GVG Tir 1996 §2 Abs5 litb
GVG Tir 1996 §4 Abs1
GVG Tir 1996 §6 Abs1
GVG Tir 1996 §7 Abs1 lita
GVG Tir 1996 §7 Abs1 litd
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGTI:2023:LVwG.2022.33.0607.9
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Visinteiner über die Beschwerde des Herrn AA, vertreten durch BB Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 01.02.2022, Zl ***, betreffend die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang, festgestellter Sachverhalt:
Mit Kaufvertrag vom 01.04.2021 hat Herr AA die Liegenschaft ,,CC‘‘, bestehend aus den GSt **1, **2, **3, **4, **5, **6, **7, **8, **9, **10, **11, **12, **13 und **14 in EZ ***1, KG **** X zum Kaufpreis von Euro 1.950.000,00 von Herrn DD erworben.
Entsprechend der Vorschrift des § 23 Tiroler Grundverkehrsgesetz wurde dieses Rechtsgeschäft der Bezirkshauptmannschaft Y am 14.04.2021 angezeigt. Ein Betriebskonzept wurde dabei nicht vorgelegt.
Seitens der Bezirkshauptmannschaft Y wurde kein Interessentenverfahren eingeleitet.
Die vom Beschwerdeführer zuvor beauftragte Rechtsanwaltskanzlei EE GmbH beauftragte den allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Herrn FF, zur Erstellung eines Gutachtens zur Ermittlung des Verkehrswerts der Liegenschaft EZ ***1, KG **** X. Aus dem Gutachten vom 15.03.2021 ergibt sich ein Verkehrswert in Höhe von Euro 1.537.294,48. Sollte Herr GG auf sein Wohnungsgebrauchsrecht im Fall einer Veräußerung des Hofes nicht verzichten, so wären Euro 68.678,27 vom Verkehrswert abzuziehen.
Herr GG hat mit Verzichtsvertrag vom 30.03.2021 auf sein Wohnungsgebrauchsrecht verzichtet.
Die Gemeinde X in Tirol, die Landwirtschaftskammer Tirol sowie die Bezirksforstinspektion wurden am 04.05.2021 über den Erwerb des kaufgegenständlichen Grundstückes schriftlich informiert und wurde ihnen die Möglichkeit eingeräumt, gemäß § 25 Abs 3 TGVG, eine Stellungnahme zum Rechtserwerb abzugeben. Seitens der Gemeinde X in Tirol und der Bezirksforstinspektion wurde von dem Anhörungsrecht kein Gebrauch gemacht. Die Landwirtschaftskammer Tirol hat mit Schreiben vom 10.05.2021 mitgeteilt, dass das beiliegende Verkehrsgutachten schlüssig sei, aber der Bodenwert für die Fläche rund um das Wohngebäude sei mit Euro 710.000,00 (Euro 947/m2) eindeutig zu hoch bemessen. Bei vergleichsweisen üblichen Bewertungen im Bezirk werden ca Euro 70 – 90/m2 angesetzt. Der Kaufpreis von 1,9 Millionen sei doch eher unüblich.
In Wahrung des Parteiengehörs brachte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 18.06.2021 im Wesentlichen vor, dass auf die beiliegende Stellungnahme des gerichtlich beeideten und zertifizierten Sachverständigen FF, vom 19.05.2021 und auf dessen Gutachten vom 15.03.2021 verwiesen werde. Im Gutachten sei die Flächenwidmung ,,Freiland‘‘ nach § 41 TROG 2016 unterstellt worden sowie habe der Sachverständige die Bewertung nach der wissenschaftlichen Literatur vorgenommen. Die von der Bezirkslandwirtschaftskammer ins Spiel gebrachte Quadratmeterbewertung von Euro 70,00 bis 90,00 könne vom Sachverständigen nicht nachvollzogen werden. Laut Stellungnahme des Sachverständigen handle es sich in concreto nicht um einen geschlossenen Hof, weshalb es den Verkehrswert rechtfertige. Der Antragsteller beabsichtige auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft in X in Tirol das Projekt ,,JJ‘‘ zu realisieren. Das Betriebskonzept sei am 10.02.2019 gemeinsam mit dem Verein PP fertiggestellt worden. Mit dem Erwerb der gegenständlichen Liegenschaft in X in Tirol sei der Antragsteller fündig geworden und könne dieses Projekt endlich finalisiert werden. Die weitere nachhaltige Bewirtschaftung der kaufgegenständlichen Liegenschaft sei aus den vorgenannten Gründen somit jedenfalls sichergestellt, ein agrarstruktureller Nachteil könne darin insgesamt nicht erblickt werden. Es werde sohin nochmals die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Erwerbs dieses Grundstücks beantragt. Zugleich mit dem oben angeführten Schriftsatz legte der Beschwerdeführer der Bezirkshauptmannschaft Y das Betriebskonzept des Projektes ,,JJ‘‘ vor.
Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Y vom 21.06.2021 wurde die Abteilung Agrarwirtschaft beim Amt der Tiroler Landesregierung um eine Stellungnahme ersucht, ob das Projekt ,,JJ‘‘ anhand der vorgelegten Unterlagen fundiert und schlüssig erscheint, sowie, ob der Kaufpreis im Hinblick auf den Bodenwert für die Fläche um das Wohngebäude angemessen erscheint.
In der Stellungnahme vom 13.09.2021, Zl ***, hat der agrarfachliche Amtssachverständige im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Betriebskonzept eine intensive Auseinandersetzung der Betriebsleiterfamilien bzw der beteiligten Personen mit der künftigen Entwicklung des landwirtschaftlichen Betriebes aufbauend auf der Analyse der Ausgangsituation darstellen. Es bleibe ungeklärt, wie sich die vorgenannte Ausgangsituation (Topographie, Hangneigung, Witterungsverhältnisse, etc) und die laut Betriebskonzept geplante Bewirtschaftung auf den landwirtschaftlichen Flächen durchführen lasse. Folglich fehle zur Gänze die Analyse der Ausgangsituation, insbesondere, ob sich die kaufgegenständlichen Flächen für eine Freilandhaltung für Schweine eignen sowie müsse dargelegt werden, wie die Weideflächen unterteilt werden und welche Tiergattungen, wo eingezäunt werden. Des Weiteren solle ein Betriebskonzept nicht nur eine Darstellung, Berechnung sowie Analyse der Ausgangsituation des Betriebes enthalten, sondern auch eine konkrete Darlegung der geplanten Betriebsorganisation sowie etwa eine Berechnung und Beurteilung der geplanten Ausrichtung, um eine nachhaltige ordnungsgemäße Bewirtschaftung nachvollziehen zu können. Das Betriebskonzept müsse konkretisiert werden. Dahingehend könne auf Grundlage des vorgelegten Betriebskonzeptes eine nachhaltige ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Erwerbsgrundstücke aus agrarfachlicher Sicht nicht glaubhaft gemacht werden und die vorgelegten Urkunden erscheinen weder fundiert noch schlüssig.
In weiterer Folge wurde von der belangten Behörde die Abteilung Agrarwirtschaft beauftragt den Verkehrswert der kaufgegenständlichen Liegenschaft EZ ***1 GB X zu ermitteln sowie die Abteilung Landwirtschaftsrecht beauftragt, um Überprüfung der Schlüssigkeit der Bewertung des Wohngebäudes samt Umgebungsgrund der Liegenschaft.
Der Beschwerdeführer erstattete aufgrund der Stellungnahme des agrarfachlichen Amtssachverständigen eine Äußerung, in der er auf seine Stellungnahme vom 18.06.2021 verwies und auf die Beilage, in welcher er wiederum Gründe anführt, um die Glaubhaftmachung einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung darzulegen.
Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Y vom 27.10.2021 wurde die Abteilung Agrarwirtschaft beim Amt der Tiroler Landesregierung wiederum um eine Stellungnahme ersucht, ob das Betriebskonzept aufgrund der neuerlichen Stellungnahme des Beschwerdeführers nun schlüssig erscheint.
Mit Schreiben vom 17.12.2021, Zl ***, hat der landwirtschaftliche Amtssachverständige sein Gutachten zur Bewertung der kaufgegenständlichen Liegenschaft übermittelt und im Wesentlichen ausgeführt, dass bestätigt werden könne, dass die Bewertung des Sachverständigen KK im Ergebnis schlüssig sei und die tatsächlichen Markverhältnisse korrekt widerspiegle. Der Verkehrswert der gegenständlichen Liegenschaft wurde mit Euro 1.704.301,95 ermittelt.
Der Verkäufer DD übermittelte mit Schreiben vom 24.12.2021 den mit dem Beschwerdeführer abgeschlossenen Erfüllungsübernahmevertrag vom 01.04.2021, mit welchem sich der Beschwerdeführer gegenüber Herrn DD zur Zahlung von Euro 200.000,00 verpflichtet, wenn auf das Wohnungsgebrauchsrecht des GG verzichtet wird. Zugleich wurde auch der Kaufvertrag vom 01.04.2021, mit welchem der Kaufpreis für das Inventar mit Euro 350.000,00 festgesetzt wurde, übermittelt.
Der agrarfachliche Amtssachverständige erstattete mit Schreiben vom 27.12.2021, Zl ***, das Bewertungsgutachten in Bezug auf den Verkehrswert der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke in EZ ***1 KG **** X. Daraus ergibt sich, dass der Verkehrswert rund Euro 357.000,00 beträgt.
In der Stellungnahme vom 27.12.2021, Zl ***, hat der agrarfachliche Amtssachverständige zusammengefasst ausgeführt, dass das eingereichte Betriebskonzept und die erläuternden Stellungnahmen des Beschwerdeführers aus agrarfachlicher Sicht nach wie vor nicht schlüssig und nachvollziehbar seien. Eine nachhaltige ordnungsgemäße Bewirtschaftung auf Basis der Unterlagen sei nicht gewährleistet.
Mit Schreiben der Bezirkslandwirtschaftskammer Y vom 19.01.2022 wird im Wesentlichen ausgeführt, dass den Argumenten des agrarfachlichen Amtssachverständigen gefolgt werden könne und das Betriebskonzept nach wie vor weder schlüssig noch nachvollziehbar sei. Hinsichtlich des Kaufpreises müsse die Bezirkslandwirtschaftskammer akzeptieren, dass der gegenständliche Kaufpreis nicht überhöht sei.
In der abschließenden Stellungnahme vom 31.01.2022 führte der Beschwerdeführers aus, dass er von der Bewirtschaftung in Bezug auf die Freilandschweinehaltung und Pferdeaufzucht Abstand nehme und eine Bewirtschaftung von Schafen und Ziegen beabsichtige. Durch die intensive Auseinandersetzung mit dem agrarfachlichen Gutachten und zahlreichen Gesprächen mit landwirtschaftlichen Beratern aus der Region (Bezirkslandwirtschaftskammer Y und W) habe er die Möglichkeit geschaffen, eine nachhaltige ordnungsgemäße Bewirtschaftung zu gewährleisten.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 01.02.2022, Zl ***, wurde dem angezeigten Rechtserwerb gemäß §§ 4 Abs 1, 6 Abs 1, 7 Abs 1 lit a, lit d und 25 Abs 1 TGVG die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt. Begründend wurden die Stellungnahmen des agrarfachlichen Amtssachverständigen, die Äußerungen des Beschwerdeführers sowie die der Landwirtschaftskammer angeführt. In den rechtlichen Erwägungen wurde wie folgt ausgeführt:
,,Unzweifelhaft handelt es sich beim Kaufgegenstand um eine land- und forstwirtschaftliche Liegenschaft. Deshalb sind die grundverkehrsrechtlichen Bestimmungen über den Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke anzuwenden.
Der Käufer ist zwar Landwirt, der Erwerb widerspricht aber den Grundsätzen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes. Die Ausführungen des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen vor allem in seiner zweiten ergänzenden Stellungnahme sind absolut schlüssig und sorgfältig recherchiert.
Um Wiederholungen zu vermeiden, sei hier auf diese aufschlussreichen Ausführungen verwiesen. Negativ fällt zunächst schon auf, dass der Käufer sein Betriebskonzept erst nach und nach konkretisierte und offenbar auf die erforderlichen Anforderungen hin zurechtzimmern wollte. Die Muttersauenhaltung brachte er überhaupt erst anlässlich eines Telefonates mit dem Amtssachverständigen ins Gespräch.
Die beabsichtigte Schweinehaltung auf augenscheinlich ungeeignetem Boden und in Hanglange noch dazu ohne adäquate gebäudetechnische Ausstattung ist aber mit den Grundsätzen der nachhaltigen Bewirtschaftung nicht in Einklang zu bringen. Auch die angedachte Pferdehaltung erscheint wenig reflektiert, wie sich den Ausführungen des Sachverständigen entnehmen lässt.
Gänzlich unglaubwürdig erscheint der Käufer durch seine abschließende Stellungnahme, in der er plötzlich auf die Schweinehaltung und Pferdehaltung verzichten will und auf Schafe und Ziegen „umsattelt“ und einen „Kooperationspartner“ namhaft macht. Dies alles belegt, dass der Ankauf nicht auf Basis eines ausgegorenen Betriebskonzeptes erfolgte und vermutlich nur Spekulationszwecken dient.
Zudem bestehen offensichtlich Nebenverträge, die insgesamt einen Kaufpreis deutlich über der
Toleranzgrenze ergeben.
Insgesamt widerspricht der Rechtserwerb den Zielen und Grundsätzen gemäß § 1 Abs. TGVG und dient in keiner Weise einem lebensfähigen Bauernstand, weshalb die Genehmigung zu versagen war.‘‘
Dagegen hat Herr AA rechtsfreundlich vertreten fristgerecht Beschwerde erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass die Begründung des angefochtenen Bescheids im Wesentlichen aus der wortwörtlichen Übernahme der Stellungnahme des Herrn LL vom 13.09.2021 und 27.12.2021, der Stellungnahme des Beschwerdeführers sowie des Gesetzestextes bestehe.
In den rechtlichen Erwägungen sei pauschal ausgeführt worden, dass der gegenständliche Erwerb den Zielen und Grundsätzen des § 1 Abs TGVG (sic!) widerspreche. Aufgrund der wenigen Feststellungen sei eine ausreichende Beurteilung des Sachverhaltes nicht möglich und leide daher an einem wesentlichen Feststellungsmangel und einen daraus resultierenden Begründungsmangel. Ein Begründungsmangel ergebe sich auch daraus, dass der angefochtene Bescheid nicht detailliert anführe gegen welche Ziele und Grundsätze des TGVG der gegenständliche Rechtserwerb widerspreche.
Der angefochtene Bescheid lasse nicht nachvollziehbar erkennen, welche Erwägungen die Bezirkshauptmannschaft Y letztlich zur angefochtenen Entscheidung bewogen haben. Es werde bei den rechtlichen Erwägungen des angefochtenen Bescheids lediglich ausgeführt, dass die Ausführungen des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen vor allem in seiner zweiten ergänzenden Stellungnahme absolut schlüssig und sorgfältig recherchiert seien.
Eine nachvollziehbare Begründung, warum diese Sachverhaltselemente als gegeben angenommen werden, könne dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden.
Eine ordnungsgemäße Beweiswürdigung könne dem angefochtenen Bescheid ebenfalls nicht entnommen werden. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer auch nachvollziehbar glaubhaft gemacht, die genehmigungsgegenständliche Liegenschaft ordnungsgemäß und nachhaltig zu bewirtschaften. Die Unterstellung dagegen, dass der Antragsteller durch die Abänderung seines Betriebskonzeptes dieses offenbar auf die erforderlichen Anforderungen „zurechtzimmern“ wolle, sei unrichtig und auch nicht nachvollziehbar begründet. Zusammenfassend wäre sohin bei richtiger Beweiswürdigung (ein Ermittlungsverfahren nach den Bestimmungen der §§ 37 und 39 AVG vorausgehend) festzustellen gewesen, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Landwirt iSd § 2 Abs 5 lit a TGVG handle und somit das gegenständliche Rechtsgeschäft aufgrund des § 6 Abs 3 TGVG jedenfalls zu genehmigen sei.
Im gegenständlichen Fall würden die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Eine mangelhafte und unrichtige rechtliche Beurteilung ergebe sich auch daraus, dass der angefochtene Bescheid auch nicht detailliert anführe, gegen welche Ziele und Grundsätze des TGVG der gegenständliche Rechtserwerb widerspreche. Aufgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung sei der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet.
Aufgrund des oben Gesagten werden sohin die Anträge gestellt, das Landesverwaltungsgericht Tirol möge eine mündliche Verhandlung durchführen, der Beschwerde Folge geben und den angefochtenen Bescheid gemäß Kaufvertrag vom 01.04.2021 genehmigen, in eventu der Beschwerde Folge geben und zur neuerlichen Entscheidung zurückweisen, in eventu der Beschwerde Folge geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben.
Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 04.03.2022 die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vor.
Da zu Zl *** beim Landesgericht V ein Verfahren zur Frage der Gültigkeit des abgeschlossenen Kaufvertrages anhängig war, wurde mit Beschluss vom 08.08.2022, Zl LVwG-2022/33/0607-5, das Beschwerdeverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Landesgerichtes V ausgesetzt.
Aufgrund der Entscheidung des Oberlandesgerichtes V als Berufungsgericht vom 12.04.2023, Zl ***, wurde die Verbindlichkeit des oben genannten Kaufvertrages dahingehend bestätigt, dass die Vertragsparteien bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen grundverkehrsbehördlichen Entscheidung an den Kaufvertrag gebunden sind.
Der Verkäufer DD stellte am 06.07.2023 einen Fortsetzungsantrag und legte
ein Privatgutachten des Sachverständigen MM zur Ermittlung des Verkehrswertes des Inventares der Liegenschaft EZ ***1 bei.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, insbesondere in den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 01.02.2022, Zl ***, die Grundverkehrsanzeige des Beschwerdeführers vom 14.04.2021 und den beiliegenden Kaufvertrag vom 01.04.2021, das Privatgutachten des KK, zur Ermittlung des Verkehrswertes der Liegenschaft, die Projektbeschreibung des Projektes ,,JJ‘‘, das Gutachten des Amtssachverständigen NN und des OO sowie den Erfüllungsübernahmevertrag vom 01.04.2021 und den Kaufvertrag über das Inventar vom 01.04.2021. Zudem wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt des Landesverwaltungsgerichtes Tirol zu Zl LVwG-2022/33/0607, insbesondere in das Urteil des Oberlandesgerichtes V vom 12.04.2023, GZ *** und das Privatgutachten des MM zur Ermittlung des Verkehrswertes des Inventares der Liegenschaft EZ ***1.
II. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft aufgrund des behördlichen Aktes.
III. Rechtslage:
Die im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevanten Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996, LGBl Nr 61/1996, in der Fassung LGBl Nr 204/2021, lauten wie folgt:
„§ 1.
Grundsätze und Geltungsbereich
(1) Bei der Vollziehung dieses Gesetzes sind folgende Grundsätze zu beachten:
a) die Erhaltung und Stärkung eines lebensfähigen Bauernstandes in Tirol, dies durch
1. die Schaffung, Erhaltung oder Stärkung leistungsfähiger land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe,
2. die Schaffung, Erhaltung oder Stärkung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes und
3. die Aufrechterhaltung oder Herbeiführung einer nachhaltigen flächendeckenden Bewirtschaftung der land- oder forstwirtschaftlichen Grundflächen,
jeweils unter besonderer Förderung kleinbäuerlicher Betriebe,
b) die Verhinderung von Baulandhortung und sonstigem spekulativen Grunderwerb,
c) die sparsame und zweckmäßige Verwendung von Grund und Boden,
d) die Verhinderung der Schaffung neuer, unzulässiger Freizeitwohnsitze sowie
e) die Beschränkung von Rechtserwerben durch Ausländer.
(…)
§ 2.
Begriffsbestimmungen
(…)
(5) Als Landwirt gilt,
(…)
b) wer nach dem Erwerb eines landwirtschaftlichen Betriebes oder eines landwirtschaftlichen Grundstückes eine Tätigkeit im Sinn der lit. a ausüben will und die dazu erforderlichen Fähigkeiten aufgrund seiner zumindest fünfjährigen praktischen Tätigkeit oder seiner fachlichen Ausbildung nachweisen kann und erklärt, dass er den landwirtschaftlichen Betrieb bzw. das landwirtschaftliche Grundstück entsprechend einem vorzulegenden, fachkundig erstellten Betriebskonzept nachhaltig und ordnungsgemäß bewirtschaften wird; (…)
§ 4.
Genehmigungspflicht
1) Der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde bedürfen Rechtsgeschäfte, die den Erwerb eines der folgenden Rechte an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken zum Gegenstand haben:
a) den Erwerb des Eigentums;
(…)
§ 6.
Genehmigungsvoraussetzungen
(1) Die Genehmigung nach § 4 ist, soweit in den Abs. 2 bis 10 nichts anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn der Rechtserwerb den Grundsätzen nach § 1 Abs. 1 lit. a nicht widerspricht.
(…)
§ 7
Besondere Versagungsgründe
(1) Im Sinn der im § 1 Abs. 1 lit. a genannten Grundsätze ist die Genehmigung nach § 4 insbesondere dann zu versagen, wenn
a) die seiner Beschaffenheit entsprechende nachhaltige ordnungsgemäße Bewirtschaftung des betreffenden land- oder forstwirtschaftlichen Grundstückes oder land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes nicht gewährleistet ist,
(…)
d) die Gegenleistung für das zu erwerbende Recht den ortsüblichen Preis oder Bestandzins oder das sonstige ortsübliche Nutzungsentgelt um mehr als 30 v. H. übersteigt,
(…)‘‘
IV. Erwägungen:
In § 1 Abs 1 lit a TGVG (vormals § 6 Abs 1 TGVG) wird primär auf das Interesse der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes abgestellt und in weiterer Folge näher konkretisiert, welchen Grundsätzen zur Gewährleistung dieses Interesses nicht widersprochen werden darf. Diesbezüglich wird neben dem Interesse an der Schaffung oder Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes zusätzlich noch auf die Schaffung, Erhaltung oder Stärkung leistungsfähiger land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe sowie auf das Interesse an der Aufrechterhaltung oder Herbeiführung einer nachhaltigen flächendeckenden Bewirtschaftung der land- und forstwirtschaftlichen Grundflächen abgestellt.
Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes muss ein Rechtserwerb sämtlichen Voraus-setzungen des § 6 Abs 1 TGVG (nunmehr § 1 Abs 1 lit a TGVG) entsprechen, um genehmigungsfähig zu sein. Der Rechtserwerb muss also den Anforderungen der Schaffung, Erhaltung oder Stärkung der landwirtschaftlichen Betriebe und der Schaffung, Erhaltung oder Stärkung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprechen. Mit anderen Worten darf der Rechtserwerb kumulativ weder hinsichtlich der durch ihn bedingten Veränderungen der beteiligten agrarischen Betriebe noch betreffend die Veränderungen des agrarischen Grundbesitzes dem Anliegen der Erhaltung und Stärkung eines lebensfähigen Bauernstandes widersprechen (vgl VfGH 18.09.2013, G 62/2010).
Bei den besonderen Versagungsgründen nach § 7 TGVG handelt es sich schließlich um im Gesetz aufgezählte Demonstrativfälle, bei deren Vorliegen ein Widerspruch zum in der Generalklausel umschriebenen Interesse der Schaffung, Erhaltung oder Stärkung eines lebensfähigen Bauernstandes in Tirol unwiderleglich vermutet wird.
Entsprechend der Vorschrift des § 7 Abs 1 lit a TGVG ist die grundverkehrsbehördliche Genehmigung insbesondere dann zu versagen, wenn durch den Rechtserwerb die seiner Beschaffenheit entsprechende nachhaltige ordnungsgemäße Bewirtschaftung des betreffenden land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks oder land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes nicht gewährleistet ist.
Die nachhaltige ordnungsgemäße Bewirtschaftung stellt die zentrale Genehmigungsvoraussetzung dar bzw bildet diese Pflicht zur nachhaltigen ordnungsgemäßen Bewirtschaftung den Hauptanknüpfungspunkt dafür, ob den Zielen des TGVG entsprochen wird und deshalb eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilt werden kann (vgl die EB zu §§ 6 und 7 der Regierungsvorlage LGBl Nr 60/2009). Die nachhaltige und ordnungsgemäße Bewirtschaftung wird von dem Käufer nicht erfüllt. Dem Käufer ist es nicht gelungen die Absicht der nachhaltigen ordnungsgemäßen Bewirtschaftung durch ein Betriebskonzept glaubhaft zu machen.
Dies gründet sich einerseits auf die Stellungnahmen des LL vom 13.09.2021 und vom 27.12.2021, welche schlüssig und in sich widerspruchsfrei sind und andererseits aufgrund des erstellten Betriebskonzeptes durch den Verein ,,PP‘‘, unter der Leitung von Herrn QQ. Das vorzulegende Betriebskonzept muss wie sich aus dem Gesetzestext ergibt, fachkundig erstellt worden sein. Unter einem fachkundigen Betriebskonzept ist zu verstehen, dass es von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen für Landwirtschaft erstellt worden ist (vgl. Fuith, Tiroler Grundverkehrsgesetz8 (2022), S 48). Bei dem oben angeführten Herrn QQ handelt es sich nicht um einen gerichtlich beeideten Sachverständigen. Somit mangelt es bereits an einem fachkundig erstellten Betriebskonzept, durch welches eine nachhaltig und ordnungsgemäße Bewirtschaftung glaubhaft gemacht werden kann, weshalb der Versagungstatbestand des § 7 Abs 1 lit a TGVG vorliegt. Zudem ist anzuführen, wie sich aus der Stellungnahme des Sachverständigen LL vom 27.12.2021 ergibt, dass die vom Beschwerdeführer beabsichtigte Schweine- und Pferdehaltung auf einem ungeeigneten Boden erfolgen würde sowie aufgrund der Hanglage, weshalb eine nachhaltige Bewirtschaftung nicht möglich ist. Eine nachhaltige Bewirtschaftung setzt nämlich voraus, dass die Bewirtschaftung auf eine längere Zeit ausgerichtet ist (vgl Bußjäger in Müller/Weber (Hrsg), TGVG (2017), S 117).
Neben dem Versagungstatbestand des § 7 Abs 1 lit a TGVG liegt auch jener nach § 7 Abs 1 lit d TGVG vor. Der vertraglich vereinbarte Kaufpreis beträgt Euro 1.950.000,00 für die gegenständliche Liegenschaft. Daneben wurden wie oben bereits angeführt noch ein Erfüllungsübernahmevertrag mit Zahlungsverpflichtung in Höhe von Euro 200.000,00, sowie ein Kaufvertrag hinsichtlich des Inventars mit einem Kaufpreis von Euro 350.000,00 zwischen DD und dem Beschwerdeführer abgeschlossen. Diese Nebenverträge hätten zum Kaufpreis der Liegenschaft hinzurechnet werden müssen. Somit würde der tatsächliche Kaufpreis Euro 2.500.000,00 betragen. Dementsprechend übersteigt der tatsächlich heranzuziehende Kaufpreis den durch den Sachverständigen der Abteilung Landwirtschaftsrecht, RR, ermittelten Verkehrswert von Euro 1.704.301,95 um mehr als 30 %.
Die angeführten Amtssachverständigengutachten sind schlüssig und nachvollziehbar und in sich nicht widersprüchlich. Der Beschwerdeführer ist den Gutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetrten.
Aus den oben genannten Gründen war daher die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung durch die belangte Behörde rechtens.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
V. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Ungeachtet des Antrages des Beschwerdeführers konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Dies deshalb, weil der dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorliegende verwaltungsbehördliche Akt bereits erkennen hat lassen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht nach Ansicht des erkennenden Gerichtes bereits aufgrund der Aktenlage fest.
Zudem stand einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Visinteiner
(Richter)
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