AVG §6 Abs1
B-VG Art130 Abs5
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGVO:2020:LVwG.408.2.2020.R16
Beschluss
Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Mag. Claudia Brugger über die Beschwerde des K H, M, gegen den Bescheid Bezirkshauptmannschaft B vom 07.04.2020 betreffend eine Absonderungsmaßnahme aufgrund eines Ansteckungsverdachtes mit 2019-nCov („2019-neuartiges Coronavirus“), den Beschluss gefasst:
I. Gemäß § 28 Abs 1 iVm § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde wegen sachlicher Unzuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg zurückgewiesen.
II. Gemäß § 6 Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde zuständigkeitshalber dem Bezirksgericht B weitergeleitet.
Gegen den Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGVG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Begründung
1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 07.04.2020 wurde gemäß § 7 Epidemiegesetz 1950, BGBl Nr 186/1950 idgF iVm §§ 1, 2 und 4 Absonderungsverordnung, RGBl Nr 39/1915, idgF BGBl II Nr 21/2020 über K H aufgrund des Verdachtes einer Ansteckung mit dem 2019-nCov („2019-neuerartiges Coronavirus“) verfügt, sich im Zeitraum vom 20.03.2020 bis einschließlich 26.03.2020 ausschließlich am Wohnsitz aufzuhalten.
2. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt er im Wesentlichen vor, die telefonisch verordnete Quarantäne sei bis einschließlich 02.04.2020 gewesen. Aus diesem Grund hätten er und S K nicht arbeiten gehen können und hätten die Quarantäne befolgt. Bei Frau K sei außerdem ein E-Mail von Frau L von der BH B an die L geschickt worden, dass sie bis 02.04. nicht arbeiten dürfe. Es werde gebeten das Enddatum des Bescheides bei ihm und S K auf 02.04. zu ändern.
3. Nach § 7 Abs 1a Epidemiegesetz 1950, BGBl Nr 186/1950, idF BGBl I Nr 63/2016, können zur Verhütung der Weiterverbreitung einer in einer Verordnung nach Abs 1 angeführten anzeigepflichtigen Krankheit, Kranke, krankheitsverdächtige oder ansteckungsverdächtige Personen angehalten oder im Verkehr mit der Außenwelt beschränkt werden, sofern nach der Art der Krankheit und des Verhaltens des Betroffenen eine ernstliche und erhebliche Gefahr für die Gesundheit anderer Personen besteht, die nicht durch gelindere Maßnahmen beseitigt werden kann. Die angehaltene Person kann bei dem Bezirksgericht, in dessen Sprengel der Anhaltungsort liegt, die Überprüfung der Zulässigkeit und Aufhebung der Freiheitsbeschränkung nach Maßgabe des zweiten Abschnittes des Tuberkulosegesetzes beantragen. Jede Anhaltung ist dem Bezirksgericht von der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen, die sie verfügt hat. Das Bezirksgericht hat von Amts wegen in längstens dreimonatigen Abständen ab der Anhaltung oder der letzten Überprüfung die Zulässigkeit der Anhaltung in sinngemäßer Anwendung des § 17 des Tuberkulosegesetzes zu überprüfen, sofern die Anhaltung nicht vorher aufgehoben wurde.
Gemäß § 6 Abs 1 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständigen Stellen weiterzuleiten und den Einschreiter an diese zu verweisen.
Diese Bestimmung gilt gemäß §17 VwGVG für das vom Landesverwaltungsgericht durchzuführende Beschwerdeverfahren.
Dem Vorbild des Tuberkulosegesetzes und aktuellen verfassungsrechtlichen Vorgaben folgend wurde im Epidemiegesetz das Rechtsschutzinstrumentarium für freiheitsbeschränkende Maßnahmen den menschenrechtlichen Standards entsprechend ausgestaltet. Kranken, krankheitsverdächtigen oder ansteckungsverdächtigen Personen, denen gegenüber eine freiheitsbeschränkende Maßnahme (Absonderung in der Wohnung oder einer entsprechenden Krankenanstalt) verfügt wurde, steht daher die Möglichkeit einer Überprüfung dieser Maßnahme durch das Gericht zu. Die freiheitsbeschränkende Maßnahme kann dabei je nach Sachlage, insbesondere der Dringlichkeit der Maßnahme, entweder durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (auch unter Assistenz der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes) oder durch Bescheid erfolgen. Hinsichtlich des vorgesehenen gerichtlichen Überprüfungsverfahrens ist sinngemäß der zweite Abschnitt des Tuberkulosegesetzes anwendbar (vgl dazu RV zu BGBl I 63/2016)
Wie oben ausgeführt, wurde seitens der Bezirkshauptmannschaft B mit Bescheid vom 07.04.2020 verfügt, dass sich K H aufgrund des Verdachtes einer Ansteckung mit dem 2019-nCoV („2019 neuartiges Coronavirus“) im Zeitraum vom 20.03.2020 bis einschließlich 26.03.2020 am Wohnsitz aufzuhalten hat.
Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft B vom 14.04.2020 wurde die Beschwerde des K H dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Nachdem die angehaltene Person beim Bezirksgericht, in dessen Sprengel der Anhaltungsort liegt, die Überprüfung der Zulässigkeit und Aufhebung der Freiheitsbeschränkung beantragen kann und der Rechtszug gegen den Absonderungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft B an das Landesverwaltungsgericht seit 2016 (vgl dazu RV zu BGBl I 63/2016) im Epidemiegesetz nicht mehr vorgesehen ist, erachtet sich das Verwaltungsgericht Vorarlberg in der gegenständlichen Beschwerdesache für unzuständig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3. Zu Spruchpunkt I:
Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Zu Spruchpunkt II:
Die Weiterleitung erfolgt mit verfahrensleitendem Beschluss. Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist keine Revision (vgl § 25a Abs 3 VwGG) und keine Beschwerde (vgl § 88a Abs 3 VfGG) zulässig.
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