VwGH 81/08/0143

VwGH81/08/014310.11.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Jurasek und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Pichler, Dr. Knell und Dr. Puck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Starlinger, über die Beschwerde der Marktgemeinde O, vertreten durch Dr. Wolfgang Mayr, Rechtsanwalt in Salzburg, Getreidegasse 38, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 15. Juli 1981, Zl. 120.357/2‑6/1981, betreffend Sozialversicherungspflicht (mitbeteiligte Parteien: 1) Dr. HP in S, 2) Salzburger Gebietskrankenkasse in Salzburg, Faberstraße 19‑21, 3) Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien II, Friedrich Hillegeiststraße 1, 4) Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in Wien XX, Adalbert Stifter Straße 65, und 5) Landesarbeitsamt Salzburg in Salzburg, Schießstattstraße 4), zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1958 §1 Abs1 lita
AlVG 1977 §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
VwGG §23 Abs1
VwGG §23 Abs2
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1983:1981080143.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit über die Beitragspflicht der Beschwerdeführerin nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz und dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 abgesprochen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Im übrigen wird der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Am 14. April 1977 wurde zwischen der Beschwerdeführerin als Rechtsträger des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses A einerseits und dem mitbeteiligten Dr. BC, Facharzt für Kinderheilkunde, andererseits folgender „Werkvertrag“ abgeschlossen: 1. Ausdrücklich wird festgestellt, daß durch diesen Werkvertrag kein Dienstverhältnis zur Marktgemeinde A und kein persönliches oder wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis begründet wird. Auf dieses Vertragsverhältnis finden, soweit nichts anderes vereinbart wird, die Bestimmungen der §§ 1165 bis 1171 ABGB Anwendung. 2. Der mitbeteiligte Dr. BC erklärt sich bereit, die ärztliche Betreuung der im Krankenhaus A befindlichen Säuglinge und Kinder auf dem Fachgebiet der Kinderheilkunde zu übernehmen. Diese Verpflichtung zur konsiliaren Tätigkeit tritt jedoch nicht von selbst ein, sondern es ist für jeden Einzelfall ein Auftrag des mit der Leitung des Krankenhauses betrauten Arztes erforderlich. Von diesem ist jede Auftragserteilung in einem schriftlichen Vermerk festzuhalten. 3. Der mitbeteiligte Dr. BC verpflichtet sich, alle während der einzelvereinbarten konsiliaren Tätigkeit anfallenden Interventionen seines Fachgebietes sorgfältig und nach eigenem Plan sowie mit eigenen Apparaten, Instrumenten und Heilbehelfen und gegebenenfalls auch durch eigene Substituten vorzunehmen. 4. Für diese konsiliare Tätigkeit wird ein Pauschalhonorar vereinbart (§§ 1151 und 1170 ABGB)... Die Bezahlung dieses Pauschalhonorars erfolgt jeweils im Nachhinein, und zwar spätestens 10 Tage nach Vorlage der Honorarnote. Die Angleichung dieses Honorars an das steigende Lohn- und Preisniveau erfolgt in der Weise, daß es in dem Verhältnis und zu dem Zeitpunkt angehoben wird, als eine allgemeine gesetzliche Bezugserhöhung für die Gemeindebediensteten eintritt. 5. Die Verrechnung von Sondergebühren aus dieser konsiliaren Tätigkeit erfolgt vom mitbeteiligten Dr. BC direkt mit dem jeweils Zahlungspflichtigen (in der Regel sind das die Eltern der von ihm betreuten Kinder). 6. Die Versteuerung des jeweiligen Honorars obliegt dem mitbeteiligten Dr. BC im Zusammenhang mit der Versteuerung seines Einkommens aus seiner sonstigen freiberuflichen Facharztpraxis. 7. Festgehalten wird, daß die Zeiteinteilung der Betreuung der Patienten im freien Ermessen des Arztes liegt. 8. Der mitbeteiligte Dr. BC übernimmt für die Richtigkeit der für die Betreuung der Säuglinge und Kinder gemachten Vorschläge ausdrücklich die volle Haftung. 9. ... 10. Für diesen Vertrag wird ausdrücklich die Schriftlichkeit vereinbart. Änderungen dieses Vertrages bedürfen daher ebenfalls der Schriftlichkeit (§ 883 ff ABGB). 11. Dieser Werkvertrag wird mit 1. Mai 1977 wirksam. ...

Die mitbeteiligte Salzburger Gebietskrankenkasse sprach mit ihrem Bescheid vom 6. Februar 1980 aus, daß der mitbeteiligte Dr. BC auf Grund der ab 1. September 1973 im Krankenhaus der Marktgemeinde A in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten entgeltlichen Beschäftigung als Konsiliarfacharzt für Kinderheilkunde ab 1. Mai 1977 gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 lit. a AlVG 1977 der Pflicht(Voll)versicherung in der Kranken-, Pensions-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung unterliege. Weiters wurde im Spruch dieses Bescheides der mitbeteiligten Salzburger Gebietskrankenkasse die Beschwerdeführerin als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG verpflichtet, Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von S 49.682,20 sofort zu entrichten.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin (zur Gänze) Einspruch. In dessen Punkt 1) werden die Gründe für die Auffassung angeführt, daß der mitbeteiligte Dr. BC nicht als Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG angesehen werden könne und somit die Versicherungspflicht nicht gegeben sei. Der Punkt 2) dieses Einspruches richtet sich auch gegen die auf den mitbeteiligten Dr. BC bezogene Beitragsvorschreibung von S 49.682,20. Diese Beitragsvorschreibung werde als solche mit der Begründung bekämpft, daß die Sondergebühren nicht beitragspflichtig seien.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 8. Oktober 1980 wurde dem Einspruch der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der mitbeteiligten Salzburger Gebietskrankenkasse vom 6. Februar 1980 keine Folge gegeben und dieser bekämpfte Bescheid aus seinen Gründen vollinhaltlich bestätigt. Nach den in der Begründung dieses Bescheides des Landeshauptmannes von Salzburg dargelegten Erwägungen muß aus Punkt 2) des zwischen der Beschwerdeführerin und dem mitbeteiligten Dr. BC abgeschlossenen Vertrages vom 14. April 1977, wonach der mitbeteiligte Dr. BC jeweils erst über Auftrag des ärztlichen Leiters des Krankenhauses A tätig werden könne, auf eine Anordnungsbefugnis des Vorgenannten gegenüber dem Konsiliarfacharzt geschlossen werden. Daraus ergebe sich weiter, daß im Rahmen seiner vertraglichen Tätigkeit der mitbeteiligte Dr. BC weitgehend der Autorität des ärztlichen Leiters des Krankenhauses A unterstellt sei. Unberührt davon bleibe jedoch die fachliche Weisungsfreiheit. Nach Ansicht des Landeshauptmannes von Salzburg sei der mitbeteiligte Dr. BC auch nicht in der zeitlichen Einteilung seiner Konsiliartätigkeit völlig unabhängig. So schreibe er an die Beschwerdeführerin, daß er über ausdrücklichen Wunsch des ärztlichen Leiters des Krankenhauses sowie des dort beschäftigten Gynäkologen an einem weiteren Nachmittag zusätzlich seiner konsiliaren ärztlichen Tätigkeit nachgehen müsse. Daß darüber hinaus der mitbeteiligte Dr. BC auch außerhalb dieser festgelegten Nachmittage tätig werden müsse, werde durch sein Schreiben an die mitbeteiligte Salzburger Gebietskrankenkasse erhellt, in welchem es heiße: „In Notfällen werde ich natürlich gerufen.“ Da diese Unterstellung unter die Dienstgeberautorität jedenfalls auf die Freizeiteinteilung Rückwirkungen habe, ergebe sich daraus auch eine sich auf den persönlichen Bereich auswirkende Abhängigkeit des Konsiliarfacharztes. Er müsse sich der Betriebsmittel des Auftraggebers, nämlich der Räumlichkeiten des Krankenhauses A und des dort befindlichen Instrumentariums, bedienen. Laut Schreiben des Konsiliararztes an die Beschwerdeführerin verfüge er mit Ausnahme eines Stethoskops sowie eines Otoskops über keinerlei eigene Instrumente und müsse sich vielmehr der im Krankenhaus befindlichen Instrumente bedienen. Die Tatsache, daß der unselbständig Tätige selbst über keine Betriebsmittel verfüge und damit auf die von anderen gebotenen Betriebsmittel ‑ eben auf den fremden Krankenhausbetrieb - angewiesen sei, dokumentiere nach der ständigen Rechtsprechung eine wirtschaftliche Abhängigkeit schlechthin. Die Entgeltlichkeit sei nicht in Frage gestellt. Sie sei nicht auf Einzelleistungen abgestellt. Für seine Tätigkeit erhalte der mitbeteiligte Dr. BC, sofern es sich um Patienten der allgemeinen Gebührenklasse handle, ein Pauschalhonorar, welches monatlich zur Auszahlung gelange. Es handle sich somit um ein Entgelt, das nach den §§ 44 und 49 ff ASVG leistungspflichtig sei. Aber auch der auf Grund von Behandlungen von Patienten der Sondergebührenklasse dem Konsiliararzt zustehende Sondergebührenanteil sei beitragspflichtig, zumal die Behandlung dieser Patienten gleichfalls zu den vertraglichen Dienstpflichten des Konsiliararztes gehöre. Hieran hindere auch Punkt 5) des Werkvertrages nichts, welcher eine direkte Verrechnung der Sondergebühren des Konsiliarfacharztes mit dem jeweils Zahlungspflichtigen vorsehe. Zusammenfassend müsse festgestellt werden, daß beim mitbeteiligten Dr. BC vom 1. Mai 1977 bis laufend die Merkmale einer Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwogen hätten und daraus eine Sozialversicherungsbeitragspflicht gemäß den Bestimmungen des ASVG resultiere.

Im ersten Satz der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides des Landeshauptmannes von Salzburg wird ausgeführt, daß hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht gemäß § 415 ASVG das Rechtsmittel der Berufung an den Bundesminister für soziale Verwaltung zulässig sei.

In der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 8. Oktober 1980 wird ausdrücklich erklärt, daß die Beschwerdeführerin diesen Bescheid insoweit anfechte, als er dem Einspruch der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der mitbeteiligten Salzburger Gebietskrankenkasse vom 6. Februar 1980 keine Folge gegeben habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wird der Berufung der Beschwerdeführerin„gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg“ vom 8. Oktober 1980, „betreffend die Versicherungspflicht“, keine Folge gegeben und „der angefochtene Bescheid aus seinen zutreffenden Gründen bestätigt“. Zu den Berufungsausführungen werde noch bemerkt, daß die Bezeichnung, unter der die vereinbarten Dienstleistungen vom mitbeteiligten Dr. BC im Krankenhaus A erbracht würden, für den Bereich der Sozialversicherung unerheblich sei, weil es bei der Beurteilung der Sozialversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG nur auf die tatsächlichen Verhältnisse ankomme. Im konkreten Fall sei der mitbeteiligte Dr. BC verpflichtet, an zwei bestimmten Tagen in der Woche im Krankenhaus A anwesend zu sein und ärztliche Dienstleistungen über Auftrag des ärztlichen Leiters des Krankenhauses zu verrichten. Der mitbeteiligte Dr. BC bediene sich dabei des im Krankenhaus vorhandenen Instrumentariums und der sonstigen Einrichtungen. Außerdem werde er auch in Notfällen herbeigerufen. Er sei verpflichtet, seine Dienstleistungen persönlich zu erbringen und erhalte für seine Arbeit ein Pauschalhonorar. Diese Verpflichtung zur Erbringung von Dienstleistungen schränke aber die freie Verfügung über die Arbeitszeit und die Arbeitskraft in einem Ausmaß ein, daß nach Ansicht der belangten Behörde von einer persönlichen Abhängigkeit gesprochen werden könne. Darüber hinaus liege auch eine echte Weisungsgebundenheit vor, weil der mitbeteiligte Dr. BC gemäß Punkt 2) des zwischen ihm und der Beschwerdeführerin abgeschlossenen Werkvertrages nur über Auftrag des mit der Leitung des Krankenhauses betrauten Arztes tätig werden könne.

Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Unter dem letzteren Gesichtspunkt wird in der Beschwerde vorgebracht, daß die tatsächlichen Verhältnisse weder von der belangten Behörde geprüft worden seien noch habe sie sich mit dem Berufungseinwand befaßt, daß mangels eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens bereits eine Mangelhaftigkeit im Verfahren des Landeshauptmannes von Salzburg vorliege. Die Beschwerdeführerin habe konkrete Behauptungen darüber aufgestellt, daß ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren klar ergeben hätte, daß weder eine persönliche noch eine wirtschaftliche Abhängigkeit des mitbeteiligten Dr. BC gegeben sei. Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt die Beschwerdeführerin vor, es sei die Tatsache nicht ausreichend berücksichtigt worden, daß der mitbeteiligte Dr. BC ein frei praktizierender Kinderarzt mit eigener Ordination sei. Wenn dieser selbständige Unternehmer nach eigener, freier Zeiteinteilung, die er selbst aus Zweckmäßigkeitsgründen und zur Vermeidung von zeitlichen Kollisionen in seiner Arztpraxis auf bestimmte wöchentliche Zeiten festgelegt habe, Säuglinge und Kinder im Krankenhaus A ärztlich betreue, so sei dies nicht anders zu bewerten, als wenn der Arzt Patienten außerhalb seiner Ordination durch Hausbesuche ärztlich versorge. Der mitbeteiligte Dr. BC übe seine Betreuungstätigkeit im Krankenhaus A auf Grund eines Werkvertrages nur nebenher aus und sei hinsichtlich seiner Arbeitszeit sowohl faktisch als auch nach dem Wortlaut des Werkeertrages nur eigenbestimmt gebunden. Er sei keinerlei Weisungen unterworfen und es läge keine Eingliederung oder Einordnung in einen fremden Betrieb vor, weiters auch keine derartige Inanspruchnahme, daß er über seine Arbeitskraft auf längere Sicht nicht frei verfügen könne. Er sei keineswegs gleich einem Dienstnehmer verpflichtet, während seiner Aufenthaltszeit im Krankenhaus die ärztliche Versorgung vorzunehmen, bzw. für eine bestimmte Zeit seine Arbeitstätigkeit zur Verfügung zu stellen. Es bedürfe vielmehr eines jeweiligen Auftrages des mit der Leitung des Krankenhauses betrauten Arztes, wobei die belangte Behörde aus dieser Bestimmung des Werkvertrages zu Unrecht eine echte Weisungsgebundenheit ableite. Der Auftrag des Leiters des Krankenhauses, der im Einzelfall erteilt werde, sei vielmehr gleichzusetzen mit einem Auftrag, auf Grund dessen etwa auch ein gewerblicher Unternehmer oder ein sonstiger Angehöriger der freien Berufe seine Tätigkeit ausübe. Die Autorität des ärztlichen Leiters gehe nicht weiter als die Autorität des Auftraggebers oder des Patienten, der den Arzt in seiner Praxis aufsuche und eine Leistung von ihm gegen Entgelt verlange. Der Auftrag bestimme lediglich die jeweils gewünschte Werksleistung. Es sei keinerlei Unterordnung oder Eingliederung in einen Betrieb darunter zu verstehen. Die Tatsache, daß der mitbeteiligte Dr. BC wöchentlich an zwei Nachmittagen Patienten im Krankenhaus A betreue, ändere nichts an der Eigenbestimmtheit dieser Zeiteinteilung, ebensowenig der Umstand, daß er in Notfällen gerufen werde. Gemäß Punkt 3) des Werkvertrages übe der mitbeteiligte Dr. BC seine Tätigkeit nach eigenem Plan mit eigenen Apparaten, Instrumenten und Heilbehelfen, gegebenenfalls auch durch eigene Substituten aus. Der Umstand, daß sich der mitbeteiligte Dr. BC auch des im Krankenhaus vorhandenen Instrumentariums fallweise bediene, bedeute keine wirtschaftliche Abhängigkeit. Was das Instrumentarium des Krankenhauses anlange, so werde dieses durch den mitbeteiligten Dr. BC zum Teil selbst finanziert, weil die dem Arzt zustehenden Sondergebühren gemäß § 5 Abs. 2 der Sondergebührenverordnung, LGBl. für Salzburg Nr. 90/1976, zum Teil für die Ausstattung der Kinderabteilung mit notwendigen Apparaten zu verwenden seien, somit das Kriterium einer selbständigen Tätigkeit zusätzlich unterstrichen werde. Sicherlich sei es richtig, daß es für die Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht in erster Linie auf die Vertragsgestaltung, sondern auf die faktischen Verhältnisse ankomme. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme jedoch der von den Parteien gewählten Vertragsgestaltung doch die Bedeutung eines nicht zu vernachlässigenden Kriteriums zu, sofern die Vertragsgestaltung bzw. die Bezeichnung des Vertrages nicht bloß durch eine unter Ausnützung der wirtschaftlichen Abhängigkeit eines Vertragsteiles zustande gekommene absichtliche Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse zu erklären sei. Die Bezahlung eines Pauschalhonorars spreche nicht zwingend für die Beschäftigteneigenschaft, zumal auch bei freien Berufen Pauschalhonorare (etwa für die ärztliche Betreuung der Belegschaft eines Unternehmens oder für die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes als Syndikus) durchaus üblich seien. Im konkreten Fall sei zu berücksichtigen, daß der mitbeteiligte Dr. BC auch über eigene Produktionsmittel verfüge und daß er somit zur Ausübung seiner Tätigkeit keineswegs auf Produktionsmittel des Krankenhauses angewiesen sei.

Unter anderem aus Anlaß dieses Beschwerdefalles hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B‑VG beim Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, den Wortteil „Kranken-“ im § 4 Abs. 1 ASVG als verfassungswidrig aufzuheben. Mit Erkenntnis vom 1. Juli 1983, G 49/82 und Folgezahlen, hat der Verfassungsgerichtshof diesem Antrag keine Folge gegeben und den genannten Wortlaut nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorerst war zu prüfen, ob der vorliegenden Beschwerde nicht deshalb, weil die Urkunde, mit der dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren für die Beschwerdeführerin einschreitenden Rechtsanwalt die Vollmacht erteilt wurde, nur vom Bürgermeister und dem Vizebürgermeister unterzeichnet, der Beschluß des zuständigen Gemeindeorganes über die Einbringung einer Verwaltungsgerichtshof‑Beschwerde jedoch nicht nachgewiesen wurde, der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht.

Gemäß § 23 Abs. 1 VwGG 1965 können die Parteien, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, ihre Sache vor dem Verwaltungsgerichtshof selbst führen oder sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Nach § 23 Abs. 2 dieses Gesetzes werden der Bund, die Länder, die Gemeinden und die anderen Selbstverwaltungskörper durch ihre vertretungsbefugten oder bevollmächtigten Organe vertreten. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 29. Mai 1980, Slg. N. F. Nr. 10.147/A) können ordnungsgemäß kundgemachte Organisationsnormen für juristische Personen auch des öffentlichen Rechts zwar nach außen Handlungsbeschränkungen der zur Vertretung berufenen Organe vorsehen; sprechen die Normen jedoch von einer Vertretung nach außen schlechthin, so kann nicht auf anderweitige, bloß die Willensbildung im Innenverhältnis behandelnde Normen zurückgegriffen werden.

Gemäß § 36 Abs. 2 erster Satz der Salzburger Gemeindeordnung 1976, LBGl. Nr. 56, in der Fassung LGBl. Nr. 11/1978 und Nr. 43/1979, vertritt der Bürgermeister die Gemeinde nach außen. Der § 39 dieses Landesgesetzes enthält einschränkende Vorschriften für Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll. Da die im Beschwerdefall vorgelegte Vollmachtsurkunde lediglich die Bevollmächtigung des einschreitenden Rechtsanwaltes zur Vertretung der Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, aber keine privatrechtliche Verpflichtung gegenüber Dritten beinhaltet, sind für die Fertigung dieser Urkunde nicht die Vorschriften des § 39 der Salzburger Gemeindeordnung 1976 anzuwenden. Daß der Gemeinde aus einem Handeln des bevollmächtigten Vertreters Verpflichtungen erwachsen können, reicht zur Subsumtion unter die genannte Bestimmung nämlich nicht aus (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1982, Zl. 08/0100/80). Somit war der Bürgermeister der Beschwerdeführerin ohne Rücksicht auf die Beschlußfassung des im Innenverhältnis zuständigen Gemeindeorganes zur Bevollmächtigung des einschreitenden Rechtsanwaltes zwecks Erhebung einer Verwaltungsgerichtshof Beschwerde im Verhältnis nach außen befugt.

In der Sache selbst ist zunächst auf die bezughabenden Gesetzesstellen hinzuweisen.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Nach § 1 Abs. 1 lit. a des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) sind für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert (arbeitslosenversichert) Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, soweit sie in der Krankenversicherung auf Grund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert oder selbstversichert sind.

Entsprechend dem § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Die Kriterien, die für die (überwiegende) Annahme persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im einzelnen beachtlich sind, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 4. Dezember 1957, Slg. N. F. Nr. 4495/A, ausführlich dargelegt und darnach in zahlreichen Erkenntnissen differenzierend weiterentwickelt. Persönliche Abhängigkeit charakterisierte der Verwaltungsgerichtshof im eben genannten Erkenntnis als weitgehende Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten, die sich insbesondere in seiner Unterwerfung unter betriebliche Ordnungsvorschriften, seiner Verpflichtung zur Befolgung der Weisungen des Dienstgebers, der Überwachung der Arbeit durch den Dienstgeber und die disziplinäre Verantwortlichkeit des Dienstnehmers äußere. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 2. Juli 1981, Zl. 08/0154/80, und die darin zitierte Vorjudikatur) sind bei der Sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung des Gesamtbildes einer Beschäftigung für das Rechtsverhältnis der persönlichen Abhängigkeit des Beschäftigten vom Dienstgeber - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes (vgl. dazu das Erkenntnis vom 20. Mai 1980, Zl. 2397/79, Slg. N. F. Nr. 10.140/A, mit Angaben entsprechender Belegstellen ‑ allerdings nur die Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und damit eng verbundene (grundsätzliche) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen rechtlicher Gestaltung der Beschäftigung wie jener des Werkvertrages und des freien Dienstvertrages. Hingegen ist das Merkmal der Dauer in der Regel deshalb wenig aussagekräftig, weil es nicht nur dem Dienstvertrag, sondern auch dem freien Dienstvertrag und (in der Regel) dem Werkvertrag eigen ist. Die Zuweisung einzelner Arbeitsaufgaben ist, wie der freie Dienstvertrag zeigt, nach dem eine Mehrheit bloß gattungsmäßig umschriebener Leistungen geschuldet wird, die von seiten des Bestellenden laufend konkretisiert werden, mit persönlicher Selbständigkeit vereinbar. Die das Arbeitsverfahren selbst betreffenden Weisungen und Kontrollen sind unergiebig, weil sich schon bei einer geringeren Qualifikation des Arbeitenden ein gewisser fachlicher eigener Entscheidungsbereich findet, der sich aufsteigend nach oben ständig erweitert.

Wirtschaftliche Abhängigkeit - die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet - ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Februar 1981, Zl. 1061/79).

Nach den oben dargelegten. Kriterien ist die grundsätzliche persönliche Arbeitspflicht eine entscheidende Voraussetzung dafür, daß ein Dienstverhältnis besteht. Zu dieser persönlichen Arbeitspflicht läßt sich demnach festhalten, daß eine generelle Vertretungsmöglichkeit ein Dienstverhältnis ausschließt (vgl. Tomandl, Wesensmerkmale des Arbeitsvertrages, S. 75, und das darauf bezugnehmende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. April 1981, Zl. 08/1044/79).

Die belangte Behörde setzt sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht mit dem Punkt 3) des Werkvertrages vom 14. April 1977 auseinander, wonach der mitbeteiligte Dr. BC „gegebenenfalls“ berechtigt sei, alle während der einzelvereinbarten konsiliaren Tätigkeit anfallenden Interventionen seines Fachgebietes gegebenenfalls auch durch eigene Substituten vornehmen zu lassen. Für dieses wesentliche Begründungselement hätte die belangte Behörde zu klären gehabt, welcher Umfang der Vertretung unter „gegebenenfalls“ zu verstehen ist.

Schon deshalb hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, soweit damit über die Pflichtversicherung abgesprochen wurde, mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb dieser Teil gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1965 aufzuheben war.

Gemäß § 415 ASVG steht die Berufung an den Bundesminister für soziale Verwaltung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes in den Fällen des § 413 Abs. 1 Z. 2 dieses Gesetzes allgemein, in den Fällen des § 413 Abs. 1 Z. 1 dieses Gesetzes jedoch nur zu, wenn über die Versicherungspflicht oder die Berechtigung zur Weiter- oder Selbstversicherung entschieden worden ist.

Wie bereits in der Sachverhaltsdarstellung aufgezeigt, sprach die Salzburger Gebietskrankenkasse in ihrem Bescheid vom 6. Februar 1980 einerseits darüber ab, daß der mitbeteiligte Dr. BC ab 1. Mai 1977 der Pflicht(Voll)versicherung in der Kranken-, Pensions-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung unterliegt. Andererseits wird in demselben Bescheid ausgesprochen, daß die Beschwerdeführerin als Dienstgeber verpflichtet sei, einen bestimmten Sozialversicherungsbeitrag zu entrichten. Dieser Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin ausdrücklich in beiden Punkten mit Einspruch bekämpft. Der Landeshauptmann von Salzburg gab mit seinem Bescheid vom 8. Oktober 1980 dem Einspruch der Beschwerdeführerin keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid der mitbeteiligten Salzburger Gebietskrankenkasse „vollinhaltlich“. Dieser Bescheid des Landeshauptmannes wurde von der Beschwerdeführerin mit ihrer Berufung insoweit angefochten, als er dem Einspruch der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der mitbeteiligten Salzburger Gebietskrankenkasse vom 6. Februar 1980 keine Folge gegeben habe. Diese Berufung der Beschwerdeführerin richtete sich somit zur Gänze gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 8. Oktober 1980, und zwar ungeachtet der darin enthaltenen richtigen Rechtsmittelbelehrung. Mit dem angefochtenen Bescheid gab der Bundesminister für soziale Verwaltung der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge und bestätigte (zur Gänze) den Bescheid des Landeshauptmannes aus seinen zutreffenden Gründen.

Aus dem dargestellten Gang des Verwaltungsverfahrens ergibt sich somit, daß auch die Frage der Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen Gegenstand des sachlichen Abspruches des Bundesministers für soziale Verwaltung war. Dies ungeachtet des Umstandes, daß im Betreff des angefochtenen Bescheides bloß die Versicherungspflicht des mitbeteiligten Dr. BC nach dem ASVG und dem AlVG 1977 angeführt ist.

Zur Entscheidung über die strittige Versicherungspflicht des mitbeteiligten Dr. BC war der Bundesminister für soziale Verwaltung gemäß § 415 ASVG zuständig. Im vorliegenden Fall hat der Bundesminister für soziale Verwaltung aber nicht nur über die Versicherungspflicht, sondern auch über die Frage der Beitragszahlung meritorisch entschieden.

Dieser Teil des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. b VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG 1965 von Amts wegen wahrzunehmen hatte, aufzuheben.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 lit. b VwGG 1965 sowie nach lit. c dieses Absatzes abgesehen werden.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit gemäß § 110 ASVG und die Stempel- und Gebührenfreiheit nach § 70 AlVG 1977 abzuweisen.

Wien, am 10. November 1983

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