VwGH 82/03/0148

VwGH82/03/014816.2.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Baumgartner, Dr. Weiss und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Varga, über die Beschwerde des FK in G, vertreten durch Dr. Hans Estermann, Rechtsanwalt in Mattighofen, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 1. Juni 1982, Zl. Agrar-410003-254-I/Rei-1982, betreffend Zurückweisung einer in Ansehung der Auflösung eines Jagdpachtvertrages erhobenen Berufung, zu Recht erkannt:

Normen

JagdG OÖ 1964 §21;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1983:1982030148.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In den Akten des Verwaltungsverfahrens befindet sich der Abdruck eines Gesellschaftsvertrages folgenden Inhaltes:

"G, 29. 9. 1979

Gesellschaftsvertrag

zur Gründung einer Jagdgesellschaft für die Pachtung der Genossenschaftsjagd G für die kommende Jagdperiode vom 1. 4. 1980 bis 31. 3. 1986, geschlossen zwischen nachfolgenden 5 Herren:

  1. 1. JM .....
  2. 2. PM .....
  3. 3. FK .....
  4. 4. FG .....
  5. 5. RP .....

    Bevollmächtigter Jagdleiter nach § 21 des OÖ. Jagdgesetzes ist Herr RP .....

    Nach § 21/7 ist jeder Gesellschafter persönlich für die entsprechende Ausübung der Jagd nach den Bestimmungen des Jagdgesetzes verantwortlich.

    Die Jagdgesellschafter haften hinsichtlich aller aus der Jagdpachtung hervorgehenden Verbindlichkeiten, auch für die Jagd- und Wildschäden, zur ungeteilten Hand."

    In den Akten des Verwaltungsverfahrens befindet sich ferner ein Abdruck des über die Ausübung des Jagdrechtes im genossenschaftlichen Jagdgebiet G zwischen der Jagdgenossenschaft G als Verpächter einerseits und der Jagdgesellschaft, bestehend aus den Mitgliedern RP, FG, FK, PM und JM, als Pächter anderseits abgeschlossenen Jagdpachtvertrages vom 19. März 1980.

    Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 11. Mai 1982 enthält folgenden Spruch:

    "I. Aufhebung des Jagdpachtvertrages

    Gemäß § 32 Abs. 1 lit. e des OÖ. Jagdgesetzes 1964, LGBl. Nr. 31/1964, wird der zwischen dem Jagdausschuß G und der Jagdgesellschaft G am 19.3.1980 für die Dauer vom 1. 4. 1980 bis 31. 3. 1986 abgeschlossene Pachtvertrag aufgelöst.

    II. Bestellung eines Jagdverwalters

    Gemäß § 32 Abs. 2 in Verbindung mit § 26 des OÖ. Jagdgesetzes 1964, LGBl. Nr. 32/1964, wird Herrn JS ... als Jagdverwalter des genossenschaftlichen Jagdgebietes G bis zur Neuverpachtung bestellt."

    Die dem Bescheid beigefügte Zustellverfügung weist folgende Gliederung und folgenden im gegebenen Zusammenhang wesentlichen Inhalt auf:

    "Ergeht gleichlautend an:

  1. 1. Jagdgesellschaft G, z.H. des Jagdleiters, Herrn RP .....
  2. 2. Jagdgenosenschaft G .....
  3. 3. Herrn JS

    Ergeht zur Kenntnis an:

    ..... 2. Herrn FK ....."

    Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er erklärte, daß der Bescheid der Erstbehörde zur Gänze angefochten wird, und in welcher er die ersatzlose Aufhebung dieses Bescheides beantragte.

    Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gemäß § 8 in Verbindung mit § 63 Abs. 5 AVG 1950 mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen.

    Zur Begründung wurde ausgeführt, die von der Erstbehörde angewendete Bestimmung des § 32 Abs. 1 lit. e des OÖ. Jagdgesetzes 1964 beziehe sich auf den Pächter. Im vorliegenden Fall handle es sich beim Pächter um eine Jagdgesellschaft, also um eine Personenmehrheit, die zufolge § 21 Abs. 3 leg. cit. im Gesellschaftsvertrag aus ihrer Mitte einen Jagdleiter zu bestellen und diesen zur Vertretung der Jagdgesellschaft zu bevollmächtigen habe. Die Vertretung der Jagdgesellschaft stehe daher kraft Gesetzes nur dem Jagdleiter zu. Daraus folge, daß auch das Recht zur Einbringung von Rechtsmitteln als Ausfluß des Rechtes zur Vertretung der Jagdgesellschaft nach außen nur dem Jagdleiter zukommen könne, wobei sein Handeln allerdings vom Willen der übrigen Gesellschafter getragen sein müsse. Eine Berufung des Jagdleiters bzw. der Summe der Gesellschafter liege jedoch nicht vor. Dem einzelnen Mitglied einer Jagdgesellschaft komme hingegen keine Parteistellung zu. Die Berufung sei daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

    Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

    Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat er erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Zuerkennung der Parteistellung in dem von der Erstbehörde durchgeführten Verfahren und damit verbunden in dem Recht auf Einbringung von Rechtsmitteln (Berufung) gegen die in diesem Verfahren ergehenden Bescheide sowie in dem Recht, die Aufhebung des Jagdpachtvertrages durch die Bezirksverwaltungsbehörde zu bekämpfen, verletzt.

In Ausführung dieses Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer vor, die Frage der Parteistellung sei nicht nur an Hand der jeweils anzuwendenden Verwaltungsvorschriften, sondern auch unter Berücksichtigung der gesamten Rechtsordnung zu beurteilen. Dies insbesondere dann, wenn, wie im gegenständlichen Fall, die Verwaltungsvorschriften keinerlei Regelung zur Frage der Parteistellung enthielten. Träger von Rechten und Pflichten eines Vertrages (im gegenständlichen Fall eines Jagdpachtvertrages) könnten nur physische oder juristische Personen sein. Eine Jagdgesellschaft sei keine juristische Person, sondern nur ein Zusammenschluß mehrerer einzelner physischer Personen, von denen jede für sich handlungsfähig und verantwortlich sei. Wenn das Jagdgesetz von einer Jagdgesellschaft spreche, könne damit nur eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß §§ 1175 ff ABGB gemeint sein, welche aber ebenfalls nicht ein selbständiges Rechtsobjekt sei. Die Frage der Vertretungsbefugnis nach außen bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei zwar für die Frage der Parteistellung nicht relevant, unabhängig davon seien bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß §§ 1186 ABGB sämtliche Gesellschafter zur Mitwirkung (Geschäftsführung und Vertretung) berufen. Abgesehen davon solle durch die Bestimmung des § 21 Abs. 3 des OÖ. Jagdgesetzes lediglich sichergestellt werden, daß gegenüber der Behörde ein einheitlicher Sprecher und Zustellungsbevollmächtigter vorhanden sei. Keineswegs werde auf Grund dieser Gesetzesbestimmung eine Jagdgesellschaft zu einer Rechtsperson, die selbständig Träger von Rechten und Pflichten sein könnte. Nicht die Jagdgesellschaft, sondern die einzelnen Gesellschafter hätten demnach im Verfahren betreffend einen Jagdpachtvertrag Parteistellung und seien auch zur Erbringung von Rechtsmitteln befugt.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht.

Nach § 8 AVG 1950 sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

Nach § 9 AVG 1950 ist die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.

Nach § 20 Abs. 1 des OÖ. Jagdgesetzes darf das Jagdrecht (in genossenschaftlichen Jagdgebieten) nur verpachtet werden (lit. a) an eine Jagdgesellschaft, (lit. b) an eine physische eigenberechtigte Person und (lit. c) an eine juristische Person.

Nach § 21 Abs. 3 leg. cit. hat die Jagdgesellschaft die Jagd unter einheitlicher Leitung auszuüben und im Gesellschaftsvertrag aus ihrer Mitte einen Jagdleiter zu bestellen und diesen zur Vertretung der Jagdgesellschaft zu bevollmächtigen. Nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 leg. cit. kommt die Pächterfähigkeit in Ansehung der Jagdausübung in einem genossenschaftlichen Jagdgebiet neben einer einzelnen physischen eigenberechtigten Person und neben einer einzelnen juristischen Person jeweils nicht etwa auch mehreren einzelnen physischen eigenberechtigten Personen, sondern nur jeweils einer Jagdgesellschaft zu. Auch § 21 Abs. 3 leg. cit. ist seinem Wortlaut nach darauf abgestellt, daß die Jagdgesellschaft die Jagd ausübt. Die in Rede stehende Bestimmung sieht darüber hinaus die Bestellung eines vertretungsbefugten Organs für die Jagdgesellschaft vor.

In Hinsicht auf die im OÖ. Jagdgesetz getroffenen Regelungen über die Pachtung der Ausübung der genossenschaftlichen Jagd kommt zufolge der zitierten Verwaltungsvorschriften des § 20 Abs. 1 und des § 21 Abs. 3 des OÖ. Jagdgesetz somit, soweit es sich um eine Jagdgesellschaft handelt, dieser im Sinne des § 9 AVG 1950 Rechtsfähigkeit und im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden im Sinne des § 8 AVG 1950 Parteistellung zu. Handlungsfähig im Sinne des § 9 AVG 1950 ist die Jagdgesellschaft im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden durch den bevollmächtigten Jagdleiter. (Siehe auch die zur vergleichbaren Rechtslage nach dem Niederösterreichischen Jagdgesetz 1974 ergangene, aus Erkenntnis und Beschluß bestehende hg. Entscheidung vom 7. Juli 1977, Zl. 198/77, auf die unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen wird.)

Von dem von der Erstbehörde getroffenen Abspruch über die Auflösung des Jagdpachtvertrages (Punkt I des Spruches) ist somit neben der Jagdgenossenschaft G nur die Jagdgesellschaft G als Normadressat betroffen.

Abgesehen von der Jagdgenossenschaft G wäre somit auch nur die Jagdgesellschaft G, diese vertreten durch den bevollmächtigten Jagdleiter, legitimiert gewesen, gegen den Bescheid der Erstbehörde Berufung zu erheben.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung gegen diesen Bescheid nicht für sich in Anspruch genommen, als bevollmächtigter Jagdleiter einzuschreiten, er erhob die Berufung (durch seinen Rechtsvertreter) vielmehr in eigener Person. Auf dem Boden der dargelegten Rechtslage hatte die belangte Behörde entgegen der in der Beschwerde vertretenen Rechtsansicht keinen Anlaß, Ermittlungen darüber anzustellen, ob die Berufung des Beschwerdeführers ohnedies durch alle übrigen Mitglieder der Jagdgesellschaft gebilligt und gedeckt sei.

Der von der belangten Behörde getroffene Abspruch ist somit, insoweit sich die Berufung des Beschwerdeführers gegen Punkt I des Bescheides der Erstbehörde richtete, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Berufung des Beschwerdeführers betraf, soweit sie sich gegen Punkt II (Bestellung eines Jagdverwalters) des Bescheides der Erstbehörde richtete, unter dem Gesichtspunkt der Mitgliedschaft des Beschwerdeführers zu der von der Auflösung des Jagdpachtvertrages betroffenen Jagdgesellschaft nur ein Akzessorium des Punktes I dieses Bescheides. Die Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers ist in Ansehung des zitierten Punktes II somit aus den bereits dargelegten Gründen ebenfalls nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Da sich die vorliegende Beschwerde demnach zur Gänze als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 ab zuweisen.

Im Hinblick auf die Erledigung der vorliegenden Beschwerdesache war über den vom Beschwerdeführer eingebrachten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keine Entscheidung mehr zu treffen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b und 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I lit. b Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 16. Februar 1983

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