VwGH 84/07/0365

VwGH84/07/036526.2.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hinterwirth, über die Beschwerde der Wassergenossenschaft S vertreten durch den Obmann, dieser vertreten durch Rechtsanwalt in gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 24. Oktober 1984, Zl. 510.952/02-I 5/84, betreffend Devolutionsantrag, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 8.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Hinsichtlich der Vorgeschichte wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das hg. Erkenntnis vom 2. März 1982, Zlen. 81/07/0179,0180, verwiesen, mit dem der im Instanzenzug ergangene Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 10. September 1981, mit dem Einwendungen gegen einen von der nunmehrigen Beschwerdeführerin ausgestellten Rückstandsausweis abgewiesen worden sind, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben worden ist. Die belangte Behörde hat sodann mit ihrem Bescheid vom 14. Juli 1982 auf Grund der von der aus dem Rückstandsausweis Verpflichteten erhobenen Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 3. August 1981 diesen gemäß § 66 AVG 1950 behoben und die Angelegenheit zur Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Nachdem sich die Beschwerdeführerin vergeblich bemüht hatte, den Streit zwischen ihr und einigen Wasserbeziehern über die Höhe des Anschlussbeitrages gütlich beizulegen, stellte sie schließlich gemäß § 85 Abs. 1 WRG 1959 den Antrag, über den vorliegenden Streitfall zu entscheiden. Dieser Antrag langte beim Landeshauptmann von Salzburg am 22. Februar 1984 ein. Aus den vorgelegten Akten ist eine Behandlung dieses Antrages durch die Behörde erster Instanz nicht festzustellen.

Die Beschwerdeführerin richtete sodann an die nunmehr belangte Behörde einen Antrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950, der bei dieser am 25. September 1984 eingelangt ist. In diesem begehrte die Beschwerdeführerin den Übergang der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde, weil die Behörde erster Instanz bisher untätig geblieben sei.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 24. Oktober 1984 ist diesem Devolutionsantrag gemäß § 73 AVG 1950 keine Folge gegeben worden. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 gehe die Zuständigkeit von der den Bescheid nicht binnen sechs Monaten erlassenden Behörde unterer Instanz über Verlangen (Devolutionsantrag) an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde dann nicht über, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen sei. Von einem solchen ausschließlich behördlichen Verschulden könne aber nicht nur dort nicht die Rede sein, wo die devolutionswerbende Partei selbst säumig sei, sondern auch dann, wenn der konkrete Einzelfall so gelagert sei, dass eine abschließende Erledigung binnen sechs Monaten einfach von der Sache her nicht möglich sei. Dazu müsse indes auch die streitgegenständliche Angelegenheit gezählt werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf eine Sachentscheidung verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG 1950 sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Nach Abs. 2 desselben Paragraphen geht, wenn der Partei innerhalb dieser Frist der Bescheid nicht zugestellt wird, auf ihr schriftliches Verlangen die Zuständigkeit zur Entscheidung an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über. Ein solches Verlangen ist unmittelbar bei der Oberbehörde einzubringen. Das Verlangen ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin nach Ablauf von sechs Monaten seit der Antragstellung (22. Februar 1984) ihren Devolutionsantrag gestellt hat. Die Verzögerung im Sinne des dritten Satzes des § 73 Abs. 2 AVG 1950 ist dann ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen, wenn jene weder durch unüberwindliche Hindernisse (wie ein länger dauerndes Ermittlungsverfahren) noch durch ein Verschulden der Partei (wie ein Formgebrechen des Parteiantrages) verursacht worden ist. Weder aus dem bekämpften Bescheid noch aus dem Akteninhalt ergeben sich irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass die Verzögerung der Entscheidung durch solche Umstände herbeigeführt worden wäre, was auch die belangte Behörde in der Gegenschrift einräumt. Die Ansicht der belangten Behörde, es läge im Interesse der Parteien, der Behörde erster Instanz noch Gelegenheit zu geben, die Verhandlung ehestens nachzuholen und dadurch allenfalls eine einvernehmliche Lösung zu erzielen, ist kein Rechtsgrund, der den Übergang der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde zu hindern vermag.

Die belangte Behörde hat ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 26. Februar 1985

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