VwGH 85/05/0090

VwGH85/05/009017.9.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schemel über die Beschwerde des RS in W, vertreten durch Dr. Johann‑Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien I, Liliengasse 1, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 19. April 1985, Zl. MDR‑B VII‑5/84, betreffend eine Baueinstellung, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §127 Abs8 lita
BauO Wr §60 Abs1 litc
BauRallg implizit
VwRallg implizit

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1985050090.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vorn 19. April 1985 wurde die Fortführung der im Haus 7. Bez., B Gasse ONr. 112, EZ. 207 der Kat. Gem. N, begonnenen baulichen Herstellungen, nämlich die Errichtung von Scheidewänden für den Einbau von Kabinen sowie Einbauen einer Abortanlage und einer Duschkabine im Lokal im Erdgeschoß an der Gebäudeecke, auf Grund des § 127 Abs. 8 der Bauordnung für Wien (BO) untersagt“.

In der Begründung ihres Bescheides wies die belangte Behörde darauf hin, daß eine Bauführung gemäß § 127 Abs. 8 lit. a der Bauordnung für Wien einzustellen sei, wenn ein bewilligungspflichtiger Bau ohne die erforderliche Baubewilligung ausgeführt werde. Die Baubewilligung müsse hiebei in Rechtskraft erwachsen sein. Die Errichtung von Scheidewänden sowie der Einbau einer Abortanlage und einer Duschkabine stelle eine Änderung von Gebäuden oder baulichen Anlagen dar, für die gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO vor Beginn der Bauführung die Bewilligung zu erwirken sei. Die erforderliche Baubewilligung liege nicht vor. Eine allfällige Betriebsanlagengenehmigung vermöge die erforderliche Baubewilligung nicht zu ersetzen.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Zunächst ist auf jenes Beschwerdevorbringen einzugehen, demzufolge dem Beschwerdeführer in diesem Verfahren gar keine Parteistellung zugekommen sei, da er nicht die Verfügungsgewalt besessen habe, die Fortführung der begonnenen baulichen Herstellungen zu untersagen. Der Beschwerdeführer sei weder Gebäudeeigentümer noch Mieter. Er sei auch nicht Bauführer oder Bauwerber. Daher könne nur die „G GesmbH.“ als Mieter in diesem Verfahren Parteistellung besitzen.

Gemäß § 127 Abs. 8 lit. a BO ist die Bauführung einzustellen, wenn ein Bau ohne Baubewilligung ausgeführt wird. Die Behörde hat hierüber binnen 24 Stunden an den Bauwerber und den Bauführer einen schriftlichen Bescheid zu erlassen. Bauwerber (Bauherr) ist derjenige, in dessen Auftrag und für dessen Rechnung der Bau ausgeführt werden soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 1955, Zl. 532/53).

Nach der Aktenlage wurde der erstinstanzliche Baueinstellungsbescheid vom 30. Oktober 1984 dem Beschwerdeführer „als Bauwerber“ zugestellt, woraus sich ergibt, daß die Baubehörde erster Instanz von der Annahme ausgegangen ist, daß die den Gegenstand des Baueinstellungsverfahrens bildenden baulichen Herstellungen im Auftrag des Beschwerdeführers begonnen worden sind, also ihm das Recht zukommt, die Einstellung dieser Bauführung durch eine gegenüber dem Bauführer abzugebende diesbezügliche Erklärung herbeizuführen. Dieser behördlichen Annahme ist der Beschwerdeführer in seinem Rechtsmittel nicht entgegengetreten, da er den erstinstanzlichen Bescheid nur mit der Begründung bekämpft hat, „daß wir um Betriebsstättengenehmigung angesucht haben und diese den Einbau einer WC‑Anlage vorschreibt“. Auch die belangte Behörde durfte daher ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften davon ausgehen, daß dem Beschwerdeführer in diesem Verfahren die Stellung als Bauwerber im Sinne der zitierten baurechtlichen Bestimmung zukommt, weshalb ihm der Auftrag zur Einstellung der Bauarbeiten zu erteilen war. Das diesbezügliche gegenteilige Vorbringen in der Beschwerde erweist sich daher als eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zufolge § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtliche Neuerung.

Im übrigen wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß die Errichtung von Scheidewänden sowie der Einbau einer Abortanlage und einer Duschkabine eine Änderung von Gebäuden oder baulichen Anlagen darstelle, für die gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO eine Baubewilligung zu erwirken sei. Zur Herstellung von Scheidewänden bedürfe es keines wesentlichen Maßes an bautechnischen Kenntnissen. Die gegenständlichen Wände seien aus Holz hergestellt, reichten nicht zur Decke und stünden auch in keiner kraftschlüssigen Verbindung mit dem Boden. Die Kabinen seien mit „größeren Verkaufsregalen in Kleidergeschäften“ vergleichbar, die jedoch nicht einmal als Änderung der inneren Raumeinteilung, sondern lediglich als Anordnung von Möbelstücken anzusehen seien. Ähnlich verhalte es sich mit der Anbringung einer Duschkabine sowie einer Abortanlage. Tatsächlich seien lediglich eine Brausetasse sowie eine Klosettmuschel an, die von vornherein vorhandenen Abflußöffnungen angeschlossen worden. Das Aufsetzen einer Toilettemuschel sowie einer Brausetasse stelle jedoch keine bewilligungspflichtige Maßnahme dar.

Auch mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Wie schon ausgeführt worden ist, hat der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Baueinstellungsbescheid lediglich mit der Begründung berufen, „daß wir um Betriebsstättengenehmigung angesucht haben und diese den Einbau einer WC-Anlage vorschreibt“. Er hat sohin der spruchgemäßen Annahme der Behörde erster Instanz nicht widersprochen, wonach im vorliegenden Fall mit der Errichtung von Scheidewänden für den Einbau von Kabinen sowie mit dem Einbau einer Abortanlage und einer Duschkabine begonnen worden ist, also vor allem nicht, so wie nunmehr erstmals in der Beschwerde geltend gemacht, daß es sich bei den in Rede stehenden baulichen Herstellungen nicht um eine Änderung von Gebäuden handelt, die zufolge § 60 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien einer vorhergehenden Baubewilligung bedarf. Unter diesen Umständen durfte die belangte Behörde aber ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften und ohne Rechtsirrtum davon ausgehen, daß im Beschwerdefall die Voraussetzungen für eine Bewilligungspflicht im Sinne dieser Bestimmung insofern gegeben sind, als die begonnene Herstellung von Scheidewänden die innere Einteilung der Räume in einer Art verändert, die geeignet ist, öffentliche Interessen zu beeinträchtigen, und auch der begonnene Einbau einer Abortanlage und einer Duschkabine einerseits auf die gesundheitlichen Verhältnisse und andererseits auf die Festigkeit von Einfluß ist.

Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen verstößt demnach ebenfalls gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach § 41 Abs. 1 VwGG geltende Neuerungsverbot.

Die sohin unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 17. September 1985

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