Normen
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs5;
AVG §10 Abs6;
AVG §60;
AVG §62 Abs1;
AVG §63 Abs4;
AVG §66 Abs4;
BAO §83 Abs1 impl;
BAO §83 Abs5 impl;
VwGG §42 Abs2 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1 impl;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs5;
AVG §10 Abs6;
AVG §60;
AVG §62 Abs1;
AVG §63 Abs4;
AVG §66 Abs4;
BAO §83 Abs1 impl;
BAO §83 Abs5 impl;
VwGG §42 Abs2 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1 impl;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Am 5. März 1981 erließ die Bundespolizeidirektion Wels als Behörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer eine Strafverfügung wegen Übertretung nach Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG 1950, welche jedoch infolge rechtzeitig erhobenen Einspruches außer Kraft trat. Im Verwaltungsakt befindet sich ein Aktenvermerk vom 8. April 1981 über eine Akteneinsicht des nunmehrigen Beschwerdevertreters, in welchem ein Hinweis auf das bezügliche Vollmachtsverhältnis aufscheint, wobei diesem Beschwerdevertreter nach einer Niederschrift vom selben Tag Parteiengehör gewährt wurde und dieser auch namens des Beschwerdeführers am 30. April 1981 eine entsprechende Stellungnahme abgab. Am 29. Mai 1981 verkündete die Behörde erster Instanz dem Beschwerdeführer persönlich ein Straferkenntnis wegen Übertretung nach Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG 1950 und sprach gemäß § 21 Abs. 1 VStG 1950 eine Ermahnung aus. In der bezüglichen, vom Beschwerdeführer unterfertigten Niederschrift ist neben der Rechtsmittelbelehrung auch der Passus enthalten, dass der Beschwerdeführer ausdrücklich auf die Einbringung einer Berufung verzichte. Weiters ist auf diesem Schriftstück ein Aktenvermerk - offenbar des Verhandlungsleiters - angebracht, wonach dem Beschwerdeführer die Möglichkeit der Rücksprache mit seinem Vater (dieser ist sein ausgewiesener Vertreter) gegeben worden sei. Mit Schreiben vom 12. Juni 1981 erhob der Beschwerdeführer gegen das zitierte Straferkenntnis Berufung, in welcher er unter anderem ausführte, der von ihm unterschriebene Rechtsmittelverzicht sei wegen unverschuldetem Irrtums unwirksam, da er der begründeten Überzeugung gewesen sei, die bescheidmäßige Feststellung eines strafbaren Tatbestandes sei nicht erfolgt, sondern eine nichtförmliche Abmahnung. Im Verwaltungsakt befindet sich weiters ein Bericht des Verhandlungsleiters vom 8. Oktober 1981, aus welchem hervorgeht, dass dem Beschwerdeführer vor Fällung des Straferkenntnisses angeboten worden sei, vor der endgültigen rechtskräftigen Erledigung des Strafverfahrens mit seinem Vertreter Rücksprache zu halten, ob etwa von diesem Einwände gegen die letztlich erfolgte Erledigung bestünden. Der Beschwerdeführer habe erklärt, dass eine Rücksprache mit seinem Vater nicht notwendig und er mit der bescheidmäßigen Feststellung einer Ermahnung einverstanden sei. Mit Bescheid vom 20. November 1981 wies die belangte Behörde die Berufung gegen das Straferkenntnis vom 29. Mai 1981 gemäß § 66 Abs. 4 in Verbindung mit § 63 Abs. 4 AVG 1950 als unzulässig zurück, weil der Beschwerdeführer - wie aus der am Schluss der Verhandlung anlässlich der Verkündung des Straferkenntnisses aufgenommene Niederschrift hervorgehe - ausdrücklich auf die Einbringung einer Berufung verzichtet habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich darin in seinem Recht verletzt, dass ein Straferkenntnis nur nach den Grundsätzen des Verwaltungsstrafgesetzes 1950 hätte verhängt werden dürfen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Oktober 1982 wurden die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu folgender Möglichkeit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides gehört:
Aus dem Verwaltungsakt sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren durch den nunmehrigen Beschwerdevertreter vertreten gewesen sei. Ein Widerruf dieser Vollmacht sei offenbar nicht erfolgt. Das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels als Behörde erster Instanz vom 29. Mai 1981 sei jedoch dem Beschwerdeführer persönlich verkündet worden. Die Behörde habe damit offenbar den namhaft gemachten Parteienvertreter übergangen (vgl. in diesem Sinne das auf einem Beschluss eines verstärkten Senates gegründete Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Februar 1958, Slg. Nr. 4557/A). Da die belangte Behörde die gegen das zitierte Straferkenntnis erhobene Berufung nach dem Inhalt des Spruches des angefochtenen Bescheides ausdrücklich gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 "in Verbindung mit § 63 Abs. 4 AVG" als unzulässig., zurückgewiesen habe, sei der Verwaltungsgerichtshof der vorläufigen Ansicht, dass der Beschwerdeführer deshalb in subjektiven Rechten verletzt worden sein könnte, weil die Berufung mangels eines bekämpfbaren Bescheides (infolge des Übergehens des Bevollmächtigten bei der Bescheidverkündung) und nicht wegen eines Berufungsverzichtes als unzulässig zurückzuweisen gewesen wäre, zumal die Behörde dadurch nicht bloß mit einer unrichtigen Begründung zu den der Rechtslage entsprechenden Ergebnissen gelangt sei (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1975, Zl. 1029/75, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Der Beschwerdeführer hat dazu in seiner Stellungnahme vom 23. November 1982 ausgeführt, dass er die Umgehung seines ausgewiesenen Vertreters bei der Erlassung eines Bescheides weder im Vorhinein noch nachträglich genehmigt habe, zumal er und auch sein Vertreter überzeugt gewesen seien, dass es zu einer Bescheiderlassung nicht kommen werde. Im Zuge der bezüglichen Strafverhandlung sei dem Beschwerdeführer die Erlassung eines Straferkenntnisses nicht zum Bewusstsein gekommen. Er fühle sich demnach auch durch die Umgehung seines ausgewiesenen Vertreters beschwert.
Die belangte Behörde hat in ihrer Stellungnahme vom 17. November 1982 vorgebracht, die Behörde erster Instanz habe berichtet, an den Vertreter des Beschwerdeführers sei bei einer persönlichen Vorsprache das mündliche Ersuchen gerichtet worden, seinen Sohn (den Beschwerdeführer) zur Einvernahme zu entsenden. Der Beschwerdeführer sei, nachdem sein Vertreter gemeinsam mit dem seinerzeitigen Verhandlungsleiter telefonisch den Termin festgelegt habe, am 29. Mai 1981 bei der Behörde erster Instanz erschienen. Dem im zitierten Beschluss des verstärkten Senates vom 7. Februar 1958 (Anhang Nr. 94 in Slg. 1958) aufgestellten Erfordernis, beim Parteiengehör den ausgewiesenen Vertreter nicht übergehen zu dürfen, sei im vorliegenden Beschwerdefall insofern entsprochen worden, als der Beschwerdeführer über seinen Vertreter zur Behörde geladen worden und der Bevollmächtigte somit in Kenntnis davon gewesen sei, dass rechtserhebliche Vorgänge mit seinem Mandanten abgewickelt werden würden. Mit einer nichtbescheidmäßigen Ermahnung hätte er sich ja, seinem Vorbringen nach, für einverstanden erklärt. Die aus dem bezeichneten Rechtsatz des verstärkten Senates abgeleitete Auffassung, bei der Verkündung eines Bescheides gegen eine zwar rechtsfreundlich vertretene, dessen ungeachtet aber ohne den Bevollmächtigten bei der Behörde erschienene Partei läge nicht einmal ein bekämpfbarer Bescheid vor, scheine aus rechtlichen wie auch aus rechtspolitischen Gründen zu weitgehend. Nach § 10 Abs. 5 AVG 1950 könnten sich die Beteiligten eines Rechtsbeistandes bedienen und "auch" in seiner Begleitung vor dem Amt erscheinen. Das heiße, der Vertretene könne ebenso gut auch allein erscheinen. Dann müsse die Behörde allerdings als ermächtigt angesehen werden, mit ihm in verfahrensrechtlich relevanter Weise in Verhandlungen zu treten, denn immerhin habe die Behörde nach § 18 Abs. 2 AVG 1950 sogar die gelegentliche Anwesenheit von Beteiligten am Amtssitz zu Erledigungen zu benützen. Auch, dass nach § 10 Abs. 6 AVG 1950 die Bestellung eines Bevollmächtigten nicht ausschließe, dass der Vollmachtgeber im eigenen Namen Erklärungen abgebe, passe in dieses Bild, dass also, wenn der Bevollmächtigte Gelegenheit zu entsprechenden Verfahrenshandlungen gehabt hätte, mit der allein erschienenen Partei verhandelt werden könne. Eine anderweitige Auslegung würde insbesondere dann zu bereits unhaltbaren Ergebnissen führen, wenn man die verfahrensrechtliche Stellung des gesetzlichen Vertreters, beispielsweise eines Jugendlichen im Verwaltungsstrafverfahren, der eines gewillkürten Vertreters gegenüberstelle. Nach § 59 VStG 1950 habe die Behörde den bekannten gesetzlichen Vertreter eines Jugendlichen nur von der Einleitung des Strafverfahrens und dem Straferkenntnis zu benachrichtigen, nicht einmal also der Strafverhandlung beizuziehen und auch das nur, wenn sie es im Interesse des jugendlichen Beschuldigten für notwendig oder zweckmäßig halte. Der gesetzliche Vertreter habe lediglich Einspruchsrechte (§ 60 VStG 1950). Das bedeute, dass gegen einen Jugendlichen rechtsgültig eine Verwaltungsstrafe verhängt werden könne, wobei derartige Strafen (wie z.B. nach § 5 Abs. 1 StVO 1960) durchaus nicht unbedeutend sein könnten. Gegenüber einem Erwachsenen hingegen, bei dem das öffentliche Rechtschutzinteresse wohl geringer sei, wäre es nach der eingangs geschilderten Rechtsansicht nicht einmal zulässig, eine bescheidmäßige Ermahnung auszusprechen. Der entsprechende Bescheid wäre nicht einmal, wie bei einer Verletzung des Parteiengehörs, bekämpfbar, sondern würde offenbar als rechtliches Nichts qualifiziert werden. Letztlich bedeute das, dass die Bestellung eines Bevollmächtigten den Vollmachtgeber verfahrensrechtlich auf die Stufe unterhalb eines beschränkt handlungsfähigen, somit eines Kindes, herabdrücken und ihn somit verfahrensrechtlich geradezu entmündigen würde. Diese Überbetonung der gewillkürten Vertretung vor der gesetzlichen scheine der belangten Behörde sachlich in keiner Weise gerechtfertigt. Auch rechtspolitisch scheine ein so weitgehender Schutz einer im Verfahren durch einen bevollmächtigten Vertreter vertretenen Partei nicht erforderlich zu sein. Immerhin stehe es der ihr ohne ihren Vertreter erschienenen Partei frei, sich entweder in eine Verhandlung überhaupt einzulassen, nur unverbindliche Erklärungen abzugeben, einen neuen Termin zu beantragen oder ähnliches, oder, falls sie sich in verfahrensrechtliche Handlungen, wie die Verkündung eines Bescheides ihr gegenüber, einlasse, dessen schriftliche Ausfertigung zu verlangen, die dann ohnehin dem Vertreter zuzustellen sei. Da die Rechtsmittelfrist erst ab dem Tag der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung zu laufen beginne, werde der ohne seinen Vertreter Handelnde in seinen Rechten in keiner Weise verkürzt. Die belangte Behörde halte daher die Verkündung eines Bescheides in Verwaltungsstrafverfahren an eine voll handlungsfähige Person, die ohne ihren ausgewiesenen Vertreter bei der Behörde erschienen sei, für mit den Verfahrensgesetzen in Einklang stehend, noch dazu, wenn, wie im vorliegenden Fall, dem Beschwerdeführer vor Verkündung des Bescheides noch angeboten worden sei, telefonisch mit seinem Vertreter Rücksprache zu halten.
Zu diesem Vorbringen der belangten Behörde ist zu bemerken:
Gemäß § 10 Abs. 1 AVG 1950 können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, wobei sich gemäß Abs. 2 Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht richten. Gemäß § 10 Abs. 5 leg. cit. können sich die Beteiligten eines Rechtsbeistandes bedienen und auch in seiner Begleitung vor Amt erscheinen. Abs. 6 dieses Paragraphen normiert, dass die Bestellung eines Bevollmächtigten nicht ausschließt, dass der Vollmachtgeber im eigenen Namen Erklärungen abgibt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Rechtsatz eines verstärkten Senates vom 12. Dezember 1955, Anhang Nr. 77 in Slg. Nr. 1956, dargelegt und im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 17. Dezember 1980, Slg. Nr. 10327/A, aufrechterhalten -, dass im Falle des § 26 Abs. 1 AVG 1950 (wonach dann, wenn eine im Inland wohnende Person zum Empfang der für einen Beteiligten bestimmten Schriftstücke ermächtigt ist, Zustellungen an diese erfolgen) nicht auch an die Partei selbst rechtswirksam zugestellt werden kann. Hiefür war vor allem die Erwägung maßgebend (vgl. die Ausführungen im bezüglichen Erkenntnis vom 24. Jänner 1956, Slg. Nr. 3949/A), dass die einer Verfahrenspartei grundsätzlich freigestellte Bestellung eines ausgewiesenen Zustellungsbevollmächtigten vom Standpunkt des Vollmachtgebers den Zweck habe, der Behörde eine Person namhaft zu machen, der nach dem Willen des Vollmachtgebers alle im konkreten Verfahren ergehenden Behördenschriftstücke aus welchen Beweggründen immer allein zukommen sollen. Im Regelfall werde aber der Beweggrund darin zu finden sein, dass die Partei ihrem zur Empfangnahme der Schriftstücke bevollmächtigten Vertreter damit auch im Innenverhältnis es überantworten wolle, für alles vorzusorgen, was als Konsequenz der Zustellung eines solchen Schriftstückes, insbesondere eines Bescheides, zur Verfolgung der rechtlichen Interessen und Rechtsansprüche dieser Partei erforderlich sei. Im bereits erwähnten Rechtsatz des verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Februar 1958, Anhang Nr. 94 in Slg. 1958, wurde dargelegt, das Parteiengehör sei nicht ordnungsgemäß gewährt, wenn ein namhaft gemachter Parteienvertreter von der Behörde übergangen werde. Für diese Beschlussfassung des verstärkten Senates waren unter anderem folgende Erwägungen maßgebend (vgl. die Ausführungen im bezüglichen Erkenntnis vom 7. Februar 1958, Slg. Nr. 4557/A): Die Vorschrift, dass gemäß § 10 Abs. 1 AVG 1950 das persönliche Erscheinen ausdrücklich gefordert werden könne, lasse nicht erschließen, dass auch im Zusammenhang mit dem Parteiengehör eine Ausschaltung namhaft gemachter Parteienvertreter zulässig wäre. Im übrigen müsste die Bestimmung des § 10 Abs. 6 AVG 1950 als entbehrlich angesehen werden, stünde es der Behörde ohne weiteres frei, sich nach ihrer Wahl jeweils an die Partei oder an den namhaft gemachten Vertreter zu wenden. Nur wenn man davon ausgehe, dass die Behörde an sich verpflichtet sei, sich an die ihr bekannt gegebenen Vertreter zu wenden, so weit die Vertreterbestellung auf dem Rechtschutzinteresse beruhe und nicht etwa nur wegen einer Verhinderung zu Stande gekommen sei, so erhalte die letztzitierte Gesetzesstelle den folgenden guten Sinn: Obwohl die Behörde sich an den ihr namhaft gemachten Vertreter zu halten habe, müsse sie auch Erklärungen des Vollmachtgebers, die dieser ihr, ohne Heranziehung eines Vertreters, aus eigenem Antrieb abgebe, entgegennehmen. Im Falle eines Widerspruches zwischen den Erklärungen einer Partei und denen ihres eigenen Vertreters oder Rechtsbeistandes komme dann der Erklärung der Partei der Vorrang zu. Die Bestimmung des § 26 Abs. 1 AVG finde zwar im vorliegenden Fall nicht Anwendung, da es sich hier nicht um die Zustellung einer Ladung, sondern darum gehandelt habe, dass das Erhebungsorgan unmittelbar mit den Parteien Kontakt genommen, die Behörde die Kontaktnahme als Parteiengehör gewertet und somit den von dem Beschwerdeführer namhaft gemachten Vertreter ausgeschaltet habe. Der gleiche Grundgedanke aber, der den Verwaltungsgerichtshof im Rechtsatz des verstärkten Senates Anhang Nr. 77 in Slg. 1956 dazu bestimmt habe, die Vorschrift des § 26 Abs. 1 AVG 1950 in dem Sinne auszulegen, der ihrem Wortlaut entspreche, also als imperative Anordnung und nicht etwa als bloße Ordnungsvorschrift, müsse für die Lösung der Frage maßgeblich sein, wie die Ausschaltung eines namhaft gemachten Bevollmächtigten durch die Behörde bei Gewährung des Parteiengehörs zu beurteilen sei. Sofern die Bestellung eines Vertreters einem Rechtschutzbedürfnis der Partei entspringe und demnach dieser Vertreter für die Wahrung der Parteiinteressen die Verantwortung trage, müsse die Übergehung des Vertreters gerade bei dem für das Rechtschutzinteresse der Partei ausschlaggebenden Parteiengehör als Mangel gewertet werden.
Der Verwaltungsgerichtshof ist im Hinblick auf die obigen Darlegungen in den zitierten Rechtsätzen der verstärkten Senate der Ansicht, dass das Rechtschutzinteresse der Partei es auch gebietet, dass ein namhaft gemachter Vertreter bei der Verkündung eines mündlichen Bescheides - soferne die Partei sich nicht ungeachtet des vorliegenden Vollmachtsverhältnisses mit der Verkündung ihr gegenüber einverstanden erklärt - nicht übergangen wird, ist doch dieses Rechtschutzinteresse dabei im Hinblick auf den damit verbundenen normativen Abspruch zweifellos sogar höher zu bewerten, als bei der Gewährung des Parteiengehörs. Daraus folgt, dass ein Bescheid in einem solchen Fall nicht rechtwirksam gegenüber der Partei mündlich verkündet werden kann.
Soweit die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 17. November 1982 erklärt, dem Erfordernis, beim "Parteiengehör" den ausgewiesenen Vertreter nicht übergehen zu dürfen, sei entsprochen worden, weil der Beschwerdeführer über seinen Vertreter zur Behörde geladen und letzterer somit in Kenntnis davon gewesen sei, dass rechtserhebliche Vorgänge mit seinem Mandanten abgewickelt werden, braucht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht damit mehr auseinander zu setzen, weil es im vorliegenden Fall nicht um die Übergehung des Vertreters bei der Gewährung des Parteiengehörs, sondern um die Frage der rechtswirksamen Verkündung des Straferkenntnisses geht. Auch gehen die Ausführungen der belangten Behörde in Bezug auf die Bestimmung des § 10 Abs. 5 AVG 1950 am Thema vorbei, weil ein Rechtsbeistand nicht mit einem Bevollmächtigten gleichzusetzen ist (vgl. hiezu Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren, 8. Auflage, S. 183, Fußnote 5). Dass aber § 10 Abs. 6 AVG 1950 "in dieses Bild passe", dass mit der allein erschienenen Partei verhandelt werden könne, wenn der Bevollmächtigte Gelegenheit zu entsprechenden Verfahrenshandlungen gehabt hätte, trifft schon im Hinblick auf den zitierten Rechtsatz des verstärkten Senates vom 7. Februar 1958, Anhang Nr. 94 in Slg. 1958, nicht zu, kann doch die Abgabe von Erklärungen aus eigenem Antrieb nicht mit der Entgegennahme von Behördenakten gleichgesetzt werden.
Soweit sich die belangte Behörde mit der Vertretung eines Jugendlichen im Verwaltungsstrafverfahren auseinander setzt, so hat sich der Verwaltungsgerichtshof im gegebenen Zusammenhang nicht damit zu befassen, ob das Rechtschutzsystem gegenüber dem Jugendlichen genügend ausgebildet ist, sodass sich ein weiteres Eingehen in diese Frage erübrigt.
Auch rechtspolitisch ist - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - die Übergehung des ausgewiesenen Vertreters bei der Verkündung eines mündlichen Bescheides zweifellos nicht erwünscht. Hat nämlich die Partei aus welchen Gründen immer - wie z. B. infolge rechtlicher Unerfahrenheit - einen Vertreter bestellt, so hieße es geradezu das Rechtschutzsystem zu durchlöchern, wollte man es der Behörde anheim stellen, die essenzielle Verkündung eines mündlichen Bescheides gegenüber der Partei unter Umgehung des Vertreters zuzulassen. Gerade der Hinweis der belangten Behörde auf die Bestimmung des § 62 Abs. 3 AVG 1950 - wonach die Partei eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides verlangen kann - zeigt das bestehende Rechtschutzinteresse an der Verhinderung des Übergehens eines ausgewiesenen Vertreters, weil gerade diese nicht ohne weiteres geläufigen Verfahrensschritte für eine rechtsunkundige Person Unsicherheit bieten.
Die Behörde erster Instanz war daher im vorliegenden Fall nicht befugt, unter Umgehung des ausgewiesenen Vertreters das Straferkenntnis vom 29. Mai 1981 dem Beschwerdeführer persönlich mündlich zu verkünden. Zu dem zitierten Bericht des Verhandlungsleiters vom 8. Oktober 1981, der Beschwerdeführer habe sich mit der bescheidmäßigen Feststellung einer Ermahnung einverstanden erklärt, ist im übrigen zu bemerken, dass eine derartige - vom Beschwerdeführer bestrittene - Erklärung in der bezüglichen Niederschrift nicht enthalten ist und eine diesbezügliche allfällige Mangelhaftigkeit der Behörde zur Last fällt. Es kann daher auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer - ungeachtet des vorliegenden Vollmachtsverhältnisses - sich mit der Verkündung des Straferkenntnisses ihm gegenüber einverstanden erklärt hätte.
War die mündliche Verkündung des Straferkenntnisses vom 29. Mai 1981 nicht rechtswirksam, so hätte die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung mangels eines bekämpfbaren Bescheides als unzulässig zurückzuweisen gehabt. Da der angefochtene Bescheid jedoch spruchgemäß die erhobene Berufung ausdrücklich "in Verbindung mit § 63 Abs. 4 AVG", und somit wegen eines Berufungsverzichtes, als unzulässig zurückweist, hat die belangte Behörde dadurch den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, zumal sie damit nicht bloß mit einer unrichtigen Begründung zu dem der Rechtslage entsprechenden Ergebnis gelangt ist (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1975, Zl. 1029/75, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 221/1981. Das Mehrbegehren bezüglich Umsatzsteuer für den Schriftsatzaufwand war abzuweisen, weil es sich beim insoweit zuerkannten Betrag um einen Pauschalbetrag handelt.
Wien, am 13. Dezember 1982
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