Normen
AVG §42 Abs1
AVG §66 Abs3
BauRallg
BauRallg implizit
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1983:1982050140.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 8.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Eingabe vom 27. November 1980 beantragten die Mitbeteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens beim Magistrat der Stadt Wien die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück n1, inneliegend in EZ. nn des Grundbuches der Katastralgemeinde X.
Zu der für 24. April 1981 anberaumten mündlichen Verhandlung wurden unter anderen die Beschwerdeführer (als Nachbarn) unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG 1950 ordnungsgemäß geladen. Bei dieser Verhandlung waren die Beschwerdeführer nicht anwesend. Da ein anderer Nachbar betreffend die Errichtung der Garage sowie einer Stützmauer schriftliche Einwendungen erhoben hatte, wurde in der Verhandlungsschrift abschließend festgestellt, dass bezüglich dieser Punkte eine Ortsverhandlung stattfinden werde, um mit dem Anrainer eine einvernehmliche Lösung zu finden.
In einem so genannten "Nachtrag" zur Bauverhandlungsschrift vom 29. Juni 1981 erklärte der erwähnte Anrainer unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Bauvorhaben einverstanden zu sein. In einem weiteren "Nachtrag" vom 24. Juli 1981 wurden zusätzliche Wünsche dieses Nachbarn protokolliert.
Am 30. Oktober 1981 fand auf Grund geänderter Pläne eine neuerliche Verhandlung statt, zu welcher die Beschwerdeführer nicht geladen wurden. Zu der sodann für 2. Dezember 1981 anberaumten weiteren Verhandlung wurden die Beschwerdeführer geladen. Gegenstand dieser Verhandlung war (abermals) die Baubewilligung zur Errichtung eines Einfamilienhauses und fundierter Einfriedungen an der linken und an der rechten Grundgrenze. Bei dieser Verhandlung erhob der Vertreter der Beschwerdeführer eine Reihe von Einwendungen, welche im wesentlichen das gesamte, also auch das gegenüber der ersten Verhandlung unveränderte, Projekt betrafen.
Mit Bescheid vom 17. März 1982 erteilte der Wiener Magistrat die angestrebte Baubewilligung und wies die Einwendungen der Beschwerdeführer als im Gesetz nicht begründet ab, was im einzelnen näher begründet wurde.
Gegen diesen Bescheid ergriffen sowohl die Beschwerdeführer als auch ein weiterer Nachbar das Rechtsmittel der Berufung. Sie erachteten sich in mehrfacher Hinsicht durch die erteilte Baubewilligung in ihren Rechten verletzt.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14. Juni 1982 wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. August 1982 die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte die Berufungsbehörde aus, die Beschwerdeführer könnten als linke Nachbarn durch die Errichtung einer vollen Einfriedungsmauer an der rechten Grundgrenze in keinem subjektivöffentlichen Recht verletzt werden. Ansonsten sei aber das genehmigte Projekt unfangsmäßig kleiner als jenes, das der ersten mündlichen Verhandlung zu Grunde gelegen sei. Vor oder bei dieser Verhandlung hätten die Beschwerdeführer trotz der Ankündigung von Präklusionsfolgen keine Einwendungen gegen das Bauvorhaben erhoben. Richtig sei, dass in einer Zwischenphase des Bauprojektes, als die Bauwerber Einwendungen des rechten Nachbarn durch Verschiebung der Garage in Richtung zu den linken Nachbarn Rechnung tragen wollten, eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte der linken Nachbarn denkbar gewesen sei. Dieser Stand der Planung sei jedoch überholt. Als entscheidungswesentlich erweise sich die Frage, ob Planänderungen, die dazu zwingen, den Nachbarn neuerlich Parteiengehör zu geben, diesen auch die Möglichkeit eröffnen, Einwendungen gegen jene Teile eines Bauvorhabens zu erheben, die unverändert geblieben seien und gegen die bisher Einwendungen trotz der Ankündigung von Präklusionsfolgen nicht erhoben worden seien. Eine besondere Note erhalte die angeschnittene Frage dann, wenn Planänderungen im Laufe des Verfahrens rückgängig gemacht würden oder das Projekt sogar gegenüber seinem ursprünglichen Umfang eingeschränkt werde. Bei Beantwortung der Frage sei davon auszugehen, dass der Bauwerber berechtigt sei, an seinem Vorhaben Veränderungen vor der Bewilligung durch die Erstinstanz, ja sogar noch im Berufungsverfahren vorzunehmen. Unter bestimmten Umständen sei die Behörde sogar verpflichtet, den Bauwerber auf die Möglichkeit hinzuweisen, durch Planänderungen ein der Bewilligung entgegenstehendes Hindernis zu beseitigen. Die Identität des Bauvorhabens werde durch derartige Änderungen nicht berührt. Wörtlich heißt es dann in der Begründung des angefochtenen Bescheides:
"Die Bauoberbehörde für Wien ist der Auffassung, dass ein- und dasselbe Bauvorhaben nur insoweit von nicht präkludierten Einwendungen betroffen sein kann, als diese Einwendungen 1. jene Ausgestaltung des Bauvorhabens zum Gegenstand haben, die schließlich bewilligt wurde und 2. erhoben wurden, als die in der schließlich bewilligten Ausgestaltung berücksichtigten Änderungen erstmals Gegenstand einer unter Androhung von Präklusionsfolgen (§ 42 Abs. 1 AVG 1950) anberaumten mündlichen Verhandlung waren. Änderungen, die häufig dazu dienen, den Einwendungen von Antragsgegnern Rechnung zu tragen, sollen diesen also nicht die Möglichkeit eröffnen, bisher unbeanstandet gebliebene Bauteile oder Aspekte des Bauvorhabens nunmehr ebenfalls zu beeinspruchen. Nur wo eine Planänderung auf den unverändert gebliebenen Teil des Bauvorhabens so zurückwirkt, dass Rechtsverletzungsmöglichkeiten neu geschaffen oder bisher nicht geltend gemachte Rechtsverletzungen verstärkt werden (z.B. Überschreitung der bebaubaren Fläche durch eine an sich geringfügige Erweiterung des Bauvorhabens), kann Einwendungen gegen eine frühere Fassung des Projektes nicht Präklusion entgegengehalten werden. Bei einem Verzicht des Bauwerbers auf beeinspruchte Bauteile und Beschränkung des Bauvorhabens auf jenen Umfang, gegen den keine Einwendungen erhoben wurden, als über ihn erstmals verhandelt wurde, wäre die Beachtung späterer Einwendungen gegen das ursprüngliche Projekt geradezu widersinnig.
Hier darf nicht übersehen werden, welche Konsequenzen die - allenfalls rechtswidrige - Bewilligung eines nur teilweise beeinspruchten Bauvorhabens durch die Erstinstanz für den Antragsgegner hätte. Der Nachbar als Antragsgegner könnte in einem solchen Fall lediglich im Rahmen der im erstinstanzlichen Verfahren rechtzeitig erhobenen Einwendungen mit Aussicht auf Erfolg berufen. Erwiesen sich die vom Nachbarn rechtzeitig vorgebrachten Einwendungen als stichhältig, so dürfte ihnen der Bauwerber durch eine Projektsänderung im Berufungsverfahren begegnen, ohne dass dadurch dem Nachbarn als Berufungswerber irgendeine Möglichkeit geboten würde, anlässlich der Planänderung Einwendungen gegen die infolge Präklusion nicht mehr anfechtbaren Teile des Bauvorhabens vorzubringen.
Lässt es nun der Bauwerber auf eine Berufung gar nicht ankommen, sondern ändert er schon im erstinstanzlichen Verfahren sein Bauvorhaben, wird mit geringeren Verfahrensaufwand dasselbe Ziel erreicht, wie bei einer Berufung des Nachbarn. Anderseits wird dieser bei Beachtung der Präklusionsfolgen schon durch die Erstinstanz keineswegs schlechter gestellt, als er in einem Berufungsverfahren gestellt wäre."
Abschließend vertrat die Berufungsbehörde die Auffassung, diese allgemeinen Erwägungen würden zu dem Ergebnis führen, die Beschwerdeführer hätten gegen das schließlich bewilligte Projekt - ausgenommen die Einwendungen gegen die Einfriedungsmauer - keine rechtzeitigen Einwendungen erhoben. Soweit die Erstinstanz präkludierte Einwendungen der Nachbarn nicht zurückgewiesen, sondern abgewiesen habe, könnten sie dadurch in keinem Recht verletzt worden sein.
In ihrer Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten dadurch verletzt, dass über ihre auf subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten beruhenden Einwendungen gegen die projektierte Bauführung in sachlicher Hinsicht nach Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes entschieden werde, wenn die Voraussetzungen für die Nichtberücksichtigung ihrer Einwendungen im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG 1950 nicht vorliegen. In sachlicher Hinsicht seien sie in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt, dass den Mitbeteiligten keine Verbauung in offener Bauweise genehmigt werden dürfe, wenn dieser Verbauung bindende Verpflichtungen auf Verbauung in gekuppelter Bauweise entgegenstünden, und dass den Mitbeteiligten keine über das Ausmaß des § 79 Abs. 3 BO hinausgehende Verbauung der Abstandsflächen sowie keine Bauführung über die zulässige Bauhöhe hinaus genehmigt werde. Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und den mitbeteiligten Parteien erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Für das Schicksal der vorliegenden Beschwerde ist entscheidend, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen dürfte, die von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen seien verspätet erhoben worden, sodass ihrem Vorbringen Präklusion entgegenstehe. Die Beschwerdeführer behaupten nun, die belangte Behörde sei zu Unrecht in eine sachliche Überprüfung ihrer Einwendungen nicht eingetreten. Entscheidungswesentlich, so führen sie aus, sei die Frage, ob die Verhandlung vor der Baubehörde erster Instanz, mag sie auch in verschiedenen Tagsatzungen stattgefunden haben, eine rechtliche Einheit darstellt. Bei der Beantwortung dieser Frage sei jedoch nicht völlig einseitig vom Standpunkt und Interesse des Bauwerbers auszugehen und die Einspruchsmöglichkeit der Anrainer in äußerst restriktiver Weise auszulegen, wie dies die belangte Behörde getan habe, sondern grundsätzlich müsse davon ausgegangen werden, dass die Verhandlung vor der Behörde erster Instanz eine rechtliche Einheit darstelle, welche erst durch die Erlassung einer die Sache in formeller und materieller Hinsicht erledigenden Entscheidung abgeschlossen sei. Unter Verhandlung im Sinne des Gesetzes, insbesondere des hier anzuwendenden § 42 Abs. 1 AVG 1950, werde man demnach die Gesamtheit des - bestimmten formellen Voraussetzungen genügenden - Zusammentreffens der Parteien mit der Behörde zu verstehen haben, nicht jedoch eine einzelne "Tagfahrt", also einen einzelnen herausgegriffenen Teil der mündlichen Auseinandersetzung zwischen Behörde und Parteien. Schon der Text des hier anzuwendenden § 42 Abs. 1 AVG spreche für die Richtigkeit dieser Auffassung, wenn er nämlich besage, dass Einwendungen, welche nicht während der Verhandlung oder am Tage vor Beginn der Verhandlung vorgebracht werden, präkludiert seien. Aus dem Gebrauch der Wörter "am Tag vor Beginn" gehe klar hervor, dass nach der Meinung des Gesetzgebers eine Verhandlung auch mehrere Tage dauern könne, mögen diese Verhandlungspunkte unmittelbar aufeinander folgen oder nicht, wobei es sich in jedem Fall zweifelsohne um ein und dieselbe "begonnene" Verhandlung handle. Geschlossen sei eine - wenn auch erstreckte - Verhandlung erst dann, wenn die Sache durch eine Entscheidung erledigt worden sei. Müsse man von einer solchen Einheitlichkeit des Verhandlungsbegriffes ausgehen, so gehe es nicht an, die Möglichkeit zur Erhebung von Einwendungen, auf einen bestimmten, allenfalls willkürlich festgesetzten Zeitpunkt einzuengen. Dauere nämlich eine Verhandlung mehrere Tage, würde völlig ungewiss sein, wann Einwendungen zu erheben seien. Einwendungen könnten aber bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erhoben werden und zu diesem Schluss gelange man auch dann, wenn man analog die Bestimmungen der Zivilprozessordnung heranziehe, welche unter "mündlicher Streitverhandlung" die Gesamtheit der Verhandlung beim Gericht erster Instanz verstände und deutlich von der "Tagsatzung" als dem einzelnen, an einem bestimmten Tag stattfindenden Verhandlungsvorgang unterscheide. Auch in diesem Falle gelte das gesetzliche Neuerungsverbot erst ab Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz. Dieser Grundsatz werde auch im Verwaltungsverfahren Anerkennung finden müssen, weil sonst die Festsetzung der Präklusionsgrenze völlig willkürlich erfolgen müsste. Auch habe schließlich die Behörde erster Instanz die Rechtzeitigkeit der Einwendungen der Beschwerdeführer anerkannt und sich mit ihnen sachlich, wenn auch unrichtig auseinander gesetzt. Was die Erwägungen der belangten Behörde zur Möglichkeit von Projektsänderungen usw. betreffe, müsse darauf verwiesen werden, dass die Beschwerdeführer keinerlei Einfluss auf die Dauer des Verfahrens hätten und die Behörde erster Instanz durchaus nach Versäumung der ersten Verhandlung durch die Beschwerdeführer hätte bescheidmäßig entscheiden können. Dies habe sie jedoch nicht getan, sodass die Verhandlung fortgeführt worden sei und daher die Beschwerdeführer zu Recht ihre Einwendungen, wenn auch zu einem späteren Zeitpunkt, vorgebracht hätten.
Schließlich, so wird in der Beschwerde weiter ausgeführt, werde wohl auch auf eine der aktuellen Rechtsentwicklung innewohnende Tendenz Bedacht zu nehmen seien, wonach die Möglichkeit formeller Verfahrenserledigungen zu Gunsten sachgerechter Lösungen immer weiter zurückgedrängt werde, weil diese Vorgangsweise dem Wesen des entwickelten Rechtsstaates mehr entspreche. Man denke nur an den Wegfall der Eventualmaxime bei Einwendungen im gerichtlichen Bestandverfahren und die Möglichkeit des Widerspruches gegen Versäumnisurteile usw.
Die belangte Behörde wiederholt in ihrer Gegenschrift die Auffassung, dass in dem Umfang, in dem das Bauvorhaben von Änderungen nicht berührt werde, die Erhebung von Einwendungen den Beschwerdeführern verwehrt gewesen sei, nachdem sie an der ersten mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hatten. Dies sei eine Folge des Umstandes, dass nach den Änderungen kein völlig neues, mit dem früheren nicht identisches Projekt vorgelegen sei. Nur gegen die Änderungen selbst,nicht aber gegen die unverändert gebliebenen Teile, hätten die Beschwerdeführer als Nachbarn bei den weiteren Verhandlungen nicht präkludierte Einwendungen erheben können. Der Behörde sei es nicht freigestanden, durch eine Ausdehnung des Verhandlungsgegenstandes die bereits eingetretene Präklusion von Nachbarn zu beseitigen und diesen unter gleichzeitiger Schlechterstellung der Bauwerber neuerlich Gelegenheit zur Erhebung von Einwendungen zu geben. Die Präklusion sei eine unmittelbare Folge des Vorliegens der in § 42 Abs. 1 AVG 1950 angeführten Voraussetzungen. Thema der Einwendungen hätte sohin nur die Änderung, nicht das Gesamtbauvorhaben sein dürfen.
Die mitbeteiligten Parteien teilen in ihrer Gegenschrift die Auffassung der belangten Behörde und führen insbesondere aus, durch die Vorlage neuer Pläne sei zweifellos die Frist zur Erhebung neuer Einwendungen nicht wieder eröffnet worden. Durch die gesetzten Fristen solle erreicht werden, dass die Sache ab einem gewissen Zeitpunkt entscheidungsreif sei und nicht durch immer neue Einwendungen gehemmt werden könne.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich der Auffassung der belangten Behörde nicht anzuschließen. Die hier auszulegenden Bestimmungen des § 42 AVG 1950 lauten, wie folgt:
"(1) Wurde eine mündliche Verhandlung durch Anschlag in der Gemeinde oder auch durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen im Lande bestimmten Zeitung bekannt gemacht, so hat dies zur Folge, dass Einwendungen, die nicht spätestens am Tage vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht werden, keine Berücksichtigung finden und die Beteiligten dem Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilden, als zustimmend angesehen werden.
(2) Im Falle einer nur durch Verständigung der Beteiligten anberaumten Verhandlung erstreckt sich die im Abs. 1 bezeichnete Rechtsfolge bloß auf die Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.
(3) Versäumt derjenige, über dessen Ansuchen, das Verfahren eingeleitet wurde, die Verhandlung, so kann sie entweder in seiner Abwesenheit durchgeführt oder auf seine Kosten auf einen anderen Termin verlegt werden."
Aus dieser Rechtslage ergibt sich zunächst, dass die im Beschwerdefall zu lösende Frage, ob im Falle der Durchführung einer neuerlichen mündlichen Verhandlung im Verfahren vor der Behörde erster Instanz den Beteiligten die Möglichkeit zur Erhebung von Einwendungen neuerlich eröffnet wird, nicht ausdrücklich beantwortet ist. In seinem Erkenntnis vom 22. Februar 1971, Zl. 1447/69, hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, im Falle der Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung seien auch die späteren Einwendungen als rechtzeitig erhoben anzusehen. Einer Reihe von weiteren Entscheidungen kann entnommen werden, dass der Gerichtshof im Falle der Durchführung einer neuerlichen mündlichen Verhandlung die Möglichkeit zur Erhebung von neuen (erstmaligen) Einwendungen bejahte (vgl. die Erkenntnisse vom 15. Mai 1956, Zl. 2583/54, vom 26. Oktober 1961,Zl. 172/61, Slg. N.F. Nr. 5653/A, u.a.). Der Wortlaut der Regelung des § 42 AVG 1950 steht dieser Auffassung zunächst keinesfalls entgegen. Wenngleich der Zweck einer mündlichen Verhandlung darin gelegen ist, über den Gegenstand der Verhandlung zu einem abschließenden Urteil zu gelangen, so ist doch auch eine neuerlich anberaumte mündliche Verhandlung ein Verfahrensschritt, welcher mangels gegenteiliger Regelung eine neuerliche Debatte über den Verhandlungsgegenstand ermöglichen soll, und früher eingetretene Präklusionsfolgen sind dadurch als aufgehoben anzusehen. Will die Behörde dieses Verfahrensergebnis verhindern, darf sie eine neuerliche mündliche Verhandlung nicht anberaumen.
Zu demselben Auslegungsergebnis führt die Erwägung, dass sämtliche vor der Behörde erster Instanz durchgeführten Verhandlungen, weil insgesamt der Schaffung der Entscheidungsgrundlage dienend, als eine Einheit zu betrachten sind, mag auch in formeller Hinsicht eine Vertagung nicht erfolgt sein. Dass aber auch Gegenstand der Verhandlung am 2. Dezember 1981 das gesamte Bauvorhaben war, ist eindeutig der Ladung zu dieser Verhandlung zu entnehmen. Für die Auffassung, den Beschwerdeführern sei die Erhebung von Einwendungen durch den Umstand, dass sie an der ersten Verhandlung nicht teilgenommen haben, bei der weiteren Verhandlung verwehrt gewesen, findet sich im § 42 AVG 1950 keine Deckung. Ein solches Auslegungsergebnis würde aber auch die Erforschung der materiellen Wahrheit, welche einen Verfahrensgrundsatz bildet, beeinträchtigen und die Parteienrechte von Nachbarn ohne zwingenden Grund weiter einschränken, als dies durch die in § 42 AVG 1950 normierte Konzentrationsmaxime zum Ausdruck kommt.
Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, dass die belangte Behörde bei der Annahme der Präklusion der Beschwerdeführer einem Rechtsirrtum unterlegen ist. Da sie - ausgehend von einer unzutreffenden Rechtsauffassung - eine inhaltliche Auseinandersetzung mit in Wahrheit unpräkludierten Einwendungen der Beschwerdeführer ablehnte, ist der angefochtene Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet. Der Bescheid war daher schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, sodass sich ein Eingehen auf die weiteren Beschwerdeausführungen erübrigt.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 sowie die Verordnung BGBl. Nr. 221/1981. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Antrag auf Zuerkennung eines den pauschalierten Schriftsatzaufwand übersteigenden Ersatzes für die Umsatzsteuer und für zu viel entrichtete Stempelgebühren.
Wien, am 22. Februar 1983
Begründung
Wien,
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