NAG 2005 §11 Abs2 Z4
NAG 2005 §11 Abs5
NAG 2005 §46 Abs1 Z2 litc
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.30.0748.1
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Rieser über die Beschwerde des afghanischen Staatsangehörigen AA, geboren am XX.XX.XXXX, vertreten durch BB, Österreichisches Rotes Kreuz, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 07.02.2019, Zl ***, ***, ***, betreffend die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte Plus“ nach dem Niederlassungs-und Aufenthaltsgesetz (NAG),
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Sachverhalt und rechtliche Erwägungen:
Die Bezirkshauptmannschaft Y hat als belangte Behörde dem vom Beschwerdeführer persönlich am 01.10.2010 bei der Österreichischen Botschaft X eingebrachten Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte Plus“ gemäß § 46 Abs 1 Z 2 lit c NAG zusammen mit den Anträgen der Mutter des Beschwerdeführers und eines Bruders des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Die Abweisung des im Rahmen einer Familienzusammenführung zum in Österreich aufhältigen Bruder des Beschwerdeführers eingebrachten Antrages wurde zusammengefasst von der belangten Behörde damit begründet, dass der Beschwerdeführer nicht als Familienzusammenführender iSd § 2 Abs 1 Z 9 NAG anzusehen ist und dass auch in weiterer Folge das Einkommen des Zusammenführenden (des in Österreich lebenden Bruders des Beschwerdeführers) nicht ausreichend für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 11 Abs 2 Z 4 und Abs 5 NAG sei. Das erforderliche Einkommen, damit der Aufenthalt des Beschwerdeführers gemäß § 11 Abs 2 Z 4 und Abs 5 NAG zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft in Österreich führen könnte, würde um Euro 359,38 pro Monat unterschritten werden.
Gegen den Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und Folgendes ausgeführt:
„Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 7. 2. 2019 zu den Zahlen ***, ***,***, zugestellt am 18. 2. 2019, erheben die Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der
BESCHWERDE
gem. § 7 VwGVG
BEGRÜNDUNG
I. Darstellung des Sachverhaltes
Die Beschwerdeführer sind die Mutter und Geschwister von CC, geb. am Xx.XX.XXXX, StA Afghanistan. Diesem wurde mit mündlich verkündetem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts am 29.05.2017 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Nach der Zuerkennung der Asylberechtigung leitete die Familie die Vorbereitungen zur Familienzusammenführung in die Wege. Nachdem ihnen Reisepässe und Geburtsurkunden ausgestellt worden waren, suchte das Österreichische Rote Kreuz am 29.11.2017 um einen Termin zur persönlichen Vorsprache und Antragseinbringung gem. § 35 AsylG bei der der Österreichischen Botschaft X an.
Am 30.11.2017 antwortete die Österreichische Botschaft X auf die erfolgte Terminanfrage und schlug einen Vorsprachetermin für den 12.04.2018 vor. Da die Bezugsperson bereits vor diesem Termin ihre Volljährigkeit erreicht haben würde, bereitete das Österreichische Rote Kreuz in Abstimmung mit der Familie einen schriftlichen Einreiseantrag gern. § 35 AsylG vor. Dieser wurde vor dem 18. Geburtstag der Bezugsperson am 20.03.2018 gestellt und der Erhalt von der Österreichischen Botschaft X mit gleichem Tag bestätigt. Die persönliche Vorsprache hätte mit 1.10.2018 stattfinden sollen.
Da in der Zwischenzeit das Urteil C-550/16 des EuGH ergangen war und die Bezugsperson die Volljährigkeit nunmehr bereits erreicht hatte, stellte das Österreichische Rote Kreuz in Abstimmung mit der Familie am 11.07.2018 schriftlich die gegenständlichen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ,Rot-Weiß-Rot - Karte Plus' gem. § 46 NAG.
Mit 24.07.2018 erging seitens der Österreichischen Botschaft X ein Verbesserungsauftrag, mit dem ein Termin zur persönlichen Vorsprache mitgeteilt und zur Nachreichung fehlender Unterlagen aufgefordert wurde. Als Frist wurde der 07.09.2018 gesetzt.
Mit Schreiben vom 05.09.2018 erstreckt die Österreichische Botschaft X obige Frist
und gab als Vorsprachetermin den 01.10.2018 an. Dieser Termin wurde von den Beschwerdeführern schließlich wahrgenommen und die Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ,Rot-Weiß-Rot - Karte Plus' nebst den erforderlichen Dokumenten eingebracht.
Mit dem angefochtenen Bescheid werden die Einreiseanträge abgewiesen. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Bescheid wird seinem gesamten Umfang nach angefochten.
II. Rechtliche Begründung
Die belangte Behörde begründet die Abweisung der Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels insbesondere damit, dass die seitens des EuGH angeregte 3-Monats-Frist ab Asylgewährung im gegenständlichen Fall nicht eingehalten wurde.
Des weiteren führt die Behörde an, dass
- das Einkommen der Bezugsperson nicht der in § 11 Abs. 5 NAG genannten Höhe entspricht
- gegen die Bezugsperson ein Aberkennungsverfahren anhängig ist
Der Bescheid leidet an inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensbestimmungen.
II.a Verletzung des Rechts auf Parteiengehör
Beim Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels handelt es sich um ein Verwaltungsverfahren, welches den Grundsätzen des AVG folgt. Ein wesentlicher Grundsatz ist das Recht auf Parteiengehör. So legt auch § 45 Abs. 3 AVG fest, dass den Parteien Gelegenheit zu geben ist, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.
Die belangte Behörde ist mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht an die Beschwerdeführer herangetreten sondern hat direkt den angefochtenen Bescheid erlassen. Damit hat sie das Recht auf Parteiengehör verletzt und den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet.
II.b Zur Antragsteilung binnen drei Monaten
Die belangte Behörde fußt die Abweisung der Einreiseanträge maßgeblich auf den Umstand, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht binnen drei Monaten ab Asylgewährung gestellt wurde. Dies erweist sich jedoch als inhaltlich rechtswidrig. Allenfalls hätte die Behörde zusätzliche Ermittlungen durchführen müssen.
Mit Urteil vom 12. 4. 2018 stellte der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) fest, dass auch jene Flüchtlinge ein Recht auf Familienzusammenführung hätten, welche minderjährig in das Gebiet eines Mitgliedstaates eingereist sind und einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, während des Asylverfahrens volljährig wurden und denen schließlich Asyl gewährt wurde.
Zur Wahrung dieses Rechts erachtete der Gerichtshof eine zeitliche Beschränkung als notwendig und verwies diesbezüglich auf die in Art. 12 Abs. 1 der RL 2003/86/EG gesetzte Frist von drei Monaten ab Statusgewährung.
„Der auf der Grundlage von Art. 10 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie eingereichte Antrag auf Familienzusammenführung ist daher in einer solchen Situation grundsätzlich innerhalb von drei Monaten ab dem Tag zu stellen, an dem der Minderjährige als Flüchtling anerkannt worden ist."
Bereits die Wortwahl des Gerichtes („grundsätzlich") deutet darauf hin, dass diese Frist nicht absolut gelten kann und Ausnahmen möglich sind.
Dies führt der Gerichtshof in seinem Urteil vom 7.11.2018 genauer aus. So stellte er in Bezug auf die Frist gem. Art. 12 Abs. 1 der RL einerseits fest, dass die Staaten eine Informationspflicht hinsichtlich dieser Frist treffe, andererseits, dass eine Abweisung des Antrages nicht erfolgen dürfe, wenn das Fristversäumnis aufgrund besonderer Umstände objektiv entschuldbar sei.
Eben solche Umstände liegen im vorliegenden Fall vor. Die Bezugsperson reiste als unbegleiteter Minderjähriger nach Österreich ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesem Antrag wurde mit 29.5.2017 stattgegeben. Die Vorbereitungen einer Familienzusammenführung wurden unmittelbar begonnen, eine Frist für die Stellung des Antrages war gern. § 35 Abs. 2a AsylG nicht gegeben. Der Einreiseantrag gem. § 35 AsylG wurde am 20.3.2018 gestellt.
Grundsätzlich stellte das Verfahren gem. § 35 AsylG die einzige Möglichkeit einer Zusammenführung unbegleiteter Asylberechtigter mit ihrer Familie dar. Diese Möglichkeit wurde durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dahingehend eingeschränkt, als dass zur Bewertung der Minderjährigkeit nunmehr der Entscheidungszeitpunkt maßgeblich sei.
Das Urteil des EuGH vom 12.4.2018 zeigte auf, dass diese Rechtsprechung mit der Verwirklichung der Rechte der RL 2003/86/EG nicht vereinbar ist. Der VwGH stellte jedoch am 3.5.2018 in der Auseinandersetzung mit dem Urteil fest, dass das Verfahren gern. § 35 AsylG durch die in § 34 AsylG verankerte Gewährung desselben Schutzes über die Mindeststandards der Richtlinie hinausgehe und deshalb auch nicht an jene Mindeststandards gebunden sei. Zur Verwirklichung der Rechte der Richtlinie wurde auf § 46 NAG verwiesen, die Bestimmungen des NAG seien richtlinienkonform zu interpretieren.
Die Bezugsperson wurde somit frühestens mit Veröffentlichung der Entscheidung des VwGH vom 3.5.2018 - wenn auch nicht persönlich - darüber informiert, dass binnen drei Monaten ein Antrag gem. § 46 NAG einzubringen sei.
Am 11.7.2018 stellten die Beschwerdeführer die gegenständlichen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels. Der Antrag wurde somit fristgerecht ab dem Zeitpunkt gestellt, indem über die Möglichkeit zur Antragstellung informiert wurde. Dass dieser Antrag nicht bereits binnen drei Monaten ab Asylgewährung gestellt wurde, ist objektiv dadurch entschuldbar, dass das durch das Erkenntnis des VwGH eröffnete Verfahren vor dem 3. 5. 2018 generell unbekannt war.
Die belangte Behörde hat hier die maßgebliche Rechtslage verkannt und den Bescheid damit mit Rechtswidrigkeit belastet. Zumindest hätte die Behörde weitere Ermittlungen tätigen und den Beschwerdeführern vor Abweisung des Antrages Parteiengehör ermöglichen müssen.
II.c Zum angeblich anhängigen Aberkennungsverfahren
Die Behörde führt im abweisenden Bescheid weiters an, dass gegen die Bezugsperson ein Verfahren zur Aberkennung des Status anhängig wäre. Mit diesem Verweis allein vermag es die Behörde allerdings nicht darzulegen, weshalb dieser Umstand - sofern er überhaupt besteht - eine Abweisung rechtfertigen würde.
Zum Einen versäumt es die Behörde erneut, wesentliche Ermittlungsschritte zu setzen. So führt diese weder an, wann das Aberkennungsverfahren eingeleitet wurde, noch wie der derzeitige Stand dieses Verfahrens ist und ob der Status nun aberkannt werden soll. Solche Ermittlungen sind jedoch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes durchzuführen. Der Bezugsperson ist weder ein Verfahren zur Aberkennung des Status bekannt, noch wurde ein diesbezüglicher Bescheid erlassen.
Darüberhinaus verkennt die Behörde, dass auch ein anhängiges Verfahren zur Aberkennung
des Status keine Abweisung des Einreiseantrages rechtfertigt. § 46 Abs. 1 Z 2 lit c NAG nennt als Voraussetzung, dass der Zusammenführende Asylberechtigter ist. Bis zu einer allfälligen rechtskräftigen Aberkennung des Status ist die Bezugsperson im vorliegenden Fall asylberechtigt und war es jedenfalls zum Entscheidungszeitpunkt des angefochtenen Bescheides.
Eine Regelung wie in § 34 Abs. 2 Z 3 AsylG bzw. § 35 Abs. 4 Z 1 AsylG, wonach bereits die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens Rechtsfolgen nach sich zieht, kennt das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz nicht.
Ein - angeblich - anhängiges Aberkennungsverfahren taugt somit nicht als Begründung der Abweisung der Anträge.
II.d Zum Nachweis der finanziellen Mittel gem. § 11 Abs. 5 NAG
Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid weiters an, dass es der Bezugsperson
nicht gelungen sei, nachzuweisen, dass die Erteilung der Aufenthaltstitel gem. § 11 Abs. 2 Z 4 NAG iVm § 11 Abs. 5 NAG nicht zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen würde.
Hier verkennt die Behörde erneut die maßgebliche Rechtslage und würdigt ebensowenig die Ausführungen zum Antrag vom 11.7. 2018, welche bereits auf diesen Umstand eingingen.
Im gegenständlichen Fall wurde ein Antrag auf Familienzusammenführung zu einem (ehemals) unbegleiteten minderjährigen Asylberechtigten gestellt, welcher vorwiegend auf den Bestimmungen der RL 2003/86/EG basiert.
Grundsätzlich ermöglicht es die Richtlinie, im Falle einer Familienzusammenführung den Nachweis fester und regelmäßiger Einkünfte zu verlangen, jedoch bestimmt Art. 12 Abs. 1 der RL dass im Fall der Familienzusammenführung von Flüchtlingen kein Nachweis hinsichtlich Unterkunft, Krankenversicherung und Einkommen zu erbringen ist.
Ob die Bezugsperson im vorliegenden Fall in der Lage ist, für sämtliche Kosten der Familienmitglieder aufzukommen, ist somit im gegenständlichen Fall nicht von Belang. Dies wurde bereits im Rahmen der Antragstellung angeführt.
Wenn die belangte Behörde diesen Umstand nunmehr als Grund für die Abweisung heranzieht, belastet sie den Bescheid erneut mit Rechtswidrigkeit.
Es ergeht daher der
ANTRAG
+ der Beschwerde stattzugeben, den angefochtenen Bescheid zu beheben und den Beschwerdeführern eine Rot-Weiß gem. § 46 NAG zu erteilen.
In eventu:
+ der Beschwerde stattzugeben, den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuen Entscheidung an die Behörde zurückzuverweisen.
DD, AA und EE
vertreten durch
BB
Suchdienst – Familienzusammenführung“
Zur Sachverhaltsfeststellung wurde in den vorgelegten Aufenthaltsakt der belangten Behörde Einsicht genommen und aus diesem Aufenthaltsakt ergibt sich der im gegenständlichen Fall vorliegende und im Wesentlichen unstrittige Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatangehöriger und somit Fremder und Drittstaatsangehöriger gemäß § 2 Abs 1 Z 1 und Z 6 NAG. Der Beschwerdeführer hat am 01.10.2018 bei der Österreichischen Botschaft in X persönlich einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte Plus“ samt der erforderlichen Unterlagen eingebracht. Aus dem Antrag und den Unterlagen ergibt sich, dass es sich um einen Antrag auf Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte Plus“ im Rahmen einer Familienzusammenführung nach § 46 Abs 1 Z 2 lit c NAG handelt. Auch aus der Beschwerdeschrift ergibt sich, dass der Antrag auf Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte Plus“ gemäß § 46 NAG zum Zwecke der Familienzusammenführung zum zwischenzeitlich in Österreich als Asylberechtigter aufhältigen Bruder CC, geboren am XX.XX.XXXX, eingebracht wurde. Im Rahmen des Beschwerdeantrages wurde die Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte Plus“ gemäß § 46 NAG an den Beschwerdeführer begehrt. Beim Zusammenführenden handelt es sich um den in 6330 Y wohnhaften Bruder des Beschwerdeführers CC, geboren am XX.XX.XXXX, afghanischer Staatsangehöriger, der am 28.04.2014 in Österreich einen Asylantrag eingebracht hatte und den mit Rechtswirkung ab 29.05.2017 vom Bundesverwaltungsgericht die Flüchtlingseigenschaft aufgrund seines Asylantrages zugesprochen wurde. Der Zusammenführende geht einer Beschäftigung nach und es wurde im Verfahren vor der belangten Behörde ein monatliches Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung eines 13. und 14. Monatseinkommens von Euro 1.840,03 errechnet. Neben dem Beschwerdeführer haben noch dessen Mutter DD, geboren am XX.XX.XXXX, und dessen Bruder EE, geboren am XX.XX.XXXX, um die Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte Plus“ im Rahmen einer Familienzusammenführung gemäß § 46 NAG zum Zusammenführen angesucht. In der Beschwerde wurden hinsichtlich der vorhandenen und der errechneten erforderlichen Einkünfte keine Ausführungen getätigt bzw Angaben und Ausführungen der belangten Behörde bestritten, außer dass kein Nachweis des erforderlichen Einkommens im gegenständlichen Verfahren zu erbringen sei.
Festgehalten wird, dass es sich im gegenständlichen Fall um keinen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs 1 Asylgesetz 2005 (AsylG) handelt. Ein diesbezüglicher Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels (Visum) nach den asylrechtlichen Bestimmungen ist von der österreichischen Vertretungsbehörde nach Einholung der erforderlichen Mitteilung durch das BFA zu erteilen und sind etwaige Beschwerdeverfahren vom Bundesverwaltungsgericht durchzuführen.
Im gegenständlichen Fall wurde eine Familienzusammenführung nach den Bestimmungen des NAG und nicht nach dem asylrechtlichen Bestimmungen zum in Österreich als Asylberechtigten lebenden Bruder begehrt. Voraussetzung für die Erteilung der beantragten„Rot-Weiß-Rot – Karte Plus“ gemäß § 46 Abs 1 NAG ist, dass es sich um einen Familienangehörigen des Drittstaatsangehörigen handelt. Die belangte Behörde ist diesbezüglich zu Recht davon ausgegangen, dass es sich beim Beschwerdeführer um den Bruder des Zusammenführenden handelt und daher der Beschwerdeführer nicht als Familienangehöriger iSd § 2 Abs 1 Z 9 NAG anzusehen ist und daher diesbezüglich schon die Voraussetzungen des § 46 NAG im gegenständlichen Verfahren nicht erfüllt und bereits aus diesem Grund der Antrag des Beschwerdeführer abzuweisen war. Weiters wäre es erforderlich, dass, wenn der Beschwerdeführer als Familienangehöriger des Zusammenführenden anzusehen wäre, er die Voraussetzungen des ersten Teiles des NAG erfüllen müsste. Hierzu hat die belangte Behörde nachvollziehbar aufgezeigt, dass das Einkommen des Zusammenführenden nicht für die Zusammenführung des Beschwerdeführers, seiner Mutter und seines Bruders ausreicht. Die Erteilungsvoraussetzung nach § 11 Abs 2 Z 4 iVm Abs 5 NAG liegt nicht vor, somit wurden die Voraussetzungen des ersten Teils des NAG auch im gerichtlichen Verfahren des Beschwerdeführers nicht erfüllt.
Nach Rechtsansicht des Landesverwaltungsgericht Tirol ist im gegenständlichen Falle beim begehrten Familiennachzug zu dem in Österreich lebenden volljährigen Bruder des Beschwerdeführers eine Abkoppelung des im NAG 2005 verwendeten Begriffes des Familienangehörigen von seiner in § 2 Abs 1 Z 9 NAG enthaltenen Definition nicht geboten, um ein dem Unionsrecht widersprechendes Ergebnis zu vermeiden. Es wird diesbezüglich auch auf die Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen.
Hinsichtlich des Fehlens der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen, insbesondere der erforderlichen Mittel konnten auch seitens des Landesverwaltungsgericht Tirol, wie bereits auch von der belangten Behörde ausgeführt, im Laufe des Beschwerdeverfahrens keine maßgeblichen Umstände erkannt werden, wonach ein Absehen von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen aus den Gründen des Art 8 EMRK im gegenständlichen Verfahren des Beschwerdeführers ausnahmsweise erforderlich wäre.
Es entspricht weiters den Tatsachen, dass sich aus den im Aufenthaltsakt der belangten Behörde einliegenden Auszügen aus dem Zentralen Fremdenregister ergibt, dass gegen den Zusammenführenden derzeit ein Verfahren zur Aberkennung des Status als Asylberechtigter und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung mit Datum 28.11.2018 anhängig ist (BFA-entscheidung vom 28.11.2018, BFA-Verfahrenszahl ***).
Aufgrund des vorliegenden Sachverhalts und der aufgezeigten rechtlichen Erwägungen erfolgte die von der belangten Behörde ausgesprochene Abweisung des Antrages auf Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte Plus“ im Rahmen einer Familienzusammenführung gemäß § 46 Abs 1 Z 2 lit c NAG zu Recht. Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Dr. Rieser
(Richter)
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