrages für Holzschlägerungsarbeiten sowie Entgelt für Holzlagerung, die die Beschwerdeführerin leisten sollte, mit der Begründung abgewiesen, daß es "dem Antragsteller" - d.i. dem Erstmitbeteiligten, der vormals Obmann der Beschwerdeführerin war - freigestanden wäre, zur Zeit seiner Obmannschaft einen entsprechenden Antrag an die Vollversammlung zu stellen und einen Beschluß herbeizuführen"; ihre Zuständigkeit stützte die Agrarbezirksbehörde auf § 51 Abs. 2 des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979 - FLG 1979 -, LGBl. Nr. 64.

Mit Erkenntnis vom 28. Februar 1983 behob sodann der Landesagrarsenat beim Amt der Kärntner Landesregierung den erstinstanzlichen Bescheid gemäß §§ 66 Abs. 4 und 73 AVG 1950 in Verbindung mit § 1 AgrVG 1950, soweit der bezeichnete Antrag der Mitbeteiligten abgewiesen worden war (Spruchpunkt II), und verpflichtete in Teilstattgebung des Antrages vom 24. Jänner 1979 unter Abweisung des Mehrbegehrens die Beschwerdeführerin zur Bezahlung eines Betrages von S 2.700,-- für Holzschlägerungsarbeiten und Holzlagerung an die Zweitmitbeteiligte (Spruchpunkt III). Spruchpunkt II wurde mit der Unzuständigkeit der Agrarbezirksbehörde wegen des schon vor deren Entscheidung durch Devolutionsantrag der Mitbeteiligten bewirkten Überganges der Zuständigkeit an den Landesagrarsenat begründet. In der Sache selbst wurde in bezug auf Spruchpunkt III dem Grunde nach als erwiesen erklärt, daß die betreffenden Schlägerungsarbeiten auf Grund gemeinschaftsinterner Absprachen durchgeführt worden seien; der Erstmitbeteiligte habe nachgewiesen, von der Vollversammlung der Beschwerdeführerin zur Aufräumung von Wind- und Schneebrüchen sowie Dürrlingen verpflichtet worden zu sein; da das in Rede stehende Nutz- und Schleifholz tatsächlich an die Beschwerdeführerin abgeführt und von ihr verwertet worden sei, erscheine der Ersatz der Schlägerungs- und Rückungskosten durch die Beschwerdeführerin gerechtfertigt; gleiches gelte von den Kosten der Lagerung, da sich die Beschwerdeführerin für eine solche beschlußmäßig ausgesprochen habe. Allerdings könne nur die Zweitmitbeteiligte Ersatz beanspruchen, weil nur sie Mitglied der Beschwerdeführerin sei und die Agrarbehörde gemäß § 51 Abs. 2 FLG 1979 lediglich Streitigkeiten aus dem Gemeinschaftsverhältnis, unter Mitgliedern sowie zwischen der Agrargemeinschaft und ihren Mitgliedern, entscheiden dürfe. Der Erstmitbeteiligte habe im Beschwerdefall bloß als Beauftragter der Zweitmitbeteiligten (seiner Gattin) gehandelt.

Spruchpunkt II und III dieses Erkenntnisses werden mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführerin nach ihrem ganzen Vorbringen in dem Recht verletzt erachtet, nicht zu der im angefochtenen Bescheid bezeichneten Leistung verpflichtet zu werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte. Auch die Mitbeteiligten nahmen in einer Gegenschrift zu den Beschwerdeausführungen Stellung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die vorliegende Beschwerde wurde namens der Beschwerdeführerin - einer juristischen Person (§§ 48 Abs. 2, 93 FLG 1979) durch einen Rechtsanwalt erhoben, der von ihrem Obmann bevollmächtigt wurde; dieser hat eine agrarbehördliche Legitimation vorgelegt, in der seine Stellung als Obmann sowie seine Befugnis, die Beschwerdeführerin nach außen zu vertreten, ausgewiesen sind. Nach der bei den Verwaltungsakten liegenden Satzung der Beschwerdeführerin umfaßt der Wirkungskreis des Obmannes gemäß § 10 unter anderem insbesondere (Z. 1) die Vertretung der Gemeinschaft nach außen (schlechthin). Ohne daß nun noch geprüft werden müßte, ob satzungsgemäß - mit Wirkung für das Innenverhältnis - die Teilhaberversammlung die Anfechtung vor dem Verwaltungsgerichtshof zu beschließen hatte und - bejahendenfalls -

ein derartiger Beschluß gefaßt wurde, ist die Beschwerde bei der dargelegten Sach- und Rechtslage, anders als die belangte Behörde in der Gegenschrift meint, wirksam erhoben worden (vgl. zur Frage der Vertretung juristischer Personen des näheren die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Mai 1980, Slg. Nr. 10.147/A, sowie vom 9. September 1980, Zl. 22, 172/80, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird).

Ihre materiellrechtliche Zuständigkeit haben die Agrarbehörden im Beschwerdefall aus § 51 Abs. 2 FLG 1979 abgeleitet, wonach sie über Streitigkeiten zu entscheiden haben, die zwischen einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft und ihren Organen oder Mitgliedern aus dem Gemeinschaftsverhältnis entstehen. Im angefochtenen Erkenntnis ist nicht näher ausgeführt worden, warum die belangte Behörde die eben genannte Voraussetzung für gegeben ansah. Es stimmt jedenfalls nicht, daß alle Streitigkeiten unter Mitgliedern oder zwischen Agrargemeinschaft und Mitgliedern solche aus dem Gemeinschaftsverhältnis wären, wie dies eine Stelle der Begründung des bekämpften Bescheides zum Ausdruck zu bringen scheint ("zur Entscheidung von Streitigkeiten aus dem Gemeinschaftsverhältnis, d. h. zur Entscheidung von Streitigkeiten unter Mitgliedern oder zwischen der Agrargemeinschaft und ihren Mitgliedern"). Daß dies nicht zutrifft, liegt auf der Hand und es wird durch das Gesetz ausdrücklich festgelegt; denn nur solche Streitigkeiten unter Mitgliedern oder zwischen der Agrargemeinschaft und ihren Organen oder Mitgliedern sind gemäß § 51 Abs. 2 FLG 1979 von der Agrarbehörde zu entscheiden, die "aus dem Gemeinschaftsverhältnis entstehen".

Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, daß der Erstmitbeteiligte in einer näher bezeichneten Vollversammlung verpflichtet worden sei, für die Aufräumung von Wind- und Schneebrüchen sowie Dürrlingen (im Nachbarschaftswald) zu sorgen, wobei sich in der Folge ebenso die Zweitmitbeteiligte um das Aufräumen des Holzes beworben habe. Auch unter der Annahme, daß eine Vereinbarung (Absprache) mit einem derartigen Inhalt stattgefunden hat, ist nicht ersichtlich, daß damit das Gemeinschaftsverhältnis betroffen wurde. Die Mitbeteiligten verlangten und die Zweitmitbeteiligt, erhielt Kostenersatz für Tätigkeiten zugesprochen, die nach Lage der Akten weder ihre eigene Nutzungsbefugnis betrafen noch sich aus einer generellen (Gesetz, Wirtschaftsvorschriften, Verwaltungssatzung) oder individuellen Norm (Bescheid) des Agrarrechtes ergaben. Die Erbringung der Leistungen, für die eine Vergütung begehrt wurde, ist der Art nach nicht auf Gemeinschaftsmitglieder beschränkt, diese haben insofern auch keinen Vorrang vor Nichtmitgliedern. Dem Gemeinschaftsvermögen dienende Leistungen wie die hier in Rede stehenden können, wenn die Agrargemeinschaft einverstanden ist, auch von Außenstehenden, die sich dazu bereit finden, erbracht werden; im Fall der Ausführung durch Mitglieder werden sie deswegen noch nicht zu solchen "aus dem Gemeinschaftsverhältnis".

Die im Beschwerdefall (spätestens im Laufe des Verfahrens) entstandene Streitigkeit erweist sich daher nicht als solche, über die gemäß § 51 Abs. 2 FLG 1979 die Agrarbehörde zu entscheiden hatte.

Schon aus diesem Grund entsprach einerseits die Behebung des Bescheides der Agrarbezirksbehörde mangels deren Zuständigkeit (Spruchpunkt II des angefochtenen Erkenntnisses) jedenfalls im Ergebnis dem Gesetz, ohne daß noch geprüft werden mußte, ob diese Behörde allenfalls auch deswegen unzuständig war, weil im Zeitpunkt ihrer Entscheidung der Oberbehörde bereits ein noch nicht erledigter Devolutionsantrag vorlag. Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Andererseits war das angefochtene Erkenntnis insoweit, als mit ihm die belangte Behörde in einer Angelegenheit, für die die Agrarbehörden nicht zuständig sind, in der Sache entschied (Spruchpunkt III des angefochtenen Erkenntnisses), gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde - hierauf war gemäß § 41 Abs. 1 VwGG von Amts wegen Bedacht zu nehmen - aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich in Anbetracht der Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde noch zu dem Hinweis veranlaßt, daß nur ein "Teilhaber" Obmann der Beschwerdeführerin sein kann (vgl. § 9 Abs. 1 letzter Satz des Statutes).

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2. Stempelgebühren (in der beantragten Höhe von 475,-- S) konnten im Hinblick auf die Befreiung der Beschwerdeführerin von deren Entrichtung nach § 2 Z. 3 des Gebührengesetzes 1957 nicht vergütet werden.

Von der beantragten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 2 und 6 VwGG abgesehen.

Wien, am 24. Juni 1986

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