Normen
BauO Tir 1978 §30
BauO Tir 1978 §9 Abs1
BauRallg implizit
ROG Tir 1972 §16 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1983060181.X00
Spruch:
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Gemeinde als Eigentümerin der Parzellen 4661 und 463, KG. T, beantragte beim Bürgermeister dieser Gemeinde die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung einer Spiel- und Sportanlage anschließend an das bestehende Volksschulgebäude auf den genannten Grundstücken. Die vorhandene Fläche sollte eingeebnet und mit einem Rasen versehen sowie mit einer Einfriedung aus Drahtgeflecht (Höhe an den Längsseiten 4 m und an den Breitseiten 5 m) umgeben werden. In der darüber durchgeführten Bauverhandlung erhoben der Beschwerdeführer sowie ein weiterer Nachbar gegen die Spiel- und Sportanlage für rein schulische Nutzung keinen Einwand, sprachen sich jedoch gegen jede außerschulische Nutzung (Fußball) aus, da vorher die Parkplatzfrage geklärt werden müsse. Der Fußballbetrieb bestehe bereits seit über einem Jahr, es habe sich gezeigt, daß die Lärmbelästigung während der Tages- und Abendstunden am Wochenende unzumutbar sei und darüber hinaus durch die Veranstaltungsbesucher die Privatgrundstücke der Nachbarn unzumutbarerweise verparkt würden.
Mit Bescheid vom 29. Oktober 1982 erteilte der Bürgermeister die begehrte Bewilligung unter bestimmten ‑ hier bedeutungslosen ‑ Auflagen. Zu den Einwendungen, über die im Spruch formal nicht abgesprochen wurde, wurde in der Begründung ausgeführt, daß die Baubehörde die Parkplatzfrage für den Schulbetrieb nicht zu prüfen gehabt habe, da die erforderlichen Parkplätze hiefür in einem gesonderten Bauverfahren abgeklärt worden seien. Ob die bewilligte Anlage auch noch für weitere Nutzung, wie z.B. als Fußballplatz u.dgl., zur Verfügung gestellt werde, sei ausschließlich Sache des Eigentümers der Spiel- und Sportanlage, nämlich der mitbeteiligten Gemeinde. Wenn eine solche erweiterte Nutzung gestattet werde, seien die hiefür erforderlichen Parkflächen laut der Parkplatzverordnung der mitbeteiligten Gemeinde in Entsprechung des § 9 TBO zu schaffen. Darnach sei die Verpflichtung zur Errichtung von Abstellmöglichkeiten erfüllt, wenn außerhalb öffentlicher Verkehrsflächen die erforderlichen Abstellmöglichkeiten gegeben seien, die von der baulichen Anlage nicht mehr als 300 m entfernt seien und deren Benützung rechtlich und tatsächlich gewährleistet sei. In diesem Bereich bestehe jedoch ein Parkplatz der mitbeteiligten Gemeinde im Ausmaß von zirka 700 m2, der entsprechend der Parkplatzverordnung benützbar sei.
In der dagegen erhobenen Berufung wies der Beschwerdeführer auf die Belästigungen durch den außerschulischen Sportplatzbetrieb auf dem bereits fertiggestellten Sportplatz hin. Die Veranstaltungsbesucher benützten immer wieder den Privatgrund des Beschwerdeführers trotz deutlich sichtbarer Verbotstafeln zum Abstellen ihrer Kraftfahrzeuge, überdies sei durch das Zu- und Abfahren der Fahrzeuge eine unzumutbare Lärmbelästigung entstanden. Dazu komme, daß wegen der vorhandenen Flutlichtanlage Sportveranstaltungen teilweise in die Abendstunden verlegt würden, so daß das Ende der Veranstaltung in die Nachtstunden falle, und dies als Ruhestörung zu werten sei.
Mit Bescheid vom 5. März 1983 wies der Gemeindevorstand die Berufung ab. Begründend wies die Berufungsbehörde darauf hin, daß der Bauplatz nach dem Flächenwidmungsplan in der ausgewiesenen Sonderfläche „Volksschule Erholungszentrum“ liege, die Voraussetzung für die Errichtung einer Spiel- und Sportanlage daher gegeben sei. Das Grundstück des Beschwerdeführers sei zirka 65 m vom Sportplatz entfernt; dazwischen stehe das Volksschulgebäude. Allerdings grenze der Parkplatz südseitig an das Grundstück des Beschwerdeführers an, die Zufahrt führe an der Ostseite dieses Grundstücks vorbei. Dem Nachbarn stehe jedoch hinsichtlich der Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen kein Recht zu. Unter dem Gesichtspunkt der Lärmbelästigung durch Zu- und Abfahren von Fahrzeugen könne die Rechtswidrigkeit der erteilten Baubewilligung nicht dargetan werden. Hinsichtlich der Flutlichtanlage laufe ein gesondertes Verfahren.
Die gegen den Berufungsbescheid vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Das Mitspracherecht eines Nachbarn sei durch § 30 Abs. 4 der Tiroler Bauordnung abgesteckt. Schutz vor Immissionen gewähre grundsätzlich die Bestimmung des § 364 Abs. 2 des ABGB, Immissionen seien grundsätzlich dem Bereich des Privatrechtes zuzuordnen. Eine Einwendung könne nur dann öffentlich‑rechtlicher Natur sein, wenn die jeweils gültige Bauordnung derartige Bestimmungen für den Schutz der Nachbarschaft enthalte. Dies sehe der Tiroler Landesgesetzgeber, abgesehen von den Raumordnungsvorschriften, nicht vor. Da nach dem gültigen Flächenwidmungsplan die betreffenden Grundstücke als Sonderfläche im Bauland mit dem Verwendungszweck „Volksschule ‑ Erholungszentrum“ ausgewiesen seien, entspreche die bewilligte Errichtung einer Spiel- und Sportanlage samt Nebenanlagen (Maschendrahtzaun) dieser Widmung. Unrichtig sei die Annahme des Beschwerdeführers, bei der Verwendung der Anlagen müsse ein Zusammenhang mit dem Volksschulbetrieb gegeben sein; stünden doch die Begriffe „Schule“ und „Erholung“ in einem eher alternierenden Verhältnis zueinander.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme den Nachbarn auch kein subjektiv‑öffentliches Recht hinsichtlich der Schaffung von Stellplätzen zu.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Aus den Ausführungen ergibt sich, daß der Beschwerdeführer sich in seinem Recht auf Einhaltung der Widmung aus dem Flächenwidmungsplan beschwert erachtet.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Sowohl Rechtsmittel wie Vorstellungsbehörden als auch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sind durch eine gemäß § 42 AVG eingetretene Präklusion auf die Prüfung im Rahmen rechtzeitig erhobener Einwendungen beschränkt, da durch diese der Prüfungsbereich endgültig abgesteckt worden ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. Februar 1964, Slg. N.F. Nr. 6246/A sowie zuletzt etwa vom 12. April 1984, Zl. 83/06/0246, BaurechtsSlg. Nr. 244). Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer bei der Bauverhandlung vor der Baubehörde erster Instanz insbesonders Ansprüche hinsichtlich der Errichtung zusätzlicher Stellplätze geltend gemacht. ‑ Daß ein derartiges Nachbarrecht nach § 30 der Tiroler Bauordnung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zuletzt etwa das Erkenntnis vom 28. Juni 1984, Zl. 82/06/0147, BaurechtsSlg. Nr. 282) nicht besteht, hat schon die belangte Behörde zutreffend ausgeführt; der Beschwerdeführer hat daher mit Recht von einer Geltendmachung in der Beschwerde abgesehen. ‑ Ein Recht aus einer bestimmten Widmung wurde aber in der Bauverhandlung nicht geltend gemacht, so daß diese Einwendung präkludiert und schon aus diesem Grund unberechtigt ist. Der Vollständigkeit halber sei aber darauf hingewiesen, daß die Auslegung der belangten Behörde, aus der Widmung „Volksschule ‑ Erholungszentrum“ ergebe sich auch die Widmung für einen von der Schule völlig unabhängigen Sportfbetrieb, dem Wortsinn dieser Widmung jedenfalls entspricht. Schulische Veranstaltungen, mögen sie auch sportlicher Natur sein, können nicht dem Begriff „Erholungszentrum“ unterstellt werden; daher sind Freizeiteinrichtungen jeglicher Art, also auch ohne Bezug auf die Schule zulässig.
Andererseits hat die belangte Behörde zutreffend erkannt, daß durch die Erteilung der Baubewilligung Rechte des Beschwerdeführers, gegen störende Immissionen nach § 364 Abs. 2 ABGB vorzugehen, nicht beeinträchtigt werden.
Da durch den angefochtenen Bescheid demnach Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt wurden, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.
Wien, am 23. Mai 1985
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