European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.43.2000.1
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Schmalzl über die Beschwerde des AA, vertreten durch RA BB, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 12.07.2021, Zl ***, betreffend eine Angelegenheit nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Y (im Folgenden: die Baubehörde) vom 30.01.2015, Zl ***, wurde AA (im Folgenden: der Beschwerdeführer) der baupolizeiliche Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands und somit zum Rückbau des südwestlichen Balkons im Dachgeschoss des Gebäudes in eine Absturzsicherung gemäß den Baubewilligungen vom 03.10.1997, Zl *** und vom 06.08.1998, Zl ***, auf Grundstück Nummer **1, KG Y, Adresse 2, erteilt.
Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Y (im Folgenden: die belangte Behörde) vom 22.04.2021, Zl ***, wurde hinsichtlich des obigen baupolizeilichen Auftrags die Ersatzvornahme angedroht.
Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 12.07.2021, Zl ***, wurde hinsichtlich des obigen baupolizeilichen Auftrags die Ersatzvornahme angeordnet.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, rechtsfreundlich vertreten, rechtzeitig Beschwerde.
Bis dato wurde dem baupolizeilichen Auftrag vom 30.01.2015, Zl ***, nicht nachgekommen.
II. Beweiswürdigung:
Der oben festgestellte Sachverhalt konnte dem vorgelegten Akt der Behörde entnommen werden. Das der gegenständliche baupolizeiliche Auftrag mittlerweile erfüllt worden wäre, hat der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht einmal vorgebracht.
III. Rechtslage:
Die hier relevante Bestimmung des Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG), BGBl 53/1991, lautet wie folgt:
„Erzwingung anderer Leistungen und Unterlassungen
a) Ersatzvornahme
§ 4
(1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.
(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.“
IV. Erwägungen:
Der Beschwerdeführer brachte vor, dass der baupolizeiliche Auftrag der Baubehörde vom 30.01.2015 nicht ausreichend bestimmt sei. Es treffe nicht zu, dass diesem Erfordernis durch das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts vom 21.04.2017, Zl LVwG-***, genüge getan worden wäre. Die Angabe von „ca. 40 cm“ erfülle nicht die Bestimmtheitserfordernisse des § 59 Abs 1 AVG. Insbesondere würden die Ausführungen in der Begründung des im Instanzenzug ergangenen Erkenntnisses die mangelhafte Bestimmtheit des ursprünglichen baupolizeilichen Auftrags nicht ersetzen. Ein Bescheid müsse nicht nur für den Fachmann, der die erforderlichen Maßnahmen im Auftrag der Parteien durchzuführen hat, verständlich sein, sondern auch für die Parteien selbst. Letztere seien verantwortlich dafür, die im Bescheid übertragene Verpflichtung zu erfüllen. Daher sei die Ersatzvornahme unzulässig. Überhaupt sei von einer „Absturzsicherung“ in keinem der Bescheide, auf die sich der baupolizeiliche Auftrag stützt (Bescheide vom 03.10.1997 und vom 06.08.1998) die Rede. Mangels ausreichender Bestimmtheit sei eine Ersatzvornahme hinsichtlich des Bescheids vom 30.01.2015 daher unzulässig.
Zu diesem Beschwerdevorbringen ist zunächst festzuhalten, dass Einwendungen gegen den Exekutionstitel bildenden Bescheid einer Verwaltungsbehörde im Zuge des Vollstreckungsverfahrens nicht zulässig sind (VwGH 2013/05/0175 vom 23.11.2016, VwGH 2012/07/0283 vom 28.05.2015 ua). Des Weiteren ist es zulässig, zur näheren Bestimmung eines Leistungsbefehls auf außerhalb des Bescheids gelegene Schriftstücke oder Pläne zu verweisen (VwGH 2012/07/0283 vom 28.05.2015).
In Bezug auf die obigen Ausführungen ergibt sich für die vorliegende Angelegenheit, dass mittels des den Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens bildende baupolizeilichen Auftrags ein vom 30.01.2015, Zl ***, ausdrücklich einen Rückbau „gemäß der Baubewilligung vom 03. Oktober 1997, Zl. *** u 06. August 1998, Zl. ***“ aufgetragen wurde. Da somit entsprechende Planunterlagen vorliegen, die den Inhalt des baupolizeilichen Auftrags definieren, mangelt es dem oben dargestellten Vorbringen des Beschwerdeführers an einer Grundlage. Naturgemäß ist es daher für die vorliegende Angelegenheit keineswegs maßgeblich, welchen Begriff („Absturzsicherung“) der im Verfahren über die Beschwerde gegen den baupolizeilichen Auftrag vom 30.01.2015 beigezogene Amtssachverständige zur Beschreibung des konsentierten Zustands verwendete. Im Übrigen ist festzuhalten, dass in Bezug auf das Lesen und die Umsetzung eines Planes sehr wohl auf die entsprechende Fachkunde eines Fachmanns abzustellen ist (wenngleich es interessierten Laien regelmäßig möglich ist, den maßgeblichen Inhalt von Plänen zu erfassen). Dass der Amtssachverständige seinerzeit zu dem ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Plan nur ca-Angaben machte, kann daran nichts ändern, zumal seriöser Weise schon in Anbetracht der Strichstärke einer solchen Plandarstellung eine ganz exakte Angabe derartiger Maße nicht möglich ist.
V. Ergebnis
Wie oben ausgeführt, kommt der vorliegenden Beschwerde keine Berechtigung zu, weshalb sie spruchgemäß abzuweisen war.
VI. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung
Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG unterbleiben, da bereits auf Grundlage der Akten ersichtlich war, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und weder Menschenrechte und Grundfreiheiten oder Grundrechte dem entgegenstanden. Es waren ausschließlich rechtliche Fragen zu erörtern und keinerlei zusätzliche Sachverhaltsermittlungen vonnöten (vgl zB VwGH Ra 2019/08/0101 vom 09.07.2019).
VII. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag.a Schmalzl
(Richterin)
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