VwGH 81/02/0058

VwGH81/02/005818.9.1981

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Närr, Dr. Degischer und Dr. Dorner als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde des ZR in W, vertreten durch Dr. Eva Maria Barki-Bekö, Rechtsanwalt in Wien IV, Operngasse 36, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 15. Jänner 1981, Zl. MA 70-IX/R 31/80/Str., betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §63 Abs4;
VStG §24;
AVG §63 Abs4;
VStG §24;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 11. November 1979 wurde der Beschwerdeführer von einem Sicherheitswachebeamten der Bundespolizeidirektion Wien auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmung zur Anzeige gebracht. Dieser Anzeige zufolge sei der Meldungsleger um 01.05 Uhr dieses Tages in Begleitung eines weiteren Sicherheitswachebeamten mit dem Funkwagen zwecks Ausforschung eines fahrerflüchtigen Lenkers in Wien 2 durch die Engerthstraße gefahren und sei nach links in die Wachaustraße eingebogen. Kurz vorher sei der Beschwerdeführer in der Wachaustraße/Ecke Engerthstraße mit seinem Kfz zugefahren und auf dem Schutzweg stehengeblieben. Als die beiden Sicherheitswachebeamten nach Erhebung des fahrerflüchtigen Lenkers um ca. 01.35 Uhr zurückgekommen seien, hätten sie den Beschwerdeführer in seinem Pkw auf dem Lenkrad liegend vorgefunden. Da der Verdacht der Alkoholisierung bestanden habe, habe ihn der Meldungsleger zur Vorweisung der Fahrzeugpapiere auffordern wollen. Um ihn auf seine Anwesenheit aufmerksam zu machen, habe der Meldungsleger einige Male gegen das Fenster der Fahrertür geklopft. Da der Beschwerdeführer auf das Klopfen nicht reagiert habe, habe der Meldungsleger die Wagentüre geöffnet und den Beschwerdeführer kräftig geschüttelt. Darauf habe dieser nicht reagiert. Da der Verdacht der Bewußtlosigkeit bestanden habe, habe ihn der Meldungsleger einige Male mit dem Handrücken kräftig an die linke Wange geschlagen. Jetzt erst habe der Beschwerdeführer kurzfristig die Augen geöffnet, den Meldungsleger jedoch scheinbar nicht erkannt, sondern er sei wieder über das Lenkrad gefallen und habe weitergeschlafen. Der Beschwerdeführer sei daraufhin neuerlich vom Meldungsleger geschüttelt worden. Jetzt sei der Beschwerdeführer munter geworden und habe mehrmals mit der linken Hand nach dem Meldungsleger geschlagen. Nun sei er zum Aussteigen und Vorweisen der Kraftfahrzeugpapiere aufgefordert worden. Dieser Aufforderung sei er vorerst einmal nachgekommen, habe aber die Vorweisung der Kraftfahrzeugpapiere verweigert und auch die Durchführung eines Alkotestes trotz wiederholten Aufmerksammachens auf die Rechtsfolgen abgelehnt. Da sich der Beschwerdeführer nicht habe ausweisen können, dem Meldungsleger unbekannt und seine Identität auch sonst nicht sofort feststellbar gewesen sei, sei er gemäß § 35 lit. a VStG 1950 festgenommen worden. Nach Aussprechen der Festnahme habe der Beschwerdeführer plötzlich laut "Hilfe Polizei" zu schreien begonnen. Er sei aufgefordert worden, sein Verhalten einzustellen und den Sicherheitswachebeamten zum Funkwagen, der in der Jungstraße abgestellt gewesen sei, zu folgen. Der Beschwerdeführer habe jedoch erklärt, daß er keineswegs mit den Sicherheitswachebeamten gehen wolle, sondern daß sie ihn höchstens hintragen könnten. Der Beschwerdeführer sei daraufhin von den beiden Sicherheitswachebeamten an den Händen erfaßt und unter Anwendung körperlicher Gewalt in Richtung Funkwagen gezogen worden. Auf dem Weg zum Funkwagen habe sich der Beschwerdeführer einige Male zu Boden fallen lassen und mit den Händen um sich geschlagen. Er habe den Meldungsleger auch an der Hose gefaßt und ihm gedroht, diese herunterzureißen. Daraufhin habe der Meldungsleger den Gummiknüppel gezogen und dem Beschwerdeführer damit zweimal auf die linke Hand geschlagen. Nachdem der Beschwerdeführer den Meldungsleger losgelassen gehabt habe, sei er von den Sicherheitswachebeamten neuerlich erfaßt und weitergezogen worden. Plötzlich habe er sich neuerlich losgerissen und sei dabei aus seiner Jacke geschlüpft. Diese sei dabei am linken Ärmelloch und an der Rückennaht aufgetrennt worden. Während der ganzen Zeit habe er immer wieder laut um Hilfe geschrieen. In der Zwischenzeit hätten sich bereits einige Hausbewohner, die durch das laute Schreien in der Nachtruhe gestört gewesen seien, an den Fenstern ihrer Wohnungen gezeigt und laut ihren Unmut über das störende Verhalten des Festgenommenen zum Ausdruck gebracht. Da der Beschwerdeführer trotz wiederholter Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt habe, sei neuerlich die Festnahme gemäß § 35 lit. c VStG 1950 ausgesprochen worden. Das Verhalten des Beschwerdeführers habe bei den Bewohnern der umliegenden Häuser Aufsehen und Ärgernis erregt, und es sei dadurch die Ordnung an einem öffentlichen Ort in empfindlicher Weise gestört worden. Durch das laute Schreien sei ungebührlicherweise störender Lärm erregt worden. Da sich der Beschwerdeführer geweigert habe, in den Funkwagen einzusteigen und eine drohende Haltung eingenommen habe, sei über Funk Unterstützung angefordert worden. Erst mit Unterstützung der Besatzung eines weiteren Funkwagens sei der Beschwerdeführer in den Funkwagen eingestiegen. Er sei zur weiteren Amtshandlung dem Bezirkspolizeikommissariat für den 2. Bezirk überstellt worden. Auf dem Kommissariat habe er die Vorweisung der Fahrzeugpapiere verweigert. Solche hätten auch bei der Visitierung nicht vorgefunden werden können. Über den Verbleib der Papiere befragt, habe der Beschwerdeführer erklärt, diese befänden sich in seinem Kraftfahrzeug. Bei einer Nachschau in diesem Fahrzeug hätten die Kraftfahrzeugpapiere und der Führerschein nicht vorgefunden werden können. Der Beschwerdeführer, der stark alkoholisiert gewesen sei, habe die Angabe über den Alkoholkonsum verweigert, aber erklärt, im Laufe der Nacht einige Gasthäuser in der Ausstellungsstraße besucht zu haben.

In einem für Verfahren nach § 44 Abs. 3 lit. b VStG 1950 zu verwendenden Formular wurde von der Bundespolizeidirektion Wien-Bezirkspolizeikommissariat Leopoldstadt am 11. November 1979 unter I. festgehalten, daß der Beschwerdeführer erkläre, die Richtigkeit der ihm vorgehaltenen Anzeige zuzugeben, und unter II. ein Straferkenntnis protokolliert, wonach der Beschwerdeführer - soweit dies für den vorliegenden Beschwerdefall von Bedeutung ist -

am 11. November 1979 um 01.40 Uhr in Wien 2, Kreuzung Engerthstraße-Wachaustraße den dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in einem offensichtlich-alkoholisierten Zustand gelenkt und sich geweigert habe, einen Alkotest vorzunehmen. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach "§ 5/2 StVO" begangen und es wurde deshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 1 lit. b leg. cit. eine Geldstrafe von S 9.000,-- (Ersatzarreststrafe 15 Tage) verhängt. Gemäß § 19 a VStG 1950 wurde die am 11. November 1979 von 01.40 Uhr bis 10.40 Uhr erlittene Vorhaft in der Dauer von 9 Stunden (entsprechend einer Geldstrafe von S 225,--) auf die Strafe angerechnet. Anschließend findet sich eine Rechtsmittelbelehrung, wonach gegen dieses Straferkenntnis binnen zwei Wochen bei diesem Amt mündlich, schriftlich oder telegraphisch Berufung eingebracht werden kann. In der auf der Rückseite dieses Formulares unter III. enthaltenen Niederschrift findet sich sowohl die vom Beschwerdeführer unterfertigte Erklärung, daß er das unter I. festgehaltene Geständnis bestätige und ihm das Straferkenntnis samt der umseitigen Rechtsmittelbelehrung verkündet worden sei, als auch - hievon getrennt - die eigens vom Beschwerdeführer unterfertigte Erklärung: "Ich verzichte auf die Berufung".

Trotz dieser Erklärung erstattete der nunmehr bereits anwaltlich vertretene Beschwerdeführer am 24. Jänner 1980 wegen seiner Bestrafung "gemäß § 5/2 StVO" die Berufung. In dieser wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe von der Tatsache "der Verhängung eines rechtskräftigen Straferkenntnisses" erst durch Zustellung des Bescheides des Verkehrsamtes Wien erfahren, mit welchem ihm "der Führerschein" entzogen worden sei. Dem Beschwerdeführer sei niemals "eine Strafverfügung" zugestellt worden, und es sei ihm auch nicht erinnerlich, "jemals ein Protokoll oder den Erhalt oder die Kenntnisnahme einer Strafverfügung unterschrieben zu haben, geschweige denn einen Rechtsmittelverzicht in irgendeiner Form abgegeben zu haben". Der Beschwerdeführer sei in der Nacht "am" 11. November 1979, als er in seinem parkenden Auto geschlafen habe, von Polizisten festgenommen und in das Wachzimmer Leopoldgasse gebracht worden, wo er bis etwa 11 Uhr Vormittag ohne jegliche Begründung "festgenommen" worden sei. Am Vormittag des 12. November 1979 sei ihm mitgeteilt worden, daß er einen Geldbetrag zu zahlen hätte, ohne daß ihm gesagt worden wäre, wofür, und ein Polizist habe ihm eigenmächtig aus seiner Brieftasche S 5.000,-- entnommen und ihm eine Einzahlungsbestätigung überreicht. Eine "Strafverfügung" sei ihm nicht ausgehändigt worden, und er habe "keinerlei Kenntnis von einer formellen Verhängung einer Strafe" gehabt. Sollte der Beschwerdeführer irgendwelche Unterschriften geleistet haben, so habe "er sich jedenfalls in betrunkenem Zustand befunden, sodaß ihm die Abgabe einer Unterschrift nicht bewußt war". Im folgenden wurde näher darauf eingegangen, daß nach Ansicht des Beschwerdeführers seine Bestrafung "gemäß § 5 Abs. 2 StVO" rechtswidrig erfolgt sei, und es wurden die entsprechenden Berufungsanträge gestellt.

Am 1. Februar 1980 wurde von seiten der Bundespolizeidirektion Wien-Bezirkspolizeikommissariat Leopoldstadt ein schriftlicher Bericht erstattet. Danach wurde der Beschwerdeführer am 11. November 1979 um ca. 10.15 Uhr aus dem Arrest vorgeführt. Er spreche gut deutsch und sei nicht alkoholisiert gewesen. Nachdem ihm die Verwaltungsübertretungen vorgehalten worden seien, sei er bestraft worden. Er habe sich mit der Strafe einverstanden erklärt. Er habe den Rechtsmittelverzicht unterschrieben, wobei er sich über die Bedeutung vollkommen klar gewesen sei, da ihm diese mehrmals erklärt worden sei und er vor dem Unterschreiben mündlich zugestimmt habe. Der Beschwerdeführer habe ersucht, die Strafe in Raten bezahlen zu dürfen, da er sonst kein Geld zum Leben habe.

Es sei ausgemacht worden, daß er S 5.000,-- gleich bezahlen werde, da er einen Geldbetrag von etwas über S 10.000,-- bei sich gehabt habe. Der Beschwerdeführer habe sich mit der Regelung einverstanden erklärt. Ca. 1 Woche danach sei im hiesigen Kommissariat die Gattin des Beschwerdeführers erschienen und habe mitgeteilt, daß ihr Mann "gegen die Strafe" berufen wolle. Die Frau sei aufgeklärt worden, daß "die Strafe" rechtskräftig sei, worauf sie sich entfernt habe.

Nachdem der Beschwerdeführer in einer schriftlichen Stellungnahme vom 29. Mai 1980 seinen Standpunkt aufrechterhalten hatte, wurde Dr. PJ, welcher am 11. November 1979 die Amtshandlung gegen den Beschwerdeführer leitete, als Zeuge niederschriftlich vernommen. Dabei gab er folgendes an: "Am 11.11.1979 hatte ich bei der BPD Wien ZJ-Dienst. Zum Zwecke der Erledigung angefallener Amtshandlungen kam ich ins Koat 2. Zum betr.

Verwaltungsstrafverfahren kann ich aussagen, daß der Besch. gegen

10.20 Uhr mir im Journaldienstzimmer durch einen SWB vorgeführt wurde. Er machte keinen alkohol. Eindruck, wankte nicht beim Gehen

u. zeigte auch sonst keine äußerliche Unsicherheiten bei den Bewegungen. Sein äußerer Eindruck war so, daß man ihm ansah, daß er Alkohol konsumiert hatte, die Alkoholisiertheit war jedoch bereits abgeklungen. Dem Besch. wurden die Verwaltungsübertretungen vorgehalten. Dies erfolgte in dem ich ihm die Wachemeldung vorlas. Der Besch. spricht gut Deutsch, er hat den Sachverhalt eindeutig verstanden u. rechtfertigte sich, daß er in der Nacht einen Streit mit seiner Frau hatte u. ins Auto schlafen gegangen sei. Er gab vorerst an, mit dem Auto nicht gefahren zu sein, hielt diese Angaben jedoch nicht aufrecht, als ihn vorgehalten wurde, daß er von den Wachebeamten beim Zufahren gesehen wurde. Nach der mündl. Verhandlung schrieb ich die Straferkenntnisse u. setzte die Strafen fest. Dem Besch. wurden die Strafen mitgeteilt u. er erklärte sich damit einverstanden. Er wurde aufgefordert zu unterschreiben. Vorerst unterschrieb er nur die Niederschrift, anschl. auch den Rechtsmittelverzicht. Über die Wirkung desselben klärte ich ihn voll auf, wobei dies 2 oder 3 x erfolgte. Der Besch. war sich über die Bedeutung des Rechtsmittelverzichtes vollkommen im klaren u. stimmte vor dem Unterschreiben auch mündl. zu. In weiterer Folge ersuchte er die Strafe in Raten zahlen zu dürfen, da er sonst kein Geld zum Leben habe. Er hatte einen Geldbetrag v. etwas über S 10.000,-- bei sich. Es wurde ausgemacht, daß S 5.000,-- sofort zu bezahlen sind

u. der Rest in Raten. Diese Abmachung wurde v. mir auf Seite 1 des Aktes niedergeschrieben. Nach Beendigung des Verfahrens wurde der Besch. abgeführt, wobei er vollkommen normal das Zimmer verließ, ohne zu schwanken oder sonstige erkennbare Unsicherheit. Es war weder aus dem Auftreten des Besch. noch aus dem was er sagte u. der Art, wie er es sagte, für mich erkennbar, daß R unfähig gewesen sein soll, dem Verwaltungsstrafverfahren zu folgen. Einige Zeit danach, soweit ich mich erinnere, war es ca. 1 Woche, erschien die Frau des Besch. in meinem Dienstzimmer u. teilte mit, daß ihr Mann gegen die Strafe berufen wolle. Sie wurde aufgeklärt, daß die Strafe rechtskräftig ist."

Nach Erstattung einer weiteren schriftlichen Stellungnahme seitens des Beschwerdeführers vom 4. Dezember 1980 sprach die Wiener Landesregierung mit Bescheid vom 15. Jänner 1981 aus, daß die eingebrachte (die Verwaltungsübertretung nach "§ 5/2 StVO" betreffende) Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen wird. Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid damit, daß das Straferkenntnis am 11. November 1979 mündlich verkündet worden sei. Der Beschwerdeführer habe nun nach Verkündung des erstinstanzlichen Erkenntnisses auf das Recht der Berufung am 11. November 1979 ausdrücklich verzichtet, sodaß der Bescheid in Rechtskraft erwachsen sei, weshalb die Berufung vom 24. Jänner 1980 nicht in Behandlung gezogen werden könne und ohne Eingehen auf die Berufungsausführungen zurückzuweisen gewesen sei. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe sich zum Zeitpunkt der Unterschriftenleistung jedenfalls in betrunkenem Zustand befunden, sodaß ihm die Abgabe einer Unterschrift nicht bewußt gewesen sei, habe der die Strafverhandlung durchführende Polizeibeamte Dr. PJ, als Zeuge vernommen, die nunmehr vollinhaltlich wiedergegebenen Angaben gemacht. Die belangte Behörde habe keinen Grund finden können, diesen Angaben Dris. J, der auf Grund seiner verfahrensrechtlichen Stellung als Zeuge der Wahrheitspflicht und dessen Aussage der Sanktion des § 289 StGB unterliege, keine Glaubwürdigkeit beizumessen. Demnach sei sich der Beschwerdeführer sehr wohl der Tragweite "seiner Unterschriftensetzungen" im klaren gewesen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei. Die Einvernahme der Gattin des Beschwerdeführers sowie die Einholung der beiden beantragten Gutachten sei wegen Spruchreife entbehrlich gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) ist eine Berufung nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Berufung verzichtet hat. Der Berufungsverzicht ist eine von der Partei vorgenommene Prozeßhandlung, der die Wirkung anhaftet, daß eine von der Partei eingebrachte Berufung einer meritorischen Erledigung nicht zugeführt werden darf. Ein einmal ausgesprochener Berufungsverzicht kann auch nicht mehr zurückgenommen werden.

Wie sich aus der Sachverhaltsdarstellung ergibt, hat der Beschwerdeführer einen solchen Berufungsverzicht abgegeben. Der Beschwerdeführer meint aber, daß dieser Verzicht im Hinblick auf seine Alkoholisierung, auf Grund der ihm "die Tragweite der abgegebenen Unterschrift nicht bewußt wurde", nicht wirksam sei. Damit behauptet der Beschwerdeführer einen anläßlich der Unterzeichnung des Berufungsverzichtes vorliegenden Willensmangel, der, sollte er tatsächlich bestanden haben, zugunsten des Beschwerdeführers zu beachten wäre (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. April 1980, Zl. 324/80, auf welches unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen wird). Das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren hat aber das Gegenteil erwiesen, und der Verwaltungsgerichtshof vermag - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht zu finden, daß dieses Verfahren mangelhaft durchgeführt wurde oder die daraus gezogenen Schlüsse unrichtig sind.

Die belangte Behörde hat hinreichend dargetan, wieso sie den Angaben des als Zeugen vernommenen Dr. PJ Glauben schenkt. Dieser hat am 11. November 1979 die Amtshandlung gegen den Beschwerdeführer geleitet und konnte daher auf Grund seiner eigenen Wahrnehmungen verläßliche Angaben darüber machen, in welchem Zustand sich der Beschwerdeführer damals befunden hat und ob dieser in der Lage war, die einzelnen Vorgänge im Rahmen der Amtshandlung und deren Bedeutung zu erfassen. Auch wenn der Zeuge als medizinischer Laie anzusehen sei, so muß ihm doch die Fähigkeit zugebilligt werden, auf Grund des gewonnenen äußeren Eindruckes einwandfrei zu erkennen, ob der Beschwerdeführer handlungsunfähig (prozeßunfähig) ist oder ob dieser vielmehr dem Gang der Verhandlung folgen kann und weiß, worum es sich handelt und welche Erklärungen er jeweils abgibt. Der Zeuge hat das Verhalten des Beschwerdeführers und dessen Äußerungen eingehend geschildert, und demnach besteht kein Anhaltspunkt für die Richtigkeit der vom Beschwerdeführer aufgestellten Behauptungen über seine Handlungsunfähigkeit. Der Beschwerdeführer konnte auch keine Umstände aufzeigen, die geeignet sind, die Glaubwürdigkeit des Zeugen in Zweifel zu ziehen. Er weist in diesem Zusammenhang auf einen vermeintlichen Widerspruch in der Aussage des Zeugen hin, der einerseits angegeben habe, der äußere Eindruck des Beschwerdeführers sei so gewesen, daß man ihm angesehen habe, daß er Alkohol konsumiert gehabt habe, andererseits aber deponiert habe, daß er keine Alkoholisierung habe feststellen können. Ein derartiger Widerspruch liegt aber nicht vor, da der Zeuge betont hat, daß "die Alkoholisiertheit bereits abgeklungen war", und Anzeichen eines vorangegangenen Alkoholkonsums durchaus noch vorhanden sein konnten, ohne daß der Beschwerdeführer deshalb durch Alkohol beeinträchtigt war (vgl. § 5 Abs. 1 StVO 1960). Im übrigen hätte auch eine Alkoholisierung des Beschwerdeführers noch nicht zwangsläufig seine Handlungsunfähigkeit bewirkt.

Die Rüge des Beschwerdeführers, es hätte auch seine Gattin vernommen werden müssen, die ebenfalls der Sanktion des § 289 StGB unterlegen wäre, ist deshalb verfehlt, weil diese der Aktenlage nach bei der Amtshandlung am 11. November 1979, als der Beschwerdeführer den Berufungsverzicht leistete, gar nicht zugegen war. Sie wurde vom Beschwerdeführer einerseits auch nur zum Beweis dafür beantragt, daß er sein Kraftfahrzeug zur Tatzeit überhaupt nicht in Betrieb genommen gehabt habe, andererseits aber in bezug auf ihre nachträglichen Vorsprachen bei der Polizei wegen des dem Beschwerdeführer abgenommenen Führerscheines. Daß die Gattin des Beschwerdeführers keine Kenntnis von dem am 11. November 1979 ergangenen Straferkenntnis hatte, kann nur darauf zurückgeführt werden, daß sie vom Beschwerdeführer diesbezüglich nicht entsprechend unterrichtet wurde, ohne daß deshalb gesagt werden muß, daß auch der Beschwerdeführer selbst davon keine Kenntnis hatte.

Dem Beschwerdeführer ist darin beizupflichten, daß er dem Inhalt der Anzeige zufolge anläßlich seiner Festnahme am 11. November 1979 um ca. 1.40 Uhr sicherlich sehr stark alkoholisiert war. Der Beschwerdeführer hat aber nicht zu jenem Zeitpunkt auf die Erhebung einer Berufung verzichtet, sondern erst etwa 8 1/2 bis 9 Stunden später, sodaß es bei Prüfung eines Willensmangels ausschließlich auf seinen Zustand in diesem Zeitpunkt ankommt. Auch wenn der Beschwerdeführer - wie er meint - vorerst volltrunken war, entspricht es den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß sein Befinden nach Verstreichen dieser langen Zeitspanne, innerhalb der er keinen weiteren Alkohol zu sich genommen hat, soweit wieder hergestellt sein konnte, daß seine Handlungsfähigkeit zu bejahen war. Daß dies der Fall war, hat der Zeuge Dr. J - wie gesagt - glaubhaft dargelegt. Es bedurfte daher nicht mehr der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, um "festzustellen, ob unter Zugrundelegung eines derartigen Alkoholisierungsgrades zum Zeitpunkt der Festnahme ein Alkoholabbau bis zur Unterschriftsleistung in der Weise möglich war, daß mir die Tragweite der Unterschriftsleistung bewußt war".

Der Beschwerdeführer führt weiters aus, wenn der Zeuge Dr. J vermeine, der Beschwerdeführer "hätte nicht gewankt und hätte keine äußerlichen Unsicherheiten gezeigt", so sei "dies nicht unbedingt ein Indiz gegen eine starken Alkoholisierungsgrad", zumal er nicht alleine gegangen, sondern von zwei Wachebeamten vorgeführt worden sei. Den vorgelegten Akten läßt sich aber nicht entnehmen, daß der Beschwerdeführer im Zuge seiner Vorführung gestützt werden mußte, weil er nicht aufrecht gehen konnte, und er sich insbesondere bei Abgabe seiner Unterschriften und Verlassen des Verhandlungsraumes nicht alleine fortbewegt hat. Wenn der Beschwerdeführer darüber hinaus ins Treffen führt, "auch aus der Unterschriftsleistung kann im Vergleich zu den von mir im nüchternen Zustand geleisteten Unterschriften klar ersehen werden, daß mein Alkoholisierungsgrad zu diesem Zeitpunkt beträchtlich war und hätte die belangte Behörde daher auch das von mir beantragte graphologische Gutachten einholen müssen", so ist ihm nicht nur entgegenzuhalten, daß alle vier von ihm damals abgegebenen Unterschriften (die zwei genannten bezüglich des gegenständlichen Straferkenntnisses und weitere zwei, die gleichen Erklärungen betreffenden bezüglich eines weiteren Straferkenntnisses vom selben Tag wegen der Verwaltungsübertretungen nach Art. IX Abs. 1 Z. 1 und VIII zweiter Fall EGVG 1950) in ihrem Schriftbild vollkommen übereinstimmen und keineswegs vermuten lassen, von einem Alkoholisierten zu stammen, sondern ihm auch zu erwidern, daß sie überhaupt nicht von den Unterschriften abweichen, die der Beschwerdeführer auf die beiden einzusehenden Vollmachten an seine Rechtsvertreterin (im Verwaltungsstrafverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren) gesetzt hat. Es erweist sich daher der Antrag auf Einholung eines graphologischen Gutachtens jedenfalls als nicht gerechtfertigt.

Schließlich geht auch der Einwand des Beschwerdeführers, es habe gar keine Verhandlung stattgefunden, sondern es sei lediglich ein Straferkenntnis gefällt worden, "sodaß das Vorbringen, daß 'nach der mündlichen Verhandlung' die Straferkenntnisse geschrieben wurden, unrichtig ist", ins Leere. Nach der Aktenlage wurde nämlich eine mündliche Verhandlung im Sinne des § 43 Abs. 1 VStG 1950 durchgeführt und hiebei das Straferkenntnis sogleich verkündet, wobei jedoch gemäß § 44 Abs. 3 lit. b leg. cit. von der Aufnahme der im Absatz 1 bezeichneten Niederschrift abgesehen werden konnte, weil der Beschwerdeführer vor der erkennenden Behörde - wie von ihr festgehalten wurde - ein volles Geständnis abgelegt hat und damals weitere Beweise nicht aufgenommen wurden. Wenn der Beschwerdeführer auch noch eine Unwirksamkeit seines Rechtsmittelverzichtes daraus abzuleiten versucht, daß "die Amtshandlung an einem Sonntag stattfand, sodaß ich auch gar nicht vermuten konnte, daß eine Verhandlung mit einem anschließenden Straferkenntnis stattfand", so ist auch dieses Vorbringen nicht zielführend, weil sich die von Dr. J gegen den ihm vorgeführten Beschwerdeführer gerichtete Amtshandlung vom 11. November 1979 nicht als unzulässig darstellt (siehe § 36 Abs. 1 VStG 1950) und die Tatsache, daß es sich um einen Sonntag handelte, nichts daran ändert, daß der Beschwerdeführer nach den Ermittlungsergebnissen wußte, daß und weshalb gegen ihn ein Straferkenntnis erlassen wurde und daß er nach gehöriger Rechtsmittelbelehrung diesbezüglich einen Berufungsverzicht abgegeben hat.

Da es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 18. September 1981

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