Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens beantragte eine Wasserentnahme aus dem Grundwasser zur Beregnung von Ackerflächen und Weingärten in den Katastralgemeinden Teesdorf, Günselsdorf und Tattendorf in der Marktgemeinde Steinfelden. Die Beschwerdeführerin wendete im Verfahren gegen das Vorhaben im wesentlichen ein, ihre im Wasserbuch für den Bezirk Wien-Umgebung unter PZlen nn1 und nn2 eingetragenen Wasserrechte - es handle sich ausschließlich um Anlagen zur Erzeugung elektrischer Energie an der Fischa - würden beeinträchtigt werden. Ihre Wasserrechte müßten durch Zwangsrechte beschränkt und ihr hiefür eine Entschädigung zugesprochen werden.
Nach einer am 16. Jänner 1981 durchgeführten Verhandlung, in der die Behörde erster Instanz Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik und des Sachverständigen für Hydrogeologie eingeholt hatte, hat der Landeshauptmann von Niederösterreich im Punkt 1) des Spruches des Bescheides vom 28. Oktober 1981 der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 10 bis 13, 99, 105 und 111 WRG 1959 in Verbindung mit §§ 1 und 4 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 11. April 1969, zum Schutze des Grundwasservorkommens in der Mitterndorfer-Senke, BGBl. Nr. 126/1969, die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Bewässerungsanlage zur künstlichen Beregnung von 432,16 ha in den Katastralgemeinden Günselsdorf, Teesdorf und Tattendorf im Rahmen von fünf Beregnungsabteilungen, wobei pro Turnus von der Gesamtfläche maximal 135 ha bei einer Gesamtentnahmemenge von 60,190 m3 bewässert werden, bei einer maximalen Wasserentnahme links der Triesting von 28 l/sec und rechts der Triesting von 44 l/sec nach Maßgabe der in diesem Bescheid enthaltenen Projektsbeschreibung und bei Einhaltung bestimmter Auflagen erteilt. Im Punkt 2) des Spruches dieses Bescheides wurden unter anderem gemäß §§ 12 und 99 WRG 1959 die Einwendungen der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung dieser Abweisung führte die Behörde im wesentlichen aus, aus den eingeholten Gutachten ergebe sich, daß eine Beeinträchtigung der Wasserrechte, sofern überhaupt eine auftrete, nicht nachweisbar sei.
Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen mit der Begründung berufen, daß jeder Liter, der aus dem Grundwasser entnommen werde, den Durchfluß in dem die Turbine treibenden Gewässer verringere und sich daher auf die Leistung der Wasserkraftanlage auswirke, ausgenommen in Hochwasserperioden, die aber für Feldberegnungen ohnedies ausscheiden würden. Verringere sich der Durchfluß unter jene Wassermenge, mit der die einzelne Turbine noch rationell betrieben werden könne, so falle deren Leistung überhaupt aus. Wenn der Amtssachverständige für Wasserbautechnik in seinem Gutachten auf Feststellungen im Verfahren zur Dritten Wiener Wasserleitung zurückgreife, mit welchen zum Ausdruck gebracht worden sei, daß eine landwirtschaftliche Beregnung im gegenständlichen Bereiche ohne wesentliche Beeinflussung fremder Wasserbenutzungsrechte garantiert sei, so müsse dieser Auslegung der damaligen Verfahrensergebnisse widersprochen werden. Der Sachverständige für Hydrogeologie führe in seinem Gutachten zutreffend aus, daß eine Konkretisierung der Beeinflussung eines Wasserkraftnutzungsrechtes durch eine einzelne landwirtschaftliche Beregnung sowohl in zeitlicher als auch in quantitativer Hinsicht unmöglich sei, daß der Summierungseffekt der bisher angesuchten und erteilten mehreren hundert Wasserrechte zur landwirtschaftlichen Beregnung jedoch vernünftigerweise nicht geleugnet werden könne und diese Entnahmen in ihrer Gesamtheit Wasserrechte der Beschwerdeführerin sehr wohl erheblich beeinträchtigen würden. Unrichtig sei die Ansicht dieses Sachverständigen, daß das Grundwasser in jenem Bereich, in dem die Entnahme nach dem geplanten Vorhaben erfolgen solle, nicht in das Gewässersystem Fischa fließe. Könne man einen Einfluß nicht quantifizieren, so dürfe dies nicht zu der den Naturgesetzen widersprechenden Annahme verleiten, dieser Einfluß bestünde nicht. Lasse sich derselbe nicht empirisch feststellen, so sei auf theoretische Überlegungen und Berechnungen zurückzugreifen und nicht jeder Einfluß zu leugnen. Im vorliegenden Fall würde die Beschwerdeführerin sich mit einer bloßen Entschädigung begnügen, da hier durch Zusammenschluß mehrerer Beregnungswerber und durch Einführung eines Turnussystems die Auswirkungen der Grundwasserentnahme auf die Oberflächengewässer geringer gehalten würde als anderenorts, wo alle Berechtigten gleichzeitig beregnen würden.
Die belangte Behörde holte im Berufungsverfahren eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen für Hydrogeologie ein und wies sodann mit dem bekämpften Bescheid vom 20. Mai 1983 die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 AVG 1950 ab. In der Begründung dieses Bescheides wurde nach nahezu wörtlicher Wiedergabe dieser ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen ausgeführt, zusammenfassend erhelle aus Vorstehendem, daß nachteilige Auswirkungen auf die Beschwerdeführerin weder meßbar noch nachweisbar seien und jedenfalls unter jeder denkbaren Bagatellgrenze liegen würden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den bekämpften Bescheid in ihrem Recht auf gesetzmäßige Anwendung des § 12 WRG 1959 verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt unter dem Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die belangte Behörde habe eine ergänzende Stellungnahme des von der Behörde erster Instanz bereits beigezogenen Sachverständigen für Hydrogeologie eingeholt und diese ihrer Entscheidung zugrunde gelegt. Dieses ergänzende Gutachten sei aber der Beschwerdeführerin nicht zur Kenntnis gebracht und ihr nicht Gelegenheit gegeben worden, hiezu Stellung zu nehmen. Das Parteiengehör sei somit verletzt worden.
Die belangte Behörde vertritt in der Gegenschrift dazu die Ansicht, der Sachverständige habe bereits im Verfahren vor der Behörde erster Instanz die gleiche gutächtliche Beurteilung abgegeben wie im Berufungsverfahren und sich dabei im wesentlichen auch derselben fachlichen Argumentation bedient. Es hätte daher die belangte Behörde bei Wahrung des Parteiengehörs auch nicht zu einem anderen Ergebnis kommen können.
Bei der Erteilung der nach § 10 Abs. 2 WRG 1959 erforderlichen Bewilligung für die geplante Wasserbenutzung zur Feldberegnung war unter anderem auf Grund der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwendungen die Frage, ob durch die geplante Wasseranlage - nur diese allein ist hier von rechtlicher Bedeutung - die Wasserrechte der Beschwerdeführerin nachweislich berührt werden, im Verfahren zu entscheiden. Auf Grund des Berufungsvorbringens hat die belangte Behörde eine Ergänzung des hydrogeologischen Gutachtens zutreffend als notwendig erachtet. Wenn auch der Sachverständige zu keinem anderen Ergebnis in dieser Ergänzung gekommen ist als im Verfahren vor der Behörde erster Instanz, war dennoch die belangte Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG 1950 verpflichtet, diese Beweisaufnahme der Beschwerdeführerin zur Kenntnis zu bringen und ihr Gelegenheit zu geben, dazu Stellung zu nehmen, zumal die Beschwerdeführerin zu den im Ergänzungsgutachten beantworteten Fragen ein Gutachten eines Privatsachverständigen zwecks Stellungnahme entgegensetzen, hätte können. Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerde auch, gestützt auf ein solches Gutachten ausgeführt, was sie jenem ergänzenden Gutachten entgegengesetzt hätte.
Darüber hinaus hat sich die belangte Behörde im bekämpften Bescheid, abgesehen davon, daß weder ein Sachverhalt festgestellt noch die entscheidende Rechtsfrage dargestellt worden ist, entgegen der Vorschrift des § 60 AVG 1950 mit der bloßen Wiedergabe der im Berufungsverfahren eingeholten fachkundigen Stellungnahme begnügt. Eine solche Begründung ist nicht als ausreichend anzusehen (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 26. November 1976, Zl. 1114, 1308, 1309/75). Der Versuch der belangten Behörde, die Begründung in der Gegenschrift zur Verwaltungsgerichtshofbeschwerde durch die Beigabe einer weiteren fachkundigen Stellungnahme nachzutragen, ersetzt nicht die der Behörde obliegende Pflicht, Parteiengehör zu gewähren und den Bescheid zu begründen (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 24. Jänner 1967, Zl. 1467/66, vom 23. September 1977, Zl. 57/77 u.a.m.).
Der bekämpfte Bescheid war daher schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 lit. C Z. 3.VwGG 1965 aufzuheben, weil nicht auszuschließen ist, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieser Verfahrensfehler zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich zu dem Hinweis veranlaßt, daß, falls die belangte Behörde im fortzusetzenden Verfahren zu dem Ergebnis kommen sollte, daß die Anlagen der Beschwerdeführerin durch das Vorhaben der Mitbeteiligten eine Beeinträchtigung erfahren würden, die belangte Behörde u.a. auch Feststellungen über das Maß der der Beschwerdeführerin zustehenden Wasserbenutzung treffen müßte.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 lit. c VwGG 1965 abgesehen werden.
Wien, am 31. Jänner 1984
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