EpidemieG 1950 §32 Abs4
EpiG-Berechnungsverordnung §3 Abs1
EpiG-Berechnungsverordnung §3 Abs3
EpiG-Berechnungsverordnung §3 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGST:2022:LVwG.41.30.6605.2022
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Mag. Schmalzbauer über die Beschwerde der Dr. med. A B, geb. am *****, vertreten durch die C D GmbH & Co KG, Rstraße, G, gegen den Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt Graz vom 11.07.2022, GZ: A7-050541/2021/0003,
z u R e c h t e r k a n n t:
I. Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird der Beschwerde insoweit
F o l g e g e g e b e n
als der bekämpfte Bescheid abgeändert und eine Vergütung für den Verdienstentgang für den Zeitraum 06.02.2021 bis 17.02.2021 gemäß § 32 Epidemiegesetz 1950 (im Folgenden EpiG), BGBl. Nr. 186/1950, idF BGBl. I Nr. 131/2022, iVm der EpiG 1950-Berechnungs-Verordnung, BGBl II Nr. 329/2020, idF BGBl II Nr. 329/2020, in Höhe von € 13.972,79 gewährt wird.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt Graz vom 11.07.2022, GZ: A7-050541/2021/0003, wurde der Antrag auf Vergütung für den Verdienstentgang der Unternehmerin Dr. A B, geb. am. *****, Kstraße, Sberg-P, nunmehr vertreten durch die C D GmbH & Co KG, vom 17.05.2021, konkretisiert am 01.04.2022, für den Zeitraum von 06.02.2021 bis 17.02.2021 in Folge des Bescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 17.02.2021, GZ: A7-74055/2020/51173, abgewiesen.
Der Bescheid stützt sich auf § 32 Abs 1 Z 1 und Abs 4 Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950, idF BGBl. I Nr. 89/2022, iVm der EpiG 1950 – Berechnungs-Verordnung, BGBl. II Nr. 329/2020, idF BGBl. II Nr. 151/2022.
Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass Voraussetzung für die Ermittlung des Verdienstentganges nach § 3 Abs 3 EpiG 1950-Berechnungs-Verordnung (Variante 6) und nach § 3 Abs 4 EpiG 1950-Berechnungs-Verordnung (Variante 7) sei, dass sie für Neugründungen bzw. Betriebsübernahmen, bei denen keine Vorjahresperiode und bei Variante 7 zusätzlich auch kein Ersatzzieleinkommen vorliege, zur Anwendung gelangten. Da eine Vorjahresperiode bei der Antragstellerin vorhanden sei, kämen die oben angeführten Varianten nicht zur Anwendung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige und in formaler Hinsicht zulässige Beschwerde mit dem Antrag, den abweisenden Bescheid aufzuheben und dem Antrag auf Vergütung des Verdienstentganges stattzugeben.
Mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 12.09.2022 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, für die Monate Jänner und Februar 2021 als Nachweis zur Berechnung des Verdienstentganges eine Bilanz bzw. die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und überdies einen Nachweis über die Betriebsschließung für den Zeitraum 06.02.2021 bis 17.02.2021 vorzulegen.
Dazu übermittelte die Beschwerdeführerin Unterlagen und teilte mit, dass im Juni 2022 noch eine Versicherungsleistung für die Betriebsunterbrechung in Höhe von € 3.111,08 für die COVID-bedingte Schließung im Februar 2021 eingelangt sei. Diese Vergütung sei im Zeitpunkt der Antragsstellung noch nicht zuerkannt worden.
Sachverhalt:
Dr. med. A B betreibt an der Adresse K Straße, Sberg, eine Wahlarztpraxis für Dermatologie. Sie ist die einzige Ärztin, die in dieser Ordination tätig ist und übt ihre Tätigkeit in Form eines Einzelunternehmens aus. Dr. A B war von 06.02.2021 bis 17.02.2021 behördlich aufgrund einer COVID-19-Erkankung abgesondert. Sie erzielte in diesem Zeitraum keine Einnahmen. Die Wahlarztpraxis war während dieses Zeitraumes vollständig geschlossen. Wäre eine behördliche Absonderung nicht erfolgt, so wäre die Ordination von 06.02.2021 bis 17.02.2021 während der Ordinationszeiten durchgehend geöffnet gewesen. In der relevanten Vorjahresperiode im Februar 2020 befand sich Dr. A B für zwei Wochen auf Urlaub und erzielte während dieser Zeit aufgrund einer urlaubsbedingten Betriebsschließung keine Einnahmen.
Aufgrund dieser urlaubsbedingten Schließung erzielte die Beschwerdeführerin im Monat Februar 2020 lediglich ein EBITA in Höhe von € 703,00. Demgegenüber betrug das EBITA für die Monate Jänner 2021 und Dezember 2020 zusammen € 42.329,00. Für die Monate Jänner 2020 und Dezember 2019 betrug das EBITA zusammen € 31.312,00. Der aufgrund dieser Referenzzeiträume berechnete Fortschreibungsquotient iSd § 4 Abs 1 iVm Abs 2 Z 1 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung beträgt 1,35. Im gesamten Wirtschaftsjahr 2019 erzielte die Beschwerdeführerin ein EBITA in Höhe von € 134.860,00. Im Wirtschaftsjahr 2020 erwirtschaftete sie ein EBITA in Höhe von € 147.446,00.
Am 14.05.2021 wurde die Zuerkennung einer Vergütung des Verdienstentganges auf Basis der Berechnungsvariante 7 gemäß § 3 Abs 4 EpiG 1950 Berechnungs-Verordnung in Höhe von € 15.200,98 beantragt, da die Berechnung des Verdienstentganges nach der Berechnungsvariante 1 gemäß § 3 Abs 1 iVm § 4 Abs 2 Z 1 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung anhand der o.a. Wirtschaftszahlen und nach Berücksichtigung des von der Beschwerdeführerin erhaltenen Krankengeldes vom Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Steiermark (i.H.v. € 1.509,00) zu keinem positiven Verdienstentgang führte.
Die belangte Behörde teilte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 07.03.2022 mit, das auf Basis der vorgelegten Daten aus betriebswirtschaftlichen Gründen unter Anwendung der Berechnungsvariante 1 des EpiG-Berechnungstools nach § 3 Abs 4 EpiG 1950 Berechnungs-Verordnung kein positives Ergebnis ermittelbar und die Berechnungsvariante 7 gesetzlich nicht begründbar sei. Daraufhin übermittelte die Beschwerdeführerin am 01.04.2022 eine Berechnung des Verdienstentganges auf Basis der Berechnungsvariante 6 nach § 3 Abs 3 leg cit, in der ein Vergütungsbetrag in Höhe von € 17.537,87 ausgewiesen wurde.
Die Beschwerdeführerin erwirtschaftete im Jänner 2021 (für 31 Kalendertage) Einnahmen in Höhe von € 31.881,00. Diesen standen Ausgaben in Höhe von €°11.856,00 gegenüber. Im Februar 2021 (für 28 Kalendertage) erzielte sie Einnahmen in Höhe von € 13.702,00 und Ausgaben in Höhe von € 13.271,00. Für den Zeitraum der behördlichen Absonderung erhielt die Beschwerdeführerin vom Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Steiermark ein Krankengeld in Höhe von €°1.509,00. Überdies erhielt sie für die absonderungsbedingte Betriebsunterbrechung im Februar 2021 eine Versicherungsleistung in Höhe von €°3.111,08 von ihrer Versicherung (E F), welche von der Beschwerdeführerin weder im ursprünglichen Antrag vom 14.05.2021 noch in der Antragskonkretisierung am 01.04.2022 berücksichtigt wurde. Bereits im verfahrenseinleitenden Antrag wurden Steuerberaterkosten in Höhe von € 1.000,00 geltend gemacht.
Eine Berechnung des Verdienstentganges nach § 3 Abs 3 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung (Berechnungsvariante 6) bringt folgendes Ergebnis:
Ermittlung des Ersatzzieleinkommens (Jänner 2021)
Einnahmen/Erlöse € 31.811,00
Ausgaben/Aufwendungen € 11.856,00
EBITA für Jänner (31 Kalendertage) € 19.955,00
EBITA für Jänner nach Berücksichtigung der abweichenden Tageszahl der Kalendermonate Jänner und Februar 2021 ((€ 19.955,00/31)*28) € 18.023,87
Ermittlung des Ist-Einkommens (Februar 2021)
Einnahmen/Erlöse € 13.702,00
Ausgaben/Aufwendungen € 13.271,00
EBITA für Februar (28 Kalendertage) € 431,00
Berechnung des Verdienstentganges
EBITA Jänner 2021 (für 28 Kalendertage) € 18.023,87
EBITA Februar 2021 (für 28 Kalendertage) € 431,00
Vorläufiger Verdienstentgang € 17.592,87
Berücksichtigung von Zuwendungen iSd § 5 Z 2 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung
Betriebsunterbrechnungsversicherung € 3.111,08
Krankengeld Wohlfahrtsfonds € 1.509,00
Vorläufiger Verdienstentgang nach Abzug der Zuwendungen € 12.972,79
Berücksichtigung der Steuerberatungskosten § 3 Abs 2 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung
Steuerberatungskosten € 1000,00
Entschädigungsanspruch auf Verdienstentgang € 13.972,79
Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf den Akt der belangten Behörde sowie den Gegenstandsakt. Der Absonderungszeitraum und die urlaubsbedingte Betriebsschließung in der Vorjahresperiode ergeben sich einerseits aus dem Bescheid der belangten Behörde und andererseits aus dem diesbezüglich glaubwürdigen Vorbringen der Beschwerdeführerin. Die absonderungsbedingte Betriebsschließung ergibt sich aus der dem Landesverwaltungsgericht Steiermark übermittelten, unbedenklichen Ergebnisübersicht für die Monate Jänner und Februar 2021.
Diese Ergebnisübersicht für die Monate Jänner und Februar 2021 wurde von der C D GmbH & Co KG, G, vorgelegt. Die angeführten Wirtschaftszahlen konnten dem vorgelegten Berechnungs-Tool entnommen werden, dessen Richtigkeit von der C D GmbH & Co KG im Sinne der EpG 1950-Berechnungs-Verordnung bestätigt wurde. Diese Wirtschaftszahlen stimmen auch mit den übermittelten Daten der Ergebnisübersicht überein und sind diese Daten von einem Steuerberater und Wirtschaftsprüfer erstellt, mit Zahlungen belegt und konnten den Berechnungen unbedenklich zu Grunde gelegt werden. Dies trifft auch auf die bekannt gegebene Versicherungsleistung und die Leistung des Wohlfahrtsfonds zu.
Die vom Landesverwaltungsgericht Steiermark den Verfahrensparteien übermittelte, oben wiedergegebene Berechnung anhand von Variante 6 wurde von der Beschwerdeführerin als zutreffend zur Kenntnis genommen. Aus der Stellungnahme der belangten Behörde vom 24.10.2022 ergibt sich, dass diese ihre rechtliche Beurteilung, wie in der Begründung des Bescheides enthalten, aufrecht hält.
Rechtliche Beurteilung:
Nach Art. 131 Abs 1 B-VG entscheiden, soweit sich aus Abs 2 und 3 dieser Bestimmung nichts anderes ergibt, über Beschwerden nach Art. 130 Abs 1 B-VG die Verwaltungsgerichte der Länder.
Entsprechend dieser Bestimmung erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
§ 31 Abs 1 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, in der Fassung BGBl. I Nr. 109/2021, lautet wie folgt:
„Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.“
§ 17 VwGVG bestimmt Folgendes:
„Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.“
§ 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG), BGBl Nr. 186/1950 (WV), in der Fassung BGBl I Nr. 131/2022:
„(1) Natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes ist wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile dann eine Vergütung zu leisten, wenn und soweit
1. sie gemäß §§ 7 oder 17 abgesondert worden sind, oder
2. ihnen die Abgabe von Lebensmitteln gemäß § 11 untersagt worden ist, oder
3. ihnen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit gemäß § 17 untersagt worden ist, oder
4. sie in einem gemäß § 20 im Betrieb beschränkten oder geschlossenen Unternehmen beschäftigt sind, oder
5. sie ein Unternehmen betreiben, das gemäß § 20 in seinem Betrieb beschränkt oder gesperrt worden ist, oder
6. sie in Wohnungen oder Gebäuden wohnen, deren Räumung gemäß § 22 angeordnet worden ist, oder
7. sie in einem Epidemiegebiet, über das Verkehrsbeschränkungen gemäß § 24 verhängt worden sind, aufhältig sind oder Beschränkungen hinsichtlich des Betretens unterworfen sind,
und dadurch ein Verdienstentgang eingetreten ist.
(1a) Abweichend von Abs. 1 Z 1 und Z 3 ist für die Dauer der Pandemie mit COVID-19 eine Vergütung nach Abs. 1 auch dann zu leisten, wenn bei einer natürlichen Person der Nachweis einer befugten Stelle über ein positives Ergebnis eines molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2 vorliegt. Die Vergütung ist für jeden Tag zu leisten, für den eine Maßnahme gemäß § 7 oder § 17 angeordnet worden wäre. Ebenso ist eine Vergütung zu leisten, wenn einer Person aufgrund einer Verordnung nach § 7b Abs. 1 Verkehrsbeschränkungen auferlegt wurden und ihr deshalb durch die Behinderung ihres Erwerbes ein Vermögensnachteil entstanden ist.
(2) Die Vergütung ist für jeden Tag zu leisten, der von der in Abs. 1 genannten behördlichen Verfügung umfaßt ist.
(3) Die Vergütung für Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, ist nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes, BGBl. Nr. 399/1974, zu bemessen. Die Arbeitgeber haben ihnen den gebührenden Vergütungsbetrag an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen. Der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund geht mit dem Zeitpunkt der Auszahlung auf den Arbeitgeber über. Der für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung und der Zuschlag gemäß § 21 des Bauarbeiterurlaubsgesetzes 1972, BGBl. Nr. 414, ist vom Bund zu ersetzen.
(3a) Der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund gemäß Abs. 3 besteht ungeachtet privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen zur Fortzahlung des Entgelts beziehungsweise der Bezüge.
(4) Für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen ist die Entschädigung nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen zu bemessen.
(5) Auf den gebührenden Vergütungsbetrag sind Beträge anzurechnen, die dem Vergütungsberechtigten wegen einer solchen Erwerbsbehinderung nach sonstigen Vorschriften oder Vereinbarungen sowie aus einer anderweitigen während der Zeit der Erwerbsbehinderung aufgenommenen Erwerbstätigkeit zukommen. Dies gilt nicht im Falle der Fortzahlung des Entgelts bzw. der Bezüge gemäß Abs. 3a.
(6) Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister kann, wenn und soweit dies zur Gewährleistung einer einheitlichen Verwaltungsführung erforderlich ist, durch Verordnung nähere Vorgaben zur Berechnung der Höhe der Entschädigung oder Vergütung des Verdienstentgangs erlassen.
(7) Auf Grund dieser Bestimmung erlassene Bescheide, denen unrichtige Angaben eines Antragstellers über anspruchsbegründende Tatsachen zugrunde liegen, leiden an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler im Sinne des § 68 Abs. 4 Z 4 AVG.“
§ 33 EpiG:
„Der Anspruch auf Entschädigung gemäß § 29 ist binnen sechs Wochen nach erfolgter Desinfektion oder Rückstellung des Gegenstandes oder nach Verständigung von der erfolgten Vernichtung, der Anspruch auf Vergütung des Verdienstentganges gemäß § 32 binnen sechs Wochen vom Tage der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich diese Maßnahmen getroffen wurden, geltend zu machen, widrigenfalls der Anspruch erlischt.“
§ 49 EpiG:
„(1) Abweichend von § 33 ist der Anspruch auf Vergütung des Verdienstentganges, der aufgrund einer wegen des Auftretens von SARS-CoV-2 ergangenen behördlichen Maßnahme besteht, binnen drei Monaten vom Tag der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich diese Maßnahmen getroffen wurden, geltend zu machen.
(1a) Abweichend von § 33 ist der Anspruch auf Vergütung des Verdienstentganges gemäß § 32 Abs. 1a binnen drei Monaten vom Tag, an dem eine Maßnahme gemäß § 7 oder § 17 aufgehoben worden wäre oder eine Verkehrsbeschränkung gemäß § 7b geendet hat, bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Sprengel sich der Wohnsitz (Sitz) des Antragstellers befindet, geltend zu machen.
(2) Bereits vor Inkrafttreten dieser Bestimmung laufende und abgelaufene Fristen beginnen mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 62/2020 neu zu laufen.
(3) Die Bezirksverwaltungsbehörde ist verpflichtet, über Anträge auf Vergütung des Verdienstentganges gemäß § 32, die auf Grund einer wegen des Auftretens von SARS-CoV-2 ergangenen behördlichen Maßnahme eingebracht werden, ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber zwölf Monate nach deren Einlangen zu entscheiden.
(4) Ein bei der örtlich unzuständigen Behörde fristgerecht eingebrachter Antrag auf Vergütung des Verdienstentganges gemäß § 32, der aus einem in der Sphäre der Behörde liegenden Umstand nicht innerhalb der Frist gemäß Abs. 1 und 2 bei der örtlich zuständigen Behörde eingelangt ist (§ 6 Abs. 1 AVG), gilt als rechtzeitig eingebracht.
(5) Fristgerecht eingebrachte Anträge auf Vergütung des Verdienstentganges gemäß § 32 dürfen während eines anhängigen Verfahrens auch nach Ablauf der Frist gemäß Abs. 1 und 2 zur Geltendmachung von Ansprüchen auf Grundlage einer nach § 32 Abs. 6 erlassenen Verordnung der Höhe nach ausgedehnt werden.
(6) Der Anspruch auf Vergütung von Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsbezug) gemäß § 32 Abs. 3, der sich auf bis 30.09.2021 aufgehobene behördliche Maßnahmen bezieht, kann unbeschadet bereits eingetretener Rechtskraft bis 30.09.2022 geltend gemacht werden.“
§ 7 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über nähere Vorgaben zur Berechnung der Höhe der Vergütung des Verdienstentgangs für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen nach dem Epidemiegesetz 1950 (EpiG-Berechnungsverordnung), BGBl. II Nr. 329/2020, in der Fassung BGBl. II Nr. 151/2022:
„(1) Diese Verordnung tritt mit dem ihrer Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
(2) Der Titel, § 3 Abs. 3, Abs. 5 bis 7, § 4, § 5 Z 2, § 6 Abs. 2 und 4 sowie die Anlage A in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 151/2022 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
(3) Auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung BGBl. II 151/2022 anhängige Verfahren auf Vergütung von Verdienstentgang sind die Bestimmungen dieser Verordnung in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 329/2020 weiterhin anzuwenden. “
Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über nähere Vorgaben zur Berechnung der Höhe der Vergütung des Verdienstentgangs für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen nach Epidemiegesetz 1950 (EpG 1950-Berechnungs-Verordnung), BGBl. II Nr. 329/2020:
„Allgemeines
§ 1. Diese Verordnung regelt die Berechnung des Verdienstentgangs auf Grundlage des vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommens selbständig erwerbstätiger Personen und Unternehmen nach § 32 Abs. 4 des Epidemiegesetzes 1950, BGBl. Nr. 186/1950, in der jeweils geltenden Fassung.“
„Begriffsbestimmungen
§ 2. Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:
1. Einkommen: das nach Anlage A bestimmte wirtschaftliche Einkommen aus dem durch eine Erwerbsbehinderung betroffenen Unternehmen oder – wenn nur ein Teil des Unternehmens von der Erwerbsbehinderung betroffen ist – Unternehmensteil;
2. Erwerbsbehinderung: jede Behinderung des Erwerbs durch eine behördliche Maßnahme gemäß § 32 Abs. 1 des Epidemiegesetzes 1950;
3. Ist-Einkommen: das Einkommen während jener Kalendermonate, in denen die Erwerbsbehinderung zur Gänze oder zum Teil angedauert hat;
4. Zieleinkommen: das mit dem Fortschreibungsquotienten multiplizierte Einkommen während der Vorjahresperiode;
5. Vorjahresperiode: jene Kalendermonate des vorangegangenen Kalenderjahres, die den Kalendermonaten entsprechen, in denen die Erwerbsbehinderung zur Gänze oder zum Teil angedauert hat;
6. Fortschreibungsquotient: der nach § 4 Abs. 1, 3 oder 4 bestimmte Faktor;
7. Referenzzeitraum: der nach § 4 Abs. 2 bestimmte Zeitraum;
8. Ersatzzieleinkommen: das Einkommen während jenes Kalendermonats, der dem Kalendermonat, in dem die Erwerbsbehinderung begonnen hat, unmittelbar vorangegangenen ist.“
„Berechnung
§ 3. (1) Der Verdienstentgang entspricht dem Betrag, um den das Zieleinkommen das Ist-Einkommen übersteigt.
(2) Bei der Berechnung des Ist-Einkommens kann der Antragsteller die im Zusammenhang mit der Antragstellung angefallenen Steuerberater-, Wirtschaftsprüfer- oder Bilanzbuchhalterkosten bis zum Höchstbetrag von 1000 Euro in Abzug bringen. Dies gilt nicht, wenn ohne diesen Abzug kein positiver Verdienstentgang vorliegt.
(3) Kann der Verdienstentgang nach Abs. 1 mangels Einkommens während der Vorjahresperiode nicht ermittelt werden, so entspricht der Verdienstentgang dem Betrag, um den das Ersatzzieleinkommen das Ist-Einkommen übersteigt.
(4) Kann der Verdienstentgang nach Abs. 3 mangels ermittelbaren Ersatzzieleinkommens nicht bestimmt werden, so entspricht der Verdienstentgang dem Betrag, um den das durch geeignete Unterlagen glaubhaft gemachte voraussichtliche wirtschaftliche Einkommen während jener vollen Kalendermonate, in denen die Erwerbsbehinderung zur Gänze oder zum Teil angedauert hat, das Ist-Einkommen während dieser Kalendermonate übersteigt.
(5) Bei der Berechnung des Verdienstentgangs anhand der vorstehenden Absätze sind Unterschiede, die sich aus einer abweichenden Tageszahl verglichener Kalendermonate ergeben, herauszurechnen.“
„§ 4. (1) Der Fortschreibungsquotient dient der angemessenen Berücksichtigung der Entwicklung des wirtschaftlichen Ergebnisses im Vergleich zur Vorjahresperiode. Hierbei handelt es sich um das Verhältnis des Einkommens im Referenzzeitraum zum Einkommen des Referenzzeitraumes im vorangegangenen Kalenderjahr. Bei der Ermittlung des Fortschreibungsquotienten sind Unterschiede, die sich aus einer abweichenden Tageszahl verglichener Kalendermonate ergeben, herauszurechnen.
(2) Der Referenzzeitraum umfasst
1. bei einer Erwerbsbehinderung von bis zu 30 Kalendertagen die zwei letzten vollen, der Erwerbsbehinderung vorangegangenen Kalendermonate;
2. bei einer Erwerbsbehinderung von 31 bis zu 60 Kalendertagen die vier letzten vollen, der Erwerbsbehinderung vorangegangenen Kalendermonate;
3. bei einer darüberhinausgehenden Erwerbsbehinderung einen angemessenen, nach vollen Kalendermonaten bestimmten Zeitraum, der jedoch nicht weniger als die vier letzten vollen, der Erwerbsbehinderung vorangegangenen Kalendermonate umfassen darf.
(3) Abweichend von Abs. 1 und 2 ist der Fortschreibungsquotient angemessen festzusetzen, wenn dieser nach Abs. 1 nicht ermittelt werden kann oder der Antragsteller glaubhaft macht, dass die Ermittlung anhand Abs. 1 aufgrund außergewöhnlicher, den Antragsteller individuell betreffender Umstände nicht zu einer angemessenen Berechnung des fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommens führen würde. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn wesentliche Investitionen in das durch die Erwerbsbehinderung betroffene Unternehmen oder in den von der Erwerbsbehinderung betroffenenen Unternehmensteil getätigt oder das betroffene Unternehmen oder der betroffene Unternehmensteil wesentlich erweitert oder verändert wurde und dieser Umstand im Referenzzeitraum plangemäß noch nicht vollständig wirksam wurde.
(4) Abweichend von Abs. 1 bis 3 kann der Fortschreibungsquotient bei einem errechneten Zieleinkommen von höchstens 10 000 Euro auf Antrag anhand der durchschnittlichen Veränderung des von der Bundesanstalt Statistik Österreich für die Dauer der Erwerbsbehinderung verlautbarten Verbraucherpreisindex gegenüber der verlautbarten Indexzahl für die Vorjahresperiode festgesetzt werden.“
„§ 5. Bei der Bestimmung des Ist-Einkommens sind sämtliche Zuwendungen einzubeziehen, die
1. sich aus einer anderweitigen während der Zeit der Erwerbsbehinderung aufgenommenen Erwerbstätigkeit ergeben haben oder
2. aus Anlass der Erwerbsbehinderung oder des zugrundeliegenden Sachverhalts für den Zeitraum der Erwerbsbehinderung oder einen Teil davon beantragt oder gewährt wurden. Wurden solche Zuwendungen für einen längeren Zeitraum als jenen der Erwerbsbehinderung beantragt oder gewährt, sind diese anteilig einzubeziehen.“
„Anlage A
Das wirtschaftliche Einkommen ist das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA).
Hierbei handelt es sich um das Ergebnis der operativen Tätigkeit einer selbständig erwerbstätigen Person oder Unternehmung. Abschreibungen auf Sachanlagen und immaterielles Vermögen, das Finanzergebnis sowie Erträge und Aufwendungen aus Ertragsteuern sind nicht Bestandteil dieser Ergebnisgröße.
[…]
Berechnungslogik des EBITDA für Einnahmen-Ausgaben-Rechner im Sinne des § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG)
Antragsteller, die ihr Einkommen für steuerliche Zwecke mittels des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ermitteln, haben bei der Ermittlung des EBITDA nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 3 EStG vorzugehen. Vom Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben sind jedoch folgende Bestandteile auszunehmen und somit nicht Bestandteil des
EBITDA:
Abschreibungen für Abnutzung;
Geldflüsse aus Investitionstransaktionen (mit Ausnahme des Erwerbs geringwertiger
Wirtschaftsgüter);
Finanzierungstransaktionen (Zinsen und Tilgung für aufgenommene Darlehen);
Finanzinvestitionen (Zinsenzuflüsse, Dividenden, etc.);
Ertragssteuern.“
Zum Vergütungsanspruch bzw. zur anzuwendenden Berechnungsvariante:
Allgemein ist festzuhalten, dass nach § 32 EpiG eine Vergütung für den Verdienstentgang für jeden von einer behördlichen Absonderung nach § 32 Abs 1 EpiG umfassten Tag zu leisten ist, wenn durch diese ein Verdienstentgang eingetreten bzw. ein Vermögensnachteil entstanden ist. Die Bemessung des Vergütungsbetrags hat gemäß § 32 Abs 4 EpiG für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmen nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen zu erfolgen.
Die Beschwerdeführerin ist selbstständige Ärztin, die von 06.02.2021 bis 17.02.2021 behördlich abgesondert war. Sie ist auch die einzige Ärztin, die in der Ordination tätig ist.
Die Beschwerdeführerin brachte durch ihre steuerliche Vertretung fristgerecht einen Antrag auf Vergütung des Verdienstentganges ein. Der Verdienstentgang wurde von der Beschwerdeführerin anhand der Berechnungsvariante 7 des § 3 Abs 4 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung und erst in der Antragskonkretisierung vom 01.04.2022 auf die Berechnungsvariante 6 des § 3 Abs 3 leg cit stützte, mit der Begründung, dass zumindest eine der beiden Berechnungsvarianten auf den gegenständlichen Fall zur Anwendung gelangen müsste.
Die belangte Behörde erließ den nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid, mit dem der Antrag unter Anwendung der Berechnungsvariante 1 gemäß § 3 Abs 1 iVm § 4 Abs 2 Z 1 leg cit abgewiesen wurde.
Strittig ist daher, welche der in der EpG 1950-Berechnungs-Verordnung genannten Berechnungsvarianten anzuwenden ist und ob dabei ein positiver Verdienstentgang ermittelt werden kann.
Gemäß der allgemeinen Berechnungsregel des § 32 Abs 4 EpiG ist für selbstständige Erwerbstätige der Verdienstentgang „nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen zu bemessen“. Dabei regelt die auf Grundlage des § 32 Abs 6 EpiG erlassene EpG 1950-Berechnungs-Verordnung die Berechnung des Verdienstentganges auf Basis des vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommens selbständig erwerbstätiger Personen und Unternehmen nach § 32 Abs 4 EpiG. Für die Berechnung des Verdienstentganges gibt die EpG 1950-Berechnungs-Verordnung eine Vergleichsberechnung vor und normiert ausdrücklich, welche Vergleichszeiträume für welche Unternehmenssituationen und unter welchen Voraussetzungen für die Berechnung des Verdienstentganges heranzuziehen sind (insgesamt normiert die EpG 1950-Berechnungs-Verordnung sieben verschiedene Berechnungsvarianten). Die Berechnung des Verdienstentganges hat daher anhand der für die jeweilige Unternehmenssituation vorgesehene Berechnungsvariante zu erfolgen. Es kann somit eine Vergütung für den Verdienstentgang nur dann gewährt werden, wenn die im konkreten Fall anzuwendende Berechnungsvariante auch zu einem positiven Verdienstentgang führt. Sofern die anzuwendende Berechnungsvariante jedoch zu keinem positiven Verdienstentgang führt, kann keine Vergütung gewährt werden.
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist noch die EpG 1950-Berechnungs-Verordnung in der Fassung BGBl. II Nr. 329/2020 anzuwenden (vgl. § 7 Abs 3 EpiG -Berechnungsverordnung, idF BGBl. II Nr. 151/2022).
§ 3 Abs 1 iVm § 4 Z 2 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung (Berechnungsvariante 1) normiert sozusagen eine „Standardberechnungsvariante“, wonach der Verdienstentgang jenem Betrag entspricht, um welchen das Zieleinkommen das Ist-Einkommen übersteigt. Beim Zieleinkommen handelt es sich um das mit dem Fortschreibungsquotienten multiplizierte Einkommen während der Vorjahresperiode. Die Vorjahresperiode entspricht jenem Kalendermonat des vorangegangenen Kalenderjahres, das dem Kalendermonat entspricht, in der die Erwerbsbehinderung (hier Absonderung) zur Gänze oder zu Teil angedauert hat. Im Gegenstandsfall handelt es sich beim Monat Februar 2020 um die Vorjahresperiode. Beim Fortschreibungsquotient handelt es sich (grundsätzlich) um das Verhältnis des Einkommens im Referenzzeitraum zum Einkommen des Referenzzeitraumes im vorangegangenen Kalenderjahr. Bei einer Erwerbsbehinderung von bis zu 30 Kalendertagen umfasst der Referenzzeitraum die zwei letzten vollen, der Erwerbsbehinderung vorangegangenen Kalendermonate (§ 4 Abs 2 Z 1 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung).
Von dieser „Standardberechnungsvariante“ normiert die EpG 1950-Berechnungs-Verordnung einige Ausnahmen. Gemäß § 3 Abs 3 iVm § 2 Z 8 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung (Variante 6) entspricht der Verdienstentgang dem Betrag, um den das Ersatzzieleinkommen das Ist-Einkommen übersteigt, wenn der Verdienstentgang nach Abs 1 leg cit mangels Einkommens während der Vorjahresperiode nicht ermittelt werden kann. Dabei handelt es sich beim Ersatzzieleinkommen um das Einkommen während jenes Kalendermonats, der dem Kalendermonat in dem die Erwerbsbehinderung begonnen hat, unmittelbar vorangegangen ist (hier Jänner 2021).
Zu klären ist daher zunächst, welche Berechnungsvariante im gegenständlichen Fall überhaupt anzuwenden ist bzw. wie § 3 Abs 3 iVm § 2 Z 8 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung, insbesondere der Passus „mangels Einkommens“ auszulegen und ob diese Berechnungsvariante anwendbar ist, wenn in der Vorjahresperiode aufgrund einer urlaubsbedingten Betriebsschließung teilweise (hier für 2 Wochen) kein Einkommen erzielt werden konnte oder ob § 3 Abs 3 iVm § 2 Z 8 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung nur dann anwendbar ist, wenn überhaupt kein Einkommen in der Vorjahresperiode erzielt wurde.
Gemäß § 32 Abs 1 Z 1 EpiG besteht ein Anspruch auf Vergütung des Verdienstentganges immer dann, wenn einer natürlichen oder juristischen Person durch eine behördliche Absonderung ein Vermögensnachteil entstanden bzw. dadurch ein Verdienstentgang eingetreten ist. Im Gegenstandsfall ist der Beschwerdeführerin als selbstständiger Ärztin durch ihre behördliche Absonderung offensichtlich ein solcher Vermögensnachteil entstanden, da sie als einzige Ärztin in der Ordination Einnahmen nur aufgrund der Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit dh durch die Behandlung von Patienten erzielt.
Ferner geht § 32 EpiG im Wesentlichen auf die Novelle BGBl Nr 702/1974 zurück und hatte § 52b TierseuchenG als Vorbild (vgl. auch VwGH 21.03.2022, Ra 2021/09/0235). In den Materialien zu § 52b TierseuchenG (BGBl Nr 141/1974) wurde im Zusammenhang mit der Entschädigung von selbstständigen Erwerbstätigen ausgeführt, dass dem Grundsatz entsprechend, „dass der tatsächliche Einkommensverlust ersetzt werden soll, auf das vergleichbare fortgeschriebene wirtschaftliche Einkommen bezogen werden“ soll.
Bereits aus den Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs 1 EpiG, insbesondere der Tatsache, dass der Beschwerdeführerin offenkundig durch die behördliche Absonderung tatsächlich ein Verdienstentgang entstanden ist, ergibt sich, dass § 3 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung nicht so ausgelegt werden kann, dass im Gegenstandsfall auf das Vergleichseinkommen der Vorjahresperiode abgestellt werden muss. Vielmehr ist der Wortlaut des § 3 Abs 3 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung gesetzeskonform dahingehend zu verstehen, dass die Berechnung nach Variante 6 auch dann zulässig ist, wenn aufgrund einer urlaubsbedingten (oder krankheitsbedingten) Betriebsschließung in der Vorjahresperiode ein Einkommen nicht für deren gesamte Dauer erzielt werden konnte. Überdies würde eine Auslegung von § 3 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung, dass im Gegenstandsfall zwingend die Berechnungsvariante 1 (§ 3 Abs 1 iVm § 4 Abs 2 Z 1 leg cit) heranzuziehen wäre und die Beschwerdeführerin somit trotz eines offensichtlichen absonderungsbedingt entstandenen Vermögensnachteils keinen Anspruch auf Vergütung hätte, bereits der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers widersprechen, dass einem selbstständigen Erwerbstätigen ein „tatsächlicher Einkommensverlust“ ersetzt werden soll.
Ferner kann in einer Fallkonstellation wie im gegenständlichen Beschwerdeverfahren die Berechnung des Verdienstentganges anhand des (urlaubsbedingten) äußerst niedrigen EBITA in der Vorjahresperiode und den für die Berechnung des Fortschreibungsquotienten heranzuziehenden vergleichsweise hohen EBITA der Referenzzeiträume (§ 3 Abs 1 iVm § 4 Abs 2 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung) schon denkunmöglich zu einer angemessenen Berechnung des fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommens führen (vgl. § 4 Abs 3 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung).
Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle erwähnt, dass im gegenständlichen Fall auch eine Ermittlung des Verdienstentganges nach § 3 Abs 1 iVm § 4 Abs 3 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung (Berechnungsvariante 4) ausscheidet. Zwar ist nach § 3 Abs 1 iVm § 4 Abs 3 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung der Fortschreibungsquotient abweichend von § 4 Abs 1 und 2 leg cit angemessen festzusetzen, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass die Ermittlung anhand Abs 1 aufgrund außergewöhnlicher, den Antragsteller individuell betreffender Umstände nicht zu einer angemessenen Berechnung des fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommens führen würde. Jedoch müsste aufgrund des (urlaubsbedingten) äußerst niedrigen EBITA (€ 730,00) in der Vorjahresperiode (Februar 2020), ein angemessener Fortschreibungsquotient eine exorbitante Höhe aufweisen, um im gegenständlichen Fall, bei einer 12-tägigen Absonderung und den grundsätzlichen hohen Einnahmen der Beschwerdeführerin in den übrigen Vorjahresmonaten bzw. in den Monaten des Jahres 2021, auf Basis des niedrigen EBITA der Vorjahresperiode, einen sachgerechten Verdienstentgang zu ermitteln. Da im gegenständlichen Fall nicht ersichtlich ist, anhand welcher Parameter ein solcher angemessener Fortschreibungsquotient, der in weiterer Folge zu einer sachgerechten und angemessenen Berechnung des fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommens führen würde, zu berechnen wäre, vertritt das erkennende Gericht die Auffassung, dass die Festsetzung eines angemessenen und plausiblen Fortschreibungsquotienten iSd § 3 Abs 1 iVm § 4 Abs 3 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung im Gegenstandsfalle nicht möglich ist. Überdies scheidet die Festsetzung eines angemessenen Fortschreibungsquotienten anhand des Kehrwertes oder der vom Sozialministerium zur Verfügung gestellten „EpG Quick-Fix“ aus, da sowohl die Vorjahresperiode als auch die Referenzzeiträume nach § 4 Abs 2 Z 1 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung ein positives Ergebnis aufweisen.
Dass im gegenständlichen Fall eine Berechnung des Verdienstentganges auch anhand der Berechnungsvariante 6 gemäß § 3 Abs 3 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung zulässig ist, lässt sich zusätzlich bereits aus dem
– für das Gericht nicht bindenden – Erlass des BMSGPK, GZ: 2020-0.406.069, COVID 19, Kostentragung des Bundes gemäß EpG 1950 – 2. Erlass: Vollziehung der Berechnung des Verdienstentgangs gemäß EpG 1950, ableiten. In diesem wird zu § 3 Abs 3 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung (Variante 6) ausgeführt, dass dieser Absatz dem Umstand Rechnung trägt „dass ein Einkommen während der Vorjahresperiode bei jungen Betrieben unter Umständen nicht/oder nicht für die gesamte Dauer existiert“. Laut BMSGPK trägt diese Regelung daher dem Umstand Rechnung, dass neugegründete Unternehmen in der Vorjahresperiode mangels Gründung bzw. Ausübung ihrer Tätigkeit noch kein Einkommen bzw. ein solches nicht für die gesamte Dauer der Vorjahresperiode erzielen konnten. Diese Unternehmenssituation ist durchaus mit jener der Beschwerdeführerin vergleichbar: auch sie kann nur dann ein Einkommen generieren, wenn sie ihre Tätigkeit ausübt bzw. Patienten behandelt. Da sie dies aufgrund einer urlaubsbedingten Betriebsschließung nicht tun konnte, konnte auch sie nicht für die gesamte Dauer der Vorjahresperiode ein Einkommen erzielen.
Zusammengefasst ist daher davon auszugehen, dass aufgrund einer gesetzeskonformen Auslegung des § 3 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung, die Berechnungsvariante 6 (§ 3 Abs 3 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung) so zu verstehen ist, dass ihre Anwendbarkeit bereits dann gegeben ist, wenn in der Vorjahresperiode nicht für deren gesamte Dauer ein Einkommen erzielt werden konnte und so die Berechnung anhand § 3 Abs 1 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung zu keiner angemessenen Berechnung des fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommens führen würde. Dass die Berechnungsvariante 6 ausschließlich nur auf neugegründete Unternehmen anzuwenden wäre, ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 3 Abs 3 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung noch aus der Intention des Verordnungsgebers. Im Übrigen erscheint dem erkennenden Gericht die Berechnung des Verdienstentganges anhand § 3 Abs 3 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung im Gegenstandsfall auch als eine sachgerechte Ermittlung des Verdienstentganges, da die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Tätigkeit als Dermatologin kaum saisonale Schwankungen erleiden wird und – wenn eine Absonderung nicht stattgefunden hätte – zumindest in zwei aufeinanderfolgenden Monaten von einer einigermaßen gleichbleibenden Einnahmenhöhe ausgegangen werden kann.
Demgegenüber kommt eine Berechnung nach Variante 7 (§ 3 Abs 4 leg cit) nicht in Frage, da im gegenständlichen Fall – wie oben ausgeführt - ein Ersatzzieleinkommen (Jänner 2021) ermittelt werden kann.
Zur Höhe des Vergütungsanspruchs:
Da es sich bei der Beschwerdeführerin um eine selbstständige Ärztin handelt, die ihre Tätigkeit in Form eines Einzelunternehmens ausübt und somit ihren (steuerlichen) Gewinn gemäß § 4 Abs 3 Einkommensteuergesetz 1988 (im Folgenden EStG 1988) anhand einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt, ist auch bei der Ermittlung des EBITA gemäß der Anlage A der EpG 1950-Berechnungs-Verordnung nach den Grundsätzen des § 4 Abs 3 EStG (insbesondere nach dem Zufluss-Abfluss-Prinzip) vorzugehen.
Auf Basis der Berechnungsvariante 6 gemäß § 3 Abs 3 EpiG-Berechnungs-verordnung ergab die Berechnung des Entschädigungsanspruches einen vorläufigen Verdienstentgang von € 17.592,87. Abzüglich der Beträge aus Zuwendungen im Sinne von § 5 Z 2 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung (€ 3.111,08 aus der Betriebsunterbrechungsversicherung sowie € 1.509,00 an Krankentaggeld vom Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Steiermark) und unter Hinzurechnung der Steuerberatungskosten gemäß § 3 Abs 2 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung in Höhe von € 1.000,00 ergibt dies einen Entschädigungsanspruch nach § 32 EpiG in Höhe von € 13.972,79. Ausgaben, welche nach Anlage A der EpG 1950-Berechnungs-Verordnung von der Berechnung auszunehmen wären, lagen keine vor.
Dieser Betrag liegt rund € 1.228,19 unter dem ursprünglich am 14.05.2021 beantragten und rund € 3.565,08 unter jenem Vergütungsbetrag, der im Rahmen der Antragskonkretisierung vom 01.04.2022 geltend gemacht wurde. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass weder im ursprünglichen Antrag noch in der Antragskonkretisierung vom 01.04.2022 die von der Beschwerdeführerin erhaltene Versicherungsleistung aus der Betriebsunterbrechungsversicherung in Höhe von € 3.111,08 berücksichtigt wurde.
Da der errechnete Entschädigungsanspruch nach § 32 EpiG in Höhe von €°13.972,79 sowohl unter dem ursprünglich beantragten Vergütungsbetrag als auch unter dem der Antragskonkretisierung bzw. Antragsausdehnung vom 01.04.2022 liegt, war vom Landesverwaltungsgericht auszusprechen, dass der Vergütungsbetrag für Verdienstentgang mit € 13.972,79 festgesetzt wird.
Im gegenständlichen Fall wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung weder von der Beschwerdeführerin noch von der belangten Behörde beantragt und war für eine weitere Klärung des – ohnehin unstrittigen – Sachverhalts nicht erforderlich. Da es sich gegenständlich nur um eine Rechtsfrage handelt und durch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung eine Klärung dieser Rechtsfrage durch mündliche Erörterung nicht zu erwarten war, konnte von der Durchführung einer Verhandlung gemäß § 24 VwGVG abgesehen werden.
Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Berechnung der Höhe der Entschädigung für Verdienstentgang von selbständig Erwerbstätigen und Unternehmen fehlt.
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