ROG Tir 2016 §13a Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2021.22.2949.4
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Triendl über die Beschwerde des AA, geb. XX.XX.XXXX, vertreten durch die Rechtsanwälte BB, **** Z, gegen den Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 30.09.2021, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem TROG 2016, nach öffentlicher, mündlicher Verhandlung
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 200,00 zu leisten.
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wie folgt:
„Datum/Zeit: 04.03.2019 -30.09.2021
Ort: **** X, Adresse 1
Sie haben am angeführten Zeitpunkt bzw. im angeführten Zeitraum einen Wohnsitz, nämlich das Gebäude bzw. die Wohnung Top 1 unter der Adresse X, Adresse 1 als Freizeitwohnsitz verwendet, ohne dass eine Feststellung über die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz im Sinne des § 13 Abs. 3 lit. a TROG idgF oder eine Ausnahmebewilligung im Sinne des § 13 Abs. 7 TROG idgF vorliegt.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 13a (1) lit a erster Fall TROG idgF
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:
Geldstrafe von | falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von | Freiheitsstrafe von | Gemäß
|
1. €1.000,00 | 12 Stunden |
| § 13a Abs. 3 TROG 2016 i.d.g.F. |
Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:
€ 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch
mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
€1.100,00“
Begründend führte die belangte Behörde aus wie folgt:
Mit Schreiben der Gemeinde X vorn 04.07.2021 wurde die Strafbehörde über folgenden Sachverhalt informiert:
„Aufgrund beiliegender E-Mail Nachricht vom 26.06.2021 des AA und der CC besteht der Verdacht, dass der Wohnsitz Adresse 1 in X durch das Ehepaar AA und CC zumindest in der Zeit vom 04.03.2019 (siehe Meldezettel) bis zum 26.06.2021 unzulässig als Freizeitwohnsitz benützt wurde.“
Dem Schreiben wurde ein Meldezettel beigefügt, aus dem die nebenwohnsitzliche Meldung belegt ist, und folgende Emailnachricht:
„Sehr geehrte Damen und Herren, wir mieten seit Jahren eine ganzjährige Ferienwohnung in X, Adresse 1. Da wir meistens nur am Wochenende in X sind, bitten wir um zwei Gästekarten per postalischer Zusendung.
Mit freundlichen Grüßen, AA, CC“
Aufgrund des Akteninhaltes, insbesondere der Äußerung des Beschuldigten steht fest, dass der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Tathandlung erfüllt ist. Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Gegenständlich handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, da es sich um eine Verwaltungsübertretung handelt, zu deren Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört. Von dem Beschuldigten wurde nicht glaubhaft gemacht, dass ihm an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im gegenständlichen Fall ist der Unrechtsgehalt sogar als sehr hoch einzustufen, besteht och ein großes öffentliches Interesse daran, dass Gebäude nicht illegal als Freizeitwohnsitz genutzt werden.“
Dagegen richtet sich das fristgerecht erhobene Rechtsmittel der Beschwerde, in welcher der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer vorbrachte wie folgt:
„1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 30.09.2021 wird dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe die Wohnung in Adresse 1, **** X, im Zeitraum vom 04.03.2019 bis 30.09.2021 als Freizeitwohnsitz genutzt, ohne dass eine hierfür erforderliche Feststellung über die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz oder eine Ausnahmebewilligung iSd § 13 Abs 7 TROG 2016 idgF vorgelegen habe („illegaler Freizeitwohnsitz"). Hierdurch habe der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 13 a Abs 1 lit a erster Fall TROG 2016 idgF verwirklicht, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von € 1.000,00 (EFS: 12 Stunden) - zzgl eines Beitrages zu den Verfahrenskosten in Höhe von € 100,00 - verhängt wurde. Der Beschwerdeführer hat die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung aus den nachstehend angeführten Gründen jedoch weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht zu verantworten, weshalb das bekämpfte Straferkenntnis jedenfalls aufzuheben und das gegen den Beschwerdeführer geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen ist, was hiermit bereits an dieser Stelle unter Einem beantragt wird (..).
2. Die im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren relevante Strafbestimmung gemäß § 13a Abs 1 lit a erster Fall TROG 2016 sanktioniert die Verwendung eines Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz („Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer einen Wohnsitz als Freizeitwohnsitz verwendet“). Unabdingbare Grundvoraussetzung für die Anwendbarkeit der zitierten Verwaltungsstrafbestimmung ist sohin unzweifelhaft das Vorliegen eines Wohnsitzes.
Der Terminus „Wohnsitz" ist im TROG 2016 nicht definiert. Folglich gilt es in diesem Zusammenhang auf die Wohnsitzdefinition gemäß § 1 Abs 6 MeldeG abzustellen, wonach ein Wohnsitz eines Menschen an einer Unterkunft begründet ist, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, dort bis auf weiteres einen Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen zu haben.
Dies war beim Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der von ihm gemieteten Wohnung Adresse 1, X, zu keinem Zeitpunkt der Fall. Der Beschwerdeführer hatte von der Anmietung der genannten Wohnung bis hin zur Kündigung des Mietverhältnisses niemals vor, in X einen Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen zu haben. Er war dort stets Gast und verstand sich ausschließlich als solcher, weshalb er für sich und seine Frau mit E-Mail vom 26.06.2021 um die Zusendung zweier Gästekarten bat. Daran vermag auch die vom Beschwerdeführer vorgenommene Nebenwohnsitzmeldung letztlich nichts zu ändern, zumal nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung gesichert ist, dass bei der Beurteilung, ob eine Person an einem bestimmten Ort einen (ordentlichen) Wohnsitz nimmt oder nicht, den Meldedaten kein bis kaum ein Beweiswert beizumessen ist, weil durch sie die vorhandene oder fehlende Absicht, einen bleibenden Aufenthalt zu nehmen, weder erwiesen noch widerlegt werden kann (VwGH 2009/08/0016). Der vorliegenden Auskunft aus dem Melderegister kommt somit im Endeffekt maximal eine Indizwirkung zu. Die vom Beschwerdeführer durchgeführte Meldung eines Nebenwohnsitzes erfolgte ausschließlich aus Gründlichkeit; der Beschwerdeführer war bestrebt, alles ordnungsgemäß und korrekt zu erledigen. Eine Wohnsitzbegründung war damit aber jedenfalls nicht beabsichtigt. Mangels Vorliegen eines Wohnsitzes scheidet - in der Folge - auch die Verwendung eines solchen als Freizeitwohnsitz iSd § 13 Abs 1 TROG 2016 von vornherein aus, weshalb die Verwirklichung des Verwaltungsstraftatbestandes nach § 13a Abs 1 lit a erster Fall TROG 2016 durch den Beschwerdeführer zu verneinen und das angefochtene Straferkenntnis wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung des gegebenen Sachverhaltes ersatzlos aufzuheben ist.
3. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass sich die belangte Behörde im bisherigen Verfahren mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht ausreichend befasst und auseinandergesetzt hat, wozu sie aber im Rahmen Offizialmaxime sowie des Grundsatzes der materiellen Wahrheit jedenfalls verpflichtet gewesen wäre (Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 25 Rz 8). Die schriftliche Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 02.08.2021 wurde zwar pauschal in der Begründung des Straferkenntnisses eingefügt, eine inhaltliche Prüfung und Beurteilung des dortigen Vorbringens samt Einbeziehung der dortigen Argumente in die Entscheidungsfindung fand jedoch überhaupt nicht statt.
So wurde insbesondere das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er und seine Ehegattin niemals einen Wohnsitz in Adresse 1, **** X, begründen wollten, in der Entscheidungsbegründung vollkommen übergangen.
Insgesamt betrachtet erschöpft sich die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses in einer lapidaren, lediglich oberflächlich gehaltenen und äußerst kurzen Scheinbegründung, welche den Eindruck erweckt, als wären hier von der belangten Behörde nahezu ausschließlich Textbausteine zusammengefügt worden. Der Großteil der vorliegenden Entscheidungsbegründung befasst sich mit der Widergabe rechtlicher Bestimmungen sowie der Strafbemessung. Unter der Überschrift „Erwägungen" findet sich lediglich folgender Text:
„Aufgrund des Akteninhaltes, insbesondere der Äußerung des Beschuldigten steht fest, dass
der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Tathandlung erfüllt ist.“ Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Gegenständlich handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, da es sich um eine Verwaltungsübertretung handelt, zu deren Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört. Von dem Beschuldigten wurde nicht glaubhaft gemacht, dass ihm an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im gegenständlichen Fall ist der Unrechtsgehalt sogar als sehr hoch einzustufen, besteht doch ein großes öffentliches Interesse daran, dass Gebäude nicht illegal als Freizeitwohnsitz genutzt werden. Der Tatbestand ist sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.“
Aufgrund welchen Bestandteiles des über 100 Seiten (!) fassenden Aktes feststehen soll, dass der objektive Tatbestand erfüllt ist, ergibt sich aus diesen Erwägungen jedoch nicht. Ebenso wenig erschließt sich daraus, auf welche Äußerung(en) des Beschwerdeführers die bekämpfte Entscheidung gestützt wird und warum aufgrund dessen konkret die einzelnen Tatbestandsmerkmale als erwiesen angenommen werden.
All diese Punkte stellen ohne jeden Zweifel wesentliche/relevante Verfahrensfehler dar, ohne welche die belangte Behörde im Rahmen ihres Straferkenntnisses zu einem anderen Ergebnis hätte kommen müssen, zumindest aber können, was hiermit ausdrücklich gerügt wird. Daraus ergibt sich unweigerlich, dass die dem Beschwerdeführer angelastete Tat aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahmen keinesfalls als mit der für eine Bestrafung notwendigen Sicherheit erwiesen angenommen werden kann und das gegen den Beschwerdeführer geführte Verwaltungsstrafverfahren daher in jedem Fall - zumindest im Zweifel - einzustellen ist.
4. Soweit dieses Verwaltungsstrafverfahren nicht mit der Einstellung nach §45 VStG beendigt werden sollte, wird aus advokatorischer Vorsicht darauf hingewiesen, dass dem Beschwerdeführer mit Blick darauf, dass
• er zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt hat, in Adresse 1, **** X, einen Wohnsitz zu begründen, und
• er diese Wohnung auch - von vornherein - niemals als Freizeitwohnsitz nutzen wollte, sondern sich dort stets lediglich als Gast gesehen und verstanden hat, sowie sein Aufenthalt in Adresse 1, **** X, nie zu irgendwelchen Folgen, insbesondere zu keinem Schaden für andere Personen odgl, geführt hat, wenn überhaupt, dann in jedem Fall nur ein als geringfügig zu wertendes Verschulden zur Last gelegt werden kann.
Gemäß § 45 Abs 1 Z 4 und letzter Satz VStG kann die Behörde ein Verwaltungsstrafverfahren mittels bescheidmäßigem Ausspruch einer Ermahnung unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Beschuldigten beenden, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat als gering zu erachten sind. Rücksichtlich des oben Ausgeführten sind die genannten Voraussetzungen im konkreten Fall kumulativ erfüllt, womit der Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Norm hat (noch zur Vorgängernorm: Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze17 § 21 VStG Anm 3; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 § 21 VStG Anm 4 mwN). Soweit daher das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren nicht eingestellt werden sollte, ist dieses jedenfalls gemäß §45 Abs 1 Z4 und letzter Satz VStG mit dem Ausspruch einer Ermahnung zu beenden.
5. Für den Fall, dass das Verfahren ebenso wenig mittels Ermahnung beendigt werden sollte, gilt es zudem aufzuzeigen, dass die verhängte Geldstrafe überhöht ist. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe nämlich die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Zudem sind bei der Strafbemessung gemäß § 19 Abs 2 VStG die in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Mildernd zu berücksichtigen ist, dass der Beschwerdeführer sowohl strafrechtlich als auch verwaltungsstrafrechtlich vollkommen unbescholten ist, ihn - wenn überhaupt - maximal ein geringfügiges Verschulden trifft und die angelastete Tat zu keinen Folgen, insbesondere zu keinem Schaden, geführt hat.
Erschwerungsgründe liegen demgegenüber keine vor. Für den Fall, dass das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren nicht eingestellt und ebenso auch nicht mittels Ermahnung beendet werden sollte, ist über den Beschwerdeführer ein entsprechend geringere, schuld- und tatangemessene Strafe zu verhängen. Sollte das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren daher wider Erwarten nicht eingestellt und ebenso nicht mittels Ermahnung beendet werden, ist die über den Beschwerdeführer zu verhängende Strafe somit jedenfalls auf ein schuld- und tatangemessenes Maß - erheblich - zu reduzieren.
6. Der gegenständliche Fall hat auch eine erhebliche unionsrechtliche Komponente (nachdem der Beschwerdeführer deutscher Staatsbürger ist und seinen Hauptwohnsitz in Deutschland nimmt, der angebliche Freizeitwohnsitz aber in Österreich liegt, ist jedenfalls ein grenzüberschreitender Sachverhalt gegeben, womit auch das Unionsrecht zu beachten und [vor dem nationalen österreichischen Recht] anzuwenden ist): Fakt ist, dass der Beschwerdeführer einen zivilrechtlich zulässigen und rechtswirksamen Hauptmietvertrag abgeschlossen und sohin lediglich seine ihm in der nationalen und europäischen Rechtsordnung verbrieften Rechte ausgeübt hat.
Im Rahmen des Abschlusses eines Hauptmietvertrages ist keine Erklärung, keinen Freizeitwohnsitz zu begründen, abzugeben (anders als bei Kaufverträgen). Es kann nicht sein, dass der Beschwerdeführer nicht bestraft würde, würde er die angemietete Wohnung überhaupt nicht nutzen, aber sehr wohl, wenn er diese an den Wochenenden nutzt. Ebenso kann es nicht sein, dass der Beschwerdeführer nicht bestraft würde, wäre er eine juristische Person, sehr wohl aber, wenn/weil er eine natürliche Person ist. Eine solche nationale Regelung stellt eine sachlich nicht gerechtfertigte und nicht angemessene unionsrechtswidrige Ungleichbehandlung gleich zu behandelnder Sachverhalte dar und verstößt insbesondere auch gegen die Grundrechtecharta.
Darüber hinaus verstößt § 13a Abs 1 lit a erster Fall TROG 2016 auch zweifelsfrei gegen die Niederlassungsfreiheit gemäß Art 49 AEUV sowie die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art 63 AEUV, weil der Abschluss eines Mietvertrages (gleich dem Abschluss eines Kaufvertrages) - aufgrund seiner Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses - eine der Kapitalverkehrsfreiheit unterliegende Investition des Beschwerdeführers darstellt und er am Ort des Mietgegenstandes auch sein unionsrechtlich geschütztes Niederlassungsrecht ausgeübt hat.
Vor diesem Hintergrund ist der gegenständliche Sachverhalt auch - und primär (!) - unionsrechtlich zu beurteilen und haben unionsrechtswidrige österreichische Bestimmungen unangewendet zu bleiben, womit in concreto keine Bestrafung des Beschwerdeführers erfolgen darf. Insbesondere rücksichtlich obiger Ausführungen wird sohin gestellt der
Antrag,
das Landesverwaltungsgericht Tirol wolle
(1) eine mündliche Verhandlung anberaumen und
(2) in Stattgebung dieser Beschwerde das angefochtene Straferkenntnis der der Bezirkshauptmannschaft Y vom 30.09.2021 zu Zl *** ersatzlos beheben sowie das gegen den Beschwerdeführer geführte Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 VStG einstellen; in eventu gemäß § 45 Abs 1 zweiter Satz VStG vorgehen und das Verwaltungsstrafverfahren unter gleichzeitigem Ausspruch einer Ermahnung beenden; in eventu die ausgesprochene Strafe auf ein schuld- und tatangemessenes Maß reduzieren.“
Beweis aufgenommen wurde durch Einsichtnahme in den verwaltungsstrafrechtlichen Akt der Bezirkshauptmannschaft Y mit der Geschäftszahl ***. Bei der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol am 14.3.2022 ließ sich der Beschuldigte rechtsfreundlich vertreten. Weiters wurden aktuelle Auszüge aus dem ZMR (22.2.2022) sowie eine Kopie des originalen Meldezettels eingeholt.
Sachverhalt:
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender entscheidungs- wesentlicher Sachverhalt fest:
Der Beschwerdeführer ist seit 21.7.2018 (siehe den im behördlichen Akt einliegenden Mietvertrag vom 21.7.2018) Mieter der gegenständlichen Wohnung mit Adresse 1 in der Gemeinde X. Für dieses Objekt liegt keine (Ausnahme)bewilligung zur Nutzung als Freizeitwohnsitz vor, somit darf dieses Objekt nicht als Freizeitwohnsitz verwendet werden (siehe Stellungnahme der Gemeinde X vom 29.9.2021 im behördlichen Akt).
Der Beschwerdeführer ist jedenfalls seit 4.3.2019 mit Nebenwohnsitz an der „Adresse 1, X“ gemeldet (siehe Meldezettel). Sein Hauptwohnsitz befindet sich allerdings in W in Deutschland. Auch seine Ehefrau ist in X mit Nebenwohnsitz gemeldet.
Die Aufenthaltsabgabe (nach dem Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003) wurde pauschal im Jahr in der Höhe von EUR 600,- entrichtet. Die noch nicht beglichene Freizeitwohnsitzabgabe nach dem Tiroler Freizeitwohnsitzabgabegesetz wird seitens der Gemeinde X noch eingehoben werden (siehe E-Mail vom 29.9.2021). Der Beschwerdeführer erklärt sich vorab ausdrücklich dazu bereit, auch diese Abgabe zu bezahlen (siehe sein Schreiben vom 2.8.2021). Der Beschwerdeführer beantragte zwei Gästekarten, die er benötigte, da er und seine Ehefrau meistens nur an den Wochenenden in X aufhältig waren (so der Beschwerdeführer in seiner E-Mail vom 26.6.2021). Somit war der Beschwerdeführer bei seinen Aufenthalten in der Gemeinde X stets Gast. Er erklärte selbst, nie einen festen Wohnsitz in X begründen zu wollen (siehe Schreiben vom 2.8.2021).
Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer die gegenständliche Mietwohnung als reinen Freizeitwohnsitz, vorzüglich an den Wochenenden und nicht als Hauptwohnsitz benützt hat. Den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat der Beschwerdeführer in Deutschland. Somit liegt zweifelsohne ein Freizeitwohnsitz vor.
II. Beweiswürdigung:
Die maßgeblichen Feststellungen ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde (siehe die entsprechenden Hinweise auf die Unterlagen beim festgestellten Sachverhalt) sowie den entsprechenden Ergänzungen der Gemeinde X. Sie werden auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten und führt er u.a. selbst aus, die gegenständliche Wohnung als Ferienwohnung zu benützen.
III. Rechtslage:
Von Belang sind folgende Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 (TROG 2016), LGBl 101 idF LGBl 2021/167:
§ 13
Beschränkungen für Freizeitwohnsitze
(1) Freizeitwohnsitze sind Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden. Als Freizeitwohnsitze gelten nicht:
- a) Gastgewerbebetriebe zur Beherbergung von Gästen; dies jedoch nur dann, wenn
- 1. Gemeinschaftsräume mit einer Gesamtfläche, bei der auf jedes der Beherbergung von Gästen dienende Bett zumindest eine Fläche von 0,5 m² entfällt, vorhanden sind,
- 2. gewerbetypische Dienstleistungen, zu denen insbesondere die Raumreinigung in regelmäßig wiederkehrenden Zeitabständen und das regelmäßige Wechseln der Wäsche zählen, erbracht werden und weiters
- 3. die ständige Erreichbarkeit einer Ansprechperson seitens des Betriebes gewährleistet ist;
nicht als Gemeinschaftsräume im Sinn der Z 1 gelten Wellness-Bereiche, Schiräume und sonstige Abstellräume, Sanitärräume und dergleichen,
- b) Kur- und Erholungsheime, die von öffentlichen oder gemeinnützigen Einrichtungen oder Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe erhalten werden,
- c) Wohnungen und sonstige Wohnräume, die der Privatzimmervermietung dienen,
- d) Gebäude mit höchstens drei Wohnungen mit insgesamt höchstens zwölf Betten, die im Rahmen der Raumvermietung während des Jahres jeweils kurzzeitig an wechselnde Personen vermietet werden (Ferienwohnungen); entsprechende Neubauten, für die die Baubewilligung erst nach dem 1. Februar 1996 rechtskräftig erteilt worden ist, gelten jedoch nur dann nicht als Freizeitwohnsitze, wenn der Vermieter der Ferienwohnungen im betreffenden Gebäude seinen Hauptwohnsitz hat; Ferienwohnungen in Gebäuden, die in einem räumlichen Naheverhältnis stehen und eine einheitliche Gesamtplanung aufweisen, sind zusammenzuzählen.
Sind in einem Gebäude oder in Gebäuden, die in einem räumlichen Naheverhältnis stehen und eine einheitliche Gesamtplanung aufweisen, Ferienwohnungen und Wohnungen oder sonstige Wohnräume, die der Privatzimmervermietung dienen, untergebracht, so darf die Zahl der Wohnungen insgesamt drei und die Zahl der Betten insgesamt zwölf nicht überschreiten.
(…)
(3) Als Freizeitwohnsitze dürfen nur mehr Wohnsitze verwendet werden,
- a) die in der Zeit vom 1. Jänner 1994 bis einschließlich 31. Dezember 1998 nach den jeweils in Geltung gestandenen raumordnungsrechtlichen Vorschriften oder nachträglich nach § 17 als Freizeitwohnsitze angemeldet worden sind und für die eine Feststellung über die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz vorliegt oder
- b) für die eine Baubewilligung im Sinn des § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994, vorliegt.
Darüber hinaus dürfen neue Freizeitwohnsitze im Wohngebiet, in Mischgebieten, auf Sonderflächen für Gastgewerbebetriebe zur Beherbergung von Gästen sowie nach Maßgabe des § 44 Abs. 6 auf Sonderflächen für Hofstellen geschaffen werden, wenn dies für einen bestimmten Bereich durch eine entsprechende Festlegung im Flächenwidmungsplan für zulässig erklärt worden ist. Hierbei ist die dort höchstzulässige Anzahl an Freizeitwohnsitzen festzulegen.
(4) Die Schaffung neuer Freizeitwohnsitze nach Abs. 3 zweiter Satz darf nur insoweit für zulässig erklärt werden, als die geordnete räumliche Entwicklung der Gemeinde entsprechend den Aufgaben und Zielen der örtlichen Raumordnung dadurch nicht beeinträchtigt wird. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:
- a) die Siedlungsentwicklung,
- b) das Ausmaß des zur Befriedigung des Wohnbedarfes der Bevölkerung erforderlichen sowie des hierfür verfügbaren Baulandes,
- c) das Ausmaß der für Freizeitwohnsitze in Anspruch genommenen Grundflächen, insbesondere auch im Verhältnis zu dem zur Befriedigung des Wohnbedarfes der Bevölkerung bebauten Bauland,
- d) die Gegebenheiten am Grundstücks- und Wohnungsmarkt sowie die Auswirkungen der Freizeitwohnsitzentwicklung auf diesen Markt,
- e) die Art, die Lage und die Anzahl der bestehenden Freizeitwohnsitze,
- f) die Auslastung der Verkehrsinfrastruktur sowie der Einrichtungen zur Wasserversorgung, Energieversorgung und Abwasserbeseitigung, die Auswirkungen der Freizeitwohnsitze auf diese Infrastruktur und deren Finanzierung sowie allfällige mit der Schaffung neuer Freizeitwohnsitze entstehende Erschließungserfordernisse.
(4a) Die Schaffung neuer Freizeitwohnsitze nach Abs. 3 zweiter Satz darf nicht mehr für zulässig erklärt werden, wenn
- a) der Anteil der aus dem Verzeichnis der Freizeitwohnsitze nach § 14 Abs. 1 sich ergebenden Freizeitwohnsitze an der Gesamtzahl der Wohnungen entsprechend dem endgültigen Ergebnis der jeweils letzten Gebäude- und Wohnungszählung 8 v.H. übersteigt oder
- b) im örtlichen Raumordnungskonzept zu Gunsten der Vorsorge für den geförderten Wohnbau eine Festlegung nach § 31a Abs. 1 erster Satz besteht oder eine solche Festlegung ausschließlich deshalb unterblieben ist, weil Grundflächen, die als Vorbehaltsflächen für den geförderten Wohnbau in Betracht kommen, nicht zur Verfügung stehen.
Bei der Berechnung des Freizeitwohnsitzanteils nach lit. a bleiben Freizeitwohnsitze, für die eine Ausnahmebewilligung im Sinn des Abs. 7 erster Satz vorliegt, außer Betracht.
(5) Die Baubewilligung für Neubauten, die ganz oder teilweise als Freizeitwohnsitze verwendet werden sollen, sowie für Zu- und Umbauten und die Änderung des Verwendungszweckes von bisher anderweitig verwendeten Gebäuden, Wohnungen oder sonstigen Gebäudeteilen, durch die Freizeitwohnsitze neu geschaffen werden sollen, darf unbeschadet der sonstigen Bewilligungsvoraussetzungen nur erteilt werden, wenn für das betreffende Grundstück eine Festlegung nach Abs. 3 zweiter und dritter Satz vorliegt und die höchstzulässige Anzahl an Freizeitwohnsitzen nicht überschritten wird. Maßgebend ist die Anzahl der Freizeitwohnsitze aufgrund des Verzeichnisses der Freizeitwohnsitze nach § 14 Abs. 1.
(6) Unbeschadet der Abs. 3 und 4 dürfen auf Sonderflächen für Gastgewerbebetriebe zur Beherbergung von Gästen sowie auf Sonderflächen für Hofstellen Neubauten, die ganz oder teilweise als Freizeitwohnsitze verwendet werden sollen, nicht errichtet werden. Im Übrigen darf im Fall von Freizeitwohnsitzen auf Sonderflächen für Hofstellen weiters das nach § 44 Abs. 7 lit. c zulässige Höchstausmaß der Wohnnutzfläche nicht überschritten werden.
(7) Weiters dürfen Wohnsitze aufgrund einer Ausnahmebewilligung des Bürgermeisters nach diesem Absatz oder aufgrund einer entsprechenden Ausnahmebewilligung nach früheren raumordnungsrechtlichen Vorschriften als Freizeitwohnsitze verwendet werden. Die Ausnahmebewilligung ist nur zu erteilen:
- a) auf Antrag des Erben oder Vermächtnisnehmers, wenn die Voraussetzungen nach § 5 lit. a des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996, LGBl. Nr. 61, in der jeweils geltenden Fassung vorliegen und der betreffende Wohnsitz dem Antragsteller oder anderen Personen nicht anderweitig der Befriedigung eines Wohnbedürfnisses dient,
- b) auf Antrag des Eigentümers des betreffenden Wohnsitzes oder des sonst hierüber Verfügungsberechtigten, wenn ihm aufgrund geänderter Lebensumstände, insbesondere aufgrund beruflicher oder familiärer Veränderungen, eine andere Verwendung des Wohnsitzes nicht möglich oder zumutbar ist, der Wohnsitz anderen Personen nicht anderweitig der Befriedigung eines Wohnbedürfnisses dient und der Antragsteller insbesondere im Hinblick auf seine persönlichen oder familiären Verhältnisse oder seine Rechtsbeziehung zum Wohnsitz ein Interesse am Bestehen des Wohnsitzes hat.
§ 13a Strafbestimmungen bezüglich Freizeitwohnsitze
(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer
a.) einen Wohnsitz als Freizeitwohnsitz verwendet oder anderen zur Verwendung als Freizeitwohnsitz überlässt, ohne dass eine Feststellung über die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz im Sinn des § 13 Abs. 3 lit. a, eine Baubewilligung im Sinn des § 13 Abs. 5 erster Satz oder eine Ausnahmebewilligung im Sinn des § 13 Abs. 7 erster Satz vorliegt; dies gilt nicht, wenn der betreffende Wohnsitz am 31. Dezember 1993 nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften rechtmäßig als Freizeitwohnsitz verwendet worden ist oder wenn sich der Verwendungszweck des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz aufgrund der Baubewilligung ergibt, sofern dieser entsprechend dem § 13 Abs. 3 lit. a als Freizeitwohnsitz angemeldet worden ist und das Verfahren darüber noch nicht abgeschlossen ist;
b.) einen Wohnsitz, dessen Eigenschaft als Freizeitwohnsitz aufgrund des § 16 Abs. 1 lit. a und 2 erloschen ist oder aufgrund des § 16 Abs. 1 lit. b oder c und 3 als erloschen festgestellt worden ist, weiterhin als Freizeitwohnsitz verwendet oder anderen zur Verwendung als Freizeitwohnsitz überlässt oder
c.) einen Freizeitwohnsitz, für den eine Ausnahmebewilligung im Sinn des § 13 Abs. 7 erster Satz vorliegt, anderen als den im § 13 Abs. 8 genannten Personen entgeltlich zur Verwendung als Freizeitwohnsitz überlässt.
(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht weiters, wer von der Behörde verlangte Angaben im Sinn des Abs. 5 nicht, nicht wahrheitsgemäß oder nicht vollständig macht.
(3) Verwaltungsübertretungen nach Abs. 1 sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 40.000,– Euro, Verwaltungsübertretungen nach Abs. 2 mit einer Geldstrafe bis zu 3.000,- Euro zu bestrafen.
(4) Im Fall der unzulässigen Überlassung von Wohnsitzen als Freizeitwohnsitze gilt die Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 als an jenem Ort begangen, an dem sich der betreffende Freizeitwohnsitz befindet.
(5) In Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen nach Abs. 1 hat der Eigentümer des Wohnsitzes oder der sonst hierüber Verfügungsberechtigte auf schriftliches Verlangen der Behörde binnen einer angemessen festzusetzenden Frist den Nachweis über die Nutzung des betreffenden Wohnsitzes zu erbringen.
(6) In Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen nach Abs. 1 ist die Gemeinde, die Anzeige wegen einer solchen Übertretung erstattet hat, Partei und berechtigt, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu erheben. Sie ist Partei des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht und weiters berechtigt, Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Parteistellung der Gemeinde erstreckt sich nicht auf die Strafbemessung.
(..)“
IV. Erwägungen:
Dass das gegenständliche Objekt nicht als Freizeitwohnsitz verwendet werden darf, ist völlig unstrittig. Im gegenständlichen Fall ergibt sich – wie erwähnt – aus dem von der belangten Behörde übermittelten Akt, dass die verfahrensgegenständliche Wohnung aufgrund der relevanten raumordnungsrechtlichen Bestimmungen des § 13 TROG 2016 nicht als Freizeitwohnsitz verwendet werden darf.
§ 13 Abs 1 Satz 1 TROG 2016 definiert Freizeitwohnsitze als Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden.
Im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 28.6.2021, Ra 2021/06/0056 mwH) kann daher von einem anderen Wohnsitz als von einem Freizeitwohnsitz dann nicht gesprochen werden, wenn kein deutliches Übergewicht hinsichtlich der beruflichen und familiären Lebensbeziehungen des Beschwerdeführers am konkreten Ort feststellbar ist.
Aufgrund der getroffenen Feststellungen, die auf einer eingehenden Beweiswürdigung basieren, steht eindeutig fest, dass der Beschwerdeführer seinen Hauptwohnsitz in Deutschland hat. Überdies wurde auch von ihm angegeben, dass er nie intendiert hatte, die Wohnung als Hauptwohnsitz zu nützen. Des Weiteren liegen keine Anhaltspunkte wie etwa eine Zulassung des KFZs in Österreich, welche auf einen Hauptwohnsitz in Österreich vermuten lassen könnten, vor. Der Beschwerdeführer führt selbst aus, dass er den gegenständlichen Wohnsitz regelmäßig nur an Wochenenden benutzt hat. Er bezahlt die Aufenthaltsabgabe, beantragt eine Gästekarte und meldet lediglich einen Nebenwohnsitz an. Er ist auch bereit, die Freizeitwohnsitzabgabe zu bezahlen.
Die vom Beschwerdeführer selbst dargelegte Nutzung der gegenständlichen Wohnung entspricht sohin genau jener Definition eines Freizeitwohnsitzes, wie sie in § 13 Abs 1 TROG 2016 enthalten ist: die Wohnung hat nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses gedient.
Der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Tathandlung ist erfüllt.
Zur subjektiven Tatseite ist auszuführen, dass es sich bei der gegenständlich angelasteten Übertretung um ein so genanntes „Ungehorsamsdelikt“ im Sinne des § 5 Abs 1 2. Satz VStG handelt (vgl VwGH 17.12.2009, 2008/06/0050; ua). Bei derartigen Delikten ist dann Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
„Glaubhaftmachung“ bedeutet dabei, dass die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich gemacht wird. Der Beschuldigte hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und Beweismittel zum Beleg desselben bekannt zu geben oder vorzulegen (vgl VwGH 24.5.1989, Zl 89/02/0017 ua).
Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" tritt somit im gegenständlichen Fall insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies ist dem Beschwerdeführer jedoch nicht gelungen und war daher gegenständlich hinsichtlich des Verschuldens zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen. Die in der Beschwerde angesprochen unionsrechtlichen Bedenken werden nicht geteilt.
Strafbemessung:
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwiegen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der Beschwerdeführer machte keine Angaben zu seinen Einkommens- bzw Vermögensverhältnissen. Berücksichtigt man den Umstand, dass der Beschwerdeführer die Wohnung allein für Wochenenden angemietet hat, lässt jedenfalls den Schluss zu, dass seine wirtschaftlichen Verhältnisse als zumindest durchschnittlich angesehen werden können. Der Unrechtsgehalt der Tat ist hoch, ist es doch geradezu als notorisch anzusehen, dass gerade im dicht verbauten Tirol die konsenslose Nutzung von Freizeitwohnsitzen äußert verpönt ist und tendenziell zu unerwünscht hohen Grundstückspreisen führt, die sich die Durchschnittsbevölkerung nicht (mehr) leisten kann. Strafmildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund erscheint die verhängte Strafe von Euro 1000 bei einem Strafrahmen von Euro 40.000 zu niedrig, zumal nicht einmal 10 % des möglichen Strafrahmens ausgeschöpft wurden. Dem Landesverwaltungsgericht Tirol ist es jedoch verwehrt, eine höhere Strafe festzusetzen. Die verhängte Strafe ist sohin jedenfalls tat- und schuldangemessen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Triendl
(Richter)
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