European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1982:1981040036.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.260,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 13./14. Bezirk, vom 6. Dezember 1978 wurde die Betriebsanlage im Standort Wien 13, J‑Gasse 25, in welcher die Beschwerdeführerin das Gewerbe „Werbeunternehmer zur Durchführung von allgemeiner Wirtschaftswerbung im Freien, in Lokalen oder im Verkehr, mit Plakaten, Dauerwerbemitteln, Vitrinen, Schaukästen, phonetischen Darbietungen, elektroakustischer Werbung mit fixen Anlagen, stabil und beweglich, mit optischen, photographischen und anderen Werbemitteln“ ausübt, nach Maßgabe des Planes, auf den sich dieser Bescheid bezieht, und nach Maßgabe der im Spruch dieses Bescheides enthaltenen Betriebsbeschreibung gemäß § 74 GewO 1973 genehmigt. Gemäß § 77 GewO 1973 (und § 27 Abs. 2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes) wurde bezüglich ... des Betriebes der Betriebsanlage u. a. folgende Auflage vorgeschrieben:
„14. Ferner wird festgelegt, daß in der Betriebsanlage in der Zeit zwischen 18.00 Uhr und 7.00 Uhr keine Kraftfahrzeugbewegungen stattfinden dürfen. In der Zeit zwischen 7.00 Uhr und 18.00 Uhr dürfen sich nicht mehr als zwei Kraftfahrzeuge gleichzeitig im Hof befinden, wobei immer nur bei einem Kraftfahrzeug der Motor laufen darf.“
Auf Grund der dagegen von neun Nachbarn eingebrachten Berufung wurde dieser Bescheid mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 5. Juli 1979 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 dahin gehend geändert, als die Auflage im Punkt 14 durch folgende Vorschreibungen ersetzt wurde:
„14a) Kraftfahrzeuge dürfen in das Betriebsareal nicht einfahren.
14b) Der Transport der Materialien und Produkte zwischen dem Betrieb und den auf der öffentlichen Verkehrsfläche abgestellten Kraftfahrzeugen hat mittels gummibereifter Handwagen zu erfolgen.“
Ferner wurde ausgesprochen, daß die Auflage im Punkt 13 des Bescheides der Erstbehörde behoben werde.
Der gegen diesen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gab der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie mit Bescheid vom 16. Jänner 1981 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Entscheidung der Erstbehörde seien die Gutachten eines gewerbetechnischen und eines ärztlichen Amtssachverständigen sowie eines Privatsachverständigen (o. Univ.Prof. DDr. MH, Vorstand des Institutes für Umwelthygiene der Universität Wien) zugrunde gelegen. Der gewerbetechnische Amtssachverständige sei auf Grund des Ergebnisses der von ihm durchgeführten Schalldruckpegelmessungen zu dem Ergebnis gekommen, daß Geräusche jedenfalls dann als unzumutbar erklärt werden müßten, wenn sich ihr Schallpegel um mehr als 10 dB(A) über den Grundgeräuschpegel erhebt, und daß dies in allen Fällen zutreffe. Der ärztliche Amtssachverständige habe sich dahin gehend geäußert, daß mit Rücksicht auf das unmittelbare Naheverhältnis der Anrainer zur Betriebsanlage der durch die Kraftfahrzeuge verursachte Lärm unzumutbar sei und nur durch die Anbringung eines Schallschutzschirmes nahe der Grundstücksgrenze Abhilfe geschaffen werden könne. Hingegen sei der Privatsachverständige in der Zusammenfassung seines Gutachtens zu der Auffassung gelangt, daß der Schutz der Anrainer durch eine Zeitbeschränkung des Kraftfahrzeugverkehrs (z. B. keine Kraftfahrzeugbewegungen zwischen 18.00 Uhr und 7.00 Uhr) gewahrt wäre. Nach Feststellung, daß die Errichtung eines Schallschutzschirmes in Form einer mehr als 2,50 m hohen Mauer aus baurechtlichen Gründen nicht möglich, daß aber eine (nur) 2,50 m hohe Mauer infolge zu geringer Höhe als Schallschutzschirm nicht ausreichend sei, habe sich die Erstbehörde den Ausführungen des Sachverständigen o. Univ.Prof. DDr. MH insofern angeschlossen, als sie zur Auffassung gelangt sei, daß bei Vorschreibung der Auflage Punkt 14 der Kraftfahrzeuglärm auf ein für die Nachbarschaft zumutbares Ausmaß reduziert werden könne. Im Zuge des Berufungsverfahrens habe der Landeshauptmann von Wien ein weiteres Gutachten eines ärztlichen Amtssachverständigen (Magistratsabteilung 15, Gesundheitsamt der Stadt Wien) eingeholt. Dem wesentlichen Inhalt dieses unter dem 14. Mai 1979 erstatteten Gutachtens zufolge, überschritten die Meßwerte für das Fahren mit einem R 4 die Zumutbarkeitsgrenze knapp; Starten und Türen‑Zuschlagen weitaus mehr. Es verblieben somit die Belästigungen durch das Zu- und Abfahren der Kraftfahrzeuge, die sich nicht nur durch ihre Lärmemissionen, sondern auch durch ihre Abgase störend bemerkbar machten und durch technische Abhilfemaßnahmen nicht beherrschbar seien, da bei dem engen Seitenabstand naturgemäß jede Emission des Betriebes bei den Anrainern in nahezu voller Intensität registrierbar sei. Zur Beurteilung sei noch darauf hinzuweisen, daß die Umgebung ein reines Wohn- bzw. Villenviertel darstelle, wobei das örtliche Geräuschspektrum im wesentlichen aus Naturgeräuschen (Blätterrauschen, Vogelzwitschern etc.) bestehe. Die Kraftfahrzeuggeräusche würden davon nicht nur in der Intensität, sondern auch der Art nach als fremd gänzlich herausstechen. Bei der Beurteilung eines Störlärmes auf den Menschen seien aber nicht nur die physikalischen Größen, ausgedrückt in Schallpegelmessungen, und die darauf fußenden Berechnungen von Bedeutung, sondern auch der psychische Eindruck dürfe nicht außer acht gelassen werden. Auf diesem beruhten nämlich zahlreiche vegetative Regulationen, die bei lang anhaltendem, immer wieder einwirkendem Störlärm zu Fehlreaktionen führen könnten. Dies sei im gegenständlichen Fall durchaus möglich, wie durch die überstarke emotionelle Besetzung der Stellungnahmen ersichtlich sei. Diese in ihrer Gesamtheit unzumutbaren Emissionen der Betriebsanlage ließen sich zuverlässig nur durch ein Einfahrverbot für Kraftfahrzeuge hintanhalten. Es wäre allenfalls eine solche Benützung der Zufahrt möglich, die der eines Privathauses gleichzusetzen ist, d. h. also Einfahrt zwischen 7.00 Uhr und 18.00 Uhr (dies mit Rücksicht auf Ladetätigkeit) mit Fahrzeugen, die emissionsmäßig einem Pkw entsprechen, und Beschränkung der Frequenz auf zwei Fahrvorgänge täglich. Dabei würde durch die kurze Dauer und geringe Frequenz der Fahrvorgänge deren an sich unzumutbares Immissionsausmaß in den Bereich des Zumutbaren kommen. In der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 5. Juli 1979 erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin werde die Rechtswidrigkeit dieses Bescheides der Behörde zweiter Instanz dem wesentlichen Berufungsvorbringen zufolge insbesondere darin erblickt, daß die Auflagen des Bescheides der Erstbehörde dergestalt geändert bzw. ergänzt wurden, daß Kraftfahrzeuge nunmehr in das Betriebsareal nicht mehr einfahren dürfen und der Transport der Materialien und Produkte zwischen dem Betrieb und den auf der öffentlichen Verkehrsfläche abgestellten Kraftfahrzeugen mittels gummibereifter Handwagen zu erfolgen habe. Theoretisch wäre es gewiß zulässig, im Rahmen eines Verfahrens gemäß § 74 den Verkehr von Kraftfahrzeugen auf einer Betriebsliegenschaft zu verbieten, da dies eine Betriebsweise darstelle, die grundsätzlich geeignet sei, eine unzumutbare Beeinträchtigung der Nachbarschaft nach sich zu ziehen. Da sich die Beschwerdeführerin jedoch zum Zwecke des Transportes von Materialien und Produkten auf der gegenständlichen Liegenschaft solcher Betriebsmittel bediene, die nicht einmal abstrakt geeignet wären, eine Belästigung der Nachbarschaft herbeizuführen, müsse ihr die Auswahl dieser Betriebsmittel freistehen und könne durch eine Auflage nicht weiter eingeschränkt werden. Mit diesem Vorbringen treffe die Berufung die Kernfrage des gegenständlichen Verfahrens, wobei die Behauptung, die verwendeten Betriebsmittel seien nicht einmal abstrakt geeignet, eine Belästigung der Nachbarschaft herbeizuführen, durch den vorliegenden Sachverhalt eindeutig widerlegt werde. Wie sich aus der Lage der Akten ergebe, hätten im Zuge der Augenscheinsverhandlung vom 17. Jänner 1978 durchgeführte Schallpegelmessungen in der Wohnung J‑Gasse 27 im Wohnzimmer bei offenem Fenster einen Grundgeräuschpegel von 40 dB, in der Wohnung J‑Gasse 23 im ebenerdigen Wohnzimmer bei offener Terrassentüre einen Grundgeräuschpegel von 41 dB ergeben. Demgegenüber stünden Meßwerte beim Fahren mit einem Kombinationskraftwagen Renault R 4, beim Starten dieses Fahrzeuges und beim Zuschlagen der Wagentüre an der erstgenannten Meßstelle von 50 bis 52 dB, 59 dB und 64 bis 66 dB, an der zweitgenannten Meßstelle von 52 bis 53 dB, 56 bis 58 dB und 68 dB. Das bedeute, daß die Fahrgeräusche in den Nachbarwohnungen den herrschenden Grundgeräuschpegel um mehr als 10 dB überschreiten, was einer Verdoppelung der Lautheit entspreche. Nach den unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen sollen fünf Plakatierungsfahrzeuge Verwendung finden, deren Tätigkeit auf die erste Monatshälfte beschränkt sei. Beginnend um den Ersten eines jeden Monates sollen sie mit Plakaten beladen werden, die am nächsten Tage von den Plakatierern angeschlagen werden. Die Menge, die jeweils von den Fahrzeugen mitgenommen werde, reiche für eine Tagesleistung, sodaß die Fahrzeuge am nächsten Tage wiederkämen, um sich die Plakate für den nächsten Tag im Plakatlager abzuholen und ihre Leimbehälter für diese Plakatierung aufzufüllen. Die Plakatierungsperiode reiche etwa bis zur Mitte eines jeden Monats. Die tägliche Ladetätigkeit solle also darin bestehen, daß die fünf genannten Plakatierungsfahrzeuge nach Beendigung der Plakatierungsfahrt an der Grundgrenze der Betriebsliegenschaft in den Hof des Betriebes einfahren, dort die Leimkübel aufgefüllt werden und neue Plakate in die Fahrzeuge geladen werden. Nun ergebe sich aus den Gutachten der ärztlichen Amtssachverständigen beider Vorinstanzen, daß diese Tätigkeit, ohne daß dabei auf allfällige Geruchseinwirkungen durch Abgase der Kraftfahrzeuge Bezug genommen worden wäre, durch die auftretenden Schallereignisse zu einer Beeinträchtigung des Wohlbefindens eines gesunden, normal empfindenden Menschen zu führen vermöge. Eine unzumutbare Belästigung der Nachbarn liege dann vor, wenn sich dadurch das nach den örtlichen Verhältnissen gegebene bzw. das nach diesen unter Berücksichtigung der Widmungsvorschriften anzunehmende Immissionsniveau erhöhe. Dies treffe im vorliegenden Fall ohne jeden Zweifel zu und werde auch durch die von der Beschwerdeführerin zur Unterstützung ihrer Auffassung herangezogenen, aus anderen Verfahren stammenden, Meßergebnisse bestätigt. Die hier in Betracht kommenden Liegenschaften befänden sich in einem Gebiet, das mit Beschluß des Gemeinderatsausschusses vom 9. September 1931, A VII Zl. 108/54/31, (Plandokument 295) als Bauland/Wohngebiet gewidmet sei. Zufolge der gemäß § 77 Abs. 2 GewO 1973 zu berücksichtigenden Bestimmung des § 6 Abs. 6 der Bauordnung für Wien, in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. für Wien Nr. 18/1976, seien für Wohngebiete schon Belästigungen der Nachbarn, die den „Wohnzweck beeinträchtigen“ in dieser Widmungskategorie auszuschließen. Seien aber für die Zumutbarkeit von Belästigungen der Nachbarn auch die Widmungsvorschriften ein Beurteilungskriterium, dann erwachse den Nachbarn hieraus das Recht, eine Entwicklung abzuwehren, durch die bei Zugrundelegung des ‑ die faktischen Gegebenheiten erfassenden ‑ Merkmals der „örtlichen Verhältnisse“ ein sich allenfalls allmählich verstärkender Widerspruch zwischen dem durch die gewerblichen Betriebsanlagen bewirkten Immissionsniveau und den Widmungsvorschriften entsteht. Nicht anders aber sei die Zumutbarkeit von Belästigungen der Nachbarn zu beurteilen, wenn die Vorschreibung einer Beschränkung der Betriebsmittel (hier des Ein- und Ausfahrens sowie des Beladens von Kraftfahrzeugen) in Aussicht genommen werde (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. März 1979, Zl. 200/78, und die dort zitierten Erkenntnisse). Die Gewerbebehörde habe daher auf Grund der bestehenden Sach- und Rechtslage und unter Bedachtnahme auf die vorstehend angeführten Rechtsgrundsätze die durch das Zu- und Abfahren zu und von der Betriebsanlage mit den Kraftfahrzeugen zu erwartenden Belästigungen der Nachbarn nicht anders als ‑ zumindest ‑ unzumutbar qualifizieren können. Es sei somit Rechtens gewesen, wenn die Vorinstanz im Hinblick darauf, daß - wie bereits ausgeführt ‑ eine entsprechende Herabsetzung der zu erwartenden Immissionen durch technische Maßnahmen, wie z. B. durch Errichtung einer Schallschutzmauer nicht möglich sei, als bestimmte geeignete Auflage im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1973 das Verbot des Befahrens des Betriebsareals mit Kraftfahrzeugen und die daraus resultierende Auflage des Transportes der Materialien und Produkte zwischen dem Betrieb und den Kraftfahrzeugen mittels gummibereifter Handwagen vorschrieb, um die Genehmigung der Betriebsanlage überhaupt zu ermöglichen. Da auch das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht geeignet sei, die Behörde zu einer anderen Auffassung gelangen zu lassen, sei mit der Bestätigung des Bescheides der Behörde zweiter Instanz vorzugehen gewesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Ferner erstatteten acht der eingangs angeführten mitbeteiligten Parteien eine gemeinsame Gegenschrift, in der sinngemäß ebenfalls die Abweisung der Beschwerde begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf ein ordnungsgemäßes Verfahren sowie in ihrem Recht, daß ihre ob der Liegenschaft Wien, gelegene Betriebsanlage ohne die Auflagen, daß Kraftfahrzeuge in das Betriebsareal nicht einfahren dürfen und der Transport der Materialien und Produkte zwischen dem Betrieb und den auf der öffentlichen Verkehrsfläche abgestellten Kraftfahrzeugen mittels gummibereifter Handwagen zu erfolgen habe, bewilligt werde, verletzt.
In Ausführung dieses Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin unter dem Blickwinkel einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die belangte Behörde habe in der Begründung des angefochtenen Bescheides zwar auf den Umfang des Berufungsbegehrens Bezug genommen, im übrigen habe sie nur ein Argument der Berufung behandelt, wobei sie dieses Argument völlig mißverstanden habe. Der angefochtene Bescheid weise, wie bereits in der Berufung ausgeführt, insofern eine rechtliche Unrichtigkeit auf, als die Wahl jener Betriebsmittel, die eine Eignung im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1973 nicht aufweisen, dem Betriebsinhaber freistehen müsse und durch weitere Auflagen der Gewerbebehörde nicht eingeschränkt werden dürfe. Wenn die Beschwerdeführerin in der Berufung also von Betriebsmitteln zum Zwecke des Transportes gesprochen habe, „die nicht einmal abstrakt geeignet wären, eine Belästigung der Nachbarschaft herbeizuführen“, habe sie, was aus dem Zusammenhang klar hervorgegangen sei, die Auflage der Behörde gemeint, Transporte nur mittels eines gummibereiften Handwagens durchführen zu dürfen. Die belangte Behörde gehe also nur auf ein einziges Argument der Berufung der Beschwerdeführerin ein, wobei sie dieses mißverstanden habe, was im Ergebnis bedeute, daß sie sich mit der Berufungsbegründung überhaupt nicht auseinandergesetzt habe. Den Schriftsatz vom 10. Dezember 1979 habe die Behörde zur Gänze übergangen, sie habe ihn nicht einmal in der Darstellung des Sachverhaltes erwähnt. Sie habe auch den wesentlichen Umstand übergangen, daß sich die Beschwerdeführerin in Z. 5 des Schriftsatzes bereit erklärt habe, weitere die Betriebsanlage betreffende Einschränkungen vorzunehmen. Mit der Nichtbeachtung dieses Schriftsatzes werde aber u. a. auch das wesentliche Vorbringen übergangen, daß der sich ständig verstärkende Kreisverkehr von der W‑Straße bis zur S‑Straße der sich in unmittelbarer Nähe der Betriebsanlage abspiele, sehr stark wahrnehmbar sei, wobei auch, ohne daß hiefür Gründe angeführt worden wären, der beantragte Lokalaugenschein nicht durchgeführt worden sei. Auf Grund der Verhaltensweise der Behörde, insbesondere der Zusage, daß ein weiteres Gutachten ‑ nämlich aus dem medizinischen Fach ‑ einzuholen sein werde, habe die Beschwerdeführerin angenommen, daß ihr im Zuge des Berufungsverfahrens noch die Möglichkeit zu weiteren Stellungnahmen gegeben würde. Da dies nicht geschehen und die Beschwerdeführerin mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid überrascht worden sei, habe auch nicht mehr vorgebracht werden können, daß der Lkw Mercedes auf der gegenständlichen Betriebsanlage nicht mehr verwendet werden solle. Die Behörde habe sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit dem Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin überhaupt nicht auseinandergesetzt. In der Berufung habe die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, daß die Behörde zweiter Instanz nicht dargetan habe, welchen Teil der von ihr zitierten Gutachten sie als erwiesen und ihrer Entscheidung zugrunde zu legen gedenke und welchen nicht. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Slg. Nr. 8556/A/1974 habe sich die Behörde mit Einwendungen gegen ein Sachverständigengutachten, dessen Schlüssigkeit im Bereich der allgemeinen Lebenserfahrungen bekämpft werde, auseinanderzusetzen, auch wenn sich diese nicht auf gleicher wissenschaftlicher Ebene bewegen und auch nicht durch ein von der Partei selbst beigebrachtes Gegengutachten belegt wurden. In diesem Sinn sei auch das Erkenntnis Slg. Nr. 7615/A/1969 ergangen. Umso mehr müsse dieser Grundgedanke dann gelten, wenn ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ ein Sachverständiger vom Range des ordentlichen Universitätsprofessors DDr. H der ein anerkannter internationaler Fachmann sei, in Hinsicht auf die Einhaltung der von der Erstbehörde vorgeschriebenen Auflagen ausführe, daß es sich um keine störende Lärmbeeinträchtigung für die Nachbarschaft handle. Die Behörde hätte entsprechend der ihr obliegenden Begründungspflicht ausführen müssen, weshalb sie dem Gutachten des Univ.Prof. DDr. H nicht folge. Es wäre verfahrenswesentlich gewesen, daß sich die Behörde auch mit jenen Meßergebnissen der Magistratsabteilung 39 auseinandersetzt, die am 27. Oktober 1976 gemessen wurden. Diese Meßergebnisse hätten nämlich ganz andere Resultate aufgezeigt, was Zweifel hinsichtlich der Meßergebnisse aufkommen lasse, die durch die Behörde zu klären gewesen wären. Bereits der Landeshauptmann von Wien habe lediglich die Meßergebnisse vom 27. Jänner 1978 seinen Beurteilungen zugrunde gelegt, wobei jedoch nicht zu erkennen sei, weshalb nur diese Meßergebnisse maßgebend sein sollten. Obwohl sich die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung mit der Mangelhaftigkeit des Bescheides des Landeshauptmannes auseinandergesetzt und insbesondere die Widersprüchlichkeit der Gutachten eingehendst behandelt habe, habe die belangte Behörde auf Seite 6 des angefochtenen Bescheides erneut die Meßergebnisse vom 17. Jänner 1978 zitiert, ohne die diesbezüglichen, gewiß fundierten Bedenken auch nur eines Wortes zu würdigen, geschweige denn zu widerlegen. Auch die Frage der Meßmethoden sei in der Begründung des angefochtenen Bescheides wie in der Begründung des Bescheides der Behörde zweiter Instanz nicht erörtert worden. Bedeutsam sei in diesem Zusammenhang auch, daß in der Verhandlung vom 17. Jänner 1976 die Unbefangenheit von Ing. T der seitens der Magistratsabteilung 39 die gegenständlichen Messungen durchgeführt habe, berechtigterweise in Zweifel gezogen worden sei. Es falle auf, daß der Vertreter der Magistratsabteilung 39 zu Protokoll gegeben habe, das TGM‑Gutachten kehre nur die positive Seite für den Betrieb heraus. Der Gutachter sei eine Begründung für diese Behauptung schuldig geblieben, wobei ihm ein diesbezüglicher Beweis schon deshalb schwer möglich gewesen wäre, weil das Gutachten des TGM, welches bekanntlich auch als amtliche Prüfanstalt fungiere, wesentlich ausführlicher gehalten sei, daher auch fundierter sein müsse als jenes der Magistratsabteilung 39 und sich aus dem Meßergebnis sehr wohl ergebe, daß auch sämtliche für die Beschwerdeführerin negativen Aspekte berücksichtigt worden seien. Mit all dem setze sich der angefochtene Bescheid überhaupt nicht auseinander. Auch habe die Beschwerdeführerin bereits in der Verhandlung gerügt, daß auf Grund der unterschiedlichen Meßergebnisse anzunehmen sei, es könne das Meßergebnis der Magistratsabteilung 39 nicht in Ordnung sein, was ebenfalls nie einer näheren Überprüfung unterzogen worden sei. Auch finde sich keinerlei Begründung, weshalb die Behörde diesen Einwand unerheblich finde. Univ.Prof. DDr. H habe in seinem Ergänzungsgutachten vom 20. April 1978 zwar darauf abgestellt, daß die Messungen der Magistratsabteilung 39 nicht als unexakt bezeichnet werden können. Er habe aber nicht zum Ausdruck bringen wollen und können, daß diese Ergebnisse objektiv richtig seien. Für DDr. H sei es darum gegangen, daß man kurzfristigen Messungen nicht einfach vom Grundsätzlichen her eine objektive Unrichtigkeit anlasten könne. Fraglich sei aber, ob ein derartiges kurzfristiges Meßergebnis kurzfristig auftretender Geräusche bereits ausreichend sei, objektive Rückschlüsse auf die Beeinträchtigung der Nachbarschaft und ihre Zumutbarkeit zuzulassen. Es kann eingeräumt werden, daß es sich bei dem sogenannten „Grundgeräuschpegel“ per definitionem nicht um einen Durchschnittsgeräuschpegel handeln kann. Immerhin ergebe sich jedoch, daß selbst die Magistratsabteilung 39 Werte an derselben Stelle gemessen habe, die einen Unterschied von 4 dB aufweisen. Auf Grund der sonstigen unterschiedlichen Meßergebnisse der Magistratsabteilung 39 vertrete die Beschwerdeführerin nach wie vor den Standpunkt, daß die betreffenden Gutachten der Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes nicht zugrunde gelegt werden können. Aber selbst wenn man davon ausgehe, das Meßergebnis von 40 dB als Grundgeräuschpegel wäre richtig, ergebe sich laut Gutachten von Univ.Prof. DDr. H und der Magistratsabteilung 15 eine Toleranz von 3 dB, weshalb man im Prinzip ohne weiteres von einem Grundgeräuschpegel von 43 ‑ 44 dB ausgehen werde müssen. Die folgenden Feststellungen der Magistratsabteilung 15 vom 14. Mai 1979 seien in ihrer Allgemeinheit gewiß unrichtig. Wenn also der medizinische Amtssachverständige vermeine, das Fahren eines R 4 überschreite die Zumutbarkeitsgrenze knapp; Starten und Türe-Zuschlagen weitaus mehr, diverse Ladevorgänge - die nunmehr, wie bereits amtsbekannt sei, nicht mehr ausgeübt werden ‑ in noch stärkerem Ausmaß, so sei auf die diesbezüglichen Ausführungen der Gutachten DDr. H hingewiesen, der ausdrücklich darauf hinweise, daß einzelne Schallereignisse wie beispielsweise das Zuschlagen von Wagentüren, kurzfristig relativ hohe Werte ergäben. Für die Beurteilung des Störlärms im Verhältnis zum Grundgeräuschpegel sei aber nicht grundsätzlich von Spitzenwerten auszugehen, sondern vom sogenannten „äquivalenten Dauerschallpegel“, bezogen auf einen achtstündigen Arbeitstag (Gutachten Univ.Prof. DDr. H vom 18. August 1976). Nach den maßgeblichen ÖAL‑Richtlinien liege die Grenze der zumutbaren Störung bei der gegenständlichen Kategorie bei 55 dB für den äquivalenten Dauerschallpegel. Dieser erreiche, wie er im gegenständlichen Fall gemessen worden sei, jedoch den Grenzwert nicht. Sehe man von jener Ladetätigkeit ab, die nunmehr überhaupt nicht mehr in Frage komme, so sei auch auf die Lärmspitzen Bedacht zu nehmen, die in den ÖAL‑Richtlinien dann als zulässig angegeben werden, wenn sie innerhalb von 30 dB über der Grenze der zumutbaren Störung gelegen sind. Derartige störende Spitzengeräusche könnten im gegenständlichen Fall ebenfalls nicht nachgewiesen werden. Hinsichtlich der besonders unangenehm ins Gewicht fallenden Störungen, die durch den Betrieb von Kraftfahrzeugen verursacht werde, komme der Sachverständige DDr. H zu dem Ergebnis, daß diese in bestimmter Weise einzuschränken wären. Diesen Einschränkungen entsprächen jedoch bereits jene Auflagen, welche durch den Bescheid der Erstbehörde auferlegt worden sind. Mit dieser Problematik habe sich jedoch der amtsärztliche Sachverständige überhaupt nicht auseinandergesetzt. Er sei nämlich einfach davon ausgegangen, daß auch die Spitzengeräusche nicht mehr als 10 dB über dem Grundgeräuschpegel gelegen sein dürfen, was wesentlich den Ausführungen des Privatgutachtens widerspreche. Eine Aufklärung der auf der Hand liegenden Unrichtigkeit der Annahme des Amtssachverständigen durch die belangte Behörde sei unterblieben. Sie habe sich mit den diesbezüglichen Widersprüchen nicht auseinandergesetzt, was eben zu einem wesentlichen Verfahrensmangel führen müsse. In Ansehung der Abgase der Kraftfahrzeuge seien konkrete Feststellungen durch den amtsärztlichen Gutachter unterblieben, insbesondere sei die abschirmende Wirkung des vorhandenen Grünstreifens übergangen worden. In Hinsicht auf die Schaffung von Einstellplätzen auf Bauflächen wäre die genaue Erhebung der konkreten örtlichen Verhältnisse unumgänglich gewesen. Auf Grund der Betriebsanlagenbeschreibung und der von der Erstbehörde erteilten Auflagen ergebe sich, daß die gegenständlichen Liegenschaft in einer Art und Weise mittels Kraftfahrzeuges benützt werde, die mit einer privaten Nutzung durchaus vergleichbar sei. Ferner sei es eine dem Amtssachverständigen nicht zustehende Beurteilung, ob allenfalls notwendige Auflagen überprüft werden können oder nicht. Der Amtssachverständige habe sich darauf zu beschränken, aufzuzeigen, ob Auflagen notwendig sind und wenn ja, welche Beschaffenheit diese aufzuweisen haben, um eine medizinische Beeinträchtigung der Nachbarschaft hintanzuhalten. Alle anderen Beurteilungen in diesem Zusammenhang fallen in den Rechtsbereich, den zu beurteilen ausschließlich Sache der erkennenden Behörde sei. Die Frage der allfälligen Schwierigkeit des Feststellens rechtswidriger Handlungen und deren Hintanhaltung könne keinesfalls dazu führen, die den Rechtssubjekte, zustehenden Rechte zu beeinträchtigen. Von der vom Amtssachverständigen erwähnten überstarken emotionellen Besetzung der Stellungnahmen der Nachbarn zu sprechen, habe die belangte Behörde offensichtlich bewußt unterlassen. Die betreffende Feststellung der Amtssachverständigen lasse den unbezweifelbaren Schluß zu, daß das Gutachten von außergewöhnlichen Empfindsamkeiten der Anrainer ausgehe und diese zum Anlaß nehme, sich gegen die gegenständliche Betriebsanlage auszusprechen. Demgegenüber sei jedoch gemäß § 77 Abs. 2 GewO 1973 vom normal empfindenden Menschen auszugehen. Abschließend werde noch vermerkt, daß es rechtswidrig sei, wenn die belangte Behörde die Meßergebnisse vom 27. Oktober 1976 überhaupt übergehe. In dem damaligen Protokoll heiße es nämlich u. a., durch Ing. T und Dr. B seien beim Anrainer „hiebei“ überhaupt keine Geräusche registriert worden. Weiters sei ein Kleinlastwagen der Type R 4, im Hof stehend, mit Plakaten beladen worden. Auch hiebei seien beim Anrainer keine Geräuschwahrnehmungen gemacht worden. Ein weiterer Verfahrensmangel liege darin, daß die belangte Behörde kommentarlos das Gutachten vom 25. Jänner 1978 zitiere, in welchem u. a. behauptet werde, „daß in allen Fällen“ der Grundgeräuschpegel um 10 dB(A) überschritten werde. Unter „allen Fällen“ seien jedoch nur die Schallpegelmessungen zu verstehen, deren Ergebnis im Protokoll vom 17. Jänner 1978 festgehalten worden sind. Dabei seien aber eben nur jene protokollarisch festgehalten worden, welche unzulässige Spitzenwerte ergeben hätten, während etwa das Beladen mit Plakaten und Leimkübeln überhaupt keinen Ausschlag des Meßgerätes verursacht habe und dies im Protokoll auch nicht vermerkt worden sei. Der angefochtene Bescheid vermittle hingegen den Eindruck, daß der gewerbetechnische Amtssachverständige hinsichtlich sämtlicher betrieblicher Tätigkeiten festgestellt hätte, sie lägen 10 dB(A) über dem Grundgeräuschpegel.
In Ausführung des vorstehend angeführten Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin ferner unter dem Blickwinkel einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides vor, daß die in Punkt 14 a) und b) erteilte Auflage so weitgehend sei, daß die hiedurch „geschaffene“ Betriebsanlage eine solche sei, die nicht einmal mehr „geeignet“ sei, Gefährdungen oder Belästigungen unzulässiger Art herbeizuführen. Die belangte Behörde habe ferner verkannt, daß der in § 77 Abs. 2 GewO 1973 enthaltene Hinweis auf bestehende Widmungsvorschriften nicht streng baurechtlich zu verstehen sei, sondern ausschließlich ein Interpretationskriterium für die „örtlichen Verhältnisse“ darstelle.
Der vorliegenden Beschwerde kommt im Ergebnis Berechtigung zu.
Nach § 77 Abs. 1 GewO 1973 ist eine Betriebsanlage, erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter geeigneter Auflagen, zu genehmigen, wenn überhaupt oder bei Einhaltung der Auflagen zu erwarten ist, daß eine Gefährdung im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 ausgeschlossen ist und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Die in dieser Regelung angeführte Bestimmung des § 74 Abs. 2 Z. 2 stellt u. a. darauf ab, ob gewerbliche Betriebsanlagen geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch oder Lärm zu belästigen.
Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 1 Z. 2 zumutbar sind, ist nach § 77 Abs. 2 leg. cit. nach den Maßstäben eines gesunden, normal empfindenden Menschen und auf Grund der örtlichen Verhältnisse zu beurteilen. Hiebei sind auch die für die Widmung der Liegenschaften maßgebenden Vorschriften zu berücksichtigen.
Die Aufgabe, die Zumutbarkeit „auf Grund der örtlichen Verhältnisse“ zu beurteilen, bedeutet, daß die Behörde die bei den Nachbarn (§ 75 Abs. 2 GewO 1973) nach den ‑ tatsächlichen ‑ örtlichen Verhältnissen zu erwartenden Immissionen der zu genehmigenden Betriebsanlage an den bei den Nachbarn nach den ‑ tatsächlichen ‑ örtlichen Verhältnissen bestehenden Immissionen zu messen hat; allein die nach dem zweiten Satz des § 77 Abs. 2 GewO 1973 zu berücksichtigenden Flächennutzungsordnungen bilden die Grundlage einer Veränderung (Verschiebung) des auf diese Weise ermittelten Beurteilungsmaßes in Richtung des den Flächennutzungsordnungen entsprechenden Immissionsmaßes.
Im Geltungsbereich von für die Widmung der Liegenschaften maßgebenden Vorschriften bildet der den örtlichen Verhältnissen entsprechende Immissionsstand (das „Ist‑Maß“) nicht allein die Beurteilungsgrundlage; ein vom Ist‑Maß abweichendes Widmungsmaß ist in die Beurteilung auf Grund der örtlichen Verhältnisse einzubeziehen. Zu ermitteln ist ‑ unter Heranziehung geeigneter Sachverständiger ‑ die im Spannungsfeld des Ist-Maßes und des Widmungsmaßes liegende, bei Bedachtnahme auf die jeweils in Betracht kommende Interessenlage noch tragbare und daher zumutbare Immissionsgrenze. Hiebei ist folgende Unterscheidung zu treffen:
Liegt das Widmungsmaß höher als das Ist‑Maß, dann ist bei der Ermittlung des Abstandes der zulässigen Immissionsgrenze gegenüber dem Ist‑Maß ‑ unter Bedachtnahme auf das auf das Festhalten am Ist‑Maß gerichtete Interesse der Nachbarn ‑ allein der Gesichtspunkt der Anpassungsfähigkeit des Organismus eines gesunden, normal empfindenden Menschen an geänderte örtliche Verhältnisse maßgebend.
Liegt das Widmungsmaß niedriger als das Ist‑Maß, dann ist das Interesse des Genehmigungswerbers auf das Festhalten am Ist‑Maß gerichtet. Der Genehmigungswerber hat nur einen ihm ‑ objektiv ‑ wirtschaftlich zumutbaren, dem Stand der Technik angemessenen Beitrag zur Verringerung (oder Aufhebung) des Unterschiedes zwischen dem Ist-Maß und dem Widmungsmaß zu leisten. (Was die vorstehenden allgemeinen Ausführungen zur Rechtslage anlangt, siehe das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 12. Juni 1981, Zl. 04/0425/79, hinsichtlich der Genehmigung einer neuen Betriebsanlage siehe ferner die hg. Erkenntnisse vom 9. Oktober 1981, Zl. 04/1744/80, Seite 15 der Entscheidungsgründe und vom 30. Oktober 1981, Zl. 04/3199/80, Seite 12 f der Entscheidungsgründe.)
Durch die Vorschreibung von Auflagen im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1973 darf das Wesen des ‑ zur Genehmigung vorgelegten ‑ Projektes keine Änderung erfahren. (Siehe hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1976, Zl. 1446/75.)
Mit der Vorschreibung von Auflagen ist die Genehmigungsfähigkeit einer gewerblichen Betriebsanlage herzustellen. Der Betriebsinhaber darf nicht ohne Rücksicht darauf, ob derselbe Effekt nicht auch mittels weniger einschneidender Vorkehrungen erreicht werden kann, mit Maßnahmen belastet werden. (Siehe hg. Erkenntnis Slg. Nr. 9837/A/1979.)
Auflagen im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1973 müssen bestimmte geeignete ‑ behördlich erzwingbare ‑ Maßnahmen des Inhaber der Betriebsanlage zum Gegenstand haben. (Siehe hg. Erkenntnis Slg. Nr. 9979/A/1979.)
Im Verfahren betreffend ein Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage obliegt es dem technischen Sachverständigen, sich über die Art und das Ausmaß der von der Betriebsanlage zu erwartenden Immissionen zu äußern, während der ärztliche Sachverständige auf dieser Grundlage sein Gutachten über die Auswirkungen der Immissionen auf die Nachbarn zu erstatten hat. (Siehe das hg. Erkenntnis vom 25. September 1981, Zl. 04/0366/79.)
Im vorliegenden Fall erhob die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung gegen den ihrem Standpunkt nicht Rechnung tragenden Bescheid des Landeshauptmannes von Wien Bedenken gegen die aus den Schallpegelmessungen vom 17. Jänner 1978 stammenden Meßwerte; es sei deren Verschiedenheit gegenüber den Meßergebnissen vom 27. Oktober 1976 aufklärungs- und die Wahl der Meßmethode (Ö‑Norm B 8150 oder ÖAL‑Richtlinie Nr. 3) erörterungsbedürftig, das ordnungsgemäße Funktionieren des Meßgerätes der Magistratsabteilung 39 sei zu überprüfen. Trotz dieser von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Bedenken unterließ es die belangte Behörde, unter den angeführten Gesichtspunkten Feststellungen über die sachverhaltsmäßigen Grundlagen der von ihr ausschließlich unter Bezugnahme auf die Schallpegelmessungen vom 27. Jänner 1978 angenommenen Daten betreffend den den örtlichen Verhältnissen entsprechenden Immissionsstand (d. i. das „Ist‑Maß“) zu treffen. Die belangte Behörde begnügte sich weiters damit, die das „Ist‑Maß“ betreffenden Daten als Nachweis dafür anzuführen, daß es nicht zutreffe, es seien die verwendeten Betriebsmittel nicht einmal abstrakt geeignet, eine Belästigung der Nachbarschaft herbeizuführen, daß vielmehr die Fahrgeräusche in den Nachbarwohnungen den herrschenden Grundgeräuschpegel um mehr als 10 dB überschreite. Sie unterließ es jedoch, die unter Berücksichtigung der generellen Merkmale der Widmungsvorschriften für den konkreten Fall zu ermittelnden Werte des Widmungsmaßes darzustellen und ausgehend vom Ist-Maß und vom Widmungsmaß hinsichtlich der Auswirkungen der von der Betriebsanlage verursachten Immissionen auf die Nachbarn das Beurteilungsmaß festzustellen. In diesem Zusammenhang unterließ es die belangte Behörde ferner, auf die von der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung gegen den Bescheid der Behörde zweiter Instanz unter Hinweis auf die Äußerung des Univ.Prof. DDr. H vom 18. August 1976 angeschnittene Frage der Erfassung einzelner lärmender Ereignisse in Form der einzelnen kurzzeitigen Meßgrößen und auf die Frage des Vergleiches zwischen dem durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen auf den anliegenden Liegenschaften einschließlich der Straßen hervorgerufenen Lärm einerseits und dem durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen im Rahmen des Betriebsgeschehens im Bereich der Betriebsanlage der Beschwerdeführerin zu erwartenden Lärm andererseits einzugehen. Schließlich rügt die Beschwerdeführerin zu Recht, daß sich die belangte Behörde mit der Tragfähigkeit des Gutachtens des medizinischen Amtssachverständigen vom 14. Mai 1979 nicht auseinandersetzt, obwohl in diesem Gutachten auf die überstarke emotionelle Besetzung der Stellungnahmen der Nachbarn und somit auf eine Erscheinung abgestellt wurde, die zumindest nicht ohne weiteres eine auf den gesetzlichen Tatbestand der Maßstäbe eines gesunden, normal empfindenden Menschen im Sinne des § 77 Abs. 2 GewO 1973 bezogene Sachverhaltsfeststellung erlaubt.
Solcherart erweist sich der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig und es wurden von der belangten Behörde die Verfahrensvorschriften der §§ 60 und 67 AVG 1950 über die Begründung von Bescheiden außer acht gelassen, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Einhaltung dieser Vorschriften zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Im Hinblick auf dieses Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens war auf die geltend gemachte Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides nicht mehr einzugehen. Für das fortgesetzte Verfahren allerdings wird auf die normativen Grenzen der Vorschreibung von Auflagen nach § 77 Abs. 1 GewO 1973 und auf die in Ansehung der Berücksichtigung der für die Widmung der Liegenschaften maßgebenden Vorschriften im Sinne des § 77 Abs. 2 GewO 1973 gebotene Vorgangsweise im Sinne der vorstehenden allgemeinen Ausführungen zur Rechtslage hingewiesen. Im übrigen war es im Hinblick auf das Ergebnis der Prüfung des angefochtenen Bescheides entbehrlich, auf die Frage der Berücksichtigung des Schriftsatzes der Beschwerdeführerin vom 10. Dezember 1979 (ein solcher Schriftsatz findet sich in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens nicht) und auf die ‑ Frage einer Befangenheit des Ing. T einzugehen.
Der angefochtene Bescheid war vielmehr schon aus den dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 lit. c VwGG 1965 abgesehen werden.
Soweit vorstehend auf in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte hg. Erkenntnisse hingewiesen wird, wird an die Bestimmung des Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981 (Art. I und Art. III Abs. 2).
Wien, am 17. September 1982
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)