VwGH 81/13/0104

VwGH81/13/010416.2.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofrate Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Sperlich, über die Beschwerde des Ing. HB in W, vertreten durch Dr. Rudolf Gürtler und Dr. Friedrich Halzl, Rechtsanwälte in Wien I, Seilergasse 3, gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 19. Juni 1978, Zl. GA 5- 2049/77, betreffend Lohnsteuerprüfung für den Zeitraum vom 1. Jänner 1972 bis zum 31. Dezember 1975, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §68 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1983:1981130104.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochenbei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt eine Fahrschule. Der Lohnsteuerprüfer, der die Lohnsteuer für die Zeit vom 1. Jänner 1972 bis 31. Dezember 1975 geprüft hatte, hielt in seinem darüber erstatteten Bericht u.a. fest: "Lohnsteuer-Nachforderung für vier im Betrieb beschäftigte Fahrlehrer, welche Unterricht an Lastkraftwagen und Motorrädern erteilen und hiefür die laut Kollektivvertrag der Fahrschulen Österreichs zu zahlenden Erschwerniszulagen zu Unrecht steuerfrei erhielten. Gemäß § 68 Abs. 2 EStG 1972 sind unter Erschwerniszulagen jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen. Die Finanzverwaltung vertritt den Standpunkt, daß die den Fahrlehrern gewährten Erschwerniszulagen die Begünstigungsbestimmungen des § 68 Abs. 2 EStG 1972 nicht in Anspruch nehmen können, auch wenn die Erschwerniszulagen im Kollektivvertrag für Angestellte der Kraftfahrschulen Österreichs für die Unterrichtserteilung an Lastkraftwagen, Motorrädern und Traktoren verankert sind. Lediglich bei Traktorenunterricht kann die Steuerfreiheit bei E-Zulagen Platz greifen". Die Nachversteuerung erfolge für 1973, 1974 und 1975. Für 1972 erfolge keine Nachversteuerung, da die Steuerfreiheit durch § 3 Abs. 1 Z. 16 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 EStG 1967 als gedeckt erscheine.

Das Finanzamt folgte der Auffassung des Lohnsteuerprüfers und schrieb mit Haftungs- und Zahlungsbescheid dem Beschwerdeführer unter anderem aus dem Titel der Lohnsteuer-Fehlberechnungen S 15.406,-- zur Zahlung vor.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung. Schon 1959 habe der Bundesminister für Finanzen nach Anhörung des Beirates gemäß § 3 Abs. 3 EStG 1953 entschieden, daß die Zulagen und Zuschläge, die gemäß § 9 Abs. 2 Kollektivvertrag bezahlt würden, steuerfrei verblieben. Diese "Beiratsentscheidung" bewirke, daß die "Zulagen im Rahmen der Bestimmungen des § 68 steuerfrei oder steuerbegünstigt behandelt werden könnten". Abgesehen davon habe das Bundesministerium für Finanzen mit Erlaß vom 19. Jänner 1973 (LStE 1972) festgestellt, "daß Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen, soweit diese schon bisher auf Grund lohngestaltender Vorschriften im Sinne des § 3 Abs. 2 und 3 EStG 1967 gezahlt wurden, grundsätzlich auch steuerbegünstigte Zulagen im Sinne des § 68 Abs. 2 EStG 1972 darstellen". Weder "die Umstände noch die Voraussetzungen" hätten sich "geändert, die eine nunmehrige Nachversteuerung rechtfertigen würden". Die "im Gesetz verlangten Voraussetzungen" seien "geradezu bei der Unterrichtserteilung von Fahrunterricht auf Lastkraftwagen und Motorrädern vollinhaltlich erfüllt und" es lägen "dabei Arbeitsbedingungen mit außerordentlicher Erschwernis vor".

Das Finanzamt wies mit seiner Berufungsvorentscheidung diese Berufung ab. Mit Wirkung vom 1. September 1973 sei erstmals ein Kollektivvertrag für die Angestellten der Kraftfahrschulen in Österreich abgeschlossen worden, in dem für die Unterrichtserteilung an Lastkraftwagen, Motorrädern und Traktoren Zulagen festgelegt worden seien, "die als Erschwerniszulagen bezeichnet sind". Von der im § 68 Abs. 2 EStG 1972 geforderten außerordentlichen Erschwernis könne aber bei den Tätigkeiten "im Rahmen des Unterrichts an Lastkraftwagen" kaum die Rede sein und die Unterrichtserteilung an Motorrädern erfolge in Beiwagenmaschinen, womit sie "ebenso gefährlich oder ungefährlich" wie die an Personenkraftwagen sei.

Der Beschwerdeführer beantragte, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen.

Die Finanzlandesdirektion wies mit der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung die Berufung ab. Nach "Abschnitt X, Unterabschnitt B, Z. 2 lit. b des Kollektivvertrages für die Angestellten in den Kraftfahrschulen Österreichs erhalten Fahrlehrer, je nach dem, ob sie Unterricht am Motorrad erteilen oder am Lastkraftwagen oder am Traktor, für jede gefahrene Stunde eine Erschwerniszulage, wobei die Erschwerniszulage für den Unterricht am Motorrad näher als Witterungszulage bezeichnet wird und geringfügig höher als die Zulage für den Unterricht am Lastkraftwagen bzw. Traktor ist". Zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen in einer bestimmten Berufssparte müßten im Einzelfall Arbeitsverrichtungen treten, die eine besondere Erschwernis, Verschmutzung oder Gefahr gegenüber den in dieser Berufssparte sonst üblichen Arbeitsbedingungen bewirkten; dabei sei erforderlich, daß die Tätigkeit, für die die Zulage gewährt werde, überwiegend unter den in den Z. 1 bis 3 des § 68 Abs. 2 EStG 1972 näher bezeichneten Umständen erfolge. Die Zulage, die für jede Fahrunterrichtsstunde am Motorrad gewährt werde, werde nicht deshalb geleistet, weil die Unterrichtserteilung am Motorrad überwiegend unter Umständen erfolge, die im Vergleich zu den allgemeinen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis sei; diese Zulage werde deshalb gewährt, weil der Fahrlehrer bei jeder Witterung den Fahrunterricht abhalten müsse, sofern nicht der Fahrschüler verzichte. Zweifellos könne hier nicht von der Annahme ausgegangen werden, daß die Unterrichtserteilung am Motorrad immer oder auch nur überwiegend unter extremen Witterungsbedingungen erfolge. Der Unterricht am Motorrad bringe auch keine echte Gefahr für den Fahrlehrer mit sich; er erfolge auf Beiwagenmaschinen und gleiche dem im Personenkraftwagen. Die Zulage könne daher nicht den steuerlichen Begriffen "Schmutzzulage" bzw. "Erschwerniszulage" unterstellt werden. Die Zulage, die für die Unterrichtserteilung am Lastkraftwagen bezahlt werde, werde gleichfalls nicht für eine außerordentliche Erschwernis geleistet. Die zu verrichtenden Arbeiten würden vom Fahrschüler erbracht und der Fahrlehrer gebe nur Anweisungen. Abgesehen davon seien es Arbeiten, "die im täglichen Leben laufend vorkommen und im Arbeitsablauf der in Frage kommenden Arbeitnehmer immer wieder nur einzelne Handgriffe darstellen". Wenn der Fahrlehrer von sich aus nicht in der Lage sei, die in diesem Zusammenhang herausgestrichenen erhöhten Unfallsgefahren weitgehend auszuschließen, dann sei er für den Beruf eines Fahrlehrers ungeeignet. Die bloße Möglichkeit, daß es auf Grund außerordentlicher und unvorhersehbarer Umstände zu einem Unfall kommen könne, sei keine solche Gefahr, die eine steuerfreie Behandlung der aus diesem Grunde gewährten Zulagen rechtfertige.

Der Beschwerdeführer behauptet in der vom Verfassungsgerichtshof durch dessen Erkenntnis vom 12. Juni 1981, Zl. B 445/78, abgetretenen Beschwerde gegen diese Berufungsentscheidung, er sei in dem ihm gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1972 zustehenden Recht, Erschwerniszulagen als steuerbegünstigte Zulagen steuerfrei zur Auszahlung zu bringen, verletzt worden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde erwogen:

Strittig ist allein, ob die im zeitlichen Geltungsbereich des Einkommensteuergesetzes 1972 den Fahrlehrern, die Unterricht an Motorrädern - im Prüfungszeitraum an Krafträdern mit Beiwagen - und Lastkraftwagen erteilten, unter der Bezeichnung "Erschwerniszulagen" geleisteten Zulagen steuerlich begünstigt sind. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf Abschnitt 25 LStE 1972 - soweit Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen schon bisher auf Grund lohngestaltender Vorschriften im Sinne des § 3 Abs. 2 und 3 EStG 1967, ungeachtet einer steuerfreien Behandlung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 16 EStG 1967, gezahlt wurden, wird es sich im Regelfall um auch nunmehr steuerbegünstigte Zulagen im Sinne des § 68 Abs. 2 EStG 1972 handeln - muß dabei außer Betracht bleiben, weil diese Lohnsteuererläuterungen 1972 nach ihrer Einleitung bei Fehlen einer Rechtsprechung der Höchstgerichte nur die Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Finanzen mitteilen und schon der Abgabenbehörde aufgetragen ist, jede Entscheidung ausschließlich aus dem Gesetz zu begründen.

Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1972 beträgt, wenn der Arbeitnehmer Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen, in Überstundenentlohnungen enthaltene Zuschläge für Mehrarbeit und Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit erhält, die Lohnsteuer, soweit diese Zulagen und Zuschläge insgesamt den Freibetrag von S 5.070,-- monatlich (S 1.170,-- wöchentlich, S 195,-- täglich) übersteigen, 15 v.H.. Gemäß § 68 Abs. 2 leg. cit. in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung sind unter Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die

1. in erheblichem Maße eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung zwangsläufig bewirken, oder

2. im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen, oder

3. infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperliche Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen.

Diese Zulagen sind nur begünstigt, soweit sie

a) auf Grund gesetzlicher Vorschriften, von Gebietskörperschaften erlassener Dienstordnungen, aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst (Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts oder der vom Österreichischen Gewerkschaftsbund für seine Bediensteten festgelegten Arbeitsordnung oder

b) durch Kollektivverträge oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigungen abgeschlossen worden sind, oder

c) durch Betriebsvereinbarungen, die wegen Fehlens eines kollektivvertragsfähigen Vertragsteiles (§ 3 des Kollektivvertragsgesetzes, BGBl. Nr. 76/1947) auf der Arbeitgeberseite zwischen einem einzelnen Arbeitgeber und dem kollektivvertragsfähigen Vertragsteil auf der Arbeitnehmerseite abgeschlossen wurden, oder

d) innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern,

gewährt werden.

Die Begünstigungen des § 68 EStG 1972 dürfen nur dann gewährt werden, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich Arbeiten leistet, die überwiegend mit einer Verschmutzung, Erschwernis oder Gefährdung verbunden sind; daß lohngestaltende Vorschriften den Arbeitgeber formell, also unabhängig von der tatsächlich verrichteten Arbeit, zur Zahlung von Schmutz-, Erschwernis- oder Gefahrenzulagen verhalten, reicht ebensowenig aus, wie eine bloße fallweise Verschmutzung, Erschwernis oder Gefährdung des Arbeitnehmers (vgl. Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar Lfg. September 1980, § 68 EStG 1972, TZ. 4 Abs. 2; Schubert-Pokorny-Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 68 Anm. 8).

Der Beschwerdeführer behauptete im abgabenbehördlichen Verfahren, "die Arbeit des Fahrlehrers besteht bei der Unterrichtserteilung auf Lastkraftwagen und Motorrädern, die einerseits eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung zwangsläufig bewirken und im Vergleich zu den üblichen Arbeitsbedingungen (Unterrichtserteilung am Pkw) zweifellos grundlegend erschwert ist; auch die im Gesetz verlangten Kriterien wie Hitze, Kälte oder Nässe, Staub und Erschütterungen bzw. Sturz- oder andere Gefahren (letztere insbesondere für Motorradunterricht) sind nebeneinander einwandfrei gegeben"; "zu den kollektivvertraglichen Arbeiten jeden Fahrlehrers gehört letztlich auch die Pflege und Wartung des Fahrzeuges, welche Tätigkeiten gleichfalls eine größere Verschmutzung bei diesen Fahrzeugen mit sich bringt (Ankuppeln von Lastwagenanhängern, etc., etc.)"; bei einem nachweisbaren, vom Fahrlehrer nicht zu verhindernden Motorradunfall sei der Fahrlehrer im Beiwagen verletzt worden.

Die belangte Behörde kam unter Zugrundelegung der obigen Rechtsauffassung zu dem Ergebnis, daß dieser vom Beschwerdeführer im abgabenbehördlichen Verfahren vorgebrachte Sachverhalt es nicht gestattet, die von den Fahrlehrern an Motorrädern mit Beiwagen und an Lastkraftwagen geleisteten Arbeiten als solche zu qualifizieren, die alle sowohl unter Umständen erfolgten, welche eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung zwangsläufig in erheblichem Maße bewirkten, oder welche im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine Erschwernis darstellten, die außerordentlich war, oder welche infolge schädlicher Einwirkungen eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers zwangsläufig mit sich brachten, als auch das Merkmal des Überwiegens erfüllten. Der Beschwerdeführer wiederholt zwar im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - etwas detaillierter - seine Darstellung der widrigen Umstände, unter denen die Arbeiten zu leisten waren, zeigt aber konkret nichts auf, was diese Schlußfolgerung der belangten Behörde erschüttern würde. Die belangte Behörde war nach der Verneinung des Vorliegens von Arbeiten, die infolge schädlicher Einwirkungen die Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit für den Fahrlehrer zwangsläufig - nach Auffassung des Beschwerdeführers also offenbar im Gegensatz zu jedem anderen Kraftfahrer oder Benützer eines Kraftfahrzeuges - mit sich brachten, nicht gehalten, das vom Beschwerdeführer jetzt vermißte ärztliche Gutachten einzuholen.

Die Beschwerde ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 16. Februar 1983

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