AVG 1991, §8
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2016:LVwG.AV.763.001.2015
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch seinen Einzelrichter Mag. Dr. Becksteiner, über die Beschwerde der Marktgemeinde ***, vertreten durch die Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in ***, ***, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 12. Juni 2015, ***, betreffend Sicherung des viergleisigen Eisenbahnüberganges in km ***, der Strecke ***, in der Haltestelle „***“ nachfolgenden
BESCHLUSS
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Revision wird für nicht zulässig erklärt.
Rechtsgrundlagen:
§ 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG
Begründung
Mit Bescheid vom 12. Juni 2015, ***, hat der Landeshauptmann von NÖ die Sicherung des viergleisigen Eisenbahnüberganges in km *** der Strecke ***, in der Halte Stelle „***“ festgelegt. Konkret wurde unter Spruchpunkt I. die Sicherung des Eisenbahnüberganges für Gleise 1 und 2 und unter Spruchpunkt II. die Sicherung des Eisenbahnüberganges für die Gleise 4 und 6 festgelegt.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Marktgemeinde ***, wobei sich die Beschwerde nur auf Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides bezieht. Spruchpunkt II. blieb unbekämpft. In der Beschwerde beantragt die Marktgemeinde *** die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Entscheidung in der Sache und
die Sicherung der Gleise 1 und 2 der genannten Eisenbahnkreuzung durch Gewährleistung des erforderlichen Sichtraums oder durch Lichtzeichen, aber doch Lichtzeichen mit Schranken oder durch Bewachung, in eventu die Behebung von Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides und Zurückverweisung an die belangte Behörde zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung. Weiters wird angeregt, dass das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Eisenbahnkreuzungsverordnung gem. Art. 139 Abs. 1 Z. 1
B-VG und einen Antrag auf Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetz stellen möge.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat wie folgt erwogen:
Der in Beschwerde gezogene Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides regelt die Sicherung der Eisenbahnkreuzung in km *** der Gleise 1 und 2 der Strecke ***, mit einem Gehweg in „***“. Die Sicherung ist nach diesem Spruchpunkt gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 iVm. § 36 Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 durch Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus zu sichern. Für die Situierung des Sehpunktes nächst der nächstgelegenen Schiene ist das doppelte Andreaskreuz links der Bahn auf der rechten Wegseite 3 m vor der Gleisachse aufzustellen. Rechts des Gleises 2 ist das doppelte Andreaskreuz zwischen den Gleisen 2 und 4 zu situieren. Am südlichen Ende des Bahnsteiges ist ein einfaches Andreaskreuz mit Richtungspfeil in beide Richtungen weisend anzubringen.
Am Standort der Andreaskreuze sind die Zusatztafeln „Auf Pfeiffsignal achten“ anzubringen. Als Bauausführungsfrist wurde der 31. August 2015 festgelegt. Als Rechtsgrundlange für diese Entscheidung wurde § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetz 1957 angeführt.
Die Beschwerde beinhaltet den Verweis auf unzumutbare und vermeidbare Lärmimmissionen durch die vorgeschriebene Sicherungsart. Des Weiteren wird auf eine sachlich nicht gerechtfertigte Rechtsschutzdifferenzierung und den Vorrang der Gesundheit verwiesen.
In diesem Zusammenhang bringt die Beschwerdeführerin selbst vor, dass im Vergleich zu gewerblichen Betriebsanlagen die Rechtsstellung der Nachbarn im gegenständlichen Verfahren deutlich schlechter sei. Dies, obwohl die Interessen der betroffenen Bewohner an einem sicheren Übergang ohne gesundheitsgefährdenden Lärm eindeutig im Vordergrund stünden. Auch nach der Rechtsprechung des OGH habe die Gesundheit ohne Zweifel Vorrang gegenüber Vermögensinteressen. Sollte im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbarkeit kein Rechtschutz gewährt werden, müssten bei den ordentlichen Gerichten Unterlassungsansprüche gemäß § 364 ABGB durchgesetzt werden.
Das gleiche Vorbringen wird als öffentlich-rechtliche Einwendung vorgebracht. Zu berücksichtigen wären auch die maßgeblichen örtlichen Verhältnisse. Letztendlich wird ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren behauptet bzw. vorgebracht, dass die dargelegten Umstände von der Behörde überhaupt nicht geprüft worden wären.
Die Beschwerdeführerin gesteht selbst zu, dass nach der bisherigen Rechtsprechung weder die Gemeinde noch die einzelnen Bürger Parteistellung im Verfahren über die Sicherung einer Eisenbahnkreuzung besitzen.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat wie folgt erwogen:
Nach § 8 AVG sind Beteiligte jene Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht. Soweit diese Personen an der Sache Vermögen eines Rechtsanspruchs oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, besitzen sie Parteistellung.
Diese Gesetzesbestimmung ist für die Beurteilung der Frage, wer in einem konkreten Verfahren Parteistellung besitzt oder nicht, nicht isoliert zu lesen sondern immer im Zusammenhang mit den jeweiligen materiell-rechtlichen Bestimmungen. Im gegenständlichen Fall handelt es sich dabei um das Eisenbahngesetz und die Eisenbahnkreuzungsverordnung. Das Eisenbahngesetz regelt nur für das eisenbahnrechtliche Baugenehmigungsverfahren die Parteistellung in seinem § 31e. Danach sind Parteien im Sinne des § 8 AVG der Bauwerber, die Eigentümer der betroffenen Liegenschaften, die an diesen dinglich Berechtigten, die Wasserberechtigten und die Bergwerksberechtigten. Betroffene Liegenschaften sind außer den durch den Bau selbst in Anspruch genommenen Liegenschaften auch die, die in den Bauverbotsbereich oder in den Feuerbereich zu liegen kommen, sowie die, die wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden müssen.
Daraus ergibt sich, dass im Verfahren zur Entscheidung, welches Sicherungsmittel im Sinne des § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetz im Einzelfall zur Anwendung kommen soll, weder die in der Nähe der Eisenbahnkreuzung wohnhaften Personen noch die jeweiligen Gemeinden Parteistellung besitzen (vgl. Catharin/Gürtlich in „Eisenbahngesetz“, Lindeverlag 3. Auflage, Kommentar zu § 49 Abs. 2 EisBG). Dies gesteht auch die Beschwerdeführerin zu und verweist zutreffend u.a. auf Judikate des VwGH.
Des Weiteren ist dem Akt unmissverständlich zu entnehmen, dass an der diesbezüglichen eisenbahnrechtlichen Verhandlung ein Vertreter der Beschwerdeführerin teilgenommen und in dieser Verhandlung keine
Einwendungen gegen die nunmehr bescheidmäßig vorgeschriebene Sicherung erhoben hat.
Das erkennende Verwaltungsgericht sieht aufgrund der bestehenden Rechtslage eine Parteistellung der beschwerdeführenden Marktgemeinde ebenfalls nicht gegeben. Selbst für den Fall, dass die genannte Gemeinde Parteistellung besessen haben sollte, hätte sie ihre Einwendungen spätestens in der Verhandlung vorbringen müssen, was sie aber nicht getan hat. Die Beschwerde war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen. Die Durchführung der beantragten Verhandlung konnte nach § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG entfallen.
Bedenken hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der Eisenbahnkreuzungsverordnung und der Verfassungsmäßigkeit von § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetz liegen für das erkennende Verwaltungsgericht nicht vor, weshalb entsprechende Anträge beim Verfassungsgerichtshof nicht gestellt werden.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Entscheidung nicht von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Insbesondere wird nicht von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, ebenso wenig ist von fehlender oder divergierender Judikatur auszugehen. Es ist somit nur die außerordentliche Revision zulässig.
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