Normen
BAO §217;
KO idF vor 1. 7. 2010 §46;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1985130057.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Festsetzung eines Säumniszuschlages betreffend Umsatzsteuerrestschuld für die Monate Jänner bis Dezember 1982 betrifft, wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde, im übrigen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Über das Vermögen des PW, der ein Elektroanlagenunternehmen geführt hat, wurde mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 26. Juli 1984 der Konkurs eröffnet. Der Betrieb wurde nach Konkurseröffnung nicht mehr fortgeführt, sondern zur Gänze stillgelegt.
Mit Nebengebührenbescheid vom 21. September 1984 setzte das Finanzamt Säumniszuschläge in Höhe von a) S 24.973,-- und b)
S 610,-- fest, wegen a) Nichtentrichtung einer Umsatzsteuerrestschuld für die Monate Jänner bis Dezember 1982 in Höhe von S 1,248.662,--, fällig am 10. Februar 1983, und
b) Nichtentrichtung des dritten Viertels der Einkommensteuervorauszahlung 1984 in Höhe von S 30.500,--, fällig am 10. September 1984.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung mit der Begründung, daß nach Eröffnung des Konkurses die Vorschreibung von Säumniszuschlägen unzulässig sei.
Das Finanzamt gab der Berufung mit Berufungsvorentscheidung teilweise und zwar betreffend den Säumniszuschlag infolge Nichtentrichtung der Umsatzsteuerrestschuld statt. Bezüglich des Säumniszuschlages infolge Nichtentrichtung des dritten Viertels der Einkommensteuervorauszahlung 1984 wurde die Berufung abgewiesen, da es sich hiebei um eine Masseforderung handle.
Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage seiner Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte ergänzend aus, daß die Einkommensteuervorauszahlung "auf Basis des letzten Einkommensteuerbescheides" festgesetzt worden sei. Da der "auslösende Sachverhalt" somit vor Konkurseröffnung gesetzt worden
sei, könne "ein Säumniszuschlag auf diese Vorauszahlung ... nicht
als Masseforderung nach § 46 Abs. 1 Konkursordnung geltend gemacht werden".
Die belangte Behörde wies die Berufung zur Gänze, somit auch hinsichtlich des Säumniszuschlages betreffend die Nichtentrichtung der Umsatzsteuerrestschuld, ab. Die Umsatzsteuerrestschuld sei bereits vor Konkurseröffnung, nämlich am 10. Februar 1983 (§ 21 Abs. 4 UStG) fällig geworden. Durch die Nichtentrichtung bis zum Fälligkeitstag sei auch der Säumniszuschlag gemäß § 217 Abs. 1 BAO in Verbindung mit § 220 leg. cit. fällig geworden. Mit dem Nebengebührenbescheid vom 21. September 1984 habe das Finanzamt lediglich die Geltendmachung und Durchsetzung dieses bereits am 10. Februar 1983 fällig gewordenen Säumniszuschlages ermöglicht.
Zur Nichtentrichtung der Einkommensteuervorauszahlung sei zu sagen, daß die Verpflichtung zur Entrichtung der jeweils fällig werdenden Vorauszahlungsteilbeträge auch nach Konkurseröffnung weiterbestanden habe. Ein Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlung sei nicht gestellt worden. Für die Beurteilung, ob eine Konkurs- oder Masseforderung vorliege, sei bei Vorauszahlungen der Zeitpunkt der Fälligkeit entscheidend. Der Einkommensteuervorauszahlungsteilbetrag für das dritte Viertel 1984 sei am 10. September 1984, somit nach Konkurseröffnung fällig geworden und stelle daher eine Masseforderung dar, bei deren nicht fristgerechter Bezahlung gemäß § 217 BAO die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages eintrete.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Was die Festsetzung eines Säumniszuschlages für die Umsatzsteuerrestschuld der Monate Jänner bis Dezember 1982 betrifft, so ist folgendes zu sagen:
Säumniszuschläge gehören zu den Nebenansprüchen im Sinne des § 3 Abs. 2 BAO, die gemäß Abs. 1 der zitierten Bestimmung Abgaben darstellen. Von der im § 201 letzter Satz BAO vorgesehenen Sonderregelung für Selbstbemessungsabgaben abgesehen, hat die Festsetzung jeder einzelnen Abgabe durch eigenen Abgabenbescheid zu erfolgen. Dies steht zwar der Erlassung sogenannter "Sammelsteuerbescheide" nicht entgegen, hat aber zur Folge, daß in einem "Sammelsteuerbescheid" so viele rechtlich getrennt zu beurteilende Abgabenbescheide zu erblicken sind, als Abgabenfestsetzungen erfolgten. Dies gilt auch für Säumniszuschläge, die - wie im Beschwerdefall - in keinem Zusammenhang miteinander stehen. Es handelt sich daher bei der Vorschreibung der Säumniszuschläge wegen Nichtentrichtung der Umsatzsteuerrestschuld für die Monate Jänner bis Dezember 1982 und wegen Nichtentrichtung des dritten Viertels der Einkommensteuervorauszahlung 1984 um zwei rechtlich getrennt zu beurteilende Bescheide, die beide mit der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung angefochten wurden. Das Finanzamt hat der Berufung gegen die Festsetzung des Säumniszuschlages wegen Nichtentrichtung der Umsatzsteuerrestschuld für die Monate Jänner bis Dezember 1982 stattgegeben und von der Vorschreibung des Säumniszuschlages Abstand genommen. Aus der Begründung des Antrages des Beschwerdeführers, seine Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen, geht klar hervor, daß der Vorlageantrag nur die Festsetzung des Säumniszuschlages wegen Nichtentrichtung des dritten Viertels der Einkommensteuervorauszahlung 1984, nicht aber auch die bereits rechtswirksam beseitigte Vorschreibung des Säumniszuschlages wegen Nichtentrichtung von Umsatzsteuer betraf. Der belangten Behörde war es daher verwehrt, bezüglich der Vorschreibung eines Säumniszuschlages wegen Nichtentrichtung der Umsatzsteuerrestschuld für die Monate Jänner bis Dezember 1982 eine Entscheidung zu treffen. Da sie dies dennoch getan hat, erweist sich der angefochtene Bescheid insoweit als rechtswidrig infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.
Zur Frage, ob das dritte Viertel der Einkommensteuervorauszahlung 1984 als Konkursforderung oder als Masseforderung anzusehen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 85/13/0058, in einem ebenfalls den Beschwerdeführer betreffenden, vergleichbaren Fall dargelegt, daß bei Vorauszahlungen der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt im Sinne des § 46 Abs. 1 Z. 2 Konkursordnung in der Fassung BGBl. Nr. 370/1982, zeitlich mit dem Entstehen des Abgabenanspruches, das ist gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z. 1 BAO mit Beginn des jeweiligen Kalendervierteljahres zusammenfällt. Für den Beschwerdefall bedeutet dies, daß hinsichtlich des Einkommensteuervorauszahlungsteilbetrages für das dritte Viertel des Kalenderjahres 1984 der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt bereits am 1. Juli 1984, somit noch vor der Konkurseröffnung verwirklicht wurde, woraus wiederum folgt, daß die betreffende Vorauszahlung keine Masseforderung darstellt. Bezüglich der näheren Begründung wird - um Wiederholungen zu vermeiden - auf das oben zitierte Erkenntnis Zl. 85/13/0058 verwiesen.
Insoweit als dem Beschwerdeführer ein Säumniszuschlag für die Nichtentrichtung des Einkommensteuervorauszahlungsteilbetrages für das dritte Viertel des Kalenderjahres 1984 vorgeschrieben wurde, erweist sich der angefochtene Bescheid sohin als inhaltlich rechtswidrig und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Wien, am 13. November 1985
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