Normen
BauO Wr §129 Abs10
BauO Wr §129 Abs10 Satz1
BauO Wr §70 Abs2
BauRallg implizit
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1983:1983050061.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 16. Dezember 1981 erteilte der Wiener Magistrat dem Beschwerdeführer den auf § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien gestützten Auftrag, binnen drei Monaten die auf der Liegenschaft E Straße 8a errichtete Garage abzutragen. Zur Begründung führte die Baubehörde erster Instanz aus, die tatsächliche Ausführung weiche von der mit Bescheid vom 2. August 1972 erteilten Baubewilligung „in der Lage und bei der Einfahrt“ ab, sodaß die derzeit im Rohbau bestehende Garage als ein anderes Bauwerk anzusehen sei. Eine nachträgliche Baubewilligung könne im Hinblick auf die nunmehrige Widmung des Grundstückes als Grünland-Schutzgebiet-Wald- und Wiesengürtel nicht erteilt werden.
Auf Grund der dagegen eingebrachten Berufung, in welcher der Beschwerdeführer u. a. die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung bestritt, ergänzte die Baubehörde zweiter Instanz das Ermittlungsverfahren. In einer eingeholten Stellungnahme führte ein Amtssachverständiger der Baubehörde erster Instanz aus, die Garage sei um ca. 70° verdreht und 2 m nach vorn verschoben worden, wodurch die Garage ca. 50 cm in das öffentliche Gut rage. In einer beigeschlossenen Skizze wurden die bewilligte Garage und die tatsächlich ausgeführte Garage im Maßstab 1 : 200 dargestellt. Das ergänzende Ermittlungsverfahren wurde dem Beschwerdeführer am 19. Mai 1982 niederschriftlich zur Kenntnis gebracht. Der Beschwerdeführer verwies auf seine Ausführungen in der Berufung und darauf, daß die kurze Besichtigung dieser Skizze nicht die Möglichkeit gebe, dazu Stellung zu nehmen. Dem Beschwerdeführer wurde eine Frist zur Äußerung eingeräumt.
In seiner Stellungnahme vom 25. Juni 1982 brachte der Beschwerdeführer vor, daß er die Feststellung des Amtssachverständigen infolge Krankheit und Auslandsaufenthalts nicht durch einen Zivilgeometer habe überprüfen lassen können. Mit absoluter Sicherheit könne jedoch festgestellt werden, daß die Garage keinesfalls um 70 Grad verdreht werden sei. Daß die Garage zu irgendeinem Teil auf öffentlichem Gut stehe, sei gleichfalls unrichtig. Aus den Unterlagen des „Vermessungsamtes der Stadt Wien“ gehe hervor, daß das Grundstück des Beschwerdeführers zwei Grenzlinien entlang der E Straße habe und daß entlang der äußeren Linie seit vielen Jahren ein Zaun bestehe. Die Garage befinde sich innerhalb dieses Zaunes. Sie sei während des Baues öfters besichtigt worden und es sei keine Beanstandung erfolgt. Im Zuge von Verhandlungen mit der Magistratsabteilung 48 sei dem Beschwerdeführer nahegelegt worden, im Zuge der Schaffung eines Umkehrplatzes die Garageneinfahrt nicht, wie genehmigt, zur Straße hin, sondern zum Umkehr. platz hin zu öffnen. Dies sei von den Vertretern der MA 37/19 (der Baubehörde erster Instanz) zustimmend zur Kenntnis genommen worden. Eine Änderung der Baubewilligung sei als nicht notwendig bezeichnet worden. Fundamentbeschau als auch Rohbaubeschau wären ohne Beanstandung erfolgt.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 26. August 1982 wies die Bauoberbehörde für Wien die Berufung als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens vertrat die Baubehörde zweiter Instanz die Auffassung, das Ermittlungsverfahren habe eindeutig ergeben, daß die tatsächlich ausgeführte Garage mit der im Konsens vorgesehenen Garage nicht ident sei. Die vom Amtssachverständigen angefertigte Skizze über die Lage der Garage sei vom Beschwerdeführer nicht widerlegt worden. Der erstinstanzliche Bescheid sei daher rechtmäßigerweise ergangen.
Gegen diesen Berufungsbescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung dieser Gerichtshof mit Beschluß vom 28. Februar 1983, Zl. B 527/82, ablehnte; gleichzeitig wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit. des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Nach § 129 Abs. 10, Satz 1, der Bauordnung für Wien sind Abweichungen von den Bauvorschriften zu beheben und es ist der vorschriftswidrige Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt worden ist, zu beseitigen. Bei dieser Rechtslage hängt das Schicksal der Beschwerde, wie der Beschwerdeführer zutreffend erkannt hat, davon ab, ob die belangte Behörde zu Recht annehmen durfte, daß die errichtete Garage in einem Ausmaß von der erteilten Baubewilligung abweicht, welches das Gebäude als durch die Baubewilligung nicht mehr gedeckt beurteilen läßt. Nach dem im Zuge des Berufungsverfahrens erstellten Plan wurde das Gebäude nicht nur verdreht, sondern auch 2 m zur bestehenden Verkehrsfläche (nach vorne) verschoben. (Im Hinblick auf die bewilligte und die bestehende Einfahrt sprach der technische Amtssachverständige von einer Drehung von 70 Grad, während der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde eine Verschwenkung von 20 Grad einräumt.) Der Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassung, daß sowohl durch die Verschiebung des Gebäudes als durch die Art der Verdrehung die bestehende Garage durch die erteilte Baubewilligung als nicht mehr gedeckt zu beurteilen ist. In einem Fall der vorliegenden Art kann von einer geringfügigen Abweichung vom bewilligten Plan nicht mehr gesprochen werden. Nicht entscheidend ist in diesem Zusammenhang der vom Beschwerdeführer hervorgehobene Umstand, daß der größte Teil der bewilligten Baufläche auch vom errichteten Bau erfaßt ist, weil ein Gebäude nach den Bestimmungen der Bauordnung für Wien ausschließlich an jener Stelle zu errichten ist, an welcher es baubehördlich bewilligt wurde (vgl. das gegenüber demselben Beschwerdeführer ergangene Erkenntnis vom 11. Oktober 1979, Zl. 1365/79). Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis darlegt, ist die Ursache der Abweichungen entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers in gleicher Weise rechtlich unerheblich wie die behauptete Zustimmung baubehördlicher Organe und die ohne Beanstandung durchgeführten Beschauten. Da die Bewilligung bewilligungspflichtiger baulicher Maßnahmen nach § 70 Abs. 2 der Bauordnung für Wien nur in der Form einer schriftlichen Erledigung (Bescheid) wirksam ist, kann die Baubewilligung nicht in Gestalt einer Art konkludenten Verhaltens der Bauaufsichtsorgane erteilt werden (vgl. das Erkenntnis vom 20. Mai 1948, Slg. N. F. Nr. 410/A). Auch die Durchführung einer Beschau ohne Beanstandung bedeutet lediglich, daß in technischer Hinsicht gegen die betreffenden Bauteile keine Bedenken bestehen, nicht jedoch vermag eine Beschau eine erforderliche baubehördliche Bewilligung zu ersetzen. Auf Grund der dargelegten Erwägungen durfte die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, daß ein vorschriftswidriger Bau im Sinne des § 129 Abs. 10, Satz 1, der Bauordnung vorliegt.
Soweit der Beschwerdeführer sich mit der Frage auseinandersetzt, ob die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung im Hinblick auf eine in der Zwischenzeit er-folgte Änderung des Flächenwidmungsplanes in Betracht kommt oder nicht, erübrigte sich eine Erörterung dieser Problematik, weil die belangte Behörde im Rahmen des baubehördlichen Auftragsverfahrens nach den Bestimmungen der Bauordnung für Wien nicht zu prüfen hatte, ob die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung in Betracht kommt oder nicht. Diese Frage wird erst in einem Baubewilligungsverfahren betreffend die Erwirkung einer nachträglichen Bau-bewilligung zu prüfen sein (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Februar 1983, Zl. 82/05/0148; auf die Bestimmungen des Art. 14 Abs. 4 der hg. Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, wird hingewiesen). Bezüglich der Frage der Gesetzmäßigkeit der Änderung des Flächenwidmungsplanes hat daher die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend dargelegt, daß die Widmung der Grundfläche lediglich im Baubewilligungsverfahren von Bedeutung ist.
Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen war.
Bei dieser Situation erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 sowie die Verordnung BGBl. Nr. 221/1981.
Wien, am 20. September 1983
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