LVwG Tirol LVwG-2023/49/1178-19

LVwG TirolLVwG-2023/49/1178-1918.12.2023

VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 1998 §7

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGTI:2023:LVwG.2023.49.1178.19

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Außerlechner aufgrund des Vorlageantrages vom 23.11.2022 nach Erlassung der Beschwerdevorentscheidung vom 19.10.2022, ***, über die Beschwerde der AA GmbH, Adresse 1, **** Z, vertreten durch RA BB, Adresse 2, **** Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 9.8.2022, ***, betreffend die Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

 

zu Recht:

 

1. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der Erschließungsbeitrag für das mit Baubescheid vom 13.8.2021, ***, genehmigte Bauvorhaben (Betriebsgebäude) in der Höhe von € 68.081,27 vorgeschrieben, der sich wie folgt errechnet:

 

Baumassenanteil (nach § 2 TVAG) 12.037 m³ € 8,08 70 vH € 68.081,27

 

Dieser Betrag ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Erkenntnisses fällig und auf das Konto IBAN: *** der Gemeinde Y bei der Raiffeisen Regionalbank X einzuzahlen.

 

2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I. Verfahrensgang

 

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 9.8.2022, ***, schrieb der Bürgermeister der Gemeinde Y als Abgabenbehörde der AA GmbH einen Erschließungsbeitrag für das ihr mit rechtskräftigem Baubescheid vom 13.8.2021, ***, genehmigte Bauvorhaben (Betriebsgebäude auf GSt **1, GB **2 Y), mit dessen Bauausführung am 17.9.2021 begonnen wurde, in der Höhe von € 68.208,31 auf Basis eines Baumassenanteils von 12.059,46 m³ vor.

 

Dagegen erhob die AA GmbH durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, die Gemeinde führe aus, sie habe mit Verordnung vom 19.1.2015 von der Ermächtigung nach dem TVAG Gebrauch gemacht und einen Erschließungsbeitragssatz in der Höhe von 4% festgelegt. Die Gemeinde habe auf ihre Homepage ihre Verordnungen gestellt. Eine Verordnung zum Erschließungsbeitragssatz finde sich dort jedoch nicht. Es finde sich lediglich ein Berechnungsblatt. Vorsorglich werde — bis zur Vorlage der relevanten Verordnung – bestritten, dass die Gemeinde eine derartige Verordnung beschlossen habe bzw diese rechtsgültig verordnet worden sei. Des Weiteren vermeine die Gemeinde einen Baumassenanteil von 12.059,46 m³. Dieser Baumassenanteil stimme nicht mit den Bauplänen überein bzw lasse sich die Höhe des Anteils mangels nachvollziehbarer Aufschlüsselung nicht nachvollziehen. Ausdrücklich bestritten werde daher der im Bescheid angezogene Baumassenanteil. Abschließend beantragte die Beschwerdeführerin der Beschwerde Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu die Nichtigkeit des Verfahrens auszusprechen und eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

 

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 19.10.2022, ***, gab die Abgabenbehörde der Beschwerde Folge und setzte den Erschließungsbeitrag unter Zugrundelegung eines Baumassenteiles von 12.037,00 m³ mit € 68.081,27 fest. Begründend führte die Abgabenbehörde aus, mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Z vom 11.8.2022, ***, habe diese eine Stellungnahme des hochbautechnischen Sachverständigen vom 14.6.2022 vorgelegt, wonach die Ermittlung der Baumasse nach dem TVAG eine anrechenbare Baumasse von gerundet 12.037,00 m³ ergebe. Die Abgabenbehörde schließe sich dieser schlüssigen Stellungnahme an.

 

Dagegen stellte die Beschwerdeführerin durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht einen Vorlageantrag.

 

Mit Schreiben vom 24.11.2022, ***, legte die Abgabenbehörde dem Landesverwaltungsgericht Tirol den Akt zur Entscheidung vor. Dem Vorlagebericht schloss die Abgabenbehörde die Verordnung über die Einhebung eines Erschließungsbeitrages vom 19.1.2015, deren Kundmachung und das diesbezügliche Verordnungsprüfungsschreiben der Tiroler Landesregierung vom 24.2.2015, Gem-G-***, an.

 

Nach erfolgter Neuzuteilung im Sinne des § 30 Abs 5 und 6 iVm § 1 Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichts Tirol, LVwG-102/69-2023, mit 2.5.2023, ersuchte das Landesverwaltungsgericht Tirol mit E-Mail vom 4.5.2023 die Beschwerdeführerin zur im Anhang mitübermittelten Verordnung über die Einhebung eines Erschließungsbeitrages der Gemeinde Y vom 19.1.2015, kundgemacht mittels Anschlages an der Amtstafel der Gemeinde im Zeitraum vom 30.1.2015 bis 16.2.2015 und zur der Beschwerdevorentscheidung vom 19.10.2022 beigefügten Stellungnahme vom 14.6.2022 des hochbautechnischen Sachverständigen, unter Verweis auf das Beschwerdevorbringen, inwieweit die dort enthaltene Auflistung bzw Aufschlüsselung, die der Baumassenanteilsberechnung zu Grunde gelegt wurde, nicht korrekt sei, binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.

 

Mit Ladung vom 8.5.2023, LVwG-2023/49/1178-2, beraumte das Landesverwaltungsgericht Tirol antragsgemäß eine öffentliche mündliche Verhandlung am 20.6.2023 an, zu der die Beschwerdeführerin und ihr Rechtsvertreter sowie die Abgabenbehörde geladen wurden.

 

Über Ersuchen des Landesverwaltungsgerichts Tirol übermittelte die Bezirkshauptmannschaft Z ihren Bescheid vom 22.9.2021, ***, betreffend die gewerberechtliche Genehmigung und wasserrechtliche Bewilligung für das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben (Betriebsgebäude auf GSt **1, GB **2 Y) der Beschwerdeführerin.

 

Am 20.6.2023 führte das Landesverwaltungsgericht Tirol eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin und des Bürgermeisters der Gemeinde Y durch. Im Zuge der Verhandlung übermittelte der Amtsleiter der Gemeinde Y mit E-Mail vom 20.6.2023 aufgrund eines diesbezüglichen Vorbringens des Rechtsvertreters die mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Planunterlagen des baurechtlichen Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Z vom 13.8.2021, ***. Zum weiteren Beweis wurde der Bürgermeister der Gemeinde Y ersucht, dem Landesverwaltungsgericht den Verordnungsakt vorzulegen, insbesondere das damalige Protokoll der Gemeinderatssitzung, in welchem der Beschluss gefasst wurde und allfällig weitere Unterlagen, die zur Ermittlung des Erschließungsbeitragssatzes von 4 % führten, zu übermitteln. Zudem wurde zum weiteren Beweis von Seiten des Landesverwaltungsgerichts Tirol festgehalten, den hochbautechnischen Sachverständigen im Wege einer ergänzenden Stellungnahme zu ersuchen, auszuführen, inwieweit er von geringfügigen Abweichungen bei der Berechnung des Baumassenanteiles ausgehe und worin darin der Grund liege und in welchem Ausmaß diese Abweichungen vorliegen würden.

 

Mit E-Mail vom 20.6.2023 ersuchte das Landesverwaltungsgericht Tirol den hochbautechnischen Sachverständigen unter Verweis auf seine Stellungnahme aus hochbautechnischer Sicht vom 14.6.2022 betreffend die Berechnung der Baumasse nach dem TVAG für das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben ergänzend zur Konkretisierung des Wortlautes „Aufgrund teilweiser fehlender Bemaßungsangaben sind geringfügige Abweichungen bei der Berechnung möglich“ Stellung zu nehmen.

 

Mit E-Mail vom 20.6.2023 übermittelte die Abgabenbehörde unter anderem die vom Bürgermeister eigenhändig unterzeichnete Verordnung über die Einhebung eines Erschließungsbeitrages vom 19.1.2015 sowie die an der Amtstafel angeschlagene Verordnung mit den Vermerken „Angeschlagen am: 30.01.2015“, „Abzunehmen am: 13.02.2015“, „Abgenommen am: 16.02.2015“ und „Der Bürgermeister CC eh.“. Zudem übermittelte die Abgabenbehörde die der Verordnung zugrundeliegenden Berechnungen unter Zugrundelegung der Straßenbaulast in Bezug auf den festgesetzten Erschießungsbeitragssatz von 4%:

 

 

Mit weiterem E-Mail vom 20.6.2023 übermittelte die Abgabenbehörde die Kundmachung der 1. Gemeinderatssitzung vom 19.1.2015 an der Amtstafel der Gemeinde Y unter Verweis auf den dritten Tagesordnungspunkt betreffend „Beratung und Beschlussfassung über eine neue Verordnung über die Einhebung des Erschließungsbeitrages“, welcher vom Gemeinderat einstimmig beschlossen wurde. Die Kundmachung wurde vom Schriftführer, dem Amtsleiter der Gemeinde Y, sowie dem Bürgermeister eigenhändig unterfertigt und am 27.1.2015 an der Amtstafel angeschlagen und am 10.2.2015 abgenommen.

 

Mit weiterem E-Mail vom 20.6.2023 teilte der Amtsleiter für die Abgabenbehörde eine Aufstellung mit den Weglängen der Gemeindestraßen mit und verwies darauf, die Gemeinde sei für die Errichtung und Erhaltung von 11,2 km Gemeindestraßen und für die Errichtung und Erhaltung von 1 km Gehsteig entlang der Adresse 8 (Adresse 3) und von 750 m Gehsteig entlang von Gemeindestraßen zuständig. Zudem bestätigte er, die Kundmachung der 1. Gemeinderatssitzung am 19.1.2015 am 27.1.2015 an der Amtstafel angeschlagen und am 10.2.2015 wieder abgenommen zu haben. Des Weiteren bestätigte er, zusätzlich zur Kundmachung der Gemeinderatssitzung auch die Kundmachung der Verordnung über die Einhebung eines Erschließungsbeitrages am 30.1.2015 an der Amtstafel angeschlagen und am 16.2.2015 wieder abgenommen zu haben. Ergänzend übermittelte die Abgabenbehörde das vom Bürgermeister und den Gemeinderäten unterfertigte Sitzungsprotokoll der 1. Gemeinderatssitzung am 19.1.2015.

 

Mit E-Mail vom 4.7.2023 erstattete der hochbautechnische Amtssachverständige zum Ersuchen des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 20.6.2023 eine ergänzende Stellungahme und führte darin aus:

 

„Die Berechnung seitens des Sachverständigen dient der Kontrolle jener Berechnungsangaben, welche in einem Bauansuchen inkl. Baubeschreibung, im konkreten Falle unter Pkt. 6, Baumassen und Kubaturen, angeführt werden.

 

In der hochbautechnischen Stellungnahme zum Baubescheid wird unter Pkt. 26 hingewiesen:

Der Bauwerber und die Planverfasser haften in vollen Umfang für die Richtigkeit der plangraphischen Angaben und Berechnungen.

 

Als Sachverständiger bin ich dazu angehalten, allfällig erforderliche Maßangaben für eine Kontrolle der Berechnungsangaben aus den Planunterlagen zu lesen.

 

Dies war beim vorliegenden Projekt grundsätzlich möglich. Lediglich bei den Maßangaben den Lift betreffend mussten die Geschoße untereinander verglichen werden, um die für die Kontrollberechnung notwendigen Maßangaben hierfür zu bestimmen.

 

Geringfüge Abweichungen sind dahingehend zu verstehen, dass aufgrund von Rundungsansätzen, wie zum Beispiel bei den Maßangaben zum Lift, wie folgt:

Außenmaß Breite = 4,98m

Außenmaß Tiefe ist nicht angegeben, jedoch über vorhandene Maßangaben rückführend berechenbar.

Außenmaß Treppenhaus: 0,165 plus 1,30 plus 0,20 plus 2,45 plus 0,20 plus 1,80 plus 0,165 = 6,28 m

Durchgangslichte Treppenhaus zu Bauteil = 2,40 plus Fassadenkonstruktion lt. Plan 0,165 plus Fassadenkonstruktion Annahme 0,165 = 2,73m

Außenmaß 6,28m minus 2,73m = 3,55m

Für eine Weiterberechnung zählt der errechnete Wert, jedoch wäre ein Aufrunden zulässig, somit könnte hier auch 3,60m angesetzt werden. Die Berechnung erfolgte in der Verfahrensberechnung mit sämtlichen ausgewiesenen Kommastellen.

 

In der Kontrollberechnung kann sich daher im m³ Bereich eine geringfügige allfällige Abweichung ergeben.

 

Diese Abweichung kann aus hochbautechnischer Sicht als vernachlässigbar angesehen werden.“

 

Mit Schreiben vom 4.7.2023, LVwG-2023/49/1178-10, übermittelte das Landesverwaltungsgericht Tirol der Beschwerdeführerin unter Verweis auf die am 20.6.2023 stattgefundene öffentliche mündliche Verhandlung die eingeholten ergänzenden Unterlagen zur Verordnung über die Einhebung eines Erschließungsbeitrages von Seiten der Abgabenbehörde (E-Mails vom 20.6.2023) und die ergänzende Stellungnahme des hochbautechnischen Sachverständigen vom 4.7.2023 zur Abgabe einer Stellungnahme im Rahmen des Parteigehörs.

 

Mit E-Mail vom 31.7.2023 nahm der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin dazu Stellung und führte darin im Wesentlichen aus:

 

„Die Stellungahme des DI EE wird zur Kenntnis genommen und erscheint sie nachvollziehbar.

 

Zum Anschlag der VO und zur Abnahme wurde weiters kein urkundlicher Beweis geführt. Es findet sich lediglich der Hinweis zum Anschlag und zur Abnahme, welcher Hinweis jedoch nicht durch eine Bestätigung oder Unterschrift belegt ist. Beide Zeitpunkte werden daher nach wie vor bestritten und wird als Zeuge der damalige Amtsleiter DD, p.A. der Gemeinde Y angeboten. Ebenfalls nicht ersichtlich ist, wann die VO vom damaligen Bürgermeister CC unterzeichnet wurde und ist nicht nachvollziehbar, warum keine ordnungsgemäß unterzeichnete VO ausgehängt wurde. Auch das Anbot FF bleibt aufrecht.

 

Schließlich nicht nachvollziehbar ist die Höhe des Erschließungsbeitragssatzes von 4%. Es findet sich zwar eine Kostenaufstellung für den Zeitraum 2004 bis 2014, doch kann daraus nicht schlüssig nachvollzogen werden, warum sich daraus der Satz von 4% ableiten soll. Auch die Ausgaben mit der Titulierung „Grund“ sind nicht nachvollziehbar. Handelt es sich dabei um Grund der gekauft oder gemietet werden musste. Ging der Grund jedoch in das Eigentum der Gemeinde über, so stellt dies wieder einen Vermögenswert dar, der nicht einberechnet wurde. Auch was mit den Termini „Bau-Asphaltierung“ und „Straßenbeleuchtung“ gemeint ist, ist nicht nachvollziehbar. Handelt es sich um Erhaltungskosten oder Neuerrichtungen? Fand ein Ersatz durch das Land Tirol statt, da einige Straßen im Gemeindegebiet Adresse 8n sind. Warum zieht man einen Zeitraum von 10 Jahren an? Inwiefern ist die Indexsteigerung zu berücksichtigen und welche Auswirkung hat diese auf den Beitragssatz von 4%?“

 

Mit E-Mail vom 29.8.2023 ersuchte das Landesverwaltungsgericht Tirol die Abgabenbehörde zu den von Seiten des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin im Zuge seiner Stellungnahme aufgeworfenen Fragen und im Allgemeinen Stellung zu nehmen sowie die Berechnung des Erschließungsbeitragssatzes von 4% nochmals im Detail zu erläutern.

 

Mit E-Mail vom 8.9.2023 nahm die Abgabenbehörde dazu Stellung und führte auszugsweise darin aus:

 

„Die Verordnung über die Erhebung eines Erschließungsbeitrages der Gemeinde Y wurde in der Sitzung am 19.01.2015 vom Gemeinderat beschlossen. Die Kundmachung an der Amtstafel erfolgte vom 30.01.2015 bis 16.02.2015. Der handschriftliche Vermerk zum Datum der Abnahme am 16.02.2015 ist eindeutig meine Handschrift (Amtsleiter DD). Ich kann bezeugen, die Verordnung am 30.01.2015 an die Amtstafel angeschlagen und am 16.02.2015 abgenommen zu haben.

 

Als weiterer Beweis wird die Kundmachung des Gemeinderatsprotokolls vom 19.01.2015 angeführt. Im Punkt 3. wird die Beratung zum Tagesordnungspunkt, die Berechnung und die vollständige Verordnung über die Erhebung eines Erschließungsbeitrages kundgemacht. Die Kundmachung wurde vom Bürgermeister CC und vom Amtsleiter DD handschriftlich unterfertigt.

 

Ich, Amtsleiter DD, kann bezeugen, die Kundmachung des Gemeinderatsprotokolls am 27.01.2015 an die Amtstafel persönlich angeschlagen und am 10.02.2015 persönlich abgenommen zu haben.“

 

„Mit LGBl. 184/2014 wurde der Erschließungskostenfaktor vom Land Tirol erstmals seit 1994 neu festgelegt und betrug für die Gemeinde Y nun € 202,-- statt bisher € 95,20.

 

In der Gemeinde Y wurde von 1995 bis 2014 5 % von diesem Faktor eingehoben, der Erschließungsbeitrag betrug € 4,76 pro Einheit der Bemessungsgrundlage.

 

Durchschnittliche Straßenbaulast 2004-2014 € 1.960.496

Einnahmen aus Erschließungsbeiträgen 2004-2014 € 1.133.666

Unterdeckung € 826.802

 

Die Unterdeckung der Einnahmen aus dem Erschließungsbeitrag 2004-2014 in Bezugnahme auf die Straßenbaulast betrug 72,9 %.

 

Im Merkblatt für die Gemeinden Tirols Nr. 52/2014 war angeführt, dass die Einnahmen aus dem Erschließungsbeitrag der von der Gemeinde zu tragenden Straßenbaulast entsprechen müssen. Da seit 1994 vom Land keine Indexanpassung erfolgte, musste der Erschließungsbeitrag um 69,75 % angehoben werden.

 

Erschließungskostenfaktor LGB 22.12.2014 € 202,00

Erschließungsbeitragssatz 4%

Erschließungsbeitrag 2015 neu € 8,08

Steigerung 69,75%

 

Der Erschließungsbeitrag 1995 betrug € 4,76. Wenn man € 4,76 um 69,75 % erhöht ergibt das € 8,08.

 

Der Erschließungskostenfaktor wurde gem. LGB 22.12.2014 für die Gemeinde Y mit € 202,00 festgesetzt. Damit die Steigerung der Einnahmen aus dem Erschließungsbeitrag nicht höher ausfällt, als die Straßenbaulast wurde der Erschließungsbeitragssatz mit 4 % (statt bis dahin 5 %) festgesetzt.

 

Erschließungsbeitrag 2015 neu = € 202,00 x 4 % = € 8,08

 

Die Einnahmen aus den Erschließungsbeiträgen bei einem Erschließungsbeitrag von € 8,08 lagen somit geringfügig unter der der von der Gemeinde zu tragenden Straßenbaulast der vergangenen Jahre.

 

Laut Merkblatt für die Gemeinden Tirols Nr. 52/2014 hat sich die Höhe des Erschließungsbeitragssatzes nach der Straßenbaulast der Gemeinde zu richten und darf 5 v. H. des (neuen) Erschließungskostenfaktors nicht überschreiten. Aus der Bezugnahme auf die Straßenbaulast ergibt sich, dass für den Erschließungsbeitrag der Äquivalenzgrundsatz gilt. Die vom Gesetzgeber geforderte Äquivalenz ist im Rahmen einer Durchschnittsbetrachtung der Straßenbaulast der letzten zehn Jahre zu wahren.

 

Gemäß Tiroler Straßengesetz § 2 Abs. 8) umfasst die Straßenbaulast die Kosten für den Bau (einschließlich der Grunderwerbskosten) und die Erhaltung einer Straße.

 

Gemäß Tiroler Straßengesetz § 3 Abs. 1 sind Bestandteile der Straße:

a) die unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen, wie Fahrbahnen, Radwege, Reitwege, Gehsteige, Gehwege, Geh- und Radwege, Schutzinseln, Haltestellenbuchten, Parkflächen;

b) die unmittelbar dem Bestand der in der lit. a genannten Verkehrsflächen dienenden Anlagen, wie Dämme, Böschungen, Brücken, Tunnels, Durchlässe, Über- und Unterführungen, Stützmauern, Gräben, Straßenentwässerungsanlagen bis zum Sammelkanal und dergleichen;

 

§ 10 Tiroler Straßengesetz, Straßenbaulast im Bauland

(1) Für Adresse 8n L im Bereich des Baulandes hat das Land die Straßenbaulast nur für den Straßenkörper für eine Straße mit höchstens zwei Fahrstreifen einschließlich der Ab- und Einbiegestreifen und der Haltestellenbuchten sowie der Straßenentwässerungsanlagen bis zum Sammelkanal, ferner bei Brücken und Über- und Unterführungen für beidseitige Gehsteige mit einer Breite von höchstens je 1,50 m zu tragen. Für Adresse 8n B im Bereich des Baulandes hat das Land zusätzlich die Straßenbaulast für zwei weitere Fahrstreifen zu tragen.

(2) Die Straßenbaulast des Winterdienstes und der Reinigung für Gehsteige bei Brücken und Über- und Unterführungen hat die Gemeinde zu tragen. Die Straßenbaulast für die im Abs. 1 nicht genannten Teile von Adresse 8n im Bereich des Baulandes, insbesondere für weitere Fahrstreifen, Radwege, Gehwege, Gehsteige mit Ausnahme der im Abs. 1 genannten Fälle, Parkflächen und Straßenbeleuchtungsanlagen, sowie die Kosten für die Beschaffung der zum Bau von Haltestellenbuchten erforderlichen Grundflächen hat die Gemeinde zu tragen.

 

Sämtliche in der Aufstellung der Gemeinde Y angeführten Positionen wie Grund (= Grunderwerbskosten), Bau- und Asphaltierung (= Kosten für Bau und Erhaltung einer Straße) und Straßenbeleuchtung zählen laut Tiroler Straßengesetz zur Straßenbaulast.

 

Kosten für den Bau und Erhaltung einer Adresse 8 werden vom Land Tirol beauftragt und bezahlt. Diese Kosten sind der Gemeinde nicht bekannt und scheinen in der Aufstellung nicht auf.“

 

Mit Ladung vom 13.9.2023, LVwG-2023/49/1178-13, beraumte das Landesverwaltungsgericht Tirol eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung am 19.10.2023 an, zu der die Beschwerdeführerin und ihr Rechtsvertreter, die Abgabenbehörde und der Amtsleiter der Gemeinde Y als Zeuge geladen wurden.

 

Am 19.10.2023 führte das Landesverwaltungsgericht Tirol die öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin, des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin und des Bürgermeisters der Gemeinde Y sowie des geladenen Zeugen durch. Eingangs stellten sowohl der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin als auch ihr Rechtsvertreter einen Baumassenanteil von 12.037,00 m³ außer Streit. Der Bürgermeister legte des Weiteren ein Konvolut betreffend den Nachweis der Straßenbaulast im Zeitraum 2004 bis 2014 vor, aus welchem sich die der Erschließungsbeitragssatz-Verordnung zu Grunde liegende Kostenaufstellung ergibt. Hierzu wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.

 

Mit E-Mail vom 6.11.2023 nahm der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin dazu Stellung und führte auszugsweise darin aus:

 

c) Die angeführten Kosten in Höhe von EUR 72.195,00 für Grund, EUR 61.230,00 für Bau-Asphaltierung sowie EUR 34.325,00 für Straßenbeleuchtung für das Jahr 2004 decken sich mit den gelegten Rechnungsabschlüssen sowie mit den vorhandenen Kontoblättern.

 

Bezogen auf die restlichen Jahre, sohin die Jahre 2005 bis inklusive 2014 wurde durch die belangte Behörde jedoch lediglich der jeweilige Rechnungsabschluss gelegt. Ob die in diesen Jahren getätigten Buchungen auch mit diesen Rechnungsabschlüssen übereinstimmen, bzw. wofür die Buchungen tatsächlich geleistet wurden, kann daher nicht überprüft werden und wird ausdrücklich bestritten. Insofern es der Gemeinde möglich ist für 2004 detaillierte, aufgeschlüsselte und nachvollziehbare Kontoblätter zu legen, ist nicht ersichtlich, warum dies auch ab dem Jahre 2005 nicht möglich sein soll. Es wird beantragt der Gemeinde aufzutragen für die Jahre 2005 bis 2014 derart detaillierte Kontoblätter wie für das Jahr 2004 vorzulegen, sodass eine Überprüfung möglich ist. Derzeit ist dies schlicht nicht möglich und ist die Aufschlüsselung der Gemeinde nicht nachvollziehbar. Eine abschließende Stellungnahme zu den Jahren 2005 bis 2014 ist somit bis zur Vorlage der zugehörigen Kontoblätter nicht möglich.

 

d) Jedenfalls erstaunt die Höhe der im Jahr 2005 verzeichneten Kosten für den Wegbau der Verbindung Adresse 7 – L9 in Höhe von EUR 73.375,16 sowie der Kosten für die gleiche Verbindung im Jahr 2006 von EUR 76.264,14 und im Jahr 2007 in Höhe von EUR 47.760,35. Die Verbindung L9 / Adresse 7 beträgt ausgemessen (nach TIRIS-Maps) 280m. Die hierfür angeführten Wegbaukosten sind einerseits illusorisch und andererseits nicht nachvollzieh-bar. Bis zur Vorlage eines konkreten Nachweises wird jedenfalls bestritten, dass für den diesbezüglichen Wegbau über drei Jahre hinweg derart hohe Summen aufgewendet wurden. Dies insbesondere, da es sich bei der gegenständlichen Verbindung um ein relativ kurzes Wegstück handelt. Die geltend gemachten Wegbaukosten stehen auch in keinerlei Relation zu den für dieses Projekt angeführten Grundablösen. Um die Angemessenheit anschließend überprüfen zu können benötigt die Beschwerdeführerin jedenfalls Einblick in die zugehörigen Kontoblätter und wird auch hierzu die Vorlage beantragt.

 

e) Ebenfalls fällt auf, dass die für das Jahr 2012 verzeichneten Kosten für Bau-Asphaltierung in Höhe von EUR 190.059,00 zu einem sehr hohen Anteil, nämlich zu EUR 113.443,47 Arbeiten unter dem Haushaltsposten Adresse 8 Hack/Kreisverkehr L9 betreffen. Betreffend diesen Haushaltsposten findet sich in den gelegten Unterlagen der handschriftliche Vermerk „Gehsteig“, welcher offensichtlich darauf hindeuten soll, dass es sich hierbei um Asphaltierungsarbeiten betreffend dem zur Adresse 8 zugehörigen Gehsteig gehandelt habe. Ob dies zutrifft und welche konkreten Arbeiten hier tatsächlich geleistet wurden, lässt sich ohne Einblick in die zugehörigen Kontoblätter keinesfalls überprüfen. Auch die Vorlage dieser Blätter wird beantragt. Auch diese Kosten werden bestritten.

 

f) Bereits ohne Einsicht in die zugehörigen Kontoblätter erstaunt die Höhe der angeführten Ausgaben. Im gleichen Jahr werden für den Posten Gehsteig-Asphaltierung-Straßenbau EUR 76.616,44 angeführt. Die Kosten für die Gehsteig-Asphaltierung des Kreisverkehrs an der L9 übersteigen laut Rechnungsabschluss die Kosten für die gesamte restliche Asphaltierung im Jahr 2012 um fast 50%. Weshalb die diesbezüglichen Arbeiten derart hohe Kosten verursacht haben sollen, erschließt sich der beschwerdeführenden Partei aus den gelegten Unterlagen nicht. Auch diese Kosten werden bestritten.

 

g) Hinsichtlich dem Posten Adresse 8 Hack/Kreisverkehr L9 fällt darüber hinaus auf, dass dieser Posten sich nicht nur im Jahr 2012 mit einem außerordentlich hohen Betrag niederschlägt. Auch im Jahr 2013 finden sich unter demselben Posten, ebenfalls mit handschriftlichem Vermerk hinsichtlich dem Gehsteig, im Rechnungsabschluss Kosten in Höhe von EUR 163.405,41. Verglichen mit den restlichen Ausgaben für Asphaltierungen im gleichen Jahr (EUR 128.336,16 für Gehsteig-Asphaltierung-Straßenbau Kirchplatz-Adresse 4 und EUR 36.026,47 für Asphaltierung) zeigt sich erneut, dass der Gehsteig für Adresse 8 Hack/Kreisverkehr L9 wiederum mehr kostete, als die gesamten sonstigen Asphaltierungs-arbeiten zusammen. Auch diese Kosten sind nicht nachvollziehbar und werden bestritten.

 

h) Im Jahr 2014 schlagen sich die Kosten für diesen Posten erneut mit EUR 1.095,49 nieder. Insgesamt wurden daher in den Jahren 2012 bis 2014 EUR 277.944,37 für den Posten Adresse 8 Hack/Kreisverkehr L9 verzeichnet. Diese Kosten erscheinen, ohne Einsicht in die jeweiligen Kontoblätter, für die Asphaltierung eines Gehsteigs massiv überhöht.

 

i) Ferner fällt auf, dass unter dem Punkt Gehsteig-Asphaltierung-Straßenbau Kirchplatz-Adresse 4 im Jahr 2013 Kosten in Höhe von EUR 128.336,16 sowie im Jahr 2014 EUR 156.634,42 verzeichnet werden. Gesamt belaufen sich die Kosten für diesen Posten daher auf EUR 284.970,58. Auch diese Kosten erscheinen überhöht und bedürfen einer Überprüfung zumindest dahingehend, ob die verzeichneten Kosten auch mit den gemäß Kontoblättern getätigten Ausgaben übereinstimmen.

 

j) Hingewiesen wird auch darauf, dass im Jahr 2014 Kosten in Höhe von EUR 118.623,67 unter dem Posten Errichtung Parkplatz + Straße Umbau Kindergarten erfasst sind. Umbaumaßnahmen für einen Kindergarten fallen jedoch nicht unter jene Kosten, welche bei Bestimmung des Erschließungsbetrages zu berücksichtigen sind. Diesbezüglich hätten die hierfür verzeichneten Kosten nicht in die Berechnung einfließen dürfen. Zur Überprüfung, ob tatsächlich sämtliche verzeichneten Ausgaben Arbeiten zuzuordnen sind, welche bei der Berechnung des Erschließungsbeitrages Berücksichtigung finden, werden auch hier sämtliche bezughabenden Kontoblätter benötigt. Bereits jetzt wird jedoch bestritten, dass die Kosten für die Errichtung eines Parkplatzes für einen Kindergarten bei der Festlegung des Erschließungsfaktors zu berücksichtigen sind. Die Errichtung des gegenständlichen Parkplatzes erfolgte offensichtlich im Zuge des Betriebs eines Kindergartens durch die Gemeinde. Die Kosten hierfür hat die Gemeinde daher in ihrer Rolle als Betreiber des Kindergartens zu tragen. Eine Übertragung der Kosten in Form der Einbeziehung in die Berechnung des Erschließungsfaktors darf nicht erfolgen.

 

k) Aus Sicht der Beschwerdeführerin ist die Gemeinde ihrer Pflicht zur Aufschlüsselung der Kosten für die Baulast nicht nachgekommen. Die Angaben sind zwar umfänglich, jedoch mangels Urkunden nicht nachvollziehbar. Die Gemeinde stellt irgendeinen Betrag in den Raum, ohne diesen zu belegen.“

 

Abschließend beantragte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin der Abgabenbehörde die Legung der zugehörigen Kostenblätter für die Jahre 2005 bis inklusive 2014 aufzutragen und eine weitere mündliche Verhandlung anzuberaumen.

 

Mit E-Mail vom 4.12.2023 nahm wiederum die Abgabenbehörde dazu Stellung und führte darin aus:

 

„Anliegend werden, wie angefordert, die Rechnungen zum Nachweis der ausgewiesenen Ausgaben und für die Jahre 2005 bis 2014 auch die entsprechenden Kontoblätter übermittelt.

 

Zu den von Seiten des Rechtsvertreters der AA GmbH im Zuge seiner Stellungnahme vom 6.11.2023 aufgeworfenen Fragen wird wie folgt Stellung genommen:

 

Zu d)

Der Weg vom Adresse 7 bis zur Adresse 8 L9 wurde über ehemals landwirtschaftliche Flächen inklusive Auskofferung neu errichtet. Die Kosten für die bauausführende Firma KK werden mit den Rechnungen Beleg Nr. 4309/2005, 4286/2006, 4891/2006 und 2900/2007 nachgewiesen. Die Prüfung der Rechnungen erfolgte durch das Büro IFS Ziviltechniker GmbH, Z, Eduard-Bodem-Gasse 3.

 

Zu e)

Beim Neubau und Neutrassierung der L9 Adresse 10 Yer Gatter auf einer Länge von 615 m musste die Gemeinde die Kosten für den neuerrichteten Gehsteig, die Gehsteigbeleuchtung und den Linksabbieger für das Unternehmerzentrum tragen. Die Rechnungen 3840/2012, 6197/2012 und 6680/2012 der Firma KK wurden vom Amt der Tiroler Landesregierung, Gruppe Bau und Technik geprüft und von der Gemeinde Y bezahlt. Die Rechnungen für die Straßenbeleuchtung wurden vom Büro JJ, geprüft.

 

Zu f)

Im Jahr 2012 war zudem die Sanierung von Gemeindestraßen notwendig, welche die Strabag ausgeführt hat, siehe Beleg ***.

 

Zu g)

2013 erfolgten die 2. die 3. Abschlagsrechnungen der Fa. KK für den Gehsteig und Linksabbieger L9 Yer Gatter.(2621/2013 und 3007/2013.)

Abzweigend von der Adresse 8 L9 hat die Gemeinde den Erschließungsweg Adresse 9 verlängert, ausgebaut und asphaltiert. Rechnung der Fa. KK 2962/2013.

 

Zu h)

Die Kontoblätter und wesentlichen Rechnungen werden anliegend vorgelegt.

 

Zu i)

Im Jahr 2013 wurden die Gemeindestraßen Adresse 5 und Adresse 6 bis Adresse 4 auf einer Länge von 830 m mit Verkehrsberuhigungsmaßnahmen neu gestaltet und neu asphaltiert. Rechnung der Fa. GG, ***, und Schlussrechnung Fa. GG ***, jeweils geprüft vom Büro Vi-Plan, Z.

 

Zu j)

Im Jahr 2014 wurde ein Abschnitt des Adresse 7s verbreitert, ausgekoffert und neu asphaltiert. Die Rechnungen wurden vom Büro JJ, geprüft. Rechnung Beleg Nr. ***. Die gesamte asphaltierte Fläche beträgt laut Rechnung 1.639,66 m². Die Parkfläche vor dem Kindergarten hat davon ein Ausmaß von ca. 70 m².

 

Die Gemeinde Y macht noch einmal darauf aufmerksam, dass die im Betrachtungszeitraum 2004 bis 2014 angefallenen Kosten für die Schneeräumung mit den Gemeindetraktoren und die Kosten für eigenes Personal, in die Gegenüberstellung nicht eingeflossen sind. Die in der Berufungsverhandlung vorgebrachten Kosten alleine für Streugut, Abtransport von Schnee durch Dritte und Kehrung von Streukies belaufen sich auf € 138.600.

 

Die Straßenbaulast umfasst sowohl die Kosten für den Bau (einschließlich Grunderwerbskosten) als auch die Erhaltung einer Straße. Unter Berücksichtigung der gesamten Straßenbaulast ist für den Zeitraum 2004 bis 2014 eine weitaus größere Unterdeckung, als in der Kalkulation für die Entscheidung des Gemeinderates abgebildet, gegeben.“

 

Mit E-Mail vom 5.12.2023 übermittelte das Landesverwaltungsgericht Tirol dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf seine Stellungnahme vom 6.11.2023 die diesbezüglich eingeholte Stellungnahme der Gemeinde Y vom 4.12.2023 im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis und räumte die Möglichkeit zur abschließenden Stellungnahme dazu ein. Ergänzend teilte das Landesverwaltungsgericht Tirol mit, nach derzeitigem Ermittlungsstand sei die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung im Hinblick auf die verordnungsspezifische Beweisführung nicht mehr angedacht.

 

Mit E-Mail vom 15.12.2023 nahm der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin dazu Stellung und führte darin aus:

 

Nach wie vor ist eine abschließende Überprüfung der Behauptungen der Behörde mangels Vollständigkeit der gelegten Unterlagen nicht möglich. Die Behörde legt nunmehr zwar Kontoblätter für die Jahre 2005 bis 2014 vor, jedoch sind diese erneut unvollständig.

 

Insbesondere legt die Behörde, abgesehen von den bereits für das Jahr 2004 gelegten Kontoblättern für die darauffolgenden Jahre kein einziges Kontoblatt, aus welchem die eingenommenen Erschließungsbeiträge ersichtlich sind. Die Beschwerdeführerin müsste diesbezüglich daher nach wie vor blind auf die Behauptung der Behörde vertrauen und hat keine Möglichkeit diese Behauptungen zu überprüfen. Vorsorglich wird der Einnahmebetrag der Höhe nach bestritten.

 

Auch werden für die Jahre 2005 bis 2014 keine Kontoblätter gelegt, aus welchen die Kosten für die Straßenbeleuchtung abzulesen sind. Auch diesbezüglich hat die Beschwerdeführerin daher keine Möglichkeit die Angaben der Behörde zu überprüfen. Auch diese Kosten bleiben bestritten.

 

Zusätzlich fehlen nach wie vor die Kontoblätter zu folgenden Ausgaben:

• Wegbau Wald-/Forstwege 2005 iHv EUR 11.565,00

• Grundablöse 2006 iHv EUR 11.622,88

• Wegbau Feld-/Forstwege 2007 iHv EUR 4.507,02

 

Dass derartige Kontoblätter existieren müssen, zeigt sich bereits daran, dass für das Jahr 2004 die Kontoblätter vollständig gelegt wurden.

 

Das Landesverwaltungsgericht Tirol wolle

1. der belangten Behörde die Legung der noch nicht gelegten Kontoblätter auftragen;

2. eine weitere mündliche Verhandlung anberaumen.

 

Formal werden weiters sämtlich gestellte Anträge, insbesondere jener auf Behebung des Bescheides, und Beweisanträge aufrecht gehalten.“

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der Abgabenbehörde und des Aktes des Landesverwaltungsgerichtes Tirol. Das Landesverwaltungsgericht Tirol führte des Weiteren am 20.6.2023 und 19.10.2023 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

 

 

II. Sachverhalt

 

Mit rechtskräftigem Bescheid vom 13.8.2021, ***, erteilte die Bezirkshauptmannschaft Z als Baubehörde der Beschwerdeführerin zur Neuerrichtung eines Betriebsgebäudes auf GSt **1, GB **2 Y, bestehend aus zwei getrennten Baukörpern, die baurechtliche Bewilligung.

 

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des GSt **1, GB **2 Y.

 

Mit der Bauausführung wurde am 17.9.2021 begonnen.

 

Das Bauvorhaben weist einen Baumassenanteil gemäß § 2 Abs 5 TVAG von 12.037,00 m³ auf.

 

Der Bauplatzanteil gemäß § 9 Abs 2 TVAG wurde von der Beschwerdeführerin mit dem vorgezogenen Erschließungsbeitrag gemäß § 13 TVAG bereits bezahlt.

 

Die Verordnung über die Einhebung eines Erschließungsbeitrages der Gemeinde Y vom 19.1.2015 wurde ordnungsgemäß erlassen und kundgemacht.

 

Der errechnete Erschließungsbeitragssatz von 4% ergibt sich aus den im Verordnungsakt einliegenden Berechnungsunterlagen.

 

 

III. Beweiswürdigung

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der Abgabenbehörde und dem verwaltungsgerichtlichen Akt, insbesondere in Bezug auf den Beginn der Bauausführung am 17.9.2021 und den Baumassenanteil von 12.037,00 m³, der im Übrigen nach der ergänzend eingeholten Stellungnahme des hochbautechnischen Sachverständigen vom 4.7.2023 vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin in seiner Stellungnahme vom 31.7.2023 und in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19.10.2023 außer Streit gestellt wurde.

 

Die ordnungsgemäße Erlassung und Kundmachung der Verordnung über die Einhebung eines Erschließungsbeitrages der Gemeinde Y vom 19.1.2015 ergibt sich zweifelsfrei aus dem von Seiten der Abgabenbehörde vorgelegten Verordnungsakt, den diesbezüglich ergänzend erstatteten Stellungnahmen und bereitgestellten Unterlagen (E-Mails jeweils vom 20.6.2023, vom 8.9.2023 und vom 4.12.2023 sowie dem in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19.10.2023 von Seiten der Abgabenbehörde vorgelegten Konvolut betreffend den Nachweis der Straßenbaulast im Zeitraum 2004 bis 2014, den Aussagen des Bürgermeisters und des als Zeugen einvernommenen Amtsleiters in den durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlungen.

 

Die Berechnung des Erschließungsbeitragssatzes von 4% und dessen Berechnungsgrundlagen ergeben sich nachvollziehbar und schlüssig aus dem Verordnungsakt und den ergänzend eingeholten Stellungnahmen der Abgabenbehörde.

 

Der festgestellte Sachverhalt steht daher unbestritten fest.

 

 

IV. Rechtsgrundlagen

 

Gegenständlich sind insbesondere folgende Rechtsvorschriften entscheidungsrelevant:

 

Tiroler Verkehrsaufschließungs- und Ausgleichsabgabengesetz (TVAG), LGBl Nr 58/2011 (§§ 2, 7, 8) bzw idF LGBl Nr 144/2018 (§§ 9 und 12):

 

„§ 2

Begriffsbestimmungen

(…)

(5) Baumasse ist der durch ein Gebäude umbaute Raum. Die Baumasse ist geschoßweise zu ermitteln, wobei bei Räumen mit einer lichten Höhe von mehr als 3,50 m der diese Höhe übersteigende Teil außer Betracht bleibt. Der umbaute Raum ist jener Raum, der durch das Fußbodenniveau des untersten Geschoßes und durch die Außenhaut des Gebäudes oder, soweit eine Umschließung nicht besteht, durch die gedachte lotrechte Fläche in der Flucht der anschließenden Außenhaut begrenzt wird.

(…)

Erschließungsbeitrag

§ 7

Abgabengegenstand, Erschließungsbeitragssatz

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, im Fall des Neubaus eines Gebäudes oder der Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert wird, einen Erschließungsbeitrag zu erheben. Verlieren Gebäude im Sinn des § 2 Abs. 4 oder Teile davon ihren Verwendungszweck durch bauliche Änderungen, so gilt dies als Neubau.

(2) Die Erhebung des Erschließungsbeitrages erfolgt durch Festlegung des Erschließungsbeitragssatzes (Abs. 3).

(3) Der Erschließungsbeitragssatz ist ein Prozentsatz des Erschließungskostenfaktors nach § 5 Abs. 2. Er ist von der Gemeinde durch Verordnung einheitlich für das gesamte Gemeindegebiet festzulegen. Die Höhe des Erschließungsbeitragssatzes hat sich nach der von der Gemeinde zu tragenden Straßenbaulast zu richten und darf 5 v. H. des Erschließungskostenfaktors nicht überschreiten.

 

§ 8

Abgabenschuldner

(1) Abgabenschuldner ist der Eigentümer des Bauplatzes, auf dem der Neubau errichtet wird oder das Gebäude, dessen Baumasse vergrößert wird, besteht.

(…)

§ 9

Bemessungsgrundlage und Höhe der Abgabe

(1) Der Erschließungsbeitrag ist die Summe aus dem Bauplatzanteil (Abs. 2) und dem Baumassenanteil (Abs. 4).

(2) Der Bauplatzanteil ist vorbehaltlich des Abs. 3 das Produkt aus der Fläche des Bauplatzes in Quadratmetern und 150 v. H. des Erschließungsbeitragssatzes. Bei Bauplätzen, die als Freiland oder als Sonderflächen nach § 44, § 45 oder § 46 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 gewidmet sind oder bei denen zumindest jener Teil, auf dem das Gebäude errichtet werden soll oder besteht, als Sonderfläche nach § 47, § 50 oder § 50a des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 gewidmet ist, tritt die durch das Gebäude überbaute Fläche samt der Fläche eines daran anschließenden Randes, dessen Tiefe je nach der Widmung in sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 lit. c oder d der Tiroler Bauordnung 2018 zu ermitteln ist, an die Stelle der Fläche des Bauplatzes. Bei Bauplätzen für Gebäude nach § 2 Abs. 3 lit. b, c und d tritt die durch das Gebäude überbaute Fläche samt der Fläche eines daran anschließenden Randes, dessen Tiefe in sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 lit. b der Tiroler Bauordnung 2018 zu ermitteln ist, an die Stelle der Fläche des Bauplatzes. Die durch Gebäude oder Gebäudeteile für Laufställe überbaute Fläche ist in die Fläche des Bauplatzes nur zur Hälfte einzurechnen. Verlieren jedoch solche Gebäude oder Gebäudeteile diesen Verwendungszweck durch bauliche Änderungen, so gilt dies als Vergrößerung des Bauplatzes im Ausmaß der Hälfte der tatsächlich überbauten Fläche.

(3) Der Bauplatzanteil entfällt mit jedem nach § 16 Abs. 2 fällig gewordenen Teilbetrag des vorgezogenen Erschließungsbeitrages hinsichtlich einer Fläche, die 20 v. H. der Fläche des Bauplatzes bzw. jener Teilfläche des Bauplatzes, für die der Teilbetrag fällig geworden ist, entspricht.

(4) Der Baumassenanteil ist

a) im Fall des Neubaus eines Gebäudes das Produkt aus der Baumasse des Gebäudes,

(…)

jeweils in Kubikmetern und 70 v. H. des Erschließungsbeitragssatzes.

(…)

§ 12

Entstehen des Abgabenanspruches, Vorschreibung

(1) Der Abgabenanspruch entsteht

a) bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben mit dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung, wenn jedoch aufgrund des § 65 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung 2018 bereits vor diesem Zeitpunkt mit dem Bau begonnen wird, mit dem Baubeginn,

b) bei anzeigepflichtigen Bauvorhaben mit dem Zeitpunkt, in dem aufgrund des § 37 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung 2018 mit der Ausführung des angezeigten Bauvorhabens begonnen werden darf, und

c) bei allen anderen Bauvorhaben mit dem Baubeginn.

(2) Bei Grundstücksänderungen nach § 10 Abs. 2 entsteht der Abgabenanspruch mit der grundbücherlichen Durchführung der Grundstücksänderung.

(3) Bei bewilligungspflichtigen und anzeigepflichtigen Bauvorhaben ist der Erschließungsbeitrag nach dem Baubeginn vorzuschreiben. Dabei gilt § 6 Abs. 2 zweiter Satz sinngemäß.

(…)“

 

Verordnung der Landesregierung vom 16.12.2014 über die Festlegung der Erschließungskostenfaktoren, LGBl Nr 184/2014:

 

„Aufgrund des § 5 Abs. 2 des Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetzes 2011, LGBl. Nr. 58, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. Nr. 130/2013, wird verordnet:

 

§ 1

Erschließungskostenfaktoren

Für die Gemeinden Tirols werden folgende Erschließungskostenfaktoren festgelegt:

(…)

Bezirk Z-Land:

(…)

Y EUR 202,00

(…)“

 

Verordnung über die Einhebung eines Erschließungsbeitrages der Gemeinde Y vom 19.1.2015 (VO-Erschließungsbeitrag 2015):

 

„Der Gemeinderat der Gemeinde Y hat mit Beschluss vom 19.1.2015 auf Grund der Bestimmungen des Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetzes 2011 – TVAG 2011, LGBl. Nr. 58, folgende Verordnung erlassen:

 

§ 1

Erschließungsbeitrag

Die Gemeinde Y erhebt zur teilweisen Abdeckung der Kosten der Verkehrserschließung einen Erschließungsbeitrag.

 

§ 2

Höhe des Erschließungsbeitragssatzes

Die Höhe des Erschließungsbeitragssatzes wird gemäß § 7 Abs 3 TVAG 2011 für das gesamte Gemeindegebiet mit 4 v. H. des von der Tiroler Landesregierung durch Verordnung vom 16.12.2014, LGBl. Nr. 184/2014, für die Gemeinde Y festgelegten Erschließungskostenfaktors bestimmt.

 

§ 3

Verfahrensbestimmungen

Für das Verfahren gelten die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO in Verbindung mit dem Tiroler Abgabegesetz – TabgG, in der jeweils geltenden Fassung.

 

§ 4

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt mit dem Ablauf des Tages des Anschlages an der Amtstafel in Kraft. Gleichzeitig tritt die bisherige Verordnung über die Erhebung eines Erschließungsbeitrages außer Kraft.“

 

Die Verordnung wurde durch Anschlag an der Amtstafel am 30.1.2015 kundgemacht und trat am 31.1.2015 in Kraft.

 

 

V. Rechtliche Erwägungen

 

Zur Verordnung über die Einhebung eines Erschließungsbeitrages der Gemeinde Y vom 19.1.2015:

Die VO-Erschließungsbeitrag 2015 wurde vom Gemeinderat der Gemeinde Y in ihrer Gemeinderatssitzung am 19.1.2025 einstimmig beschlossen, vom Bürgermeister gefertigt (siehe Niederschrift über die 1. Gemeinderatssitzung am 19.1.2015 und die im Verordnungsakt einliegende vom Bürgermeister eigenhändig unterzeichnete Verordnung) und in weiterer Folge entsprechend den gesetzlichen Vorgaben (vgl § 60 Tiroler Gemeindeordnung 2001) durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde Y ordnungsgemäß kundgemacht (siehe die im Verordnungsakt einliegende an der Amtstafel angeschlagene Verordnung mit den Vermerken „Angeschlagen am: 30.01.2015“, „Abzunehmen am: 13.02.2015“, „Abgenommen am: 16.02.2015“ und „Der Bürgermeister CC eh.). Die VO-Erschließungsbeitrag 2015 trat somit unter Verweis auf deren § 4 am 31.1.2015 in Kraft. Anhaltspunkte für eine nicht ordnungsgemäße Erlassung und Kundmachung der VO-Erschließungsbeitrag 2015 liegen nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Tirol nicht vor.

 

Zum in der VO-Erschließungsbeitrag 2015 festgelegten Erschließungsbeitragssatz von 4% ist auf die im Verordnungsakt einliegenden und zugrunde gelegten nachvollziehbaren und schlüssigen Berechnungsgrundlagen und Berechnung zu verweisen, insbesondere auf die zugrunde gelegten Straßenbaulasten der Jahre 2004 bis 2014, die sich aus den vorgelegten Kontoblättern und Rechnungen ergeben. Der Umstand, wie vom Amtsleiter in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19.10.2023 ausgeführt, wonach sich bei der errechneten Straßenbaulast im Jahr 2013 bei der Position „Straßenbeleuchtung“ in Höhe von € 19.748,00 ein Excel-Kopierfehler ergab und der Betrag richtigerweise € 6.015,60 beträgt, schadet nicht. Insbesondere deshalb nicht, da die Gemeinde für den Zeitraum der Jahre 2004 bis 2014 die Ausgaben in Höhe von € 138.600,00 für den Winterdienst, welche nach dem Tiroler Straßengesetz zur Straßenbaulast zählen, zur Gänze nicht berücksichtigte. Darüber hinaus ergaben sich für das Landesverwaltungsgericht Tirol keine Anhaltspunkte für eine Heranziehung von Ausgaben zur Straßenbaulast, welche nach dem Tiroler Straßengesetz nicht davon umfasst sind. Aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts Tirol erscheint demnach auch in Bezug auf die mit E-Mail vom 15.12.2023 übermittelte Stellungnahme der Beschwerdeführerin, in welcher diese die Einholung und Vorlage weiterer Kontoblätter, insbesondere auch jene zu den vereinnahmten Erschließungsbeiträgen, beantragt, eine weitere Prüfung der Berechnungsgrundlagen als nicht mehr erforderlich. Die Gemeinde Y hat die Berechnungsgrundlagen ausreichend belegt. Die den Berechnungsgrundlagen zugrunde gelegten Ausgaben- und Einnahmenzahlen unterliegen überdies der Kontrolle durch die in der Gemeindeverwaltung vorgesehenen Überprüfungsgremien (Überprüfungsausschuss, Gemeindeaufsicht). Daher erscheint eine noch weitergehende Überprüfung lediglich der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit, insbesondere in Bezug auf die Erschließungsbeitragseinnahmen, nicht erforderlich und erscheinen auch aus diesem Grund die Berechnungsgrundlagen nachvollziehbar und bedarf es keiner weitergehenden Detailprüfung jeder einzelnen Ausgaben- und Einnahmenposition, auch im Hinblick auf die bereits vorgelegten Kontoblätter.

 

Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gemäß § 7 Abs 3 TVAG ist von der Gemeinde ein Erschließungsbeitragssatz festzulegen, dessen Höhe sich nach der von der Gemeinde zu tragenden Straßenbaulast zu richten hat und 5% des Erschließungskostenfaktors nicht überschreiten darf.

 

Demzufolge errechnete die Gemeinde Y unter Verweis auf die im Verordnungsakt einliegende Berechnung und die ergänzende Stellungnahme vom 8.9.2023 die bestehende Unterdeckung von 72,90% im Zeitraum 2004 bis 2014 (Summe der Ausgaben für die Straßenbaulast von € 1.960.469,00 im Verhältnis zu den Einnahmen aus Erschließungsbeiträgen von € 1.133.666,96, welchen der alte Erschließungsbeitragssatz von 5%, ds € 4,76, auf der Grundlage des alten Erschließungskostenfaktor von € 95,20, zu Grunde lag) und setzte den Erschließungsbeitragssatz unter Zugrundelegung des für den Gemeinde Y neu festgesetzten Erschließungskostenfaktors von € 202,00 mit 4%, ds € 8,08, fest, der somit die errechnete Unterdeckung im Ausmaß von 69,75% (Verhältnis € 4,76 zu € 8,08) und nicht von 72,90% abdeckt. Die Einnahmen aus den Erschließungsbeiträgen beim festgelegten Erschließungsbeitragssatz von 4% (€ 8,08) lagen somit geringfügig unter der von der Gemeinde zu tragenden Straßenbaulast der vergangenen Jahre. Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben hätte die Gemeinde auch einen noch höheren Beitragssatz festsetzen können, um eine gänzliche Deckung der Straßenbaulast der Jahre 2004 bis 2014 zu erreichen.

 

Zusammenfassend erweisen sich die herangezogenen Berechnungsgrundlagen und die durchgeführte Berechnung zur Ermittlung des Erschließungskostenbeitragssatzes als nachvollziehbar und schlüssig.

 

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erblickt daher unter Verweis auf die vorigen Ausführungen und aufgrund des umfangreich durchgeführten Ermittlungsverfahrens keine Gesetz- bzw Verfassungswidrigkeit der verfahrensgegenständlichen Verordnung und sah daher keine Veranlassung im Wege eines Verordnungsprüfungsverfahren gemäß Art 139 B-VG an den Verfassungsgerichtshof heranzutreten. Soweit sich der Beschwerdeführer dennoch wegen der Anwendung einer verfassungswidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt sieht, steht es ihm frei, selbst einen Verordnungsprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof zu stellen (Art 144 Abs 1 B-VG). Im Hinblick auf diese Möglichkeit führt das vorliegende Erkenntnis zu keiner Beschneidung der Rechtsschutzmöglichkeiten des Beschwerdeführers (VwGH 27.2.2015, Ra 2015/06/0009).

 

Zum Erschließungsbeitrag:

Gemäß § 7 Abs 1 TVAG werden die Gemeinden ermächtigt, im Fall des Neubaus eines Gebäudes oder der Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert wird, einen Erschließungsbeitrag zu erheben. Gemäß § 7 Abs 2 TVAG erfolgt die Erhebung des Erschließungsbeitrages durch Festlegung des Erschließungsbeitragssatzes gemäß Abs 3 leg cit.

 

Gemäß § 7 Abs 3 TVAG ist der Erschließungsbeitragssatz ein Prozentsatz des Erschließungskostenfaktors nach § 5 Abs 2 leg cit. Er ist von der Gemeinde durch Verordnung einheitlich für das gesamte Gemeindegebiet festzulegen. Die Höhe des Erschließungsbeitragssatzes hat sich nach der von der Gemeinde zu tragenden Straßenbaulast zu richten und darf 5% des Erschließungskostenfaktors nicht überschreiten.

 

Die Gemeinde Y legte für ihr Gemeindegebiet die Höhe des Erschließungsbeitragssatzes mit 4% fest (§ 2 VO-Erschließungsbeitrag 2015).

 

Unter Zugrundelegung des festgestellten Baumassenanteils von 12.037,00 m³ gemäß § 2 Abs 5 TVAG ergibt sich für das mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 13.8.2021, ***, baurechtlich bewilligte Bauvorhaben zur Neuerrichtung eines Betriebsgebäudes auf GSt **1, GB **2 Y, bestehend aus zwei getrennten Baukörpern, mit dessen Bauausführung am 17.9.2021 begonnen wurde (§ 12 TVAG), ein Erschließungsbeitrag in Höhe von € 68.081,27, der sich gemäß § 9 Abs 4 lit a TVAG im Fall des Neubaus eines Gebäudes, wie verfahrensgegenständlich, aus dem Produkt der Baumasse des Gebäudes, jeweils in Kubikmetern (12.037,00 m³) und 70 vH des Erschließungsbeitragssatzes (Erschließungskostenfaktor € 202,00 mal Erschließungsbeitragssatz 4 vH mal 70 vH), errechnet.

 

Der Beschwerdeführerin ist daher als Abgabenschuldnerin (§ 8 Abs 1 TVAG) für das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben ein Erschließungsbeitrag in Höhe von € 68.208,31 vorzuschreiben.

 

Gemäß § 264 Abs 3 BAO gilt die Bescheidbeschwerde ab der Einbringung eines rechtzeitigen Vorlageantrages an wiederum als unerledigt, wobei die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung durch den Vorlageantrag nicht berührt wird.

 

Mit dem Ergehen der abschließenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in einem Bescheidbeschwerdeverfahren tritt allerdings die Beschwerdevorentscheidung dann außer Kraft (vgl Ritz, BAO6, § 264 Rz 3).

 

Es war daher aus diesem Grund der von der Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung vom angefochtenen Bescheid vom 9.8.2022 vorgeschriebenen Erschließungsbeitrag auf der Grundlage von einem Baumassenanteil von 12.059,46 m³ abweichend vorgeschriebene Erschließungsbeitrag auf der Grundlage von einem Baumassenanteil von 12.037,00 m³ mit gegenständlicher Entscheidung durch das Landesverwaltungsgericht Tirol so wiederum festzusetzen und der Beschwerde daher teilweise Folge zu geben und der Erschließungsbeitrag in Höhe von € 68.081,27 auf der Grundlage von einem Baumassenanteil von 12.037,00 m³, wie im ersten Spruchpunkt des gegenständlichen Erkenntnisses angeführt, festzusetzen.

 

Die Durchführung einer weiteren (dritten) mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, da eine solche zwecks Aufnahme weiterer entscheidungsrelevanter Beweise nicht mehr erforderlich war, das Parteiengehör gegenüber der Beschwerdeführerin gewahrt wurde und sich die weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin lediglich auf die verfahrensgegenständlich anzuwendende Verordnung bezogen und der der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages zugrunde zu legende Baumassenanteil von 12.037,00 m³ von der Beschwerdeführerin außer Streit gestellt wurde und im Übrigen das Landesverwaltungsgericht Tirol unter Verweis auf die vorigen Ausführungen keine Gesetz- bzw Verfassungswidrigkeit der anzuwendenden Erschließungsbeitragsverordnung der Gemeinde Y erblickt.

 

Der Beweisantrag auf Einholung eines Gutachtens aus dem Bereich Straßenbau zwecks Nichtnachvollziehbarkeit des Beitragssatzes von 4% war wegen Unerheblichkeit zurückzuweisen. Die Einholung eines derartigen Gutachtens war aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere unter Verweis auf die schlüssigen und nachvollziehbaren, unter Wahrheitspflicht getätigten Aussagen des als Zeugen einvernommenen Amtsleiters der Gemeinde Y und dem vorgelegten Verordnungsakt und den ergänzenden Stellungnahmen von Seiten der Gemeinde Y ausreichend geklärt und daher nicht mehr erforderlich. Dies gilt auch für die im Rahmen der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 15.12.2023 beantragte Einholung und Vorlage weiterer Kontoblätter zur Überprüfung der Berechnungsgrundlagen, insbesondere der Einnahmen aus dem Erschließungsbeitrag.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Dazu wird auf die in der gegenständlichen Entscheidung jeweils angeführte höchstgerichtliche Judikatur verwiesen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

Belehrung und Hinweise

 

 

Den Parteien des Beschwerdeverfahrens steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung, wenn das Landesverwaltungsgericht Tirol dies in seinem Spruch zugelassen hat, eine ordentliche, ansonsten eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision ist schriftlich innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung der Entscheidung beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Sie ist - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt, von einer Steuerberaterin bzw. einem Steuerberater oder einer Wirtschaftsprüferin bzw. einem Wirtschaftsprüfer abzufassen und einzubringen.

Beschwerdeführenden Parteien und den im Beschwerdeverfahren Beigetretenen steht weiters das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (Freyung 8, 1010 Wien) zu erheben. Die Beschwerde ist direkt beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Die für eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder eine Revision zu entrichtende Eingabegebühr beträgt € 240,00.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Zur Vorgangsweise für die elektronische Einbringung und zu weiteren Informationen wird auf die Website des Verfassungsgerichtshofes verwiesen.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

 

 

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Außerlechner

(Richter)

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