VwGH 81/03/0061

VwGH81/03/00611.7.1981

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Baumgartner, Dr. Weiss und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Müller über die Beschwerden der Dr. UM, Rechtsanwalt in K, a) gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 28. Jänner 1981, Zl. 8V- 4292/2/80, betreffend des Kraftfahrgesetzes 1967, und b) gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 28. Jänner 1981, Zl. 8V-4164/2/80, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §36 lite;
VStG §19;
KFG 1967 §36 lite;
VStG §19;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden in Ansehung der Strafaussprüche und der Aussprüche über die Kosten der Verwaltungsstrafverfahren wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im übrigen werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 16.360,-- (je Beschwerdefall S 8.160,--) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Sicherheitswachebeamte WB erstattete am 25. März 1980 der Bundespolizeidirektion Klagenfurt die Anzeige, er habe am 6. März 1980 um 8.45 Uhr festgestellt, daß an dem im Bereich Dobernigstraße - Purtscherstraße abgestellten, dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw die gesetzlich geforderte Begutachtungsplakette nicht angebracht gewesen sei. Bei der Kontrolle sei auch festgestellt worden, daß am Pkw auch an keiner anderen Stelle der Karosserie die geforderte Plakette angebracht gewesen sei. Als beanstandeter Kfz-Lenker wurde in der Anzeige die Beschwerdeführerin bezeichnet.

Mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vom 12. Mai 1980 wurde der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, sie habe am 6. März 1980 um 8.45 Uhr in Klagenfurt, Dobernigstraße - Purtscherstraße ihren dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw im ruhenden öffentlichen Verkehr gehabt, obwohl keine Begutachtungsplakette angebracht gewesen sei. Diese Strafverfügung, in der die von der Beschwerdeführerin wegen Verwaltungsübertretung nach § 36 lit. e KFG verwirkte Strafe festgesetzt wurde, trat zufolge des von ihr dagegen erhobenen Einspruches außer Kraft.

In der Folge ließ die Beschwerdeführerin die ihr am 3. Juni 1980 eingeräumte zweiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ungenützt verstreichen.

Mit dem Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vom 29. Juli 1980 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 6. März 1980 um 8.45 Uhr in Klagenfurt, Dobernigstraße - Purtscherstraße ihren dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw im ruhenden öffentlichen Verkehr gehabt, obwohl keine Begutachtungsplakette (§ 57 a Abs. 5 und 6) am Fahrzeug angebracht gewesen sei. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 36 lit. e KFG begangen. Gemäß § 134 Abs. 1 KFG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzarreststrafe 3 Tage) verhängt.

In der Begründung wurde ausgeführt, die der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Verwaltungsübertretung sei auf Grund der eigenen dienstlichen Wahrnehmung des Meldungslegers als erwiesen anzusehen. Die Beschwerdeführerin habe gegen die Strafverfügung vom 12. Mai 1980 fristgerecht Einspruch erhoben und am 3. Juni 1980 Akteneinsicht genommen, wobei ihr unter Androhung von Kontumazfolgen eine Frist von zwei Wochen zur Erstellung einer Äußerung eingeräumt worden sei. Eine Stellungnahme sei bis dato nicht eingelangt, weshalb der unwidersprochen gebliebene Sachverhalt laut Anzeige der Entscheidung habe zugrunde gelegt werden können. Bei der Strafbemessung sei auf die Bestimmungen des § 19 VStG 1950 Bedacht genommen worden. Straferschwerend hätten zahlreiche Strafvormerkungen gewertet werden müssen, strafmildernd habe nichts angenommen werden können.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie erklärte, das Straferkenntnis werde seinem gesamten Inhalt nach angefochten, nicht nur hinsichtlich des Schuldspruches, sondern auch hinsichtlich der Höhe der ausgesprochenen Strafe. Es sei völlig unrichtig, daß ihr Pkw jemals im ruhenden öffentlichen Verkehr ohne eine am Fahrzeug angebrachte Begutachtungsplakette abgestellt worden wäre. Der gegenständliche Pkw sei immer, insbesondere auch am 6. März 1980, mit einer ordnungsgemäß ausgestatteten Begutachtungsplakette versehen gewesen. Die Begutachtungsplakette mit der entsprechenden Gültigkeitsdauer sei von der Firma T, ausgestellt worden und sei durch einen offenbar boshaften Straßenpassanten in der fraglichen Zeit nicht geringfügig durch einen Kratzer beschädigt worden. Der Pkw sei zu diesem Zeitpunkt im Rahmen eines Bosheitsaktes, dessen Verursacher nicht hätten festgestellt werden können, nicht nur an der Begutachtungsplakette nicht geringfügig eingekratzt worden, sondern es sei ihm mit einem scharfen Gegenstand ein ca. 2 m langer Kratzer an den Karosserieteilen beigefügt worden, welcher Schaden heute noch vorhanden sei, und es sei auch der gesamte rechte vordere Kotflügel mit einem scharfen Gegenstand aufgekratzt worden, ohne daß dies beim Abstellen des Fahrzeuges habe festgestellt werden können.

Die Begutachtungsplakette sei erneuert worden und die beschädigte Begutachtungsplakette, die der Meldungsleger gesehen haben müsse, befinde sich nach wie vor am Pkw. Es treffe die Beschwerdeführerin an der Beschädigung daher keinerlei Verschulden. Das angefochtene Straferkenntnis sei auch deshalb rechtswidrig, weil ein ordentliches Verfahren nach Erhebung des Einspruches überhaupt nicht durchgeführt worden sei.

Am 22. September 1980 wurde der Meldungsleger WB als Zeuge vernommen. Er führte aus, am 6. März 1980, um 8.45 Uhr sei am Pkw der Beschwerdeführerin, abgestellt in Klagenfurt, Dobernigstraße - Purtscherstraße weder eine ordnungsgemäße noch eine zerkratzte Begutachtungsplakette angebracht gewesen. Der Zeuge habe sich den gesamten Pkw angesehen, was auch bereits aus seiner Anzeige vom 25. August 1980 hervorgehe. Er habe auch keine zerkratzte Plakette feststellen können. Ob der Pkw sonst beschädigt war, könne der Zeuge nicht angeben, weil er darauf nicht besonders geachtet habe. Er habe allerdings an der Windschutzscheibe Rückstände eines Klebestoffes an der rechten oberen Ecke festgestellt. An dieser Stelle dürfte sich früher einmal eine Begutachtungsplakette befunden haben. Die Umrisse des Klebestoffes hätten der Form einer Begutachtungsplakette entsprochen. Reste der Plakette seien aber auch an der Windschutzscheibe nicht vorhanden gewesen.

In der Folge ließ die Beschwerdeführerin die ihr am 3. November 1980 eingeräumte zweiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ungenützt verstreichen.

Mit dem im Wege der unter der hg. Zl. 81/03/0062 protokollierten Beschwerde angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung wurde ausgeführt, der Vorwurf, die Erstinstanz habe kein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt, werde zu Unrecht erhoben. Die Beschwerdeführerin habe am 3. Juni 1980 Akteneinsicht erhalten, unter Hinweis auf die Kontumazfolgen sei ihr eine Frist von 14 Tagen zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt worden. Da bis zum 29. Juli 1980 seitens der Beschwerdeführerin keine Äußerung eingelangt sei, sei die Erstinstanz berechtigt gewesen, das Verfahren auf Grund der dienstlichen Wahrnehmung des Meldungslegers mit Erlassung des Straferkenntnisses abzuschließen. Eine Veranlassung, das Beweisverfahren fortzusetzen, habe in Anbetracht der klaren Anzeigeangaben für die Erstinstanz nicht bestanden. Den ebenso eindeutigen wie präzisen Angaben des Meldungslegers, wonach am Fahrzeug der Beschwerdeführerin an der hiefür vorgesehenen Stelle und auch an einer anderen Stelle der Karosserie zur Tatzeit keine Begutachtungsplakette angebracht gewesen sei, habe die Beschwerdeführerin lediglich die unbewiesene Zweckbehauptung entgegengesetzt, daß die Begutachtungsplakette zur Tatzeit ordnungsgemäß angebracht, jedoch geringfügig eingekratzt gewesen sei. Dieser Kratzer habe sich auf eine Länge von 2 m über den Kofferraumdeckel fortgesetzt. Die Begutachtungsplakette sei erneuert worden, die beschädigte Plakette befinde sich nach wie vor am Fahrzeug. An der Beschädigung treffe sie kein Verschulden. Um allfällige, für die Beschwerdeführerin sprechende Umstände zu eruieren, habe die belangte Behörde eine niederschriftliche Einvernahme des Meldungslegers zu den Berufungsausführungen veranlaßt. Der Meldungsleger habe am 22. September 1980 unter Diensteid angegeben, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete angebliche Beschädigung des Fahrzeuges zur Tatzeit nicht vorgelegen gewesen sei und daß am Fahrzeug keine, auch keine eingekratzte Begutachtungsplakette angebracht gewesen sei. Lediglich an der Windschutzscheibe des Fahrzeuges seien Rückstände eines Klebestoffes an der rechten oberen Ecke feststellbar gewesen, die darauf hingewiesen hätten, daß sich dort einmal eine Begutachtungsplakette befunden haben könnte. Diese Zeugenaussage sei der Beschwerdeführerin in Wahrung des Parteiengehörs nachweislich zur Kenntnis gebracht worden, doch habe diese innerhalb der ihr eingeräumten Frist und auch später keine Äußerung abgegeben. Von Ermittlungen bei jener Autofirma, die angeblich die Begutachtungsplakette ausgestellt habe, sowie von einer Besichtigung des Pkws nach nunmehr mehr als sechs Monaten sei Abstand genommen worden, weil von diesen Ermittlungen zur Klärung, ob zur Tatzeit die Begutachtungsplakette angebracht gewesen sei oder nicht, nichts habe erwartet werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, unter der hg. Zl. 81/03/0062 protokollierte Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Sicherheitswachebeamte OH erstattete am 31. März 1980 der Bundespolizeidirektion Klagenfurt die Anzeige, am 8. März 1980, gegen 21.00 Uhr, sei festgestellt worden, daß am Pkw der Beschwerdeführerin, welcher in Klagenfurt, Bahnhofstraße vor dem Haus Nr. 4 zum Parken abgestellt gewesen sei, keine Begutachtungsplakette gemäß § 28 a Abs. 4 KDV angebracht gewesen sei. Es habe lediglich festgestellt werden können, daß am Armaturenbrett, an der rechten Seite, Teile verschiedener Begutachtungsplaketten aufgeklebt gewesen seien. Aus den Teilen habe jedoch nicht mehr entnommen werden können, zu welchem Zeitpunkt das Fahrzeug überprüft wurde bzw. einer wiederkehrenden Begutachtung zu unterziehen gewesen wäre. Aus einem der Teile sei zwar die Lochung 9/78 ersichtlich gewesen, woraus zu schließen wäre, daß das Fahrzeug unter Berücksichtigung einer sechsmonatigen Toleranzfrist spätestens im März des Jahres 1979 zu überprüfen gewesen wäre.

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vom 11. Juni 1980 wurde der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, sie habe am 8. März 1980 um 21.00 Uhr in Klagenfurt, Bahnhofstraße 4, ihren dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw im ruhenden öffentlichen Verkehr gehabt, obwohl die Begutachtungsplakette nicht mehr den Vorschriften entsprochen habe. Diese Strafverfügung, in der die von der Beschwerdeführerin wegen Übertretung nach § 36 lit. e KFG verwirkte Strafe festgesetzt wurde, trat zufolge des von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Einspruches außer Kraft.

In der Folge ließ die Beschwerdeführerin die ihr am 10. Juli 1980 eingeräumte vierzehntägige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ungenützt verstreichen.

Mit dem Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vom 4. August 1980 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 8. März 1980 um 21.00 Uhr in Klagenfurt, Bahnhofstraße Nr. 4, ihren dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw im ruhenden öffentlichen Verkehr gehabt, obwohl die Begutachtungsplakette nicht am Fahrzeug angebracht gewesen sei. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 36 lit. e KFG begangen. Gemäß § 134 Abs. 1 KFG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzarreststrafe drei Tage) verhängt.

Die Begründung dieses Straferkenntnisses und die gegen dieses Straferkenntnis von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung entsprechen - mit den nötigen Abänderungen hinsichtlich der Zeitangaben - nahezu wörtlich den entsprechenden Texten, die sich aus den zum erwähnten hg. Verfahren Zl. 81/03/0062 vorgelegten Verwaltungsstrafakten ergeben und bereits vorstehend dargestellt wurden.

Am 6. Oktober 1980 wurde der Meldungsleger OH als Zeuge vernommen. Er führte aus, am Pkw "also außen", sei keine Begutachtungsplakette angebracht gewesen. Lediglich innen, am Armaturenbrett, seien Teile einer Begutachtungsplakette sichtbar gewesen, die jedoch bereits abgelaufen gewesen sei, das habe man einwandfrei erkennen können. Die Lochung sei 9/78 gewesen. Von einer angeblichen Beschädigung am Pkw habe der Zeuge nichts bemerkt.

In der Folge ließ die Beschwerdeführerin die ihr am 10. November 1980 eingeräumte zweiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ungenützt verstreichen.

Mit dem im Wege der unter der hg. Zl. 81/03/0061 protokollierten Beschwerde angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen.

Die Begründung dieses Bescheides entspricht mit einigen für die Beurteilung der Rechts- und Sachlage im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht weiter relevanten Änderungen der Begründung des im erwähnten hg. Verfahrens Zl. 81/03/0062 angefochtenen Bescheides, welche vorstehend dargestellt wurde.

Gegen den nunmehr in Rede stehenden Bescheid richtet sich die vorliegende, unter der hg. Zl. 81/03/0061 protokollierte Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte in den beiden anhängig gewordenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Akten der Verwaltungsstrafverfahren vor und erstattete in beiden verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine Gegenschrift, in der die Abweisung der jeweiligen Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerdesachen, die eine und dieselbe Beschwerdeführerin und im wesentlichen gleichgelagerte Sach- und Rechtsfragen betreffen, zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und erwogen:

In beiden Beschwerdefällen erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, einer Verwaltungsübertretung nach § 36 lit. e KFG nicht schuldig erkannt und für die Begehung einer solchen Verwaltungsübertretung nicht bestraft zu werden. In beiden Beschwerdefällen erachtet sich die Beschwerdeführerin ferner in dem Recht auf eine den Kriterien des § 19 VStG 1950 entsprechende Strafbemessung als verletzt.

In Ausführung dieser Beschwerdepunkte führt die Beschwerdeführerin in beiden Beschwerdefällen an, nach Ansicht der belangten Behörde sei ganz offenbar eine vom Anzeiger (Meldungsleger) unter Diensteid gemachte Angabe, sei es im Rahmen eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens, sei es außerhalb, ein für den Beschuldigten unwiderlegbares Beweismittel. Die Beschwerdeführerin habe im Rahmen der gegen sie eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren angeboten, den Pkw zum Nachweis dafür vorzuführen, daß sie immer im Besitze einer, den gesetzlichen Erfordernissen entsprechenden Begutachtungsplakette für ihren Pkw gewesen sei, aber auch zum Nachweis dafür, daß ihr Pkw in mehrfachen Angriffen während des Abstellens an öffentlichen Verkehrsflächen beschädigt und daß dabei nicht nur große Teile der Karosserie zerkratzt worden seien, sondern auch die angebrachte Begutachtungsplakette beschädigt worden sei. Dies allein ergebe sich schon aus dem Inhalt der Strafverfügung vom 12. Mai bzw. vom 11. Juni 1980, in der es wörtlich heiße, daß die Begutachtungsplakette nicht den Vorschriften entsprochen habe. Im Gegensatz zu dieser Formulierung werde im folgenden Verfahren und im angefochtenen Straferkenntnis behauptet, es wäre überhaupt keine Begutachtungsplakette angebracht gewesen. Zum Nachweis für ihr Vorbringen habe sich die Beschwerdeführerin auf die Einholung einer Auskunft der ausstellenden, hiefür konzessionierten Kfz-Werkstätte berufen, da die Beschwerdeführerin ja anders den Nachweis der Ausstellung und damit natürlich der vorschriftsgemäßen Anbringung dieser Plakette nicht erbringen könne. Die belangte Behörde vermeine jedoch, dies sei nur eine belanglose Schutzbehauptung und sie sei nicht verpflichtet, die Ausstellung der Begutachtungsplakette mit ihrer vorschriftsmäßigen Laufzeit zu überprüfen. Durch diese Vorgangsweise der belangten Behörde seien sämtliche Verfahrensvorschriften, insbesondere betreffend die Grundsätze der amtswegigen Wahrheitsforschung, verletzt, weshalb schon aus diesen Gründen der angefochtene Bescheid gesetz- und rechtswidrig sei. Die angefochtenen Bescheide seien aber auch deshalb rechtswidrig, weil es kein strafrechtliches Verschulden darstellen könne, wenn in Abwesenheit der Beschwerdeführerin die am Pkw angebrachte Begutachtungsplakette durch einen Bosheitsakt beschädigt wird. Auch hierüber Beweise aufzunehmen, habe die belangte Behörde nicht für notwendig befunden, da sie offenbar die Aussage eines Meldungslegers, der sich im übrigen noch in seinen Angaben im gegenständlichen Verfahren widersprochen habe, für ein unwiderlegbares Beweismittel halte und jede Behauptung des Beschuldigten mit entsprechenden Beweisanboten als unbewiesene Zweckbehauptung bezeichne. Die belangte Behörde habe es auch für überflüssig erachtet, die Beschwerdeführerin als Beschuldigte vorzuladen und sie über die tatsächlichen Vorgänge zu befragen. Es wäre unerfindlich, warum sie im Falle der ordnungsgemäßen Ausstellung einer Begutachtungsplakette diese an ihrem Pkw nicht mitführen sollte. Die Beschwerdeführerin habe eben vorgebracht, daß die Begutachtungsplakette durch einen Bosheitsakt in zwei oder drei Angriffen an verschiedenen Tagen beschädigt worden sei, woraus ihr ein nicht unerheblicher Schaden entstanden sei, da nicht nur die Plakette, sondern auch der übrige Pkw durch erhebliche, mit einem scharfen Gegenstand angebrachte Kratzer an der Karosserie beschädigt worden sei. Hiefür könne die Beschwerdeführerin jedoch strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden. Im übrigen sei darauf zu verweisen, daß nicht der Tatbestand der Führung einer beschädigten Plakette, die durch Dritte beschädigt wurde, an sich nach den zitierten gesetzlichen Bestimmungen strafbar sei, sondern der Tatbestand, daß eine Plakette nicht ausgestellt und am Pkw nicht angebracht worden ist. Es liege außerhalb des strafrechtlichen Verantwortungs- und Einflußbereiches darauf zu achten, daß die Plakette nicht durch dritte Personen beschädigt werde, bzw. ihre Beschädigung zu verhindern. Im übrigen seien die angefochtenen Entscheidungen insofern rechtswidrig, als darin ausgeführt werde, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Beschädigung nicht vorgelegen sei, zumal der Meldungsleger lediglich behauptet habe, er habe auf solche Beschädigungen nicht geachtet. "Das angefochtene Straferkenntnis" sei auch deshalb rechtswidrig, weil die für die Höhe der Strafe nach dem Gesetz erforderlichen Umstände nicht einmal erhoben, geschweige denn in den angefochtenen Erkenntnissen festgestellt worden seien.

Soweit die Beschwerdeführerin die in den angefochtenen Bescheiden liegenden Schuldsprüche bekämpft, ist ihre Beschwerde nicht begründet.

Nach § 36 Einleitung und lit. e KFG dürfen die in § 57 a Abs. 1 lit. a bis g angeführten, zum Verkehr zugelassenen Fahrzeuge, soweit sie nicht unter § 57 a Abs. 1 letzter Satz fallen, - abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen - auf Straßen mit öffentlichen Verkehr nur verwendet werden, wenn eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette (§ 57 a Abs. 5 und 6) am Fahrzeug angebracht ist.

Nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG 1950 zieht schon das bloße Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder die Nichtbefolgung eines Gebotes Strafe nach sich, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt und der Täter nicht beweist, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist.

Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin ist der Vorschrift des § 36 lit. e KFG nicht schon dadurch Rechnung getragen, daß anläßlich der Zulassung oder zu den in § 57 a Abs. 3 KFG vorgesehenen Zeitpunkten eine Begutachtungsplakette ausgestellt und am Fahrzeug angebracht wird. Aus dem klaren Wortlaut des § 36 lit. e KFG ergibt sich vielmehr, daß eine Person, die wann immer ein unter diese Regelung fallendes Fahrzeug auf einer Straße mit öffentlichen Verkehr verwendet, darauf zu achten hat, daß eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette (§ 57 a Abs. 5, 6) am Fahrzeug angebracht ist. Diese Verpflichtung trifft die das Fahrzeug verwendende Person insbesondere auch dann, wenn eine Begutachtungsplakette den Vorschriften entsprechend ausgestellt und am Fahrzeug angebracht, jedoch durch eine dritte Person beschädigt oder gänzlich entfernt worden ist.

Für die Verwirklichung des Tatbestandes einer Verwaltungsübertretung nach § 36 lit. e KFG ist es, wie zur Rechtslage ferner noch festzustellen ist, unerheblich, ob gar keine Begutachtungsplakette oder ob eine solche, den Vorschriften jedoch nicht entsprechende Begutachtungsplakette am Fahrzeug angebracht ist.

In den vorliegenden Beschwerdefällen war es somit entscheidend, ob am Fahrzeug der Beschwerdeführerin am 6. März 1980 um 8.45 Uhr bzw. am 8. März 1980 um 21.00 Uhr eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette angebracht war. Der Beweis dafür, daß dies der Fall gewesen sei, konnte im gegebenen Zusammenhang durch eine Vorführung des Pkws im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens nicht erbracht werden. An Beweismitteln standen der belangten Behörde diesbezüglich vielmehr lediglich die Zeugenaussagen der beiden Meldungsleger zur Verfügung. Beide Zeugenaussagen gehen dahin, daß zu den angeführten Zeitpunkten keine Begutachtungsplakette (zumindest keine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette) am Fahrzeug angebracht war. Gegen die betreffenden Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde bestehen unter dem Blickwinkel der Frage nach einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften keine Bedenken, zumal die Beschwerdeführerin, ebenfalls entgegen ihrem Vorbringen in der Beschwerde wie sich aus der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung ergibt, im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens mehrmals Gelegenheit hatte, der Behörde ihren Standpunkt darzulegen, die ihr jeweils eingeräumten Fristen jedoch ungenützt verstreichen ließ, und sich auch aus den von ihr erhobenen Berufungen kein Vorbringen ergibt, demzufolge am Fahrzeug der Beschwerdeführerin zu den angeführten Zeitpunkten eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette angebracht gewesen sei. Die Beschwerdeführerin brachte in ihren Berufungen vielmehr vor, die Begutachtungsplakette erneuert zu haben, was darauf schließen läßt, daß sie von einer Erneuerungsbedürftigkeit ausging.

Im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens ergaben sich keinerlei konkreten Anhaltspunkte dafür, daß es der Beschwerdeführerin gerade am 6. März 1980 um 8.45 Uhr und dann auch noch am 8. März 1980 um 21.00 Uhr ohne ihr Verschulden unmöglich gewesen wäre, die Verwaltungsvorschrift des § 36 lit. e KFG einzuhalten. Durch den bloßen Nachweis des Vorhandenseins von Beschädigungen am Pkw während der Dauer des Verwaltungsstrafverfahrens konnte jedenfalls für sich allein im gegebenen Zusammenhang ein solcher Nachweis der verschuldensfreien Unmöglichkeit der Einhaltung der Verwaltungsvorschrift nicht erbracht werden.

Die vorliegende Beschwerde war somit in Ansehung der in den angefochtenen Bescheiden jeweils als erwiesen angenommene Tat und als verletzt festgestellten Verwaltungsvorschrift gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Hingegen ist die Beschwerdeführerin mit ihren Beschwerdeausführungen insoweit im Recht, als im Rahmen der beiden Verwaltungsstrafverfahren und insbesondere in den angefochtenen Bescheiden die nach § 19 VStG 1950 relevanten Merkmale für die Strafbemessung nicht festgestellt worden sind. Die belangte Behörde stellt insbesondere nicht fest, inwieweit sie unter sinngemäßer Anwendung des § 33 Z. 2 Strafgesetzbuch (§ 19 Abs. 2 VStG 1950 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 117/1978) von - rechtskräftig gewordenen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1978, Zlen. 1221, 1222/77, das hinsichtlich des Erfordernisses des Eintrittes der Rechtskraft von Verurteilungen auch auf die durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 117/1973 geschaffene Neufassung des § 19 VStG 1950 zutreffende Ausführungen enthält und auf das unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen wird) - Verurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Taten ausgegangen ist. In dieser Hinsicht ist der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben.

Die angefochtenen Bescheide waren somit jeweils in Ansehung des Strafausspruches und des Ausspruches über die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a, 48 Abs. 1 lit. a und b und 50 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I lit. A Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 542/1977.

Wien, am 1. Juli 1981

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