Normen
AVG §10 Abs2;
AVG §66 Abs4;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §63 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §66 Abs4;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §63 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird, soweit mit dem angefochtenen Bescheid über Strafart und Strafausmaß sowie über die Kosten des Strafverfahrens abgesprochen wurde, als unbegründet abgewiesen.
Im übrigen wird der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 29. April 1980 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, am 28. Oktober 1979 um 19.35 Uhr in Salzburg, Elisabeth-Straße - F. Porsche-Straße, sich an einem öffentlichen Ort in einer Weise verhalten zu haben, die auf die Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution abzielt, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 3 Salzburger Landes-Polizeistrafgesetz begangen zu haben. Gemäß derselben Gesetzesstelle wurde über die Beschwerdeführerin eine Primärarreststrafe in der Dauer von 14 Tagen verhängt.
Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung der Beschwerdeführerin entschied die Salzburger Landesregierung mit Bescheid vom 5. Jänner 1981. Damit wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 vollinhaltlich bestätigt.
Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. September 1981, Zl. 81/11/0007, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil bei Angabe der als erwiesen angenommenen Tat gegen die Bestimmung des § 44 a lit. a VStG 1950 verstoßen wurde.
Mit dem Bescheid vom 30. September 1981 wies die Salzburger Landesregierung die Berufung der Beschwerdeführerin neuerlich als unbegründet ab, wobei der Spruch weiters folgende Formulierung erhielt:
"Es ist als erwiesen anzusehen, dass die Beschuldigte RS, dadurch, dass sie am 28. 10. 1979 in der Zeit von 19.35 Uhr bis 19.45 Uhr in Salzburg, Ecke Elisabethstraße/Ferdinand Porsche-Straße auf und ab ging, sich nach langsam fahrenden Pkw-Lenkern auffällig umwendete und dem im Verfahren angeführten Zeugen mündlich das Angebot gemacht hat, mit ihm gegen Bezahlung von S 500,-- geschlechtlich zu verkehren, sich schuldig gemacht hat. Sie hat sich dadurch an einem öffentlichen Ort in einer Weise verhalten, die auf die Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution abzielte und somit eine Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs. 1 Salzburger Landes-Polizeistrafgesetz begangen.
Die im angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg ausgesprochene Strafe im Ausmaß von 14 Tagen Primärarrest für die Begehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung wird somit bestätigt."
Gegen diesen Bescheid vom 30. September 1981 erhob die Beschwerdeführerin gleichfalls Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Erkenntnis vom 27. April 1982, Zl. 81/11/0101, behob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid vom 30. September 1981, soweit damit über Strafart und Strafausmaß sowie über die Kosten des Strafverfahrens abgesprochen wurde; im übrigen wurde die diesbezügliche Beschwerde abgewiesen. Als Begründung für diese teilweise Aufhebung des Bescheides vom 30. September 1981 führte der Verwaltungsgerichtshof im wesentlichen aus, die belangte Behörde habe dadurch ihre Begründungspflicht verletzt, dass sie es unterlassen habe, die gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1950 rechtserhebliche Frage nach der Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie danach zu beantworten, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen habe; sie habe weiters neben dem objektiven Kriterium des Unrechtsgehaltes der Tat auch die subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat - abgesehen von der Erwähnung einer einschlägigen Vorstrafe - unerörtertgelassen. Die belangte Behörde hätte im Zusammenhang mit der zuerst genannten Frage insbesondere auch die Frage, welchen Auffälligkeitsgrad das inkriminierte Verhalten der Beschwerdeführerin in der Öffentlichkeit aufgewiesen habe, in ihre Erwägungen miteinzubeziehen und sich hinsichtlich der erwähnten subjektiven Kriterien mit der Frage der allfälligen Milderungsgründe zu befassen gehabt, weil erst die Abwägung von Erschwerungs- und Milderungsgründen die Strafbemessung erlaube.
Mit Datum vom 4. August 1982 erließ schließlich die Salzburger Landesregierung "in Verbindung mit den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. September 1981, Zl. 81/11/0007, und vom 27. April 1982, Zl. 81/11/0101", einen neuerlichen Berufungsbescheid, dessen Spruch wörtlich mit dem - oben wiedergegebenen - Spruch des Berufungsbescheides derselben Behörde vom 30. September 1981 übereinstimmt. Die Begründung des Bescheides vom 4. August 1982 stimmt mit jener des Bescheides vom 30. September 1981, insoweit sie sich mit dem Schuldspruch befasst, gleichfalls wörtlich überein. Hinsichtlich der Strafbemessung wurde allerdings im Bescheid vom 4. August 1982, abweichend von der diesbezüglichen Begründung des Bescheides vom 30. September 1981 ausgeführt, auf Grund der erhobenen persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin, sowie unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin bereits einmal wegen Übertretung nach § 3 Salzburger Landes-Polizeistrafgesetz rechtskräftig verurteilt worden sei, erscheine aus general- und spezialpräventiven Überlegungen die Verhängung einer Arreststrafe an Stelle einer Geldstrafe als durchaus vertretbar. Schutzzweck der Norm des § 3 (1) Salzburger Landes-Polizeistrafgesetz sei die Vermeidung von Belästigung der umwohnenden Bevölkerung und von Passanten durch anwerbende Prostituierte, sowie die Vermeidung sonstiger im Zuge der Ausübung der Prostitution auftretender Missstände. Insbesondere solle durch das im § 3 (1) leg. cit. ausgesprochene Verbot sichergestellt werden, dass Personen weiblichen Geschlechts ohne Belästigung durch eventuelle Verwechslung mit Prostituierten sich in der Öffentlichkeit aufhalten könnten. Die Beschwerdeführerin habe durch ihre Anwerbetätigkeit zu einer Zeit (19.30 Uhr), zu der sich gewöhnlich noch relativ viele Menschen auf der Straße befänden, nach Auffassung der Berufungsbehörde in besonders schwer wiegender Weise gegen diejenigen Interessen verstoßen, zu deren Schutz die obzitierte Gesetzesstelle erlassen worden sei. Dieser Umstand sei sowohl bei der Wahl der Strafart als auch bei der Bemessung der Strafhöhe zu berücksichtigen gewesen. Hinsichtlich der Frage der Feststellung des Grades des Verschuldens sei auszuführen, dass nach Auffassung der Berufungsbehörde besondere Milderungsgründe gemäß § 34 StGB in Verbindung mit § 19 (2) VStG 1950 im gegenständlichen Ermittlungsverfahren nicht festgestellt hätten werden können. Vielmehr sei gemäß § 33 Ziffer 2 StGB die Tatsache der im Jahre 1977 erfolgten rechtskräftigen Bestrafung nach derselben Norm bei der Strafbemessung nicht gänzlich außer acht zu lassen. Gemessen am gesetzlichen Strafrahmen, welcher für Übertretungen nach § 3 Abs. 1 Salzburger Landes-Polizeistrafgesetz Geldstrafen bis zu S 30.000,-- oder Arrest bis zu sechs Wochen und bei Vorliegen von Erschwerungsgründen sowohl Geld- als auch Arreststrafen vorsehe, erscheine der Berufungsbehörde der festgesetzte Strafrahmen (gemeint wohl: die festgesetzte Strafe) als durchaus schuldangemessen. Gründe, welche die Umwandlung der Arreststrafe in eine Geldstrafe bzw. die Herabsetzung des Ausmaßes der Arreststrafe rechtfertigen würden, hätten im gegenständlichen Verfahren nicht festgestellt werden können.
Gegen diesen Berufungsbescheid vom 4. August 1982 richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid "seinem gesamten Inhalt nach" aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ihrem gesamten Beschwerdevorbringen nach erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, durch den angefochtenen Bescheid nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung für schuldig befunden und hiefür bestraft zu werden.
In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin, neben ausführlichen Darlegungen zum Schuldspruch, zur Strafbemessung vor, unter den Gesichtspunkten der unrichtigen rechtlichen Beurteilung werde die Verhängung einer Arreststrafe im Ausmaß von 14 Tagen bekämpft. Wenn man schon der Ansicht sein sollte, dass von ihr das Tatbild des § 3 Salzburger Landes-Polizeistrafgesetz erfüllt worden sei, so rechtfertige dies zweifellos nicht die Verhängung einer Arreststrafe unter der Begründung, dass die Beschwerdeführerin bereits einmal im Jahre 1977 rechtskräftig wegen der gleichen Verwaltungsübertretung bestraft worden sei. Es hätte diesbezüglich eine Geldstrafe verhängt werden müssen. Im übrigen sei eine weitere Mangelhaftigkeit des Verfahrens darin zu erblicken, dass der gegenständliche Bescheid vom 4. August 1982 nicht an die ausgewiesenen Vertreter, nämlich die Rechtsanwälte Dr. Alexander Diemand und Dr. Christian Greinz, sondern an den Salzburger Rechtsanwalt Dr. Harald Heinrich, zugestellt worden sei. Dieser Anwalt sei szt. im Berufungsverfahren für die Beschwerdeführerin eingeschritten, allerdings nicht in den vorausgegangenen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof. Es sei auf Grund der diversen Gegenschriften, die von der belangten Behörde erstattet worden seien, dieser sehr wohl bekannt, dass die Beschwerdeführerin nunmehr durch die Rechtsanwälte Dr. Alexander Diemand und Dr. Christian Greinz vertreten werde. In der falschen Zustellung werde "eine gravierende Mangelhaftigkeit des Verfahrens" erblickt.
Zu letzterem Vorbringen ist zunächst zu bemerken, dass eine im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ausgewiesene Vollmacht nicht zur Folge hat, dass die Behörde im fortgesetzten Verfahren ihren Bescheid zuhanden des Beschwerdevertreters zustellen muss. Diese Verpflichtung bestünde nur dann, wenn der Beschwerdevertreter bereits im vorangegangenen Verwaltungsverfahren gegenüber der Behörde ausgewiesen war und - sofern nichts Gegenteiliges hervorkommt - vom aufrechten Bestand dieses Vollmachtsverhältnisses auszugehen ist. Von einer Einheit hinsichtlich des Verwaltungsverfahrens und des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, wie sie die Beschwerdeführerin offenbar verstanden wissen will, kann insoweit nicht gesprochen werden (vgl. in diesem Sinne Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Februar 1981, Zl. 1694/79, zitiert bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österrreichischen Verwaltungsverfahrens, S. 93). Dass der Beschwerdevertreter auch für das Verwaltungsverfahren bevollmächtigt war, wird allerdings auch in der vorliegenden Beschwerde nicht behauptet. Der Verwaltungsgerichtshof braucht sich daher mit der Frage, was andernfalls rechtens wäre, nicht weiter auseinander zu setzen.
Die belangte Behörde hat allerdings den angefochtenen Bescheid - soweit er über den Abspruch betreffend Strafart und Strafausmaß sowie über die Kosten des Strafverfahrens hinausgeht - mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet:
Sie hat nämlich, offenbar in Verkennung des normativen Gehaltes des zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1982, Zl. 81/11/0101, über die Berufung gegen des Straferkenntnis vom 29. April 1980 neuerlich zur Gänze abgesprochen - wie sich insbesondere daraus ergibt, dass laut seiner Begründung dieser Bescheid vom 4. August 1982 "an Stelle des aufgehobenen Bescheides vom 5. 1. 1981" ergeht -, obwohl mit dem vorzitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1982 der Berufungsbescheid vom 30. September 1981 nur insoweit behoben wurde, als er über Strafart und Strafausmaß sowie über die Kosten des Strafverfahrens abgesprochen hat, "im übrigen" wurde die Beschwerde gegen diesen Bescheid vom 30. September 1981 abgewiesen, sodass die belangte Behörde unzuständig war, diesbezüglich neuerlich über die Berufung abzusprechen. Der Schuldspruch des Berufungsbescheides - dies sei zur Klarstellung betont - ist daher durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1982 nicht berührt worden.
Soweit die Beschwerdeführerin die Strafbemessung im nunmehr bekämpften Bescheid insoweit rügt, als sie - ohne das Vorliegen eines Milderungsgrundes bzw. das Nichtvorliegen eines erschwerenden Umstandes zu behaupten - meint, es hätte diesbezüglich lediglich eine Geld- und somit keine Arreststrafe verhängt werden dürfen, so ist darauf hinzuweisen, dass es nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes in Fällen, in denen der Behörde die Wahl zusteht, eine Geldstrafe oder eine Arreststrafe zu verhängen, zur Verhängung einer Arreststrafe nicht einmal der Heranziehung erschwerender Umstände bedarf und dass auch angenommene Milderungsgründe die Behörde nicht verpflichten würde, von der Verhängung einer Arreststrafe abzusehen, sondern auch in der Festsetzung des Strafausmaßes Berücksichtigung finden können (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 1981, Zl. 81/11/0023, und die dort zitierte Vorjudikatur, auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, wird verwiesen).
Ihrer Begründungspflicht hinsichtlich der Auswahl der Strafart ist die belangte Behörde nachgekommen. Im Hinblick auf den von ihr dargestellten Unrechtsgehalt der Tat (Auffälligkeitsgrad des Verhaltens in der Öffentlichkeit, vgl. Erkenntnis des verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1980 Slg. Nr. 10077/A) war es der belangten Behörde nicht verwehrt, eine Arreststrafe zu verhängen.
Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht finden, dass dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Strafbemessung eine Rechtswidrigkeit anhaftet.
Die Beschwerde war daher, soweit der angefochtene Bescheid über Strafart und Strafausmaß und die damit zusammenhängenden Kosten des Strafverfahrens abspricht, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen; im übrigen war ihr jedoch Folge zu geben und der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. b leg. cit. wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde zu beheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 221/1981. Das Mehrbegehren betreffend Barauslagen war abzuweisen, weil solche im Verfahren nicht entstanden sind.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 abgesehen werden
Wien, am 14. Februar 1983
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