VwGH 82/16/0069

VwGH82/16/006914.6.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Närr, Mag. Meinl und Dr. Kramer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Müller, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. WB in B, vertreten durch Dr. Wolfgang Schachinger, Rechtsanwalt in Badgastein, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 4. März 1982, Zl. 400/5-GA5-DK/1979, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §115 Abs1;
BAO §119 Abs2;
BAO §208 Abs2;
FinStrG §33 Abs1 idF 1975/335;
GrEStG 1955 §1 Abs3 Z1;
GrEStG 1955 §18 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, insoweit über die Festsetzung von Grunderwerbsteuer abgesprochen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.185,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer und DDr. HH gründeten mit Gesellschaftsvertrag vom 12. März 1971 die "H-Gesellschaft m.b.H."

mit einem Stammkapital von S 100.000,--, wovon der Beschwerdeführer eine Stammeinlage von S 90.000,--, DDr. H eine solche von S 10.000,-- übernahmen.

Mit dem durch Anbot vom 2. Oktober 1971 und Annahmeerklärung vom 4. Oktober 1971 zustandegekommenen Abtretungsvertrag trat der Beschwerdeführer von seinem Geschäftsanteil an der genannten Ges.m.b.H. einen Anteil, welcher einer Stammeinlage von S 80.000,-- entsprach, an DDr. HH und mit weiterem Abtretungsvertrag vom 4. Oktober 1971 seinen restlichen, einer Stammeinlage von S 10.000,-- entsprechenden Geschäftsanteil an Dr. N, Rechtsanwalt in Salzburg, ab.

Mit weiterem Abtretungsvertrag vom 27. Juni 1973 trat DDr. HH seinen - sohin einer Stammeinlage von S 90.000,-- entsprechenden - Geschäftsanteil an der genannten Ges.m.b.H. "unentgeltlich und schenkungsweise" an den Beschwerdeführer ab. Mit Beschluß der außerordentlichen Generalversammlung vom selben Tage wurde die Firma der genannten Gesellschaft in "B-Gesellschaft m.b.H." geändert.

Mit Beschluß der Generalversammlung vom 6. Mai 1974 wurde der Sitz der B-Gesellschaft m.b.H. von W nach B verlegt.

Am 28. Dezember 1978 erging seitens des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Salzburg an Rechtsanwalt Dr. N eine Anfrage dahin, wem der durch Abtretungsvertrag vom 4. Oktober 1971 erworbene Geschäftsanteil im Sinne des § 24 Abs. 1 lit. b oder lit. c BAO zuzurechnen sei. Dr. N ersuchte daraufhin das Finanzamt mit Schreiben vom 9. Jänner 1979 um kurzfristige Überlassung des Abtretungsvertrages vom 4. Oktober 1971 zur Einsichtnahme und führte aus, "seines Wissens" habe er den fraglichen Geschäftsanteil zu treuen Handen für den Treugeber Dipl. Ing. B (dem Beschwerdeführer) erworben. Mit weiterem Schreiben vom 8. Februar 1979 teilte Dr. N dem Finanzamt mit, "daß der durch Abtretungsvertrag vom 4. Oktober 1971 von mir als Treuhänder erworbene Geschäftsanteil gemäß § 24, Abs. 1, lit. b und c, Herrn Dipl. Ing. WB als dem Treugeber zuzurechnen ist".

Auf Grund einer weiteren Anfrage des erwähnten Finanzamtes vom 21. Februar 1979 teilte die B Ges.m.b.H. mit Schreiben ihres Steuerberaters vom 15. Mai 1979 mit, daß zu ihrem Vermögen Liegenschaftsbesitz mit einem bestimmten Einheitswert gehöre.

Mit Abtretungsvertrag vom 18. Oktober 1979 trat sodann Dr. N seinen einer Stammeinlage von S 10.000,-- entsprechenden Geschäftsanteil an der gegenständlichen Ges.m.b.H. an Frau EB, die Gattin des Beschwerdeführers, ab.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 1979 setzte das genannte Finanzamt gegenüber dem Beschwerdeführer - nachdem ein die Grunderwerbsteuer zunächst gegenüber der B-Gesellschaft m.b.H. festsetzender Bescheid vom 7. Juni 1979 durch eine ihn aufhebende Berufungsvorentscheidung vom 13. Dezember 1979 aus dem Rechtsbestand ausgeschieden war - unter Hinweis auf "Anteilsvereinigung, Vertrag vom 1973" 8 % Grunderwerbsteuer vom Einheitswert zuzüglich Verspätungszuschlag fest.

In der dagegen erhobenen Berufung verwies der Beschwerdeführer auf den Inhalt der gegen den Bescheid vom 7. Juni 1979 erhobenen Berufung, worin die B Ges.m.b.H. bestritten hatte, daß Rechtsanwalt Dr. N Treuhänder für den Beschwerdeführer gewesen sei.

Am 1. Februar 1980 wurde - laut Aktenvermerk vom selben Tage -

Rechtsanwalt Dr. N (sen.) von einem Organwalter des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Salzburg telefonisch darüber befragt, ob er den Anteil an der B Gesellschaft treuhändig oder auf eigene Rechnung innegehabt habe. Rechtsanwalt Dr. N sen. erklärte dazu, den Anteil lediglich treuhändig für Dipl. Ing. B innegehabt zu haben. Der Anteil sei inzwischen wieder "auf Dipl. Ing. B" übertragen worden. Weder beim seinerzeitigen Erwerb noch bei der Übertragung auf Dipl. Ing. B seien Zahlungen erfolgt.

In einer im Zuge des Berufungsverfahrens an die Finanzlandesdirektion für Salzburg gerichteten Vorhaltsbeantwortung vom 19. März 1980 stellte der Beschwerdeführer abermals das Vorliegen einer Treuhandschaft bezüglich des Gesellschaftsanteiles Dris. N in Abrede; es bestünden zwischen dem Beschwerdeführer und dem "Berufungsgegner" (gemeint offenbar: Dr. N) keine wie immer gearteten internen mündlichen oder schriftlichen Vereinbarungen, die eine solche Treuhandschaft begründet hätten. Im selben Schriftsatz beantragte der Beschwerdeführer die Beischaffung der Steuerakten über die Vermögensteuer Dris. N. Zusammen mit dieser Vorhaltsbeantwortung legte der Beschwerdeführer einen Briefwechsel zwischen dem Steuerberater der B Gesellschaft m.b.H. und Dr. N in Ablichtung vor. Danach hatte Dr. N dem Steuerberater mit Schreiben vom 8. August 1979 mitgeteilt, er habe mit Schreiben vom 9. Jänner 1979 dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsfreundes seine Treuhandschaft "bis zum 31. Jänner 1979" aufgekündigt. Mit Schreiben vom 9. März 1979 habe ihm der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mitgeteilt, daß der Beschwerdeführer ihn von seiner Beteiligung an der B Ges.m.b.H. dadurch entlasten wolle, daß er seinen Geschäftsanteil übernehme. Da der Beschwerdeführer trotz seiner Zusage bis heute den ihm (Dr. N) seinerzeit treuhändig abgetretenen Geschäftsanteil nicht zurückgenommen habe, sei Dr. N nunmehr gezwungen, diesbezüglich den Rechtsweg zu beschreiten.

Mit Schreiben vom 12. November 1981 ersuchte die Finanzlandesdirektion Salzburg Dr. N um Bekanntgabe, ob und in welcher Höhe er im Rahmen der Abtretung des Geschäftsanteiles an Frau EB Zahlungen erhalten habe.

In seinem Antwortschreiben vom 20. November 1981 verwies Dr. N auf seine Schreiben vom 9. Jänner und 8. Februar 1979, welchen Mitteilungen nichts hinzuzufügen sei. Anläßlich der Abtretung des Geschäftsanteiles an Frau EB habe er an Barauslagenersatz einen Betrag von S 1.254,24 erhalten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 4. März 1982 wies die Finanzlandesdirektion von Salzburg die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Salzburg vom 18. Dezember 1979 als unbegründet ab. Die belangte Behörde begründete dies nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens im wesentlichen damit, weder Bemessungsgrundlage noch Steuersatz würden bekämpft. Unbestritten sei ferner, daß zum Zeitpunkt Juni 1973 zufolge verschiedener Abtretungsverträge das Stammkapital der "Firma" Dr. H Ges.m.b.H. bzw. in der Folge B Ges.m.b.H. hinsichtlich eines Anteiles von S 90.000,-- durch den Beschwerdeführer und die restlichen S 10.000,-- durch Rechtsanwalt Dr. N als einzigen Gesellschafter gehalten worden seien. Strittig sei lediglich ob Rechtsanwalt Dr. N nur Treuhänder des Beschwerdeführers sei und daher diese Anteile dem Beschwerdeführer zuzurechnen seien. Unbestritten sei vor allem die dem Beschwerdeführer mit Vorhalt vom 13. Februar 1980 zur Kenntnis gebrachte Feststellung, daß bezüglich der gegenständlichen Anteile weder beim seinerzeitigen Erwerb noch bei der Rückübertragung, Zahlungen erfolgt seien. Nach Ansicht der Berufungsbehörde bestehe nach den Ergebnissen des angeführten Beweisverfahrens in freier Beweiswürdigung kein Anlaß, an den "mehrfach eindeutigen diesbezüglichen Äußerungen" des Rechtsanwaltes Dr. N zu zweifeln, wobei diese Angaben noch durch Umstände, wie die oben angeführte, ohne Entgelt erfolgte Übertragung und Rückübertragung der durch Dr. N gehaltenen Anteile, gestützt würden. Sei aber der Geschäftsanteil von S 10.000,-- durch Dr. N als Treuhänder für den Beschwerdeführer gehalten worden und sei dieser Anteil daher diesem zuzurechnen, seien mit Juni 1973, da die restliche Stammeinlage von S 90.000,-- ebenfalls durch diesen gehalten worden sei, alle Anteile in einer Hand vereinigt worden und es sei somit die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer durch das Finanzamt gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG zu Recht erfolgt. Über Erwerbsvorgänge, die diesem Bundesgesetz unterlägen, sei binnen zwei Wochen nach Verwirklichung des Erwerbsvorganges dem Finanzamt eine Abgabenerklärung vorzulegen (§ 18 GrEStG). Die Unterlassung der Einreichung der Abgabenerklärung rechtfertige die Festsetzung des Verspätungszuschlages gemäß § 135 BAO.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem Inhalt seines Vorbringens erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht, Grunderwerbsteuer nicht entrichten zu müssen, verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid "wegen Rechtswirksamkeit" (gemeint offenbar: Rechtswidrigkeit) infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

 

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß dem § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG unterliegt der Steuer, wenn zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück gehört, außerdem (d.h. neben den in den Abs. 1 und 2 dieser Gesetzesstelle genannten Rechtsvorgängen) unter anderem ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung alle Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein vereinigt werden würden. Abgabenpflichtiger Tatbestand nach dieser Gesetzesstelle ist also nicht der Grundstückserwerb als solcher, sondern die Vereinigung der Gesellschaftsanteile in einer Hand. Dadurch soll verhindert werden, daß auch ein völliger Wechsel aller Mitglieder der Gesellschaft niemals zur Einhebung einer Grunderwerbsteuer vom Grundbesitz führen könnte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. April 1953, Slg. Nr. 747/F, vom 27. Mai 1970, Slg. Nr. 4095/F, und vom 21. Jänner 1982, Zl. 81/16/0021). Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen offenbar übereinstimmend davon aus, daß die Vereinigung aller Anteile in einer Hand auch durch Vereinigung in der Hand des Erwerbers und eines von ihm bestellten Treuhänders erfüllt werden könne (sogenannte mittelbare oder "wirtschaftliche" Vereinigung, vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. März 1964, Slg. Nr. 3047/F, sowie Czurda, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, Stand März 1980, Tz 387, 416 zu § 1;

Dorazil-Schwärzler, Das Grunderwerbsteuergesetz2, 1977, Seite 96;

aM Gassner, Anteilsvereinigung im Grunderwerbsteuerrecht, 1970, Seite 74 ff). Eine solche Vereinigung der Anteile unter Mitwirkung eines Treuhänders könne nach dieser Auffassung auch in der Weise erfolgen, daß jemand einen Treuhänder mit dem Erwerb von Anteilen beauftragt und danach die restlichen Anteile selbst erwirbt (Czurda aaO, Tz 416).

Träfe dies zu, dann wäre der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Z 1 GrEStG im Beschwerdefall unter der Voraussetzung erfüllt, daß Dr. N bei dem am 4. Oktober 1971 erfolgten Erwerb seines einer Stammeinlage von S 10.000,-- entsprechenden Geschäftsanteiles lediglich als Treuhänder des Beschwerdeführers aufgetreten wäre; in diesem Fall wäre nämlich durch den am 27. Juni 1973 erfolgten Erwerb der restlichen Geschäftsanteile durch den Beschwerdeführer im Sinne obiger Ausführungen eine mittelbare Vereinigung aller Anteile in der Hand des Beschwerdeführers zustandegekommen.

Ausgehend von dieser Prämisse wendet der Beschwerdeführer Bemessungsverjährung in Hinsicht auf den geltend gemachten Abgabenanspruch ein. Gehe man davon aus, daß am 29. (richtig: 27.) Juni 1973 eine Anteilsvereinigung der Geschäftsanteile an der B Gesellschaft m.b.H. erfolgt sei, so sei eine ordnungsgemäße Anzeige im Sinne des § 18 GrEStG sicherlich nicht erfolgt. Der Notariatsakt vom 27. Juni 1973 sei jedoch am 29. Juni 1973 zu BRP 84.652 beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern (ergänze: in Wien) angezeigt worden. Damit sei der (angebliche) Erwerbsvorgang, nämlich die Anteilsvereinigung, zur Kenntnis der Abgabenbehörde gelangt. Daß es sich dabei nicht um das örtlich zuständige Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Salzburg, sondern um das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien gehandelt habe, könne dem Beschwerdeführer nicht schaden, weil § 208 BAO nur allgemein von der "Abgabenbehörde" spreche. Damit aber habe die Verjährungsfrist zur Verjährung des Rechtes auf Bemessung der Grunderwerbsteuer mit 1. Jänner 1974 begonnen und sei mit 31. Dezember 1978 vollendet gewesen. Die Grunderwerbsteuerbemessung mit Bescheid vom 18. Dezember 1979 sei daher bereits nach Ablauf der Verjährungsfrist erfolgt.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.

Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt gemäß dem § 207 Abs. 1 BAO der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt nach dem Abs. 2 erster Satz dieser Gesetzesstelle bei der Grunderwerbsteuer fünf Jahre. In den Fällen des § 207 Abs. 2 leg. cit. beginnt die Verjährung nach der Vorschrift des § 208 Abs. 1 lit. a grundsätzlich mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist; wird jedoch ein der Grunderwerbsteuer unterliegender Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß der Abgabenbehörde angezeigt, so beginnt nach dem Abs. 2 der zuletzt genannten Gesetzesstelle die Verjährung des Rechtes zur Festsetzung dieser Abgaben nicht vor Ablauf des Jahres, in dem die Abgabenbehörde von dem Erwerbsvorgang Kenntnis erlangt. "Ordnungsgemäß angezeigt" heißt in diesem Zusammenhang zeitgerecht, richtig, vollständig und bei der zuständigen Behörde angezeigt (vgl. Reeger-Stoll, Kommentar zur BAO, 1966, Seite 691). Der Lauf der Bemessungsverjährungsfrist wird also erst dann in Gang gesetzt, wenn der zuständigen Abgabenbehörde durch entsprechende Meldungen, Erklärungen usw. durch den hiezu Verpflichteten alle den steuerpflichtigen Tatbestand bildenden Umstände und Verhältnisse bekannt geworden sind, d.h., wenn die Abgabenbehörde vom steuerpflichtigen Erwerbsvorgang tatsächlich in einer Weise und in einem Umfang Kenntnis erlangt hat, daß ein vollständiges Bild über den abgabenrechtlich relevanten Sachverhalt gewonnen werden kann und demgemäß eine sachgerechte Festsetzung objektiv möglich ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 12. November 1981, Zl. 15/0437/80, sowie die bei Stoll, BAO Handbuch, 1980, Seite 492, zitierte weitere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Nach dem § 18 Abs. 1 GrEStG ist über Erwerbsvorgänge, die diesem Bundesgesetz unterliegen, binnen zwei Wochen nach Verwirklichung des Erwerbsvorganges dem Finanzamt unter Verwendung des amtlichen Vordruckes eine Abgabenerklärung in vierfacher Ausfertigung vorzulegen, und zwar auch dann, wenn ein Erwerbsvorgang vom Eintritt einer Bedingung oder von einer Genehmigung abhängig oder von der Besteuerung ausgenommen ist. Nun kann dieser Anordnung zwar nicht die Bedeutung beigelegt werden, daß dann, wenn der Abgabenschuldner nicht die vorgeschriebene Drucksorte zur Anzeige verwendet, die im § 18 GrEStG vorgesehene Anzeigepflicht aus diesem Grunde bereits verletzt wäre. Die Vorlage des Vordruckes dient nur der Erleichterung der Tätigkeit der Finanzbehörde. Auf das formelle Erfordernis der Vorlage einer Abgabenerklärung gemäß § 18 GrEStG kommt es daher nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder für die Verhängung eines Verspätungszuschlages nach § 135 Abs. 1 BAO noch für die Rechtsfolge des § 20 Abs. 6 GrEStG oder für den Bereich des § 33 Abs. 1 FinStrG an. Für die Ermittlung der zur Festsetzung der Grunderwerbsteuer erforderlichen Grundlagen muß es vielmehr in der Regel ausreichen, wenn der zur Anzeige Verpflichtete den schriftlichen Vertrag dem Finanzamt. in Urschrift oder in Abschrift vorlegt; dies allerdings nur, insoweit dieser Vertrag die zur Festsetzung der Steuer geeigneten Angaben enthält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1982, Zl. 81/16/0003, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung).

Der dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien am 29. Juni 1973 zu BRP 84.652 angezeigte Notariatsakt vom 23. Juni 1973 enthielt nun keinerlei Hinweise darauf, daß der Beschwerdeführer auf Grund eines mit Dr. N bestehenden Treuhandverhältnisses zum Zeitpunkt dieses Vertragsabschlusses bereits einen einer Stammeinlage von S 10.000,-- entsprechenden Geschäftsanteil an der streitgegenständlichen Ges.m.b.H. gehalten hätte, noch auch daß zum Vermögen dieser Gesellschaft ein inländisches Grundstück gehöre. Es kann also keine Rede davon sein, daß der zuständigen Abgabenbehörde, nämlich dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Salzburg, durch die Anzeige des Notariatsaktes vom 27. Juni 1973 alle den vermeintlich steuerpflichtigen Tatbestand bildenden Umstände bekannt geworden wären. Mangels einer Anzeige an das zuständige Finanzamt kann auch von einer diesem Finanzamt unterlaufenen Verletzung der im § 115 Abs. 1 BAO normierten amtswegigen Ermittlungspflicht (vgl. hiezu das Erkenntnis vom 15. Dezember 1983, Zlen. 82/16/0048-0053, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung) nicht gesprochen werden.

Vielmehr erfuhr das zuständige Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Salzburg nach der Aktenlage erstmals am 7. Mai 1974 durch Übermittlung des Protokolles der Generalversammlung der B Ges.m.b.H. vom 6. Mai 1974, bei der die Verlegung des Sitzes der Gesellschaft von Wien nach B beschlossen worden war, von der Existenz der genannten Gesellschaft. Selbst wenn man annehmen wollte, daß diese Kenntnis die oben erwähnte Ermittlungspflicht hätte auslösen können - nach der Aktenlage wurden vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Salzburg in der Folge, möglicherweise zum ersten Mal schon am 18. April 1975, tatsächlich verschiedene Erhebungen gepflogen - so hätte doch die fünfjährige Verjährungsfrist des § 207 BAO frühestens mit Ablauf des 31. Dezember 1974 zu laufen beginnen können. Selbst in diesem Fall wäre aber die Verjährungsfrist spätestens durch die am 28. Dezember 1978 ergangene Anfrage an Dr. N unterbrochen worden, so daß die Festsetzung der Grunderwerbsteuer mit Bescheid vom 18. Dezember 1979 jedenfalls innerhalb der Bemessungsverjährungsfrist erfolgte.

Bemessungsverjährung ist daher nicht eingetreten.

In Wahrheit liegt jedoch im Beschwerdefall eine Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG nicht vor.

Entscheidend für die Lösung der hier wesentlichen Rechtsfrage ist die Auslegung der im § 1 Abs. 3 Z. 1 leg. cit. enthaltenen

Worte "... in der Hand des Erwerbers allein ... vereinigt ...".

Das oben erwähnte Erkenntnis vom 16. März 1964, Slg. Nr. 3047/F, begründete seine Ansicht, eine die Grunderwerbsteuerpflicht auslösende "wirtschaftliche" Anteilsvereinigung liege unter anderem auch dann vor, wenn jemand nicht alle Anteile in seiner Hand vereinigt, sondern einen bestimmten Anteil einem Strohmann oder Treuhänder überläßt, der nach außen hin im eigenen Namen auftritt, im Innenverhältnis aber für Rechnung des dahinterstehenden Auftraggebers tätig sei, damit, daß das Grunderwerbsteuergesetz und vor allem dessen § 1 Abs. 3 nicht nur rechtlichen, sondern auch wirtschaftlichen Gesichtspunkten Rechnung tragen solle. Die Wechselfälle des täglichen Lebens hätten aufgezeigt, daß jemand durchaus nicht alle Anteile an einer Gesellschaft erwerben müsse, um Herr über das betreffende Unternehmen zu werden. Es genüge daher zur Auslösung der Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 GrEStG (der Wortlaut des Gesetzes lasse ohne weiteres darauf schließen), daß auch eine wirtschaftliche Vereinigung oder ein wirtschaftlicher Erwerb aller Anteile an einer Unternehmung die Grunderwerbsteuerpflicht auslöse.

Hiebei ist allerdings zu berücksichtigen, daß im Zeitpunkt der Fällung dieses Erkenntnisses die den Worten "in der Hand des Erwerbers allein" folgenden Worte "oder in der Hand des Erwerbers und seines Ehegatten oder seiner Kinder" noch dem Rechtsbestand angehörten. Sie mochten in der Tat die Auffassung nahelegen oder unterstützen, daß die verba legalia "in der Hand" auch im Sinne einer mittelbaren, "wirtschaftlichen" Verfügungsmacht verstanden werden könnten, wie sie bei einer Anteilsvereinigung im Rahmen eines Familienverbandes vermutet werden durfte; in einem so gelagerten Fall konnte der Erwerber nach den "Wechselfällen des täglichen Lebens" wohl unter Umständen als "Herr" über das betreffende Unternehmen angesehen werden.

Dieser Auffassung ist jedoch dadurch der Boden entzogen worden, daß der Verfassungsgerichtshof die erwähnten Worte "oder in der Hand des Erwerbers und seines Ehegatten oder seiner Kinder" mit Erkenntnis vom 27. Juni 1964, Slg. Nr. 4764, als verfassungswidrig aufgehoben hat. Damit ist für die seither bestehende Rechtslage klargestellt, daß die Worte "in der Hand" strikt auszulegen sind: "in der Hand des Erwerbers" befinden sich die Anteile nur dann, wenn er selbst Eigentum an diesen Anteilen erworben hat, nicht aber bereits dann, wenn er auf Grund welcher Rechtsbeziehungen immer auf diese Anteile - um im Bilde zu bleiben - "greifen", d.h., allenfalls deren Übertragung an ihn fordern könnte. Der Gerichtshof vermag daher die im erwähnten Erkenntnis vom 16. März 1964, Slg. Nr. 3047/F, vertretene Rechtsansicht zufolge der geänderten Rechtslage nicht aufrecht zu erhalten.

Dafür sprechen auch noch folgende weitere Überlegungen:

Die Steuerpflicht einer "wirtschaftlichen" Anteilsvereinigung kann auch nicht etwa mit der Begründung bejaht werden, daß der wirtschaftliche Machthaber aller Anteile die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Gesellschaftsgrundstück in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 2 leg. cit. erlangt habe. Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist im Bereich des § 1 Abs. 3 Abs. 1 GrEStG nämlich nicht, wie bereits ausgeführt, der Grundstückserwerb als solcher und damit auch nicht die dem rechtlichen Erwerb kraft Gesetzes gleichgestellte Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über das Grundstück, sondern die Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in einer Hand; die Vorschrift des § 1 Abs. 3 Z. 1 leg. cit. beruht auf einem "Durchgriff" durch die Anteilsrechte auf die Vermögensrechte an den Grundstücken der Gesellschaft (Gassner, aaO, Seiten 25, 75), ohne daß hiebei eine Änderung in den Eigentumsverhältnissen des Grundstückes stattgefunden haben müßte.

Der hier abgelehnten Auffassung steht aber auch jene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen, die sich mit der Frage befaßt, was rechtens sei, wenn bereits bei der Gründung der Gesellschaft ein Anteil von einem Treuhänder des anderen Gesellschafters gehalten wurde und nunmehr durch Übertragung dieses Treuhandanteiles an den Treugeber eine Anteilsvereinigung herbeigeführt wird. In allen diesen Fällen (Erkenntnisse vom 6. Juni 1968, Slg. Nr. 3760/F, vom 11. September 1969, Slg. Nr. 3949/F, vom 13. Juni 1979, Zl. 312/77, und vom 21. Oktober 1982, Zl. 82/16/0044) hat der Gerichtshof stets betont, daß erst durch die (rechtliche) Anteilsübertragung die Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG stattfindet, und hat dem Umstand der von Anfang an bestehenden wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Treugebers über diesen Gesellschaftsanteil kein rechtliches Gewicht beigemessen. Nicht anderes kann aber gelten, wenn eine solche "wirtschaftliche" Anteilsvereinigung nicht bereits im Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft, sondern erst später eintritt. In beiden Fällen wäre es widersprüchlich, sowohl zunächst die "wirtschaftliche" als auch in der Folge die rechtliche Anteilsvereinigung (neuerlich) der Besteuerung zu unterziehen, und zwar das eine Mal unter Berufung auf die "wirtschaftliche", das andere Mal auf eine rechtliche Betrachtungsweise; tatsächlich kann nämlich die Vereinigung aller Anteile in einer Hand nur einmal erfolgen, sei es nun im Zeitpunkt der wirtschaftlichen, sei es im Zeitpunkt der rechtlichen Anteilsvereinigung.

Käme es auf die wirtschaftliche Zurechnung der vom Treuhänder gehaltenen Geschäftsanteile an, dann wäre es weiters auch rechtswidrig gewesen, in dem dem hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1982, Zl. 81/16/0021, zugrundeliegenden Beschwerdefall den alle Anteile einer Gesellschaft in seiner Hand vereinigenden Treuhänder als Steuerpflichtigen zu betrachten anstatt zu prüfen, ob diese Gesellschaftsanteile einem oder mehreren Treugebern zuzurechnen seien.

Auf derselben Linie liegt es auch, wenn der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17. November 1983, Zl. 81/16/0189, zur Frage der sogenannten "Zwerganteile" eine Gleichsetzung des im § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG verwendeten Begriffes "alle" (Anteile) mit "fast allen" Anteilen zumindest für den Bereich der Personalhandelsgesellschaft abgelehnt hat; denn auch der im Erkenntnis vom 16. März 1964, Slg. Nr. 3047/F, vertretenen Auffassung, beim Verbleib von wirtschaftlichen bedeutungslosen Zwerganteilen in der Hand anderer als des Hauptgesellschafters sei dennoch eine "wirtschaftliche" Anteilsvereinigung in der Hand des letzteren gegeben, liegt derselbe Gedanke zugrunde wie der Annahme einer wirtschaftlichen Anteilsvereinigung vermittels eines Treuhänders.

Schließlich erscheint auch der von Boruttau-Egly-Sigloch aaO unternommene Versuch, die Anteilsvereinigung in der Hand des "Hauptgesellschafters" und seines "Strohmannes" (Treuhänders) insofern als eine "rechtliche" zu konstruieren, als dem Hauptgesellschafter mit dem Erwerb seines Treuhänders(Strohmannes) nach § 667 BGB bereits der Anspruch auf Herausgabe des von diesem erworbenen Anteiles zufalle, dem Verwaltungsgerichtshof nicht zielführend. Die genannten Autoren müssen (aaO Tz 195 c) selbst zugeben, daß mit dieser Auslegung der Ausdruck "Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf ... begründet" im § 1 Abs. 1 Z. 1 und im § 1 Abs. 3 Z. 1 leg. cit. einen verschiedenen Inhalt erhält, weil nach herrschender Auffassung der Erwerb durch einen Treuhänder nicht unter § 1 Abs. 1, sondern unter Abs. 2 dieser Gesetzesstelle fällt. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem oben erwähnten Erkenntnis vom 6. Juni 1968, Slg. Nr. 3760/F, die Auffassung abgelehnt, wonach bereits der Treuhandvertrag den Anspruch des Treugebers auf Übertragung der treuhändig gehaltenen Geschäftsanteile begründe. Aus den hier angeführten, vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachten Gründen erweist sich daher der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher insoweit er über die Festsetzung von Grunderwerbsteuer absprach, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß dem § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben. Der gleichfalls festgesetzte Verspätungszuschlag ist vom Beschwerdepunkt nicht umfaßt und daher nicht Gegenstand dieses Rechtsstreites.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da Stempelgebühren nur im gesetzlich bestimmten Ausmaß zugesprochen werden können und die Umsatzsteuer im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist.

Soweit in diesem Erkenntnis auf Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen wird, die nicht in der Amtlichen Sammlung seiner Erkenntnisse und Beschlüsse veröffentlicht sind, sei an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.

Wien, am 14. Juni 1984

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