VwGH 84/12/0149

VwGH84/12/014915.10.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Seiler und Dr. Närr als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Novak, in der Beschwerdesache des SS, derzeit in G, gegen den Bescheid des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 27. Juni 1984, G.Zl. 181/84, betreffend Beschwerde gegen einen Rechtsanwalt, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §56;
B-VG Art130 Abs1 lita;
RAO §19 Abs2;
RAO §23;
RAO §28 Abs1 litf;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1984:1984120149.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Beschlusses ergibt sich im wesentlichen folgendes:

Mit Eingabe vom 3. April 1984 und Nachtrag hiezu vom 19. April 1984 erhob der Beschwerdeführer gegen Rechtsanwalt Dr. GH in G Beschwerde und machte ihm dabei den Vorwurf, sich "vertrags- und rechtswidrig" verhalten zu haben. Diesen Vorwurf begründete der Beschwerdeführer damit, daß er den genannten Rechtsanwalt gebeten habe, ihn in der Strafvollzugsanstalt X zu besuchen und ihm zur Erstellung eines Gutachtens über seine hartnäckige Erkrankung (Darmspasmen) einen gerichtlich beeideten Sachverständigen für Innere Medizin zu vermitteln. Für diese Tätigkeit habe der genannte Rechtsanwalt einen Kostenvorschuß von S 10.000,-- verlangt und auch vom Vater des Beschwerdeführers bezahlt erhalten. Tatsächlich habe der genannte Rechtsanwalt aber dem Beschwerdeführer klarmachen wollen, daß er kein Privatgutachten eines Facharztes für Innere Medizin, sondern die Beratung eines Graphologen benötige. Als der Beschwerdeführer dies abgelehnt habe, habe der genannte Rechtsanwalt für seine Tätigkeit S 2.134,-- verrechnet und aus dem Kostenvorschuß abgedeckt.

Nach Einholung einer Äußerung des genannten Rechtsanwaltes fand die Abteilung 1 des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer laut ihrem Beschluß vom 27. April 1984 keinen Grund zu einem weiteren Einschreiten gegen den genannten Rechtsanwalt.

Gegen diesen Beschluß erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 25. Mai 1984 fristgerecht Vorstellung gemäß § 26 der Rechtsanwaltsordnung (RAO) und wiederholte dabei im wesentlichen seine Vorwürfe laut Beschwerde vom 3. April 1984. Gleichzeitig erstattete der Beschwerdeführer auch Disziplinaranzeige gegen den genannten Rechtsanwalt, die er in einem weiteren Schreiben vom 18. Juni 1984 ergänzte. Zur Begründung dieser Disziplinaranzeige verwies der Beschwerdeführer auf die Ausführungen des genannten Rechtsanwaltes in seiner Äußerung an den Ausschuß der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer, in welcher der Beschwerdeführer als Neurotiker bezeichnet werde, was seiner Ansicht nach eine Ehrenbeleidigung darstelle. Auch seien im Kostenverzeichnis des genannten Rechtsanwaltes vom 13. März 1984 Leistungen angeführt, die tatsächlich nicht erbracht worden seien. Dies begründe den Verdacht des vorsätzlichen Betruges. Anläßlich eines Besuches in der Strafvollzugsanstalt am 15. Juni 1984 habe der genannte Rechtsanwalt seine Befugnisse als Rechtsanwalt mißbraucht, um den Beschwerdeführer seine religiösen Ansichten unterbreiten zu können, was der Beschwerdeführer ebenfalls zum Anlaß für eine Disziplinaranzeige nehme.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der Akt dem Disziplinarrat der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer zuständigkeitshalber weitergeleitet. Dies nach Darstellung des bisherigen Verfahrensablaufes mit folgender Begründung:

Nach Ansicht des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer seien die die Vorstellung betreffenden Ausführungen des Beschwerdeführers nicht geeignet, um eine Änderung der bisher von der Abteilung 1 vertretenen sachlichen und rechtlichen Beurteilung herbeizuführen. In dieser Vorstellung seien lediglich die bereits in der schriftlichen Eingabe des Beschwerdeführers vom 3. April 1984 enthaltenen Beschwerdepunkte wiederholt, die der genannte Rechtsanwalt in seiner Äußerung vom 24. April 1984 nach Meinung des Ausschusses habe widerlegen können. Wenn das beratende Gespräch, das der genannte Rechtsanwalt mit dem Beschwerdeführer in der Strafvollzugsanstalt geführt habe, keine Übereinstimmung in den Auffassungen über eine geeignete Therapie zur Behandlung der vom Beschwerdeführer behaupteten Krankheitszustände gebracht habe, stelle dies keine Berufspflichtenverletzung eines Rechtsanwaltes dar und bilde daher für den Ausschuß der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer keinen Grund zu einem Einschreiten gegen den genannten Rechtsanwalt. Es sei daher wie im Spruche zu entscheiden gewesen, das heiße der Vorstellung keine Folge zu geben. Da der Beschwerdeführer in seiner Vorstellung vom 25. Mai 1984 jedoch erstmals auch ausdrücklich Disziplinaranzeige gegen den genannten Rechtsanwalt erhoben, diese mit Schreiben vom 18. Juli 1984 ergänzt und eingehende Umstände angeführt habe, die er als Disziplinarvergehen werte, sei der Akt dem Disziplinarrat der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer zuständigkeitshalber weiterzuleiten gewesen.

Gemäß dem § 23 RAO besorgt die Rechtsanwaltskammer ihre Geschäfte teils unmittelbar in Plenarversammlungen, teils mittelbar durch ihren Ausschuß. Sowohl der Kammer als dem Ausschuß obliegt die Wahrung der Ehre, des Ansehens und der Rechte wie auch die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltsstandes. Nach dem § 28 Abs. 1 gehören unter anderem zu dem Wirkungsbereich des Ausschusses: ... lit. e der Verkehr mit den Behörden und den außerhalb der Kammer stehenden Personen; f) die Erstattung von Gutachten über die Angemessenheit des Honorars und Vergütung für Dienstleistungen eines Rechtsanwaltes, sowie die angesuchte gütliche Beilegung des Streites über selbe (§ 19); .... Auf Grund des § 28 Abs. 2 RAO obliegen dem Ausschuß außerdem alle Aufgaben, die nicht durch Gesetz einem anderen Organ zugewiesen sind.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 lit. a B-VG erkennt der Verwaltungsgerichtshof über Beschwerden, womit Rechtswidrigkeit von Bescheiden der Verwaltungsbehörden behauptet wird. Nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Entgegen der von der belangten Behörde in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses vertretenen Auffassung, die der Beschwerdeführer offensichtlich übernahm, handelt es sich jedoch bei diesem Beschluß um keinen Bescheid. Dies gilt auch unter Bedachtnahme darauf, daß der Beschwerdeführer mit seinen Eingaben nicht nur eine standesbehördliche Verfügung gegen den genannten Rechtsanwalt, sondern auch eine Überprüfung der Kostennote angestrebt hatte. Ein nach § 19 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 lit. f RAO im Zuge der Überprüfung einer Kostennote gefaßter Beschluß des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer ist nämlich kein Bescheid (Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Februar 1952, Zl. 1051/51, Slg. N. F. Nr. 2464/A). Beschlüsse des Ausschusses einer Rechtsanwaltskammer, die Aufträge an einen Rechtsanwalt im Rahmen der Standesaufsicht enthalten, können nicht als Bescheid im Rechtssinne gewertet werden (Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Juli 1954, Zlen. 1659 und 1660/54, Slg. N. F. Nr. 3472/A). Aber auch der Beschluß des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer, es bestehe kein Anlaß zu einer standesbehördlichen Verfügung nach § 23 RAO, stellt weder einen Bescheid dar, noch kann er jemanden in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzen (Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Jänner 1979, Zl. 1751/77).

Umso weniger kann sich der Beschwerdeführer durch die bloße verfahrensrechtliche Anordnung, daß der Akt dem Disziplinarrat der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer zuständigkeitshalber weitergeleitet werde, in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt erachten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren, also auch ohne Wiedergabe und Erörterung des Beschwerdevorbringens sowie ohne Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages, in nichtöffentlicher Sitzung wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Wien, am 15. Oktober 1984

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