Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird entsprechend der eingeschränkten Anfechtung insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, als damit die im Bescheid der belangten Behörde vom 27. Februar 1984, Zl. 157.429/11-18C/82, vorgenommene Verbesserung des Vorrückungsstichtages und der besoldungsrechtlichen Stellung des Beschwerdeführers aufgehoben wurde.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.330,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht seit 1. Oktober 1982 als Professor (Verwendungsgruppe L 1) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Höhere Bundeslehr- und Versuchsanstalt für chemische Industrie in Wien.
Mit Bescheid vom 27. Februar 1984, Zl. 157.429/11-18C/82, stellte die belangte Behörde den 13. Jänner 1971 als Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers fest und sprach aus, daß dem Beschwerdeführer ab 1. Oktober 1982 die Bezüge der Gehaltsstufe 6 der Verwendungsgruppe L 1 gebührten. (Dieser Teil des Bescheides wird in der Folge als "Abspruch I" bezeichnet.)
Weiters setzte die belangte Behörde mit dem obigen Bescheid unter Bezugnahme auf die 41. Gehaltsgesetz-Novelle den 20. August 1969 als Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers fest und verband damit die Feststellung, daß dem Beschwerdeführer ab 1. Februar 1984 die Bezüge der Gehaltsstufe 9 der Verwendungsgruppe L 1 gebührten. (Dieser Teil des Bescheides wird in der Folge als "Abspruch II" bezeichnet.) Die damit vorgenommene Verbesserung des Vorrückungsstichtages und der besoldungsrechtlichen Stellung ergab sich auf Grund der Vollanrechnung von Zeiten der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Fachkraft der Entwicklungshilfe (Art. XIII der 41. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 656/1983, in Verbindung mit § 12 Abs. 2 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 in der Fassung des Art. I Z. 2 der genannten Novelle).
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid eine auf dessen Abspruch I eingeschränkte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und wandte sich dagegen, daß die erwähnten Zeiten, für die erst seit der 41. Gehaltsgesetz-Novelle die Vollanrechnung zwingend vorgeschrieben ist, nicht gemäß § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 zur Gänze angerechnet worden waren.
Der Verwaltungsgerichtshof leitete über diese Beschwerde das Vorverfahren ein, worauf die belangte Behörde ihren Bescheid vom 27. Februar 1984 gemäß § 68 Abs. 2 AVG 1950 aufhob. Zur Begründung dieses Aufhebungsbescheides, der nunmehr ebenfalls beim Verwaltungsgerichtshof angefochten ist, wurde ausgeführt, gemäß § 13 Abs. 2 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 könne die oberste Dienstbehörde Bescheide gemäß § 68 Abs. 2 AVG 1950 abändern oder aufheben. Dies insbesondere dann, wenn sich die Abänderung oder Aufhebung zugunsten der Partei auswirke. Da die Beurteilung der Frage, ob bzw. inwieweit die fraglichen Dienstzeiten als Entwicklungshelfer auch für die Zeit vor dem 1. Februar 1984 einer Anrechnung nach § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 zugänglich seien, noch von ergänzenden Ermittlungen abhängig sei, sei die spruchgemäße Aufhebung des Bescheides vom 27. April 1984 (richtig: 27. Februar 1984) vorzunehmen gewesen.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid in der vorliegenden Beschwerde insoweit, als damit der Abspruch II des Bescheides der belangten Behörde vom 27. Februar 1984 aufgehoben wurde. Er erachtet sich in seinem Recht darauf, daß ein rechtskräftiger Bescheid über die Festsetzung seiner besoldungsrechtlichen Einstufung nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben wird, durch unrichtige Anwendung des § 68 Abs. 2 AVG 1950 verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:
Gemäß § 68 Abs. 2 AVG 1950 können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, von Amts wegen sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden. In Dienstrechtsangelegenheiten ist zur Aufhebung und Abänderung nach der genannten Gesetzesstelle gemäß § 13 Abs. 2 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 die oberste Dienstbehörde jenes Ressorts zuständig, dessen Personalstand der Bedienstete, auf den sich das Verfahren bezieht, im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides im Sinne des § 68 AVG 1950 angehört oder im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienststand bzw. Dienstverhältnis angehört hat.
Mit Rücksicht auf die Bedeutung, die dem Vorrückungsstichtag gemäß § 8 des Gehaltsgesetzes 1956 für die Gehaltsvorrückung des Beamten zukommt, kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht zweifelhaft sein, daß dem Beamten aus einem Bescheid über die Feststellung seines Vorrückungsstichtages ein Recht erwächst. Noch weniger kann dies für einen bescheidmäßigen Ausspruch in Abrede gestellt werden, mit dem festgestellt wird, welche Bezüge dem Beamten ab einem bestimmten Zeitpunkt gebühren. Der Beschwerdeführer macht daher zu Recht geltend, daß für den bereits mehrfach erwähnten Bescheid der belangten Behörde vom 27. Februar 1984 die gesetzliche Voraussetzung für eine Aufhebung nach § 68 Abs. 2 AVG 1950 nicht vorlag.
Die im angefochtenen Bescheid enthaltene Begründung, daß die Aufhebung oder Abänderung eines Bescheides nach der angeführten Gesetzesstelle insbesondere dann zulässig sei, wenn sich dies zugunsten der Partei auswirke, ist nur teilweise zutreffend. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 31. Oktober 1956, Zl. 2703/54, Slg. N. F. Nr. 4187/A) sind von der Anwendung des § 68 Abs. 2 AVG 1950 neben allen Bescheiden, die in einem Mehrparteienverfahren ergehen, im allgemeinen auch begünstigende Bescheide in einem Einparteienverfahren ausgenommen. Der Sinn der Vorschrift des § 68 Abs. 2 AVG 1950 ist jedoch dann nicht erfüllt, wenn diese Bestimmung in der Weise ausgelegt wird, daß es damit der Behörde auch verwehrt sei, einen neuerlichen Bescheid zu erlassen, durch den die Partei günstiger gestellt werden soll. Bei begünstigenden Verwaltungsakten verbietet die Vorschrift des § 68 Abs. 2 AVG 1950 die gänzliche Aufhebung dieses Verwaltungsaktes oder seine Abänderung zum Nachteil der Partei, nicht jedoch eine Abänderung zugunsten der Partei.
Es erweist sich mithin auch unter Bedachtnahme auf die vorstehende, dem Sinn des § 68 Abs. 2 AVG 1950 Rechnung tragende Auslegung als inhaltlich rechtswidrig, daß die belangte Behörde ihren Bescheid vom 27. Februar 1984 aufgehoben hat.
Da sich der Beschwerdeführer aber nur durch die Aufhebung des Abspruches II dieses Bescheides als beschwert erachtet, war der angefochtene Bescheid nur in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Am vorstehenden Ergebnis vermag es auch nichts zu ändern, wenn für den Abspruch II, der nach dem Gesetz antragsbedürftig ist, ein Antrag des Beschwerdeführers tatsächlich nicht vorgelegen ist, wie dies die belangte Behörde in der erstatteten Gegenschrift vorbringt. Abgesehen davon, daß es sich hiebei um ein für den Verwaltungsgerichtshof unbeachtliches Neuvorbringen handelt, ist dazu zu bemerken, daß auch das Vorliegen des angeführten Rechtsfehlers eine Bescheidaufhebung nach § 68 Abs. 2 AVG 1950 nicht zu rechtfertigen vermöchte.
Die rechtliche Trennbarkeit des Abspruches II des Bescheides der belangten Behörde vom 27. Februar 1984 ist entgegen der Ansicht der belangten Behörde zu bejahen, weil sich seine Wirksamkeit auf die Zeit ab 1. Februar 1984, jene des Abspruches I aber auf die davor liegende Zeit bezieht.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.
Wien, am 18. März 1985
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