VwGH 84/01/0167

VwGH84/01/016720.12.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jurasek und die Hofräte Dr. Draxler, Dr. Großmann, Dr. Hoffmann und Dr. Herberth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberrat im Verwaltungsgerichtshof Dr. Feitzinger, über die Beschwerde des BH in A, vertreten durch Dr. Klaus Reisch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, Franz-Reisch-Straße 11a, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 3. Mai 1984, Zl. Wa 30-1/84, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
VwRallg;
WaffG 1967 §17 Abs3;
AVG §45 Abs2;
VwRallg;
WaffG 1967 §17 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Landesbeamter und bei der Bezirkshauptmannschaft K. in der Gewerbeabteilung beschäftigt. Am 8. Mai 1981 beantragte er bei der Bezirkshauptmannschaft K. die Ausstellung eines Waffenpasses für zwei Stück Faustfeuerwaffen und brachte zur Begründung dieses Antrages vor, er bewohne einen Zweitwohnsitz in K (Hausmeisterwohnung) mit Aufsicht über das Haupthaus, das den größten Teil des Jahres hindurch unbewohnt sei. Beide Häuser befänden sich auf einem großen, nicht eingefriedeten Areal in abgelegener Lage am Waldrand. Im Falle eines Einbruches wäre eine Waffenbesitzkarte nicht ausreichend zum Führen einer Waffe auf dem nichteingefriedeten Grundstück. Außerdem sei der Beschwerdeführer auf Grund seiner Tätigkeit in einem Strafreferat Feindseligkeiten ausgesetzt, die zu tätlichen Angriffen führen könnten. Es sei daher ein Bedarf im Sinne des § 17 des Waffengesetzes 1967, BGBl. Nr. 121 (WaffG), gegeben. Sollte ein Bedarf nicht angenommen werden, so bitte er, auf Grund seiner Verläßlichkeit eine positive Ermessensentscheidung gemäß § 17 Abs. 2 WaffG zu treffen.

Da die Behörde erster Instanz über diesen Antrag nicht entschied, stellte der Beschwerdeführer am 26. März 1984 einen Devolutionsantrag gemäß § 73 AVG 1950 an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde als gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 über das schriftliche Verlangen des Beschwerdeführers vom 27. März 1984 zuständig gewordene Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses zum Führen von Faustfeuerwaffen mangels Vorliegens eines Bedarfes gemäß § 17 Abs. 2 in Verbindung mit § 18 WaffG ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 18 WaffG sei ein Bedarf im Sinne des § 17 Abs. 2 WaffG insbesondere dann anzunehmen, wenn eine Person glaubhaft mache, daß sie außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder ihrer eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt sei, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere dessen Erkenntnis vom 18. Oktober 1977, Zl. 764/77, vertrat die Behörde die Ansicht, daß die Gefahren, denen der Beschwerdeführer ausgesetzt sei, das Normalmaß nicht überschritten. Der Beschwerdeführer habe keinen Umstand anzuführen vermocht, der die Annahme rechtfertigen könnte, daß er im höheren Maß durch potentielle Angreifer außerhalb der Amts- und Wohnräume als bedroht anzusehen sei, als andere Personen, die ebenfalls gegenüber Rechtsbrechern als Organe einer Behörde auftreten oder die Anträge von Parteien ablehnen müßten. Mögliche allgemeine für jedermann bestehende Gefahren begründeten noch nicht den Bedarf zum Führen von Schußwaffen, weswegen im Zusammenhang mit der Amtsausübung die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 erster Satz WaffG nicht vorlägen. Was die Hausmeistertätigkeit am Zweitwohnsitz des Beschwerdeführers betreffe, so hätten Erhebungen durch die Gendarmerie ergeben, daß das Haus des Arbeitgebers des Beschwerdeführers hinsichtlich der Tätigkeit als Hausmeister tatsächlich Wertgegenstände wie Bücher, Zinnkrüge, Statuen und Kästen enthalte, es sich jedoch nicht um eine Besonderheit handle, da solche Wertgegenstände auch in Wohnungen des Mittelstandes vorzufinden seien. Das Haus sei gegen Einbruch nur bedingt geschützt, den größten Teil des Jahres hindurch unbewohnt und auch nicht mit einer Alarmanlage ausgestattet. Daß sich die dortigen Sicherheitsverhältnisse vom Durchschnitt abheben sollten, habe das Ermittlungsverfahren nicht ergeben, weshalb auch diesbezüglich von einem waffenrechtlichen Bedarf nicht gesprochen werden könne. Insoweit die Entscheidung der Behörde in das Ermessen gestellt sei, wobei öffentliche Interessen gegen die privaten Interessen des Beschwerdeführers abzuwägen seien, vertritt die Behörde die Auffassung, daß, ehe man möglichen oder vermeintlichen Gefahren mit einer Waffe entgegentrete, zunächst alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden sollten, diese Gefahren zu beseitigen oder zumindest auf ein unumgängliches Maß zu reduzieren. Diesbezüglich schienen im Falle des Beschwerdeführers noch Möglichkeiten offen zu sein. Auf das Nichtvergittern von Fenstern eines zum Großteil des Jahres leerstehenden Hauses und die Nichtanschaffung einer Alarmanlage müsse, wenn der Beschwerdeführer die Gefahr eines Einbruchs so ernst nehme, wie er behaupte, gegebenenfalls zugunsten größerer Sicherheit verzichtet werden. Durch die Ausstellung eines Waffenpasses mögliche oder vermeintliche Gefahrensituationen aufrechtzuerhalten, die ebensogut beseitigt werden könnten, erachte die Behörde für nicht im öffentlichen Interesse gelegen, weshalb dem Beschwerdeführer in Ausübung des freien Ermessens der Waffenpaß verweigert worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat unter Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Da die gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 angerufene Sicherheitsdirektion anstelle der Behörde erster Instanz in der Sache entschieden hat, findet gegen den angefochtenen Bescheid ein weiterer Instanzenzug nicht statt, sodaß die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zulässig ist (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. März 1976, Slg. N. F. Nr. 9020/A).

Gemäß § 17 Abs. 2 erster Satz Waffengesetz hat die Behörde einer verläßlichen Person, die das 21. Lebensjahr vollendet hat, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und einen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachweist, einen Waffenpaß auszustellen. Ein Bedarf im Sinne des § 17 Abs. 2 WaffG ist gemäß § 18 dieses Gesetzes insbesondere als gegeben anzunehmen, wenn eine Person glaubhaft macht, daß sie außerhalb von Wohn- und Betriebsräumen oder ihrer eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann. Von "besonderen Gefahren" im Sinne des § 18 WaffG kann nur gesprochen werden, wenn diese Gefahren das Ausmaß der für jedermann bestehenden Gefahren übersteigen, doch dürfen nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an das Merkmal "wesentlich" bzw. "erheblich" nicht allzugroße Anforderungen gestellt werden.

Nach dem zweiten Satz der Bestimmung des § 17 Abs. 2 WaffG liegt die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verläßliche Personen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, im Ermessen der Behörde; ebenso die Ausstellung an Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, soweit diese den Nachweis des beruflichen Bedarfes erbringen. In diesem Zusammenhang ist auch die allgemeine Bestimmung des § 7 WaffG zu beachten, wonach bei Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessensbestimmungen private Rechte und Interessen insoweit zu berücksichtigen sind, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr besteht, möglich ist.

Auf Grund der Bestimmung des Abs. 3 des § 17 in der Fassung der Waffengesetz-Novelle 1979, BGBl. Nr. 75/1980, kann die Behörde die Befugnis zum Führen durch einen entsprechenden Vermerk im Waffenpaß auf die Dauer einer Tätigkeit beschränken, wenn ein Waffenpaß nur im Hinblick auf die besonderen Gefahren, die bei der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit auftreten, ausgestellt wird.

Eine solche Beschränkung auf die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Hausmeister beabsichtigte die Behörde erster Instanz der Aktenlage nach vorzunehmen, doch lehnte der Beschwerdeführer einen so beschränkten Waffenpaß ab, da er auf der Ausstellung eines uneingeschränkten Waffenpasses bestand. Daraus ergibt sich, daß der Beschwerdeführer an der Ausstellung eines auf seine Hausmeistertätigkeit beschränkten Waffenpasses kein Interesse hatte. Sein Antrag an die belangte Behörde als Devolutionsbehörde war daher von dieser nur so zu verstehen, daß der Beschwerdeführer ausschließlich daran interessiert war, einen uneingeschränkten Waffenpaß zu erhalten. Schon daraus ergibt sich aber, daß die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Hausmeister für sich allein die Ausstellung eines solchen uneingeschränkten Waffenpasses nicht rechtfertigen kann. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, von einer Beschränkung des Waffenpasses auf die Dauer einer bestimmten Tätigkeit sei deshalb Abstand zu nehmen, weil auf absehbare Zeit wohl keine Veränderung eintreten werde, kann einen nicht dem Gesetz entsprechenden Gebrauch des Ermessens im Sinne des § 17 Abs. 3 WaffG seitens der Behörde nicht aufzuzeigen. Die unbestimmte Dauer einer Beschäftigung stellt nämlich den Regelfall dar, in dem die Anwendung des § 17 Abs. 3 WaffG zum Tragen kommt.

Da der Beschwerdeführer somit zu erkennen gegeben hat, daß er die Ausstellung eines auf seine Tätigkeit als Hausmeister beschränkten Waffenpasses nicht anstrebe, blieb für die im Devolutionswege zuständig gewordene belangte Behörde nur zu prüfen übrig, ob ein Bedarf des Beschwerdeführers im Sinne des § 17 Abs. 1 erster Fall in Verbindung mit § 18 WaffG an der Ausstellung eines Waffenpasses für zwei Faustfeuerwaffen auch aus seiner übrigen Tätigkeit anzuerkennen ist oder ob allenfalls ein Gebrauch des Ermessens zugunsten des Beschwerdeführers im Sinne des zweiten Satzes der genannten Gesetzesstelle geboten war.

Die belangte Behörde hat nun gestützt auf das von ihr zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1977, Zl. 764/77, einen Bedarf des Beschwerdeführers aus seiner Stellung als Landesbeamter im Strafreferat der Bezirkshauptmannschaft verneint, weil aus dieser Tätigkeit eine besondere Gefährdung des Beschwerdeführers, die über die allgemeine für jedermann bestehende Gefahr erheblich hinausgeht, nicht zu erkennen ist. Auch im Beschwerdefall vermochte der Beschwerdeführer keinen Umstand anzuführen, der die Annahme rechtfertigen könnte, daß gerade er im höheren Maße durch potentielle Angreifer außerhalb der Amtsräume und Wohnräume als bedroht angesehen werden könnte als andere Personen, die ebenfalls gegenüber Rechtsbrechern als Organe einer Behörde auftreten oder die Anträge von Parteien ablehnen.

Die Beschwerde vermag aber auch nicht aufzuzeigen, daß die belangte Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte. Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung im Rahmen des Ermessens noch hinreichend begründet, sodaß auch diesbezüglich kein relevanter Verfahrensmangel erkennbar ist. Ebensowenig kann ein Mangel in der vom Beschwerdeführer gerügten Unterlassung der Zitierung des § 7 WaffG im Spruch des angefochtenen Bescheides erblickt werden, da die Nennung dieser allgemeinen Bestimmung im Spruch weder in den Bestimmungen des Waffengesetzes noch des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 vorgesehen ist.

Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abgewiesen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 im Zusammenhalt mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 20. Dezember 1984

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