LVwG Tirol LVwG-2022/44/0263-4

LVwG TirolLVwG-2022/44/0263-423.2.2022

JagdG Tir 2004 §4 Abs2
JagdG Tir 2004 §5 Abs5
JagdG Tir 2004 §69 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.44.0263.4

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerde (1.) des AA, Adresse 1, **** Z, (2.) des BB, Adresse 2, **** Y, (3.) der CC, Adresse 3, **** Y, (4.) der DD, Adresse 4, **** X, (5.) des EE, Adresse 5, **** W, (6.) des FF, Adresse 6, **** V, und (7.) des GG, Adresse 7, **** U, alle vertreten durch Rechtsanwalt JJ, Adresse 8, **** U, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W vom 23.12.2021, Zahl ***, betreffend eines Antrages auf Feststellung eines Eigenjagdgebietes nach dem Tiroler Jagdgesetz 2004,

 

zu Recht:

 

1. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der verfahrenseinleitende Feststellungsantrag nicht als unbegründet abzuweisen, sondern als unzulässig zurückzuweisen ist.

 

2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Verfahren:

 

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf Feststellung eines Eigenjagdgebietes auf dem Grundstück Nr **1, EZ ***, KG T, gemäß § 4 Abs 3 iVm 5 Abs 5 Tiroler Jagdgesetz 2004 (TJG 2004) als unbegründet abgewiesen. Ein Teil der Eigenjagd T-S würde nämlich in die beantragte neue Eigenjagd hineinragen, sodass darauf keine ordnungsgemäße Jagdausübung mehr möglich wäre. Dagegen richtet sich die fristgerechte Beschwerde vom 21.01.2022 an das Landesverwaltungsgericht Tirol.

 

 

II. Sachverhalt:

 

Das Grundstück Nr **1 in EZ ***, KG T, steht im Miteigentum der sieben Beschwerdeführer.

 

Am 12.12.2017 hat die „Miteigentümergemeinschaft KK in EZ *** GB T“ den verfahrenseinleitenden Antrag nach § 5 Abs 5 TJG 2004 auf Feststellung einer Eigenjagd eingebracht. Dieser Antrag war von den Miteigentümern AA, BB, EE, FF (vertreten durch seinen Sohn LL) und GG unterschrieben.

 

Mit Schriftsatz vom 01.07.2021 haben die Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde klargestellt, dass nicht die Miteigentümergemeinschaft, sondern die namentlich angeführten Miteigentümer den Feststellungsantrag vom 12.12.2017 eingebracht haben.

 

Die Beschwerdeführerinnen CC und DD sind ebenfalls Miteigentümerinnen des Grundstücks Nr **1. Sie scheinen im Feststellungsantrag vom 12.12.2017 weder auf, noch haben sie diesen Antrag unterschrieben. Am 01.07.2021 haben sie jedoch erklärt, der Antragstellung zugestimmt zu haben.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt und ist unstrittig.

 

Insbesondere haben die Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs vor dem Landesverwaltungsgericht selbst eingeräumt, „dass der am 12.12.2017 bei der Bezirkshauptmannschaft W eingebrachte Antrag auf Feststellung eines Eigenjagdgebietes (zumindest) von jenen 5 Miteigentümern (AA, BB, EE, FF und GG), die den Antrag unterschrieben haben, gestellt wurde und, dass diesem Antrag auch von den übrigen beiden Miteigentümerinnen (DD und CC) die erforderliche Zustimmung erteilt wurde.“

 

 

IV. Rechtslage:

 

Tiroler Jagdgesetz 2004 (TJG 2004):

„§ 4

Feststellung des Jagdgebietes

(…)

(2) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat festzustellen, ob nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 5 und 6 ein Eigenjagdgebiet oder ein Genossenschaftsjagdgebiet vorliegt. Die Feststellung eines Eigenjagdgebietes hat jedoch nur auf Antrag des Grundeigentümers zu erfolgen. Vor der Feststellung eines Eigenjagdgebietes nach § 5 Abs. 5 ist der Bezirksjagdbeirat zu hören.

(3) Bei Änderung der für die Feststellung einer Grundfläche als Eigenjagdgebiet oder Genossenschaftsjagdgebiet maßgeblich gewesenen Verhältnisse hat die Bezirksverwaltungsbehörde die Eigenschaft der Grundfläche als Eigenjagd- oder Genossenschaftsjagdgebiet neu festzustellen oder Verfügungen im Sinne des § 8 Abs. 1 zu treffen. Betrifft eine solche Änderung ein Eigenjagdgebiet nach § 5 Abs. 1, 2, 3 oder 5 oder ein Genossenschaftsjagdgebiet nach § 6 Abs. 3, so ist das dort jeweils festgelegte Mindestausmaß der Grundfläche auch für die Neufeststellung maßgebend.

 

§ 5

Eigenjagdgebiet

(…)

(5) Abweichend vom Abs. 4 ist eine demselben Eigentümer (physische oder juristische Person oder Mehrheit von Personen) gehörige zusammenhängende land- oder forstwirtschaftlich nutzbare Grundfläche im Ausmaß von mindestens 115 Hektar dann ein Eigenjagdgebiet, wenn

a) sich nach Einstands- und Äsungsbedingungen zumindest eine Schalenwildart ganzjährig als Standwild halten kann und die abschussplanmäßige Nutzung zumindest einer Schalenwildart möglich ist,

b) Interessen der Landeskultur der Feststellung als Eigenjagdgebiet nicht entgegenstehen,

c) die ordnungsgemäße Jagdausübung auf den betroffenen Grundflächen und den benachbarten Jagdgebieten nicht wesentlich erschwert wird und

d) Dritte dadurch in ihren rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden.

(…)

Übergangsbestimmungen

§ 69

(…)

(3) Ein Antrag auf Feststellung einer Eigenjagd nach § 5 Abs. 5 in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 64/2015 ist bei sonstiger Unzulässigkeit bis zum Ablauf des 31. Dezember 2017 bei der Bezirksverwaltungsbehörde einzubringen.“

 

 

V. Erwägungen:

 

Das Grundstück Nr **1 steht im Miteigentum der sieben Beschwerdeführer. Am 12.12.2017 hat die „Miteigentümergemeinschaft KK in EZ *** GB T“ den verfahrenseinleitenden Antrag nach § 5 Abs 5 TJG auf Feststellung einer Eigenjagd eingebracht.

 

Die Miteigentümergemeinschaft eines Grundstücks ist weder eine physische noch eine juristische Person, weshalb ihr die Rechtspersönlichkeit fehlt. Sie ist daher auch nicht berechtigt, einen Antrag nach § 4 Abs 2 TJG 2004 zu stellen. Der von der Miteigentümergemeinschaft am 12.12.2017 eingebrachte Antrag ist daher mangels Rechtsfähigkeit und sohin Prozeßfähigkeit als unzulässig zurückzuweisen (vgl etwa VwGH 28.06.1994, 94/05/0150).

 

Steht das betroffene Grundstück im Miteigentum mehrerer Personen, ist der Antrag aller Miteigentümer dieses Grundstücks erforderlich (vgl etwa VwGH 31.03.2009, 2006/06/0260). Aufgrund der Übergangsbestimmung des § 69 Abs 3 TJG 2004 wäre dieser Antrag bei sonstiger Unzulässigkeit bis zum Ablauf des 31.12.2017 bei der Bezirksverwaltungsbehörde einzubringen gewesen.

 

Im vorliegenden Fall wurde der Antrag der Miteigentümergemeinschaft vom 12.12.2017 von den Miteigentümern AA, BB, EE, FF (vertreten durch seinen Sohn LL) und GG eingebracht. Auch wenn man davon ausginge, dass diese fünf Miteigentümer den Antrag nicht für die Miteigentümergemeinschaft, sondern im eigenen Namen gestellt hätten, würde der fristgerechte Antrag der zwei übrigen Miteigentümerinnen (CC und DD) fehlen. Bis zum Ablauf des 31.12.2017 wurde somit kein Antrag aller Miteigentümer des Grundstücks Nr **1 gestellt.

 

Die Beschwerdeführer haben im Parteiengehör vor dem Landesverwaltungsgericht eingewandt, dass ein Verbesserungsauftrag zur Klarstellung des Kreises der Antragsteller notwendig gewesen wäre. Gemäß § 13 Abs 4 AVG wäre bei Zweifeln über die Identität der Einschreiter oder der Authentizität des Anbringens tatsächlich ein Verbesserungsauftrag notwendig gewesen. Im vorliegenden Fall besteht jedoch weder ein Zweifeln an der Identität der (keine Rechtspersönlichkeit besitzenden) Miteigentümergemeinschaft und der fünf antragstellenden Miteigentümer, noch an der Authentizität des Anbringens. Im vorliegenden Fall ist dem Antrag vom 12.12.2017 unmissverständlich zu entnehmen, dass die Miteigentümergemeinschaft, vertreten durch fünf explizit bezeichnete Miteigentümer, den Antrag stellt. Es bestehen daher keine Zweifel, wem der Antrag tatsächlich zuzurechnen ist. Somit ist weder Platz für einen Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs 4 AVG, noch für eine Auslegung des Antrages dahingehend, dass weitere Personen als Antragsteller anzusehen wären.

 

Die Beschwerdeführer haben mit Schriftsatz vom 01.07.2021 gegenüber der belangten Behörde nachgewiesen, dass auch die übrigen beiden Miteigentümerinnen, die den Feststellungsantrag vom 12.12.2017 nicht eingebracht haben, der Antragstellung zugestimmt haben. In einem antragsbedürftigen Verwaltungsverfahren kann jedoch die Zustimmung zur Antragstellung durch andere die eigene Antragstellung nicht ersetzten. Aufgrund der Übergangsbestimmungen des § 69 Abs 3 TJG 2004 ist nur entscheidend, ob bis zum Ablauf des 31.12.2017 alle Miteigentümer einen Antrag eingebracht haben.

 

Im Parteiengehör vor dem Landesverwaltungsgericht haben die Beschwerdeführer auch auf die Judikatur des Verwaltungsgerichthofs verwiesen, wonach bei mehreren Miteigentümern eines Grundstückes jeder einzelne Miteigentümer berechtigt sei, auch allein als Antragsteller aufzutreten und etwa selbst Bauansuchen zu stellen, sofern die Zustimmung der übrigen Miteigentümer nachgewiesen wird. Diese Argumentation übersieht aber, dass im Verfahren zur Feststellung eines Eigenjagdgebietes gemäß § 4 Abs 2 TJG 2004 nur der Grundeigentümer antragslegitimiert ist, während etwa ein Bauansuchen nach der Tiroler Bauordnung 2018 ausdrücklich auch von Nichteigentümern unter Nachweis der Zustimmung des Eigentümers gestellt werden kann (vgl § 29 Abs 2 lit a TBO 2018).

 

Im vorliegenden Fall hätten aufgrund von § 4 Abs 2 TJG 2004 alle Miteigentümer bis zum Ablauf des 31.12.2017 einen Feststellungsantrag und nicht bloß Zustimmungserklärungen einzubringen gehabt. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist es daher irrelevant, ob einzelne Miteigentümer der Antragstellung durch andere Miteigentümer zustimmen.

 

Mangels fristgerechter Einbringung durch alle Miteigentümer bis spätestens 31.12.2017 ist der verfahrenseinleitende Feststellungsantrag unzulässig. Somit ist die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abzuweisen, dass der Feststellungsantrag nicht inhaltlich abzuweisen, sondern aus formalen Gründen zurückzuweisen ist. Gemäß § 24 Abs 2 Ziffer 1 VwGVG kann daher auch die beantragte mündliche Verhandlung entfallen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

 

 

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Spielmann

(Richter)

 

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte