LVwG Salzburg 405-2/212/1/6-2020

LVwG Salzburg405-2/212/1/6-202022.5.2020

AWG 2002 §6 Abs5
AWG 2002 §13h Abs2
AWG 2002 §56

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGSA:2020:405.2.212.1.6.2020

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg erkennt durch den Richter Mag. Thomas Thaller über die Beschwerde der X GmbH, …, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Y,…, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus (nunmehr Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie – im Folgenden: belangte Behörde) vom 2.12.2019, Zahl …,

 

zu R e c h t:

 

1. Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

 

2. Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 26.1.2017 (verbessert am 25.6.2017) auf bescheidmäßige Feststellung, dass die von ihr gemischten und verpackten Produkte, die hauptsächlich aus Rohgewürzen bestehen und die sie unter der Bezeichnung „gewerbliche Gewürze/Würzzubereitungen“ zusammenfasse, der Produktgruppe AT02 gem. Anhang der VerpackungsabgrenzungV zuzuordnen seien, wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

3. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Sachverhalt und Verfahrensgang:

 

Mit Antrag vom 26.1.2017 beantragte die Beschwerdeführerin bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung eine „Feststellung der Abfallart gemäß § 6 Abs 1 Z 2 AWG idF vom 1.1.2015“. Dazu führte sie näher aus, dass sich der Antrag auf Verpackungen, die der Abgrenzung gemäß § 13h AWG 2002 bedürfen, beziehe. Als Primärverpflichtete (Abpacker) würde sie in diesen Verpackungen von ihr gemischte Produkte, die sie unter der Bezeichnung „gewerbliche Gewürze/Würzzubereitungen“ zusammenfasse, abfüllen. Diese würden hauptsächlich aus Rohgewürzen bestehen und der Erzeugung und Weiterverarbeitung von Agrarerzeugnissen zu Lebensmitteln dienen. Sie nenne dazu beispielhaft die von ihr gemischte und verpackte „YZwürzung“, die zur Herstellung von YZ-Würsteln verwendet werde. Die von ihr verpackten Produkte seien der Produktgruppe AT02 laut Anhang der nach § 13h Abs 2 AWG 2002 erlassenen VerpackungsabgrenzungsV zuzuordnen, was sie näher ausführte. Sie stelle den Antrag auf Feststellung, dass die in Rede stehenden Produkte der Produktgruppe AT02 gemäß Anhang der VerpackungsabgrenzungsV zuzuordnen seien.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung leitete diesen Antrag am 20.2.2017 unter Hinweis auf § 6 Abs 5 AWG 2002 gemäß § 6 Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) „zuständigkeitshalber“ an die belangte Behörde weiter.

 

Die belangte Behörde teilte der Beschwerdeführerin am 24.4.2017 mit, dass die begehrte Feststellung weder nach § 6 Abs 1 Z 2 AWG 2002 (bei dieser Bestimmung gehe es um die Feststellung, ob ein Abfall gefährlichen oder nicht gefährlichen Abfall darstelle) noch nach § 6 Abs 5 AWG 2002 (Feststellungsbescheide gemäß § 6 Abs 5 AWG 2002 würden sich auf gemäß § 14 Abs 1 AWG 2002 erlassenen Verordnungen beziehen, die VerpackungsabgrenzungsV sei hingegen gemäß § 13h Abs 2 AWG 2002 erlassen worden) erfolgen könne. Ein Feststellungsbescheid sei jedoch auch dann zulässig, wenn folgende drei Voraussetzungen (Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses, nicht aber von Tatsachen; die Feststellung liege im öffentlichen oder im rechtlichen Interesse einer Partei; es bestehe kein anderes gesetzliches Verfahren, das zum entsprechenden Erfolg führe) gegeben seien. Die Beschwerdeführerin werde um Stellungnahme ersucht, ob ihr Antrag als solcher Antrag auf Feststellung angesehen werden könne und bejahendenfalls um ergänzende Ausführung des Vorhandenseins dieser drei Kriterien in der konkreten Angelegenheit ersucht.

 

Mit Schreiben an die belangte Behörde vom 25.6.2017 konkretisierte die Beschwerdeführerin ihren Feststellungsantrag wie folgt:

 

„Wir beantragen eine Feststellung der Abfallproduktgruppenzuordnung gem. AWG iVm der VerpackungsabgrenzungsV für den Betrachtungszeitraum 2015.

 

Gegenständlich sind Verpackungen, die der Abgrenzung gem. § 13h bedürfen. Diese werden von uns als Abpacker iSv § 13g verwendet, woraus unsere Verantwortunq als Primärverptlichtete erwächst.

In die ggst. Verpackungen werden von uns gemischte Produkte abgefüllt, die wir unter der Bezeichnung „gewerbliche Gewürze I Würzzubereitungen“ zusammenfassen. Diese bestehen hauptsächlich aus Rohgewürzen und prägen bei der Erzeugung und Weiterverarbeitung von Agrarerzeugnissen zu Lebensmitteln pflanzlichen oder tierischen Ursprungs das charakteristische Geschmacksprofil.

 

Beispielhaft hierfür ist eine „YZwürzunq“, die bei uns gemischt, verpackt und bei Handwerks- und Industriebetrieben zur Herstellung von „YZ-Würstel“ verwendet wird. Wie alle anderen Produkte dieser Gruppe ist jede einzelne Packung mit dem Hinweis „Nur zur gewerblichen Verwendung“ gekennzeichnet.

 

Gem. §13h AWG ist eine Zuordnung als Gewerbe- bzw. Haushaltsverpackung notwendig. Letztere liegt vor, wenn das Größenkriterium eingehalten wird und die Verpackung üblicherweise in einem privaten Haushalt oder einer vergleichbaren AnfallsteIle anfällt. Da letzteres gegenständlich nicht zutrifft, wäre der Tatbestand einer Gewerbeverpackung nach §13h Abs 3 Z1 erfüllt.

 

Allerdings hat die Abgrenzung nach Maßgabe der VerpackungsabgrenzungsV 2015 zu erfolgen. Diese sieht im Anhang für 47 Produktgruppen entsprechende Anteile vor. Offensichtlich kommen für die Rede stehenden Produkte die Produktgruppen AT02 oder AT12 infrage. Während es sich bei AT12 um trockene Fertiglebensmittel / Convenienceprodukte handelt (Nahrungsmittel im getrockneten Zustand, Nährmittel und andere Lebensmittel (soweit nicht an anderer Stelle bereits genannt) wie Fette, Öle, Feinkost, Eier, Nährmittel, Trockenprodukte, Brotaufstriche, sonstige gekühlte Lebensmittel, Soßen, Zucker, Säuglings- und Kleinkindernahrung), umfasst AT02 Agrarerzeugnisse zur Weiterverarbeitung (Andere pflanzliche und tierische Erzeugnisse zur Weiterverarbeitung wie Faserpflanzen und Flechtstoffe, Getreide, Hopfen, Malz, Tabak, Zuckerrüben, andere pflanzliche Agrarerzeugnisse, andere Erzeugnisse aus der Tierhaltung).

 

Die hier in Rede stehenden Gewürze und Mischungen für die gewerbliche und industrielle Weiterverarbeitung bei der Herstellung von Lebensmitteln werden allerdings hier wie da nicht wörtlich erwähnt.

 

Die VerpackungsabgrenzungsVO wurde nach §13h Abs 2 AWG erlassen. Nach cit.leg. ist hierfür eine repräsentative Marktanalyse zur Darstellung der Distributionswege der Verpackungen notwendig. Im abschließenden Bericht dazu ist nicht erkennbar, dass eine Erhebung zu den in Rede stehenden Produkten vorgenommen wurde. Somit ist erforderlich, die Zuordnung in Analogie vorzunehmen.

 

Der Sache nach ergibt die Analogie die Zuordnung zur Produktgruppe AT02. Allerdings ist bei dieser angeführt: "Anmerkungen: Produkte werden zu einem erheblichen Teil unverpackt abgegeben".

Dies trifft bei den für diese Produktgruppe genannten Beispielen "Getreide" und "Zuckerrüben" jedenfalls zu, für das ebenfalls angeführte Beispiel „Hopfen“ jedoch niemals. Hopfen wird als Aromazutat für die Bierherstellung ausschließlich verpackt an Brauereien abgegeben. Somit kann die angeführte Anmerkung im Einzelfall nicht zwingend für die Einstufung nach der VerpackungsabgrenzungsV sein, zumal unverpackte Produkte überhaupt nicht Gegenstand der VerpackungsV sowie der VerpackungsabgrenzungV sind.

 

Analog zum Hopfen werden unsere in Rede stehenden Produkte ebenfalls verpackt abgegeben und als Agrarerzeugnisse für die gewerbliche und industrielle Weiterverarbeitung bei der Herstellung von Lebensmitteln verwendet.

 

Während die Produktgruppe AT12 die Voreinstellung „Haushaltsverpackunq“ ausweist, zeigt die Produktgruppe AT02 die Voreinstellung „Gewerbeverpackunq“. Letzteres entspricht ggst. auch den tatsächlichen Gegebenheiten.

 

In Summe begründet dies den gegenständlichen Antrag auf Feststellung, dass die Rede stehenden Produkte der Produktgruppe AT02 gem. Anhang der VerpackungsabgrenzungV zuzuordnen ist.

 

Zur Zulässigkeit dieses Antrages führen wir aus:

 

Das rechtliche Interesse an dem begehrten Feststellungsbescheid begründet sich auf der Einordnung nach der VerpackungsabgrenzungsV 2015 sowie die weiters nach dieser Verordnung vorgenommene Zuordnung zur Voreinstellung als Haushalts- bzw. Gewerbeverpackungen sowie die Zuordnung je Packstoffkategorien von Anteile dieser Verpackungen zu Haushalts- bzw. Gewerbeverpackungen und die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Rechtsauswirkungen und finanziellen Folgen.

 

Während die Identifizierung und stoffliche Zuordnung der antragsgegenständlichen Verpackungen eine Tatsachenfrage ist, die nicht weiter offen oder strittig ist, handelt es sich bei der Frage der Abgrenzung zwischen Haushalts- oder Gewerbeverpackungen nach den Bestimmungen der VerpackungsabgrenzungsV um eine reine Rechtsfrage.

 

Die Klärung dieser Frage berührt die rechtlichen Interessen unseres Unternehmens empfindlich, da dies deutliche Auswirkungen auf die damit verbundenen Teilnahmeentgelte hat.

 

In der gesetzlichen Grundlage ist auch kein anderes Verfahren angeführt, um über die Abgrenzung Klarheit zu erlangen. Alleine über ein eingeleitetes Strafverfahren könnte diese Rechtsfrage erörtert werden, was mit unserer Auffassung von sorgfältigen Unternehmertum jedoch nicht vereinbar ist.

 

Daher ersuchen wir Sie um Feststellung, dass die im ursprünglichen Antrag in Rede stehenden Produkte der Produktgruppe AT02 gem. Anhang der VerpackungsabgrenzungV zuzuordnen sind und bitten um Erledigung mit Bescheid auf Basis jeder erdenklichen gesetzlichen Grundlage.“

 

Die belangte Behörde führte in weiterer Folge ein Ermittlungsverfahren durch und holte mehrere gutachterliche Stellungnahmen ihres abfallwirtschaftsrechtlichen Amtssachverständigen für den Verpackungsbereich ein, zu denen sie der Beschwerdeführerin jeweils Parteiengehör gewährte. Der Amtssachverständige kam in seinen Stellungnahmen zu dem Ergebnis, dass die Verpackungen von gewerblich/industriell verwendeten Gewürzen bzw. Gewürzmischungen der Produktgruppe AT12 der VerpackungsabgrenzungsV zuzuordnen seien. Die Beschwerdeführerin vertrat dagegen weiter ihren Standpunkt, dass ihre Produkte unter die Produktgruppe AT02 der VerpackungsabgrenzungsV fallen würden.

 

Mit Feststellungsbescheid vom 2.12.2019 (der Beschwerdeführerin zugestellt am 17.12.2019) stellte die belangte Behörde gemäß AWG 2002 iVm der VerpackungsabgrenzungsV BGBl II Nr 10/2015 idF BGBl II Nr 29/2016 fest, dass die von der Beschwerdeführerin vertriebenen Verpackungen von Gewürzen bzw. Gewürzmischungen der Produktgruppe „AT_12 Trockenprodukte, Sonstige Lebensmittel“ der VerpackungsabgrenzungsV zuzuordnen seien.

 

Mit Schriftsatz ihres Rechtsvertreters von 13.1.2020 brachte die Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 2.12.2019 eine fristgerechte Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) ein. Sie monierte darin eine sachliche Unzuständigkeit der belangten Behörde und eine inhaltliche Rechtswidrigkeit. Ihr Antrag wäre, da das AWG in der mittelbaren Bundesverwaltung vollzogen werde, bescheidmäßig vom Landeshauptmann für Salzburg zu erledigen gewesen. Die Weiterleitung des Antrages gemäß § 6 Abs 1 AVG an die belangte Behörde sei nach der Judikatur keinesfalls zuständigkeitsbegründend. Inhaltlich führte sie zunächst aus, dass die Einordnung der gegenständlichen Gewürze und Gewürzzubereitung zu einer Produktgruppe laut Anhang der VerpackungsabgrenzungsV eine Rechtsfrage sei, die durch die Behörde und nicht durch den Amtssachverständigen zu klären sei. Die Einordnung in die Produktgruppe „Trockenlebensmittel“ durch den Amtssachverständigen sei daher nicht geeignet, zur Lösung dieser Rechtsfrage beizutragen. In der Folge führte sie umfangreich aus, warum nach ihrer Ansicht die von ihr gemischten Produkte in die Produktgruppe AT02 der Anlage zur VerpackungsabgrenzungsV fallen würden. Sie beantragte, das Verwaltungsgericht möge eine öffentliche Verhandlung durchführen, den angefochtenen Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos aufheben bzw. in eventu feststellen, dass die von ihr hergestellten Gewürze in die „Produktgruppe AT02 Agrarerzeugnisse zur Weiterverarbeitung“ im Sinne der Anlage zur VerpackungsabgrenzungsV fallen.

 

Die belangte Behörde legte den Verfahrensakt mit einer Stellungnahme zur Beschwerde am 24.2.2020 dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

 

Das Verwaltungsgericht gewährte der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin Parteiengehör zum Vorbringen der belangten Behörde im Vorlageschriftsatz und ersuchte um Übermittlung von Fotos der vom Feststellungsantrag umfassten Produkte samt Verpackungen.

 

Mit Schriftsatz vom 11.3.2020 erstattete der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin dazu eine Stellungnahme und legte Bildmaterial für „typische Produkte“ der Beschwerdeführerin „in den üblichen Verpackungen“ bei.

 

Zu diesem Vorbringen der Beschwerdeführerin wurde der belangten Behörde Parteiengehör gewährt, die dazu mit Schriftsatz vom 30.3.2020 eine Replik abgab.

 

Das Verwaltungsgericht hat erwogen:

 

Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen zum wesentlichen Sachverhalt und Verfahrensgang stützen sich auf den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt und die im Beschwerdeverfahren erstatteten Stellungnahmen der Parteien und die vorgelegten Unterlagen. Die Feststellungen sind insofern unbestritten.

 

Rechtliche Beurteilung:

 

Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen über Antrag der Beschwerdeführerin erlassenen Feststellungsbescheid der belangten Behörde in einer Angelegenheit nach dem AWG 2002 (bzw. einer nach dem AWG 2002 erlassenen Verordnung). Der Antrag lautete auf Feststellung einer bestimmten rechtlichen Zuordnung von hergestellten Produkten der Beschwerdeführerin unter eine in der Verordnung der belangten Behörde näher angeführten Produktgruppe.

 

Verwaltungsbehörden sind befugt, im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit auch Feststellungsbescheide zu erlassen, sofern hiefür entweder eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung vorliegt oder ein im öffentlichen Interesse begründeter Anlass dazu gegeben oder aber die Feststellung im rechtlichen Interesse einer Partei erforderlich ist und die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen (VwGH 23.5.2017, Ra 2015/05/0028).

 

Das AWG 2002, idgF BGBl I Nr 71/2019, sieht in § 6 explizit eine Reihe von Feststellungsverfahren mit Zuständigkeiten des Landeshauptmannes und im Fall des § 6 Abs 5 der belangten Behörde vor.

 

Gemäß § 6 Abs 5 AWG hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (nunmehr: Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie) bei begründeten Zweifeln, ob oder inwieweit eine Sache einer Verordnung gemäß § 14 Abs 1 unterliegt, auf Antrag eines Verpflichteten oder von Amts wegen innerhalb von 3 Monaten einen Feststellungsbescheid zu erlassen.

 

Die Rechtsgrundlage der verfahrensgegenständlichen VerpackungsabgrenzungsV stützt sich allerdings nicht auf § 14 Abs 1 sondern auf § 13h Abs 2 AWG 2002. Nach letzterer Bestimmung wird der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ermächtigt, in einer Verordnung jenen Anteil an Verpackungen festzulegen, der grundsätzlich der Definition des Abs 1 entspricht, aber in anderen Anfallstellen, als in den Abs 1 Z 2 genannten Stellen anfällt. Weiters wird der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ermächtigt, jenen Anteil an Verpackungen festzulegen, der grundsätzlich nicht der Definition gemäß Abs 1 Z 1 entspricht, aber in Haushalten oder in vergleichbaren Anfallstellen gemäß Abs 1 Z 2 anfällt.

 

§ 13h Abs 2 AWG 2002 wurde mit der AWG 2002–Novelle BGBl I Nr 193/2013 eingeführt und trat mit 1.1.2015 in Kraft. Eine Änderung des § 6 AWG 2002 „Feststellungsbescheide“ durch Hinzufügung auch von Verordnungen gemäß § 13h Abs 2 in § 6 Abs 5 AWG 2002 erfolgte mit der Novelle BGBl I Nr 193/2013 aber nicht. Es ist daher davon auszugehen, dass der Gesetzgeber für die Auslegung von Verordnungen der belangten Behörde gemäß § 13h Abs 2 AWG 2002 ein explizites Feststellungsverfahren, wie er es bei Verordnungen gemäß § 14 Abs 1 vorgesehen hat, nicht vorsehen wollte.

 

Die vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gemäß § 13h Abs 2 AWG 2002 erlassene VerpackungsabgrenzungsV 2015, BGBl II Nr 10/2015, trat am 29.1.2015 in Kraft.

 

Die Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 6 Abs 5 AWG, der sich wie bereits ausgeführt nur auf Verordnungen gemäß § 14 Abs 1 AWG 2002 bezieht, scheidet damit im vorliegenden Sachverhalt aus. Der vorliegende Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin betrifft auch keine weiteren der in § 6 AWG 2002 explizit geregelten Feststellungstatbestände. Das AWG 2002 normiert auch sonst keine eigenständige Feststellung, ob ein Stoff oder Gegenstand unter eine Produktgruppe laut Anhang der VerpackungsabgrenzungsV fällt.

 

Mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für die begehrte Feststellung kommt daher im vorliegenden Sachverhalt nur die Erlassung eines auf allgemeinen Verfahrensgrundsätzen beruhenden Feststellungsbescheides in Betracht. Derartige Feststellungsbescheide können nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von Verwaltungsbehörden nur im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit und nur dann erlassen werden, wenn die Feststellung entweder im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei liegt und die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen. Ein Feststellungsbescheid, der nicht ausdrücklich im Gesetz vorgesehen ist, stellt lediglich einen subsidiären Rechtsbehelf dar, der nur in Betracht kommt, wenn andere Möglichkeiten, die maßgebende Rechtsfrage zu klären, nicht vorhanden oder zumutbar sind. Es muss sich um ein für die Partei notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung handeln. Gegenstand eines derartigen Feststellungsbescheides kann grundsätzlich nur die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses sein; darüber hinaus kann die Behörde weder über die Anwendbarkeit von gesetzlichen Vorschriften noch über ihre Auslegung und über das Vorliegen von Anspruchsvoraussetzungen in einem Feststellungsverfahren spruchmäßig entscheiden. Auch die rechtliche Qualifikation eines Sachverhaltes kann nicht Gegenstand eines solchen Feststellungsbescheides sein (VwGH 14.12.2007, 2007/05/0220; 24.4.2018, Ra 2017/05/0215, jeweils mwN).

 

Im Hinblick auf die in § 13h Abs 2 AWG 2002 normierte Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung der Verordnung, hegt das Verwaltungsgericht zunächst keine Bedenken an der Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung eines auf allgemeinen Verfahrensgrundsätzen beruhenden Feststellungsbescheids betreffend die gegenständliche VerpackungsabgrenzungsV. Der Unzuständigkeitseinwand der Beschwerdeführerin geht daher ins Leere.

 

Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde handelt es sich beim gegenständlichen Feststellungsbegehren aber nicht um die Feststellung eines bestehenden Rechtes oder Rechtsverhältnisses der Beschwerdeführerin, sondern um die rechtliche Qualifikation eines Sachverhaltes, nämlich um die rechtliche Zuordnung bestimmter von der Beschwerdeführerin hergestellter Produkte unter in der VerpackungsabgrenzungsV angeführte Produktgruppen. Derartige Feststellungen bedürfen einer expliziten Rechtsgrundlage im Materiengesetz (AWG 2002), sie können nach der angeführten Judikatur des VwGH nicht Gegenstand von Feststellungsbescheiden nach den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen sein.

 

Der angefochtene Bescheid ist daher ersatzlos aufzuheben und der Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückzuweisen.

 

Die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ungeachtet des Antrages der Beschwerdeführerin unterbleiben, da der angefochtene Bescheid bereits aufgrund der Aktenlage aufzuheben und der verfahrenseinleitende Antrag der Beschwerdeführerin zurückzuweisen war. Der Sachverhalt war bereits nach Aktenlage geklärt und waren nur Rechtsfragen zu beurteilen.

 

Unzulässigkeit der Revision:

 

Die Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (siehe die oben zu den Voraussetzungen von Feststellungsbescheiden angeführte VwGH Judikatur).

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