LVwG Niederösterreich LVwG-AV-1075/004-2016

LVwG NiederösterreichLVwG-AV-1075/004-201614.9.2020

BauO NÖ 2014 §4 Z6
BauO NÖ 2014 §4 Z7
BauO NÖ 2014 §4 Z28
BauO NÖ 2014 §14 Z2
BauO NÖ 2014 §17 Z9
BauO NÖ 2014 §35 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.1075.004.2016

 

 

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch HR Mag. Janak-Schlager als Einzelrichter über die Beschwerde des A und der B in ***, beide vertreten durch C, Rechtsanwalt in ***, gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde *** vom 22.08.2016, ***, betreffend Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages nach der NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014), nach Aufhebung des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vom 02.03.2018, LVwG-AV-1075/001-2016, durch den Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26.03.2019, ***, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

 

1. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) keine Folge gegeben. Die Frist zur Beseitigung der baulichen Anlage wird gemäß § 59 Abs 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) mit 30.10.2020 neu festgesetzt.

 

2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B‑VG) nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 12.04.2016, ***, wurde gegenüber Herrn A und Frau B (im Folgenden: Beschwerdeführer) gemäß § 35 NÖ BO 2014 angeordnet, die auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, errichtete bauliche Anlage (Einrichtung für Pferde - Pferdeführanlage - Bewegungsturm) abzutragen. Der Demolierungsauftrag sei bis spätestens einen Monat nach Rechtskraft dieses Bescheides zu erfüllen.

 

In der Begründung ihres Bescheides führte die Baubehörde I. Instanz u.a. aus, dass das Grundstück rechtskräftig als Grünland gewidmet sei und es sich bei der errichteten Anlage um eine bauliche Anlage handle, welche genehmigungspflichtig und im Grünland unzulässig sei, es sei denn, die Anlage würde zu einem entsprechenden landwirtschaftlichen Betrieb gehören. Eine Baubewilligung liege nicht vor.

 

In der fristgerecht erhobenen Berufung machten die Beschwerdeführer geltend, dass es sich bei der aufgestellten Pferdeführanlage nicht um eine bauliche Anlage im Sinne der NÖ Bauordnung handle, da diese kein Bauwerk gemäß § 4 Z 7 leg. cit. darstelle. Vielmehr handle es sich um ein Sport- bzw. Spielgerät, dessen Montage von jedem Laien unter Verwendung der Aufbauanleitung aufgestellt werden könne. Weder das Eigengewicht der Anlage vermöge eine kraftschlüssige Verbindung zum Boden zu begründen, noch der Umstand, dass an den vier Füßen der Pferdeführsanlage jeweils Waschbetonplatten montiert worden seien. Die aufgestellte Anlage diene dem Sohn der Beschwerdeführer als Sportgerät zur Ausübung des Reitsports und diene die Anlage der Bewegung der Pferde im Rahmen der Ausübung dieses Sports. Zudem sei die Anlage auch als Spielgerät zu qualifizieren, da sie dem Ausleben des natürlichen Bewegungstriebes der Pferde diene. Es bestehe daher weder Anzeige- noch Bewilligungspflicht.

 

In einem E-Mail an die Gemeinde stellte der von der Gemeinde beigezogene Sachverständige aufgrund der übermittelten Fotos fest, dass eine kraftschlüssige Verbindung mit dem Boden durch das Eigengewicht der baulichen Anlage begründet werde und aufgrund der Größe davon ausgegangen werden könne, dass die Anlage im Falle des Versagens jedenfalls eine Gefahr für Personen und Sachen darstelle.

 

Im Zuge eines Ortsaugenscheines am 11.07.2016 wurde seitens des Sachverständigen aufgrund der vorgefundenen Konstruktion festgestellt, dass für das Aufstellen der Anlage ein höheres Maß an bautechnischen Kenntnissen erforderlich sei und es sich somit um eine bauliche Anlage handle. Zur behaupteten Qualifikation als Spiel- bzw. Sportgerät wurde erläutert, dass die Anlage weder als Teil eines Spielplatzes noch als Teil eines Sportplatzes zu betrachten sei und auch keine Spiel- oder Sportplatzwidmung gegeben sei.

 

In der Folge legten die Beschwerdeführer mehrere (wortidente) Bestätigungen verschiedener Veterinärmediziner vor, wonach es sich zusammengefasst bei der Führanlage um ein Trainingsinstrument bzw. Sportgerät für Pferde handle. Darüber hinaus könne eine Steigerung von Kondition und Muskelaufbau oder eine Abwechslung vom Alltag erreicht werden. Derartige Maschinen könnten und sollten das Reiten und/oder den Weideauslauf nicht ersetzen, sondern dienten als zusätzliche notwendige Einrichtung, um die tägliche Bewegung des Pferdes sicherzustellen.

 

Schließlich wurde die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde *** vom 22.08.2016, ***, abgewiesen. Begründend wurde darin ausgeführt, dass dann, wenn ein Bauwerk nicht dem Ausnahmetatbestand des § 17 NÖ BO 2014 entspreche oder irrtümlicherweise ein bewilligungs- und anzeigefreies Vorhaben angenommen worden sei, neben der nachträglichen Legitimation auch die Möglichkeit der Beseitigung des Bauwerks mittels baubehördlichem Abbruchauftrag gesetzlich vorgesehen sei. Unter Bezugnahme auf die Aussage des bautechnischen Sachverständigen handle es sich bei der Pferdeführungsanlage um eine bauliche Anlage gemäß § 4 NÖ BO 2014 und nicht um ein freies Bauvorhaben im Sinne des § 17 leg cit. Da das Bauwerk im Grünland mangels Vorliegens eines landwirtschaftlichen Betriebes nicht nachträglich legitimiert werden könne, sei der Abbruchauftrag daher zu Recht ergangen.

 

In der vorliegenden fristgerecht erhobenen Beschwerde gegen den Berufungsbescheid wird schließlich moniert, dass die belangte Behörde fälschlicherweise aus der Behauptung, es handle sich bei der Schrittmaschine um eine bauliche Anlage, den Schluss ziehe, dass es sich „sohin nicht um ein freies Bauvorhaben im Sinne des § 17 NÖ Bauordnung 2014“ handle. Das Gesetz folge dem umgekehrten Weg. Sofern ein freies Bauvorhaben im Sinn des § 17 vorliege, handle es sich um ein bewilligungs-, anzeige- und meldefreies Vorhaben. Somit wäre zunächst zu prüfen gewesen, ob es sich bei der Schrittmaschine um ein Spiel- bzw. Sportgerät handle. Bei Bejahung - und dies sei hier der Fall - komme es nicht mehr darauf an, ob es sich um eine bauliche Anlage handle. Weiters gehe die Berufungsbehörde in ihrer Annahme fehl, dass die Schrittanlage nur bei Vorliegen einer Widmung als Spiel- und Sportplatz errichtet werden dürfe, zumal im Grünland gemäß § 20 Abs 4 NÖ ROG 2014 lediglich bewilligungs- und anzeigepflichtige Vorhaben untersagt seien. Hinsichtlich des Vorliegens einer baulichen Anlage liege lediglich die Aussage des Sachverständigen zum Erfordernis eines höheren Maßes an bautechnischen Kenntnissen vor. Zum weiteren Tatbestandsmerkmal einer kraftschlüssigen Verbindung mit dem Boden würden hingegen keine Beweisergebnisse vorliegen. Dieser Begründungsmangel stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Darüber hinaus habe der Sachverständige offenbar die Funktion des Verhandlungsleiters innegehabt und die rechtlichen Beurteilungen an sich gezogen. Ausgehend von der unzutreffenden Rechtsansicht der Behörde, dass sie die Qualifikation als Spiel- bzw. Sportgerät nicht zu prüfen brauche, sei auf dieses Vorbringen nicht eingegangen worden. Die Anlage diene der Bewegung der Pferde im Rahmen des Reitsports des Sohnes der Beschwerdeführer und werde diese auch von den Pferden zum Spielen verwendet, indem die Anlage dem Ausleben des natürlichen Bewegungstriebes der Pferde diene.

 

Mit Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 11.10.2016 wurde der Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung über diese Beschwerde vorgelegt.

 

 

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 02.03.2018, LVwG-AV-1075/001-2016, wurde der Beschwerde keine Folge gegeben und eine neue Frist zur Beseitigung der baulichen Anlage festgesetzt. Begründend legte das erkennende Gericht in seiner Entscheidung im Detail dar, dass es sich bei der verfahrensgegenständlichen Pferdeführanlage weder um ein Spiel- noch um ein Sportgerät handle. Die Pferdeführanlage sei mit dem Boden kraftschlüssig verbunden und sei zu ihrer Herstellung auch ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erforderlich, um diese stand-, sturm- und kippsicher errichten zu können.

 

Infolge der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision der Beschwerdeführer wurde die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes NÖ vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26.03.2019, ***, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. In diesem Erkenntnis wurde die von den Beschwerdeführern bekämpfte Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass es sich bei der gegenständlichen Pferdeführanlage bzw. Schrittmaschine, weil diese ausschließlich für Tiere, nicht jedoch für Menschen konzipiert sei und sie lediglich der körperlichen Ertüchtigung der Pferde, nicht jedoch des Reiters diene, um kein Spiel- oder Sportgerät im Sinne des § 17 Z 9 NÖ BO 2014 handle, nicht beanstandet. Hingegen führte das Vorbringen, die Verfahrensergebnisse könnten die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, dass die gegenständliche Pferdeführanlage (Schrittmaschine) eine bauliche Anlage im Sinne des § 4 Z 6 NÖ BO 2014 darstelle, nicht begründen, die Revision zum Erfolg. Das Verwaltungsgericht habe sich, so der Verwaltungsgerichtshof, bei der Beurteilung der gegenständlichen Pferdeführanlage (Schrittmaschine) als bauliche Anlage auf die Stellungnahme des vom Gemeindevorstand beigezogenen Bausachverständigen in der Verhandlung vom 11.07.2016 gestützt. Aufgrund welcher konkreten Eigenschaften oder Umstände der Konstruktion des hier in Rede stehenden Geräts der Bausachverständige davon ausgegangen sei, dass für dessen Aufstellen ein höheres Maß an bautechnischen Kenntnissen erforderlich sei, könne weder der weiteren Niederschrift vom 11.07.2016 noch dem angefochtenen Erkenntnis entnommen werden, zumal ein nachvollziehbarer Befund und ein nachvollziehbares Gutachten zu dieser Frage nicht erstattet worden sei. Im Übrigen liege auch kein Fall vor, in dem das Erfordernis eines wesentlichen Maßes an bautechnischen Kenntnissen offenkundig sei. Wenn das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang ausführe, es bedürfe zweifellos wesentlicher bautechnischer Kenntnisse, insbesondere hinsichtlich der Statik, um diese Pferdeführanlage stand-, sturm- und kippsicher errichten zu können, so sei diese Beurteilung nicht überprüfbar, weil nähere Feststellungen zu dieser Anlage - so insbesondere zur Dimension und zum Gewicht - nicht getroffen worden seien. Mangels näherer Anhaltspunkte aufgrund der im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen u.a. zum Gewicht dieser Anlage könne auch nicht zuverlässig beurteilt werden, ob diese aufgrund ihres Eigengewichtes mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist.

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat im fortgesetzten Ermittlungsverfahren das Gutachten eines bautechnischen Amtssachverständigen zur Frage, ob zur fachgerechten Aufstellung der verfahrensgegenständlichen Pferdeführanlage ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erforderlich ist und diese mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist, eingeholt, welches nach Vorlage ergänzender Unterlagen des Anlagenherstellers mit Schreiben vom 27.01.2020, ***, erstattet wurde.

 

Vom erkennenden Gericht wurde am 04.08.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführervertreters, des Beschwerdeführers A, eines Vertreters der belangten Behörde und des Amtssachverständigen für Bautechnik durchgeführt, in welcher Beweis erhoben wurde durch Verlesung des Verfahrensaktes der belangten Behörde, Aktenzahl ***, sowie des oben genannten Gutachtens, samt den ergänzend vorgelegten Herstellerunterlagen und dem Ergebnis des vom Amtssachverständigen durchgeführten Ortsaugenscheines. In weiterer Folge wurde das vorliegende Gutachten vom Amtssachverständigen in der Verhandlung erörtert und ergänzt.

 

 

Im Hinblick auf das Ergebnis des durchgeführten Beweisverfahrens wird nachfolgender Sachverhalt festgestellt:

 

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer des Grundstücks Nr. *** in der Katastralgemeinde ***.

 

Aufgrund einer Nachbarbeschwerde vom 14.03.2016 wurde der Baubehörde bekannt, dass auf dem gegenständlichen Grundstück eine Pferdeführanlage errichtet worden war. Das Grundstück weist in diesem Bereich die Widmung Grünland Land- und Forstwirtschaft auf.

 

Die Pferdeführanlage samt Gehbereich (für die Pferde) weist einen Durchmessen von ca. 13,40 m auf. Der innere Ring weist von der Achse der Pferdeführanlage bis zur inneren Zaunkante einen Abstand von ca. 4,30 m auf. Der Gehbereich für die Pferde ist in der Natur mit einer Breite von ca. 2,40 m vorhanden. Die Zaunhöhe im Außenbereich beträgt ca. 1,20 m.

 

Das Grundgerüst (Metallkonstruktion) der Pferdeführanlage weist ein Sockelmaß von 1,25 m x 1,25 m auf. Die Höhe des Mastes der Pferdeführanlage für die einzelnen Abtrennungen der Gehbereiche für die Pferde beträgt ca. 2,70 m (vom umgebenden Gelände gemessen). Bei der Pferdeführanlage sind vier Arme für die einzelnen Pferdegehbereiche vorhanden. Zur Abgrenzung zwischen den einzelnen Pferdegehbereichen sind vertikale Rundstäbe, welche beweglich sind, vorhanden. Der Betrieb und die Steuerung erfolgen im Bereich der Zugangstüre durch eine Steuereinheit von außen, der Antrieb ist elektrisch. Das Gewicht der Metallkonstruktion der Pferdeführanlage (Selbstbausatz) beträgt laut Hersteller ca. 250 kg.

 

Die Abtrennung des inneren Bereiches und des Gehbereiches für die Pferde erfolgte durch einen Holzzaun. Die Pflöcke für die Befestigung der Holzelemente wurden direkt in das Erdreich geschlagen. Die Holzelemente (Bretter) wurden an die vertikalen Pflöcke verschraubt bzw. genagelt. Die Grundrissfläche der gesamten Pferdeführanlage, beträgt aufgrund des Radius von 6,7 m, ca. 141 m².

 

Die beschriebene Konstruktion ist, wie Tierärzte in vorgelegten Schriftstücken darlegen, ein „Trainingsinstrument bzw. Sportgerät für Pferde“, um diesen zusätzliche Bewegung zu verschaffen sowie deren Kondition und Muskelaufbau zu steigern. Die solcherart trainierten Pferde werden vom Sohn der Beschwerdeführer zur Ausübung des Reitsports in der Sparte Westernreiten verwendet.

 

Das Fundament der Pferdeführanlage soll laut Vorgaben des Herstellers, der Firma D mit Sitz in ***, Niederlande, 2 x 2 m oder mindestens 1,6 x 1,6 m aufweisen. Als Mindestdicke ist eine Dicke von 20 cm vorgesehen. Das Betonfundament soll ein Gewicht von ca. 900 bis 1.200 kg aufweisen um entsprechend kippsicher zu sein. Für die Befestigung der Pferdeführanlage auf dem Betonfundament sind entsprechende Schwerlastanker - Mindestanker im Durchmesser M12 - vorzusehen. Diese Anker sind laut Hersteller für eine axiale Zugkraft von 10.000 Newton, das entspricht ca. 1.000 kg, geeignet. Für die Anlage selbst ist laut Herstellerangaben eine CE-Konformitätserklärung vorhanden.

 

Für die Herstellung der Anlage entsprechend den Herstellervorgaben sind jedenfalls wesentliche bautechnische Kenntnisse erforderlich. Aufgrund der Masse des Betonfundamentes von ca. 900 bis 1.200 kg und dem Gewicht der Pferdeführanlage von ca. 250 kg sowie deren Verbindung mittels Schwerlastanker ist auch ist eine kraftschlüssige Verbindung mit dem Boden gegeben.

 

In der Natur wurde die Pferdeführanlage der Beschwerdeführer auf einen geschotterten Bereich mittels vier Betonplatten aufgestellt. Eine Betonplatte weist ca. die Abmessungen von 50 x 50 x 5 cm auf. Die Verschraubung in die Betonplatten erfolgte mittels Betonanker. Die Masse (Gewicht) einer einzelnen Betonplatte beträgt ca. 26 kg pro Stück. Aufgrund der Masse von vier Betonplatten á ca. 26 kg, welche in Summe eine Masse von ca. 104 kg aufweisen, entspricht diese Aufstellung nicht den obigen Herstellervorgaben im Hinblick auf eine nutzungs- und gebrauchtstaugliche Ausführung.

 

 

Zu dieser Feststellung gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund des vorgelegten Verfahrensaktes, des im fortgesetzten Beschwerdeverfahren eingeholten bautechnischen Gutachtens und des Ergebnisses der durchgeführten mündlichen Beschwerdeverhandlung.

 

Der im Wesentlichen unstrittige Verfahrensverlauf, die Eigentümereigenschaft der Beschwerdeführer am verfahrensgegenständlichen Grundstück sowie dessen Widmung sind im unbedenklichen Verfahrensakt der belangten Behörde dokumentiert.

 

Dass Nichtvorliegen einer Baubewilligung konnte ebenso mangels gegenteiliger Ausführungen der Beschwerdeführer festgestellt werden.

 

Unstrittig sind auch die dem Befund des bautechnischen Amtssachverständigen folgenden Feststellungen zu Beschaffenheit und Aufstellung der verfahrensgegenständlichen Pferdeführanlage.

 

Dass zu deren Aufstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erforderlich ist, hat der Sachverständige in seinem Gutachten unter Verweis auf die Vorgaben des Anlagenherstellers, der ein entsprechend dimensioniertes Fundament aus Beton fordert, schlüssig und nachvollziehbar dargelegt.

 

Der Amtssachverständige hat in seinem Gutachten vom 27.01.2020, ergänzt in der Verhandlung am 04.08.2020, zusammengefasst ausgeführt, dass die Aufstellung der Pferdeführanlage aus bautechnischer Sicht jedenfalls nicht den Herstellervorgaben im Hinblick auf eine nutzungs- und gebrauchtstaugliche Ausführung entspricht. Für die Herstellung eines entsprechenden Fundaments laut Herstellervorgaben und unter Berücksichtigung des Untergrundes, der Abmaße, der Masse, sowie der Betongüte und der verwendeten Spezifikationen für den Beton stellte der Amtssachverständige fest, dass für diese Herstellung jedenfalls wesentliche bautechnische Kenntnisse erforderlich sind. Für die Aufstellung der Pferdeführanlage als Maschine sind, da eine CE‑Konformitätserklärung laut Hersteller vorliegt, technische Kenntnisse erforderlich, welche jedoch nicht unbedingt bautechnischer Natur sein müssen. Vielmehr sind für die Aufstellung von Maschinen und Geräten maschinenbautechnische Belange betroffen.

 

Soweit die Beschwerdeführer alternative kraftschlüssige Verbindungen mit dem Boden zur Verhinderung eines allfälligen Umkippens der Anlage, wie das Anbringen von vier Erdankern an jedem Fuß des Geräts, in den Raum stellen, wurde vom Amtssachverständigen dargelegt, dass für die Wahl eines entsprechenden Schraubankers aus bautechnischer Sicht ebenfalls eine Untergrunderkundung und eine statische Berechnung für eventuell auftretende Windkräfte erforderlich ist. In den vorliegenden Unterlagen des Herstellers ist diese Alternative mit Schraubbodenankern jedoch nicht angeführt und auch nicht von der CE‑Konformitätserklärung umfasst.

 

 

In rechtlicher Hinsicht sind die nachfolgenden Bestimmungen maßgeblich:

 

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht – sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist – die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen; andernfalls – zufolge § 31 Abs 1 VwGVG – mit Beschluss.

 

Vom Landesverwaltungsgericht NÖ ist bei der Beurteilung des vorliegenden Falles die NÖ BO 2014 in der Fassung vor der am 13.07.2017 in Kraft getretenen Novelle LGBl 50/2017 (vgl. § 70 Abs 10 NÖ BO 2014) heranzuziehen.

 

Die maßgeblichen Bestimmungen der NÖ BO 2014 vor der Novelle LGBl. Nr. 50/2017 lauten auszugsweise:

 

§ 4 NÖ BO 2014:

„Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes gelten als

(…)

6. bauliche Anlagen: alle Bauwerke, die nicht Gebäude sind;

7. Bauwerk: ein Objekt, dessen fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und das mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist;

(…)

28. Spielplatz: Fläche, die durch ihre Gestaltung und Ausstattung Kindern ein sicheres Spielen im Freien ermöglichen soll;“

 

§ 14 NÖ BO 2014:

„Bewilligungspflichtige Vorhaben

Nachstehende Vorhaben bedürfen einer Baubewilligung:

1. Neu- und Zubauten von Gebäuden;

2. die Errichtung von baulichen Anlagen;

(…)“

 

§ 17 NÖ BO 2014:

„Bewilligungs-, anzeige- und meldefreie Vorhaben

Bewilligungs-, anzeige- und meldefreie Vorhaben sind jedenfalls:

(…)

9. die Errichtung und Aufstellung von Hochständen, Gartengrillern, Hochbeeten, Spiel- und Sportgeräten, Pergolen außerhalb von Schutzzonen und Altortgebieten (§ 15 Abs. 1 Z 3 lit. b), Marterln, Grabsteinen und Brauchtumseinrichtungen (z. B. Maibäume, Weihnachtsbäume);

(…)“

 

§ 35 NÖ BO 2014:

„Sicherungsmaßnahmen und Abbruchauftrag

„Sicherungsmaßnahmen und Abbruchauftrag

(1) Die Baubehörde hat alle Sicherungsmaßnahmen, die zum Schutz von Personen und Sachen erforderlich sind, insbesondere die Untersagung der Nutzung sowie die Räumung von Gebäuden oder Teilen davon anzuordnen.

(2) Die Baubehörde hat den Abbruch eines Bauwerks ungeachtet eines anhängigen Antrages nach § 14 oder einer anhängigen Anzeige nach § 15 anzuordnen, wenn

1. mehr als die Hälfte des voll ausgebauten umbauten Raumes eines Gebäudes durch Baugebrechen unbenützbar geworden ist und der Eigentümer einem Auftrag nach § 34 Abs. 2 innerhalb der ihm darin gewährten Frist nicht entsprochen hat oder

2. für das Bauwerk keine Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) vorliegt.

Für andere Vorhaben gilt Z 2 sinngemäß.

(…)“

 

 

Zunächst ist den Beschwerdeführern dahingehend Recht zu geben, dass in jenen Fällen, in denen ein bewilligungs-, anzeige- und meldefreies Vorhaben im Sinne des § 17 NÖ BO 2014 vorliegt, nicht mehr zu prüfen ist, ob es sich um eine bauliche Anlage handelt, hat der Gesetzgeber in diese Ausnahmebestimmung doch durchaus auch Baulichkeiten explizit aufgenommen, die unter die Definition des § 4 Z 6 NÖ BO 2014 zweifellos subsumiert werden können.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem die Rechtsansicht des erkennenden Gerichts teilenden Erkenntnis vom 26.03.2019, wonach es sich bei der gegenständlichen Pferdeführanlage um kein Spiel- oder Sportgerät im Sinne des § 17 Z 9 NÖ BO 2014 handelt, im Detail ausführt, ergibt sich aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen und den Erläuterungen zum Motivenbericht dazu, dass mit „Spielgeräten“ nur solche Gegenstände oder Vorrichtungen gemeint sind, die nach deren üblichen Verwendungszweck unmittelbar dem Spielverhalten von Menschen dienen. Dieselbe gesetzgeberische Zielsetzung, nämlich das Abstellen auf menschliche Handlungsweisen, geht in Bezug auf den Begriff „Sportgeräte“ im Sinne des § 17 Z 9 NÖ BO 2014 (u.a.) bereits aus § 1 NÖ Sportgesetz, LGBl 5710-0, hervor, der auf die wichtige Rolle und den bedeutenden Stellenwert des Sportes für Menschen hinweist, woraus sich das grundsätzliche Verständnis ergibt, dass der Sport bzw. eine Sportart nur von Menschen ausgeübt wird und daher ein „Sportgerät“ nach seiner Bestimmung nur dem Gebrauch durch Menschen - und nicht auch durch ein Tier - dient.

 

Die bauliche Anlage stellt somit entgegen der Rechtsansicht der Beschwerdeführer kein bewilligungs-, anzeige- und meldefreies Vorhaben gemäß §17 Z 9 NÖ BO 2014 dar.

 

Mangels Vorliegen eines Spiel- oder Sportgeräts im Sinne des § 17 Z 9 NÖ BO 2014 ist den Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofes folgend zu prüfen, ob eine bauliche Anlage vorliegt. Als solche gilt gemäß § 4 Z 6 leg cit ein Bauwerk, das kein Gebäude ist, wobei ein Bauwerk wiederum gemäß Z 7 ein Objekt ist, dessen fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und das mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist.

 

Soweit es die Erforderlichkeit bautechnischer Kenntnisse für die Herstellung der Pferdeführanlage entsprechend den Herstellerangaben betrifft, ist zu bemerken, dass das Erfordernis wesentlicher bautechnischer Kenntnisse nicht daran zu messen ist, ob auch ein Laie die nutzungs- und gebrauchstaugliche Aufstellung der Anlage vollbringen kann, sondern ob diese Kenntnisse zur ordnungsgemäßen Ausführung notwendig sind. Das Kriterium der Notwendigkeit bautechnischer Kenntnisse muss daher auch dann angenommen werden, wenn die Anlage zwar laienhaft gestaltet ist, nach den Regeln der bautechnischen Wissenschaft aber eine Ausführung unter Verwendung bautechnischer Kenntnisse bedürfte, wozu auch Kenntnisse auf dem Gebiet der Statik gehören, weil sonst der widersinnige Zustand einträte, dass eine nicht ordnungsgemäß ausgeführte Anlage bewilligungsfrei bliebe, während eine ordnungsgemäß ausgeführte Anlage einer Bewilligung unterworfen wäre (VwGH 2003/05/0043).

 

Es ist somit nicht entscheidend, ob bautechnische Kenntnisse tatsächlich angewendet wurden, sondern es kommt darauf an, ob diese für eine einwandfreie Errichtung notwendig gewesen wären (VwGH 91/10/0007).

 

Zur Herstellung der Pferdeführanlage mit entsprechendem Fundament bedarf es, den Ausführungen des Amtssachverständigen für Bautechnik folgend, jedenfalls wesentlicher bautechnischer Kenntnisse um dieses stand-, sturm- und kippsicher errichten zu können, sodass es sich beim verfahrensgegenständlichen Objekt zweifellos um ein mit dem Boden kraftschlüssig verbundenes Bauwerk handelt, dessen Errichtung ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben darstellt (VwGH 2007/05/0247).

 

Im Gegensatz zur Bestimmung des § 35 Abs 2 Z 3 NÖ BO 1996 ist nach der nunmehr anzuwendenden Rechtslage des § 35 Abs 2 Z 2 NÖ BO 2014 nicht mehr zu beurteilen, ob eine Baubewilligung zulässigerweise erteilt werden darf. Für die Erlassung eines Abbruchauftrages ist nun nur noch zu prüfen, ob eine erforderliche Baubewilligung erteilt wurde oder nicht.

 

Da für die streitgegenständliche bauliche Anlage keine Baubewilligung vorliegt, ist der den Beschwerdeführern aufgetragene und auf § 35 Abs 2 Z 2 NÖ BO 2014 gegründete Abbruch nicht zu beanstanden.

 

Die Leistungsfrist wurde vom erkennenden Gericht neu bemessen und wird als ausreichend erachtet um die Beschwerdeführer in die Lage zu versetzen, die Erfüllung der ihnen aufgetragenen Leistung unter Anspannung aller ihrer Kräfte zu ermöglichen (VwGH 2011/01/0167).

 

Die Revision ist nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, und die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Zudem stellen die - hier im Einzelfall beurteilten - Fragen keine „Rechtsfragen von grundsätzlicher, über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung“ (VwGH Ro 2014/01/0033) dar.

 

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