LVwG Niederösterreich LVwG-AV-792/001-2020

LVwG NiederösterreichLVwG-AV-792/001-20208.2.2021

KanalG NÖ 1977 §1a Z6
KanalG NÖ 1977 §13 Abs2
KanalG NÖ 1977 §14 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.792.001.2020

 

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch MMag. Kammerhofer als Einzelrichter über die Beschwerde des A und des B, beide vertreten durch C Rechtsanwälte in ***, vom 18. Juni 2020 gegen den Berufungsbescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 13. Mai 2020, ***, mit dem der Berufung der Beschwerdeführer gegen den Abgabenbescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** betreffend Vorschreibung der jährlichen Kanalbenützungsgebühr teilweise Folge gegeben wurde nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

 

1. Die Beschwerde wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

2. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 279 Abs. 1 Bundesabgabenordnung – BAO

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

 

Mit Abgabenbescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 10. Dezember 2018, GZ: ***, wurde den Beschwerdeführern gemäß § 5 NÖ Kanalgesetz 1977 für ihre Liegenschaft mit der topografischen Anschrift *** in *** eine jährliche Kanalbenützungsgebühr für die Schmutzwasserentsorgung ab 1. Jänner 2013 für die Benutzung des öffentlichen Schmutzwasserkanals vorgeschrieben. Unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche von 484,04 m² und einem Einheitssatz von 2,13 Euro wurde die jährliche Kanalbenützungsgebühr in der Höhe von 1.031,01 Euro zuzüglich 10 Prozent Umsatzsteuer festgesetzt.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß § 5 NÖ Kanalgesetz 1977 für die Möglichkeit der Benützung der öffentlichen Kanalanlage eine Kanalbenützungsgebühr zu entrichten sei. Die Gebühr errechnet sich aus dem Produkt der Berechnungsfläche mit dem Einheitssatz. Würden von einer Liegenschaft in das Kanalsystem Schmutz- und Niederschlagswässer eingeleitet, so gelange in diesem Fall ein um 10 Prozent erhöhter Einheitssatz zur Anwendung. Dies sei im gegenständlichen Fall ein Gebäude mit einem Untergeschoss im Flächenausmaß von 272,91 m² und einem Erdgeschoss im Ausmaß von 211,13 m², gesamt sohin 484,04 m². Multipliziert mit dem Einheitssatz von 2,13 Euro ergebe sich ein Jahresbetrag von 1.031,01 Euro.

 

Gegen diesen Abgabenbescheid vom 10. Dezember 2018 erhoben die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 11. Jänner 2019 durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung Berufung. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass §§ 5 und 8 NÖ Kanalgesetz 1977 der Stadtgemeinde *** die Erlassung eines Abgabenbescheides zur Festsetzung einer Kanalbenützungsgebühr ermöglichen würden. Dies sei in der Vergangenheit rechtskräftig erfolgt. Aufgrund dieses seinerzeitigen Bescheides seien Kanalbenützungsgebühren vorgeschrieben und von den Berufungswerbern auch beglichen worden. Ein neuer Abgabenbescheid für die Kanalbenützungsgebühr sei sodann nur aufgrund einer im § 13 Abs 1 NÖ Kanalgesetz 1977 genannten Veränderung, der einer Veränderung der Einheitssätze, bei der Fäkalienabfuhr oder auch bei der Änderung des Einsammlungsplanes zu erlassen. Zu einer Veränderung im Sinne des § 13 Abs 1 NÖ Kanalgesetz 1977 sei es nicht gekommen. Zwar habe der Zweitbeschwerdeführer eine Bauanzeige wegen des Einbaues eines Liftes erstattet, jedoch befinde sich dieser im Gebäudeinneren. Es sei dadurch zu keiner Änderung der Geschossflächen, die die Basis für die Berechnungsfläche nach § 5 Abs 3 NÖ Kanalgesetz 1977 bilden würden, gekommen. Auszugehen sei allerdings davon, dass die Behörde im Rahmen des Verfahrens über die Bauanzeige zur Ansicht gelangt sei, dass in ihrem System eine nichtzutreffende Berechnungsfläche hinterlegt sei. Das Auffinden eines Fehlers in den Daten der Stadtgemeinde oder auch die Änderung von deren Rechtsauffassung, wie die Berechnungsfläche zu ermitteln sei, stelle allerdings keinen gesetzlich normierten Grund für die Erlassung eines neuen Abgabenbescheides nach dem NÖ Kanalgesetz 1977 dar. Ebenso wenig sei es zu einer Änderung der Einheitssätze gekommen, die die Erlassung des bekämpften Abgabenbescheides rechtfertigen könnte. Auch die übrigen möglichen Gründe für die Erlassung eines neuen Abgabenbescheides betreffend die Kanalbenützungsgebühren würden nicht vorliegen. Der angefochtene Bescheid hätte mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht erlassen werden dürfen, sei folglich rechtswidrig erlassen worden und aus diesem Grund ersatzlos aufzuheben.

 

Selbst wenn man der implizit aber unzutreffend zugrunde gelegten Ansicht der Behörde folgen wolle, dass sie zur Erlassung des angefochtenen Bescheides berechtigt sei, wäre dies dennoch mit einer Rechtswidrigkeit belastet. Dann könne nämlich nur ab dem auf das Ereignis, das die Neufestsetzung rechtfertige, folgenden Monatsersten eine neue Kanalbenützungsgebühr festgelegt werden. Dies werde auch durch die im § 14 Abs 3 NÖ Kanalgesetz 1977 enthaltene Bestimmung bestätigt, wonach eine in einer Abgabenentscheidung (wie sie bereits vor Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtskräftig bestanden habe) festgesetzte Kanalbenützungsgebühr so lange zu entrichten sei, was die Beschwerdeführer auch getan hätten, solange nicht ein neuer Abgabenbescheid ergehe. Damit könne dieser im letzten Teilsatz der genannten gesetzlichen Bestimmung angesprochene neue Abgabenbescheid aber zwangsläufig erst ab dessen Erlassung wirken. Im gegenständlichen Fall wäre dies mangels eines abweichenden Zeitpunktes nach § 13 Abs 2 iVm § 12 NÖ Kanalgesetz 1977 der 1. Jänner 2018.

 

Hingewiesen werde auf die Bestimmung des §§ 207 BAO, die eine fünfjährige Verjährungsfrist vorsehe. Der Beginn der Verjährungsfrist richte sich nach § 208 Abs 1 BAO. Der angefochtene Bescheid decke jedoch einen Zeitraum von sechs Jahren ab. Insgesamt sei aber hervorzuheben, dass die Verjährungsthematik insofern nicht weiter auszuführen sei, da es mangels entsprechender gesetzlicher Voraussetzung für eine Neufestsetzung der Kanalbenützungsgebühr noch überhaupt kein Abgabenanspruch entstanden sei, deren Fristablauf auslösen hätte können.

 

Es werde daher die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.

 

Über diese Berufung entschied der Stadtrat der Stadtgemeinde *** mit Bescheid vom 13. Mai 2020, GZ ***. Der Berufung wurde insofern Folge gegeben, als der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert wurde, als die jährliche Kanalbenützungsgebühr für die gegenständliche Liegenschaft ab dem 1. Jänner 2018 und in der Höhe von 1.026,83 zuzüglich 10 Prozent Umsatzsteuer festgesetzt wurde. Dabei wurde eine Berechnungsfläche von 482,08 m² sowie ein Einheitssatz von 2,13 Euro zugrunde gelegt. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß § 1a Z 6 NÖ Kanalgesetz 1977 die Geschossfläche, die sich aus den äußersten Begrenzungen jedes Geschosses ergebende Fläche sei. Begriffe, die in anderen Gesetzen enthalten seien, seien daher nicht maßgeblich. Die Geschossfläche selbst werde wie die bebaute Fläche, also aus dem äußersten Umriss des jeweiligen Geschosses, gebildet. Die äußersten Begrenzungen jedes Geschosses würden durch die Außenmauern gebildet. Sowohl Außenmauern als auch die Flächen von Innenmauern seien daher zu berücksichtigen. Offene Bereiche außerhalb der Außenmauern wie etwa Terrassen, Balkone, Loggias etc. würden jedoch unberücksichtigt bleiben. Zur Begriffsbestimmung des Geschosses könne auf die Bauordnung zurückgegriffen werden. Danach würden als Geschoss die Gesamtheit der in einer Ebene liegenden Räume eines Gebäudes gelten, auch wenn die Ebene bis zur halben Höhe des Geschosses versetzt sei. Räume mit einem Niveauunterschied bis zur halben Höhe eines Raumes innerhalb einer Ebene würden zu einem Geschoss gezählt. In einem Geschoss nicht existente Flächen, zB bei einem Atrium oder wenn Geschosse nicht in allen Ebenen gleichmäßig ausgeführt wurden, seien ebenfalls nicht zu berücksichtigen.

Mit Schreiben des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** sei die am 22. Juni 2017 eingelangte Bauanzeige betreffend Einbau einer Hebeeinrichtung für Rollstuhlfahrer im Einfamilienhaus zur Kenntnis genommen worden. Dieser Bauanzeige sei eine Baubeschreibung und ein Auszug des Einreichplanes beigefügt gewesen. Im Grundriss Keller und Erdgeschoss des Einreichplanes sei der Einbau einer Hebeeinrichtung für Rollstuhlfahrer im Einfamilienhaus mit den Maßen 1,37 m x 1,43 m, sohin einer Fläche von 1,96 m², eingezeichnet. Am 2. März 2018 sei die Fertigstellungsanzeige, datiert mit 22. Februar 2018, eingelangt, wonach bekanntgegeben worden sei, dass das anzeigepflichtige Bauvorhaben betreffend Kenntnisnahme der Bauanzeige vom 21. August 2017 am 15. Dezember 2017 vollendet worden sei.

Gemäß § 5 Abs 3 NÖ Kanalgesetz 1977 ergebe sich die Berechnungsfläche aus der Summe alle an die Kanalanlage angeschlossenen Geschossflächen. Nicht berücksichtigt würden angeschlossene Kellergeschosse, außer bei gewerblicher Nutzung, nicht ausgebaute Dachgeschossflächen, Lufträume, nicht angeschlossene Gebäudeteile wie Garagen und gewerbliche oder landwirtschaftliche Lager- und Ausstellungsräume.

Durch den Einbau einer Hebeeinrichtung für Rollstuhlfahrer im Einfamilienhaus habe sich eine Änderung der Berechnungsfläche im Sinne des § 5 Abs 3 NÖ Kanalgesetz 1977 ergeben. Die Fläche der eingebauten Hebeeinrichtung im Ausmaß von 1,96 m² sei aus der Berechnungsfläche für die Ermittlung der Geschossfläche des Untergeschosses für die jährliche Kanalbenützungsgebühr herauszunehmen. Für die Berechnung ergebe sich sohin eine Geschossfläche von 482,08 m² (Gebäude-Untergeschoss 270,95 m² und Gebäude-Erdgeschoss 211,13 m²). Multipliziert mit dem Einheitswert von 2,13 Euro ergebe dies einen Betrag von 1.026,83 Euro zuzüglich 10 Prozent Umsatzsteuer.

Gemäß § 13 Abs 2 NÖ Kanalgesetz 1977 sei die jährliche Kanalbenützungsgebühr ab dem Monatsersten des dem Tage des Eintritts der Veränderung zunächst folgenden Monats zu entrichten. Mit der Fertigstellungsanzeige, datiert mit 22. Februar 2018, eingelangt am 2. März 2018, sei bekanntgegeben worden, dass der Einbau der Hebeeinrichtung für Rollstuhlfahrer im Einfamilienhaus ab 15. Dezember 2017 vollendet worden sei. Die gegenständliche Kanalbenützungsgebühr sei daher ab 1. Jänner 2018 zu entrichten.

 

2. Zum Beschwerdevorbringen:

 

Gegen diesen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 13. Mai 2020 richtet sich die Beschwerde vom 18. Juni 2020. Der Bescheid werde in dem Umfang angefochten, in dem mit ihm von der belangten Behörde gemäß § 5 NÖ Kanalgesetz 1977 und der Kanalabgabenordnung der Stadtgemeinde *** für die gegenständliche Liegenschaft eine jährliche Kanalbenützungsgebühr für die Benützung des öffentlichen Schmutzwasserkanals ab 01.01.2018 in der Höhe von 1.026,83 Euro zuzüglich 10 Prozent Umsatzsteuer festgesetzt wird. Klarstellend werde festgehalten, dass der genannte Bescheid im jenem Umfang, in dem er der Berufung der Beschwerdeführer vom 11. Jänner 2019 Folge gegeben hat, nicht angefochten werde. Es werde unrichtige rechtliche Beurteilung des dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Sachverhaltes geltend gemacht.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die belangte Behörde vermeine, eine Neufestsetzung ab 1. Jänner 2018 sei zulässig, weil im Jahr 2017 im gegenständlichen Einfamilienhaus der Einbau einer Hebeeinrichtung für Rollstuhlfahrer erfolgt sei und der Fertigstellungsanzeige vom 22. Februar 2018 entnommen werden könne, dass der Einbau dieser Hebeeinrichtung am 15. Dezember 2017 vollendet worden sei. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass die vom Aufzug in Anspruch genommene Fläche von 1,96 m² aus der Berechnungsfläche für die Ermittlung der Geschossfläche (OG) der jährlichen Kanalbenützungsgebühr herauszunehmen sei, sei unrichtig.

Aus der Definition des § 1a Z 6 Kanalgesetz 1977 ergebe sich, dass als Geschossfläche die sich aus den äußeren Begrenzungen jedes Geschosses ergebende Fläche gelte. Nachdem der Begriff der Geschossfläche im Kanalgesetz ausdrücklich definiert werde, könne er nicht mit ähnlichen, in anderen Gesetzes enthaltenen Begriffen, wie bspw. der Wohnfläche oder Nutzfläche, gleichgesetzt werden. Demgemäß werde die Geschossfläche durch die äußersten Begrenzungen einer in einer Ebene liegenden Flächen gebildet. Die Geschossfläche ergebe sich aus dem äußersten Umriss eines Geschosses, sodass die Mauerstärke zur Geschossfläche zähle. Die Geschossfläche werde in ihrem gesamten Ausmaß herangezogen, unabhängig von der baulichen Gestaltung, Ausbaustufe oder Nutzung der einzelnen Räume. Außerhalb der Außenmauern und somit außerhalb der Geschossflächen liegende Flächen wie etwa Balkone, Terrassen, Loggien würden hingegen nicht zur Geschossfläche zählen, selbst wenn sie überdacht seien. Auch judiziere das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich in ständiger Judikatur, dass ebenso nicht existente Flächen nicht zur Geschossfläche zu zählen seien, wobei beispielhaft auf ein Atrium oder Geschosse, die nicht in allen Ebenen gleichmäßig ausgeführt sind, verwiesen werde. Beachtlich sei in diesem Zusammenhang allerdings, dass das Landesverwaltungsgericht einen gedanklichen Konnex zwischen einem Atrium und ungleichmäßig ausgeführten Geschossebene einerseits und außerhalb der Außenmauern liegenden Flächen wie Balkone, Terrassen, Loggien – selbst wenn sie überdacht sind – andererseits herstelle. Bei den außerhalb der Außenmauern liegenden Flächen sei aufgrund der eindeutigen Definition des § 1a Z 6 NÖ Kanalgesetz 1977 klar, dass es sich bei derartigen Flächen nicht um Geschossflächen im Sinne des Gesetzes handle. Auch bei dem Hinweis, dass Flächen von nicht in allen Ebenen gleichmäßig ausgeführten Geschossen nicht zu berücksichtigen seien, handle es sich nach Ansicht der Beschwerdeführer im Ergebnis lediglich um eine Klarstellung, dass die Außenwände pro Geschoss betrachtet werden müssten und die jeweilige Geschossfläche im Sinne des § 1a Z 6 Kanalgesetz 1977 definieren würden. Die Geschossfläche sei also für jedes einzelne Geschoss mit der jeweiligen äußersten Begrenzung zu betrachten. Hinsichtlich des beispielhaft angeführten Atriums sei darauf hinzuweisen, dass es sich bei einem solchen nach dem üblichen Verständnis in der Architektur- und Baubranche um einen Innenhof und einer Terrasse, üblicherweise ohne Dach, handle. Auch der Ausschluss einer solchen Fläche eines Atriums erscheine damit sachgerecht, weil es sich gleichsam um eine offene Fläche, wenngleich innerhalb der äußersten Begrenzungen eines Geschosses, handle, also gleichsam um eine nach innen gekehrte Terrasse oder auch eine mit einer Loggia oder einem Balkon vergleichbare Fläche. Die Überdachung sei dabei nicht relevant. Allerdings handle es sich dabei um explizit angenommene Ausnahmen, deren ungeachtet das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich regelmäßig davon ausgehe, dass der Gesetzgeber des Kanalgesetzes zweifelsfrei die Geschossfläche mit den „äußersten Begrenzungen jedes Geschosses“ und nicht mit etwa von vorhandenen inneren Begrenzungen verbunden wissen wolle.

 

Insofern könne der Ansicht der belangten Behörde nicht gefolgt werden, dass ein Atrium im Sinne der Judikatur des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich mit der geringfügigen Bodenausnehmung für den Einbau eines Aufzuges gleichgesetzt werden könne. Bei Letzterer handle es sich zweifelsfrei um einen Teil der Geschossfläche im Sinne des § 1a Z 6 Kanalgesetz. Wenn überhaupt, dann könne man die Ausnehmung zur Durchfahrt des Aufzuges im Boden mancher Geschossflächen, die im Übrigen teilweise durch die für die Führung des Aufzugstechnik ausgefüllt werde, bestenfalls als eine innere Begrenzung betrachten, die allerdings gerade keine Auswirkung auf die Geschossfläche zeige.

Weiters wäre auch die Ansicht der belangten Behörde unrichtig, die Durchfahrt eines Aufzuges von 1,96 m² aus der Berechnungsfläche für die Ermittlung einer Geschossfläche des Untergeschosses herauszurechnen. Auf die Geschossfläche des Untergeschosses, indem der Aufzug ende, habe dessen Einbau überhaupt keine Auswirkung gehabt. Die Bodenausnehmung für die Durchfahrt erfolge im Erdgeschoss und könne selbst diese Fläche je nach der Position der Aufzugsplattform durchaus auch genützt werden.

Wolle man der von der belangten Behörde implizit geäußerten Rechtsansicht folgen, dass sämtliche Durchbrüche zwischen den Geschossdecken von der Geschossfläche auszunehmen seien, müssten auch größere Durchlässe, wie zB Kanalrohre, Kamine, Lüftungsschächte (die gerade bei Industriegebäuden durchaus eine vergleichbare Größe aufweisen könnten, wie die Öffnung für die Durchfahrt des Aufzuges im gegenständlichen Fall) etc. ausgenommen werden. Dies könne nicht mit der Definition der Geschossfläche in § 1a Z 6 NÖ Kanalgesetz 1977 und der diesbezüglichen Judikatur des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich im Einklang gebracht werden.

Dass das Argument der durch die Aufzugsdurchfahrt geänderten Geschossfläche erst durch die belangte Behörde, nicht hingegen durch die Behörde erster Instanz, herangezogen worden sei, zeige, dass damit lediglich versucht werden solle, eine Neufestsetzung der Kanalbenützungsgebühr zu rechtfertigen, obwohl tatsächlich und auch nach der Rechtsansicht der belangten Behörde eine solche Mangelsänderung der Berechnungsgrundlagen unzulässig sei, weil ja die Bindungswirkung des früheren Bescheides entgegenstehe.

 

Die Beschwerdeführer schlossen der Beschwerde drei Urkunden betreffend Atrium (Begriffserklärung, Architektur und Definition von Blauhausarchitekten) an.

 

Des Weiteren wurde beantragt die Einholung des Bauaktes des Objektes KG ***, ***, GSt. ***, EZ ***, samt darin erliegender Bauanzeige betreffend Einbau einer Hebeeinrichtung für Rollstuhlfahrer sowie eines bautechnischen Gutachtens eines Amtssachverständigen zur Frage, ob die Bodenöffnung für die Durchfahrt der Hebeeinrichtung für Rollstuhlfahrer mit den Maßen 1,37 m x 1,43 m im zuvor genannten Objekt als Atrium anzusehen sei.

 

Die Beschwerdeführer beantragten weiters, das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wolle in Stattgebung der vorliegenden Beschwerde den angefochtenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 13. Mai 2020 indem mit der vorliegenden Beschwerde bekämpften Umfang ersatzlos aufheben.

 

3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. In dieser wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie den Bauakt des Objektes KG ***, ***, GSt. ***, EZ ***, samt darin erliegender Bauanzeige betreffend Einbau einer Hebeeinrichtung für Rollstuhlfahrer sowie die Vorbringen der Parteien.

 

4. Feststellungen:

 

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer des Grundstückes mit der topografischen Anschrift *** in ***.

 

Auf diesem Grundstück befindet sich ein Gebäude bestehend aus einem Untergeschoss und einem Erdgeschoss. Mit Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 15. September 1993, GZ: ***, wurde die Bewilligung zur Ausführung des Vorhabens Neubau eines Einfamilienhauses sowie Kleingarage und Einfriedung auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft erteilt, und welcher Bezug nimmt auf den Einreichplan für den Neubau des Einfamilienhauses auf der gegenständlichen Liegenschaft vom Juni 1993. Mit Bescheid vom 16. Jänner 1995, GZ: ***, wurden auf Basis eines Einreichplanes Bauvorhaben im Terrassenbereich und die Errichtung eines glasgedeckten Schwimmbeckens auf der gegenständlichen Liegenschaft erteilt. Aus diesen Unterlagen geht hervor, dass vor Einbau der Hebeeinrichtung für Rollstuhlfahrer das Untergeschoss eine Fläche von 272,91m² und das Erdgeschoss eine Fläche von 211,13 m² und das Gebäude insgesamt sohin eine Geschossfläche von 484,04 m² aufweist.

 

Mit Schreiben des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 21. August 2017, GZ: ***, wurde die am 22. Juni 2017 bei der Stadtgemeinde *** eingelangte Bauanzeige betreffend den Einbau einer Hebeeinrichtung für Rollstuhlfahrer im Einfamilienhaus auf dem gegenständlichen Grundstück zur Kenntnis genommen. Mit Fertigstellungsanzeige vom 22. Februar 2018 wurde der Stadtgemeinde *** bekanntgegeben, dass das anzeigepflichtige Bauvorhaben „Einbau einer Hebeeinrichtung für Rollstuhlfahrer“ am 15. Dezember 2017 vollendet wurde.

 

Laut der Bauanzeige von 22. Juni 2017 bestand das Projekt im Einbau einer Hebeeinrichtung für Rollstuhlfahrer im Einfamilienhaus der Beschwerdeführer. Dabei wurden vorgenommen der Abbruch der bestehenden Zwischenwand im Erdgeschoss und Herstellung eines Deckensdurchbruchs im Kellergeschoss, die Errichtung einer Stahlbetonwand im Anschlussbereich an den Deckensdurchbruch sowie der Einbau der Hebeeinrichtung und der Schachtportale. Laut dem beiliegenden Plan weist die Hebeeinrichtung die Maße 1,37 m x 1,43 m auf.

 

5. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Akten sowie den Parteienvorbringen.

 

6. Rechtslage:

 

6.1. Die maßgeblichen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO) lauten:

 

§ 1

(1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

[…]

 

§ 2a

Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. § 54 VwGVG gilt jedoch sinngemäß für das Verfahren der Verwaltungsgerichte der Länder.

 

§ 4

(1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

[…]

 

§ 279

(1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

 

6.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der NÖ Kanalgesetzes 1977 lauten:

 

§ 1a

Im Sinne dieses Gesetzes gelten als

1. bebaute Fläche: Die bebaute Fläche ist diejenige Grundrißfläche, die von der lotrechten Projektion oberirdischer baulicher Anlagen begrenzt wird.

Unberücksichtigt bleiben:

- bauliche Anlagen, welche die Geländeoberfläche nicht oder nicht wesentlich überragen,

- nicht konstruktiv bedingte Außenwandvorsprünge,

- nicht konstruktiv bedingte, nachträglich an bestehende Außenwände ab dem 1. Jänner 2009 angebrachte Wärmeschutzverkleidungen,

- untergeordnete Bauteile.

2. Berechnungseinwohnergleichwerte: 50 v.H. der Summe des EGW-Spitzenwertes und EGW-Durchschnittswertes;

3. Einwohnergleichwerte (EGW): Maßzahl die die Verschmutzung betrieblicher Abwässer in Beziehung zur Verschmutzung häuslicher Abwässer ausdrückt;

4. EGW-Durchschnittswert: Jahressumme der eingebrachten Schmutzfrachten in EGW dividiert durch 365;

5. EGW-Spitzenwert: die höchste an einem Tag eingebrachte Schmutzfracht;

6. Geschoßfläche: die sich aus den äußersten Begrenzungen jedes Geschoßes ergebende Fläche. Nicht konstruktiv bedingte, nachträglich an bestehende Außenwände ab dem 1. Jänner 2009 angebrachte Wärmeschutzverkleidungen bleiben unberücksichtigt.

7. Gebäudeteil: ein Gebäudeteil ist ein vom übrigen Gebäude durch eine bis zu seiner obersten Decke durchgehende Wand getrennter Teil mit einer Nutzung als Garage, als gewerblicher oder industrieller Lager- oder Ausstellungsraum oder mit einer Nutzung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke. Räume innerhalb eines Gebäudeteils gelten auch dann als eigener Gebäudeteil, wenn bis zur obersten Decke durchgehende Wände nicht vorhanden sind.

8. Jahresaufwand: jährliches Erfordernis für

a) den Betrieb und die Instandhaltung der Kanalanlage,

b) die Zinsen für Darlehen, die für die Errichtung oder Änderung der Kanalanlage aufgenommen worden sind,

c) die Tilgung der Errichtungskosten unter Berücksichtigung einer der Art der Kanalanlage entsprechenden Lebensdauer und

d) die Bildung einer Erneuerungsrücklage von höchstens 3 v.H. der Errichtungskosten;

9. Liegenschaften: Grundstücke, die an eine öffentliche Kanalanlage anzuschließen bzw. bereits angeschlossen sind sowie solche Grundstücke, die an ein anzuschließendes oder angeschlossenes Grundstück unmittelbar angrenzen und dem gleichen Liegenschaftseigentümer gehören;

10. spezifischer Jahresaufwand: Jahresaufwand für die Kläranlage sowie für jene Sammelkanäle, welche zur Ableitung der Abwässer von den Ortsnetzen zur Kläranlage dienen, dividiert durch die EGW, welche der Dimensionierung der Kläranlage zugrundegelegt wurden;

11. unbebaute Fläche: Jene Grundflächen, die an eine bebaute Fläche unmittelbar angrenzen (höchstens jedoch bis zu einem Gesamtausmaß von 500 m2) und dem gleichen Liegenschaftseigentümer gehören.

 

§ 5

(1) Für die Möglichkeit der Benützung der öffentlichen Kanalanlage ist eine jährliche Kanalbenützungsgebühr zu entrichten, wenn der Gemeinderat die Einhebung einer solchen Gebühr beschlossen hat.

(2) Die Kanalbenützungsgebühr errechnet sich aus dem Produkt der Berechnungsfläche und dem Einheitssatz zuzüglich eines schmutzfrachtbezogenen Gebührenanteiles. Dieser wird nur dann berücksichtigt, wenn die eingebrachte Schmutzfracht den Grenzwert von 100 Berechnungs-EGW überschreitet. Werden von einer Liegenschaft in das Kanalsystem Schmutzwässer und Niederschlagswässer eingeleitet, so gelangt in diesem Fall ein um 10 % erhöhter Einheitssatz zur Anwendung.

(3) Die Berechnungsfläche ergibt sich aus der Summe aller an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoßflächen. Die Geschoßfläche angeschlossener Kellergeschoße und nicht angeschlossener Gebäudeteile wird nicht berücksichtigt. Angeschlossene Kellergeschoße werden jedoch dann berücksichtigt, wenn eine gewerbliche Nutzung vorliegt, ausgenommen Lagerräume, die mit einem Unternehmen im selben Gebäude in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Wird die Liegenschaft trotz bestehender Anschlußverpflichtung nicht an die Kanalanlage angeschlossen, so ist die Berechnungsfläche so zu ermitteln, als ob die Liegenschaft an die Kanalanlage angeschlossen wäre.

(4) Der schmutzfrachtbezogene Gebührenanteil errechnet sich aus dem Produkt der Berechnungs-EGW und dem 0,5fachen spezifischen Jahresaufwand. Die Berechnungs-EGW sind von Amts wegen festzusetzen; sie können nur einmal im Jahr, und zwar mit Beginn eines Kalenderjahres von Amts wegen oder aufgrund einer Veränderungsanzeige geändert werden. Ist zur Ermittlung der Berechnungs-EGW die Einholung eines Gutachtens erforderlich, so sind die im Zusammenhang mit der Erstellung des Gutachtens erwachsenden Kosten von Amts wegen zu tragen, es sei denn, daß sie durch Verschulden des Abgabepflichtigen herbeigeführt worden sind.

(5) Dürfen in das Kanalsystem ausschließlich Niederschlagswässer eingeleitet werden, ergibt sich die Berechnungsfläche aus der Summe der bebauten Flächen aller Gebäude von denen Niederschlagswässer in das Kanalsystem eingeleitet werden, vermehrt um 15 % der unbebauten Fläche.

(6) Wenn der Beginn der Abgabepflicht während des Jahres eintritt, ist die Gebühr für dieses Jahr nur in dem verhältnismäßigen Anteil der Jahresgebühr zu entrichten. Dasselbe gilt sinngemäß im Falle einer Veränderung der bisherigen Gebühr.

 

§ 12

[…]

(3) Die Abgabenschuld für die Kanalbenützungsgebühr und die Fäkalienabfuhrgebühr entsteht mit dem Monatsersten des Monats, in dem erstmalig die Benützung des Kanals möglich ist oder die Abfuhr der Fäkalien erfolgt. Wird eine Liegenschaft trotz bestehender Anschlußverpflichtung nicht an die Kanalanlage angeschlossen, so entsteht die Kanalbenützungsgebühr mit dem Monatsersten des Monats in dem der Anschluß an den Kanal möglich ist. Diese Gebühren sind, soferne der Gemeinderat in der Kanalabgabenordnung nichts anderes bestimmt, im vorhinein in vierteljährlichen Teilzahlungen, und zwar jeweils bis zum 15. Jänner, 15. April, 15. Juli und 15. Oktober, zu entrichten.

 

§ 13

(1) Treten nach Zustellung der Abgabenentscheidung derartige Veränderungen ein, daß die der seinerzeitigen Festsetzung der Kanalerrichtungsabgabe und Kanalbenützungsgebühr oder der Fäkalienabfuhrgebühr zugrunde gelegten Voraussetzungen nicht mehr zutreffen, so hat der Abgabepflichtige diese Veränderungen binnen zwei Wochen nach dem Eintritt der Veränderung bzw. nach dem Bekanntwerden derselben dem Bürgermeister (Magistrat) schriftlich anzuzeigen (Veränderungsanzeige).

(2) Eine auf Grund einer im Abs. 1 genannten Veränderung festgestellte niedrigere oder höhere Gebühr (§ 14 Abs. 1 lit.c) ist, soferne sich nicht aus § 12 etwas anderes ergibt, ab dem Monatsersten des dem Tage des Eintrittes der Veränderung zunächst folgenden Monates zu entrichten.

 

§ 14

(1) Den Abgabepflichtigen ist die Abgabenschuld mit Abgabenbescheid vorzuschreiben. Durch je einen besonderen Abgabenbescheid sind vorzuschreiben:

a) die Kanaleinmündungsabgaben, Ergänzungsabgaben und Sonderabgaben (§§ 2 und 4);

b) die Kanalbenützungsgebühren und die Fäkalienabfuhrgebühren (§§ 5 und 8);

c) Änderungen der im Abgabenbescheid nach lit.b festgesetzten Gebühren;

d) die Kosten für die Behebung von Kanalverstopfungen (§ 17 Abs. 5) und der Behebung von Schäden auf fremden Liegenschaften (§ 18 Abs. 1).

(2) Der Abgabenbescheid hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung als Abgabenbescheid;

b) den Grund der Ausstellung;

c) bei der Fäkalienabfuhr die Zahl der jährlichen Einsammlungen;

d) die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe;

e) den Fälligkeitstermin, im Falle des Abs. 1 lit.b und c die Fälligkeitstermine und die Höhe der

f) jeweiligen Teilbeträge;

g) die Rechtsmittelbelehrung und

h) den Tag der Ausfertigung.

(3) Die in der Abgabenentscheidung festgesetzte Kanalbenützungsgebühr oder Fäkalienabfuhrgebühr ist so lange zu entrichten, solange nicht ein neuer Abgabenbescheid ergeht.

(4) Der Abgabenbescheid nach Abs. 1 lit.c ist insbesondere auf Grund einer im § 13 Abs. 1 genannten Veränderung, ferner bei Änderung der Einheitssätze, bei der Fäkalienabfuhr auch bei Änderung des Einsammlungsplanes zu erlassen.

 

6.3. Die maßgeblichen Bestimmungen der Kanalabgabenordnung 2000 der Stadtgemeinde *** lauten:

 

§ 5

KANALBENÜTZUNGSGEBÜHREN

1. Die Kanalbenützungsgebühren sind nach den Bestimmungen des § 5 NÖ Kanalgesetz 1977 zu berechnen.

2. Zur Berechnung der laufenden Gebühren für die Benutzung der öffentlichen Kanalanlage (Kanalbenützungsgebühr) wird der Einheitssatz

a) beim Mischwasserkanal mit ATS 29,30 (€ 2,13)

b) beim Schmutz- und Regenwasserkanal mit ATS 29,30 (€ 2,13)

c) beim Schmutzwasserkanai mit ATS 29,30 (€ 2,13)

d) beim Regenwasserkanal mit ATS 12,30 (€ 0,89)

festgesetzt.

3. Werden in das Kanalsystem [Mischwasserkanal (Pkt. 2a), Schmutz- und Regenwasserkanal (Pkt. 213)] Schmutz— und Regenwasser eingeleitet, so gelangt in diesem Falle ein um 10 % erhöhter Einheitssatz in der Höhe von ATS 32,23 (€ 2,34) zur Anwendung.

 

6.4. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) lauten:

 

§ 25a VwGG

(1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

1. Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

2. Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

3. Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

 

7. Erwägungen:

 

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** wurde der Berufung der Beschwerdeführer insofern Folge gegeben, als die Vorschreibung der jährlichen Kanalbenützungsgebühr für die Liegenschaft *** in *** ab 1. Jänner 2018 und in der Höhe von 1.026,83 Euro vorgenommen wurde.

 

Strittig ist im gegenständlichen Fall insbesondere, ob es durch den Einbau einer Hebeeinrichtung für Rollstuhlfahrer in das Einfamilienhaus auf der gegenständlichen Liegenschaft zu einer Änderung der für die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr relevanten Geschossfläche gekommen ist.

 

Gemäß § 14 Abs 4 NÖ Kanalgesetz 1977 ist ein Abgabenbescheid über eine Änderung der Kanalbenützungsgebühren aufgrund einer Veränderung der Berechnungsfläche bzw. Veränderung der Einheitssätze zu erlassen.

 

Gemäß § 5 NÖ Kanalgesetz 1977 errechnet sich die Kanalbenützungsgebühr aus dem Produkt der Berechnungsfläche und dem Einheitssatz zuzüglich eines schmutzfachbezogenen Gebührensanteiles. Die Berechnungsfläche ergibt sich gemäß § 5 Abs 3 NÖ Kanalgesetz 1977 aus der Summe aller an die Kanalanlage angeschlossenen Geschossflächen. Die Geschossflächen angeschlossener Kellergeschosse und nicht angeschlossener Gebäudeteile wird nicht berücksichtigt. Die angeschlossenen Kellergeschosse werden jedoch dann berücksichtigt, wenn eine gewerbliche Nutzung vorliegt, ausgenommen Lagerräume, die mit einem Unternehmen im selben Gebäude in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.

 

Aus der Definition des § 1a Z 6 NÖ Kanalgesetz 1977 ergibt sich zunächst zweifelsfrei, dass der Gesetzgeber die Geschossfläche mit den „äußersten Begrenzungen jedes Geschosses“ (und nicht mit etwa vorhandenen „inneren Begrenzungen“) verbunden wissen wollte. Schon diese aus dem Wortlaut erschließbare Absicht des Gesetzgebers ist ein Indiz dafür, auch bei der Frage, wodurch jedes Geschoss, somit die Gesamtheit der in einer Ebene liegenden Räume eines Gebäudes (vgl. 4 Z 7 NÖ BauO 1996, LGBl. 8200-0) begrenzt wird, die Außenseite einer Begrenzung als „äußerste“ Begrenzung vom Gesetzgeber als gewollt anzusehen. Bereits dieses Auslegungsergebnis würde gegen die Ansicht sprechen, dass die Wandstärken bei der Berechnung der Geschossflächen außer Betracht zu bleiben hätten. Bei der Berechnung der „Geschossfläche“ nach § 1a Z 6 NÖ Kanalgesetz 1977 ist die von den (Außen)wänden in Anspruch genommene Fläche eines Geschosses in die Berechnung der Kanalbenützungsgebühr mit einzubeziehen (vgl. VwGH 2005/17/0001).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung grundsätzlich auf den Geschoßbegriff der gleichzeitig mit der Novelle zu § 5 des Kanalgesetzes 1977 erlassenen NÖ Bauordnung abgestellt (vgl. VwGH 98/17/0329).

 

Unter einem Geschoß ist die Gesamtheit der in einer Ebene liegenden Räume eines Gebäudes zu verstehen, auch wenn die Ebene bis zur halben Höhe des Geschoßes versetzt ist. Folglich ist weder die Fläche der sich über zwei Geschoße erstreckenden Halle selbst, noch die Fläche des in dieser Halle errichteten Stiegenaufganges der Berechnungsfläche des Obergeschoßes zuzurechnen, weil sich auf diesen Flächen keine Räume befinden, die in einer Ebene mit dem Obergeschoß liegen, auch wenn man im Sinne der Definition des § 4 Z 7 NÖ BauO 1996 hiezu auch solche Räume zu zählen hat, deren Ebenen bis zur halben Geschoßfläche versetzt sind (VwGH 98/17/0329).

 

Im Zuge des Einbaus der Hebeeinrichtung wurde ein Deckendurchbruch vom Untergeschoß zum Erdgeschoss durchgeführt. Dadurch wurde bewirkt, dass sich die Bodenfläche und damit die Geschossfläche im Erdgeschoss um die Größe des Deckendurchbruches bzw. des Liftschachtes verringert hat. Konkret handelt sich um eine Fläche von 1,37 m x 1,43 m.

 

Durch diese Reduktion der Geschossfläche im Erdgeschoss haben sich auch die Berechnungsgrundlagen für die Berechnung der Kanalbenützungsgebühr verändert. Dadurch wurde ein Änderungstatbestand erfüllt durch den die Abgabenbehörde aufgrund der veränderten Berechnungsfläche einen neuen Bescheid über die Höhe der Kanalbenützungsgebühr zu erlassen hatte (§ 14 Abs. 4 NÖ Kanalgesetz 1977).

 

Diesem Bescheid war die geänderte Geschossfläche des Untergeschosses und des Erdgeschosses zugrunde zu legen. Durch den Einbau der Hebeeinrichtung reduzierte sich die Fläche des Erdgeschosses um 1,96 m² (1,37 m x 1,43 m). Der Umstand, dass die belangte Behörde die Reduktion der Fläche dem Untergeschoß zugeordnet hat ändert im Ergebnis an der Richtigkeit der gesamten zugrunde gelegten Berechnungsfläche nichts, da Untergeschoß und Kellergeschoß bei der Berechnung der gesamten Geschossfläche zu addieren sind.

 

Die Multiplikation erfolgte mit dem in § 5 Z 2 Kanalabgabenordnung 2000 der Stadtgemeinde *** vorgesehenen Einheitssatz.

 

Der Zeitpunkt, ab dem die neue Gebühr aufgrund geänderter Umstände vorzuschreiben ist, ergibt sich aus § 13 Abs. 2 NÖ Kanalgesetz. Demnach ist aufgrund einer Änderung der Berechnungsgrundlagen (Berechnungsfläche) für die Kanalbenützungsgebühr ab dem Monatsersten des dem Tage des Eintrittes der Veränderung zunächst folgenden Monates zu entrichten. Mit Fertigstellungsanzeige vom 22. Februar 2018 wurde der Stadtgemeinde bekannt gegeben, dass das anzeigepflichtige Bauvorhaben „Einbau einer Hebeeinrichtung für Rollstuhlfahrer“ am 15. Dezember 2017 vollendet wurde. Demnach war die Kanalbenützungsgebühr mit 1. Jänner 2018 neu festzusetzen.

 

Wie sich aus den Unterlagen (Bauanzeige, Fertigstellungsmeldung) eindeutig ergibt, liegt ein Projekt über die Errichtung einer Hebeeinrichtung für Rollstuhlfahrer und nicht über die Errichtung eines Atriums vor. Entscheidungswesentlich ist, ob sich – wie oben dargestellt – die Berechnungsfläche geändert hat, nicht aber, aus welchem Grund dies geschehen ist. Der Beweisantrag auf Beiziehung eines Amtssachverständigen für Bautechnik zur Beurteilung der Frage, ob ein Atrium vorliegt oder nicht, geht damit ins Leere und wurde von selbiger Abstand genommen.

Die Vertreterin der belangten Behörde führte in der mündlichen Verhandlung beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich darüber hinaus aus, dass in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf abgestellt worden sei, dass durch die Errichtung des Aufzuges ein Luftraum, nämlich in der Decke des Untergeschoßes bzw. im Boden des Erdgeschoßes – je nachdem wie man es betrachtet – entstanden sei. Der Begriff Atrium sei nur deswegen in der Begründung angeführt, weil er in dem in der Begründung angeführten Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 23. Mai 2016 angeführt sei, dies auch nur beispielhaft, und sei es bei der Begründung im Endeffekt darauf angekommen, ob ein Luftraum vorhanden sei, nicht aber ob es sich um ein Atrium handle oder nicht.

 

8. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

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