LVwG Niederösterreich LVwG-AV-340/001-2019

LVwG NiederösterreichLVwG-AV-340/001-201925.7.2019

NatSchG NÖ 2000 §27b
NatSchG NÖ 2000 §38 Abs10

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.340.001.2019

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch MMag. Kammerhofer als Einzelrichter über die Beschwerde des Vereines A, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 6. März 2018, Zl. ***, betreffend NVP-Feststellungsverfahren den

 

BESCHLUSS:

 

1. Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

2. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

 

Begründung:

 

1. Sachverhalt:

 

Mit Bescheid der der Bezirkshauptmannschaft Krems (in der Folge: die belangte Behörde) vom 6. März 2018, Zl. ***, stellte die belangte Behörde gemäß § 10 Abs. 1 und 2 NÖ Naturschutzgesetz 2000 fest, dass das Projekt des *** „Errichtung einer Forststraße "***" auf Grundstück Nr. ***, KG ***“ weder einzeln noch im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Europaschutzgebietes *** (FFH-Gebiet AT ***) führen kann. Dieser Bescheid wurde am 13. März 2018 an einen Arbeitnehmer des *** und am 14. März 2018 an eine Bedienstete der Gemeinde *** übergeben sowie an die NÖ Umweltanwaltschaft elektronisch übermittelt. Keine dieser Verfahrensparteien erhob Beschwerde gegen diesen Bescheid.

 

Die belangte Behörde übermittelte diesen Bescheid mit E-Mail vom 14. Februar 2019 an den Verein A (in der Folge: der beschwerdeführende Verein) welcher dagegen fristgerecht eine ausführlich begründete Beschwerde erhob. Der beschwerdeführende Verein beantragte, das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge in der Sache selbst erkennen und den angefochtenen Bescheid als rechtswidrig aufheben, in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und die Verwaltungssache zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverweisen.

 

2. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nahm Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, in die Beschwerde und in das Vereinsregister.

 

3. Beweiswürdigung:

 

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt im Zusammenhalt mit der Beschwerde und dem Auszug aus dem Vereinsregister.

 

4. Rechtslage:

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des NÖ Naturschutzgesetzes 2000 (NÖ NatSchG) lauten:

 

§ 27b

Beteiligung von Umweltorganisationen

(1) Umweltorganisationen, die gemäß § 19 Abs. 7 des UVP-G 2000, BGBl. Nr. 697/1993, zur Ausübung von Parteienrechten in Niederösterreich befugt sind, sind an Verfahren gemäß § 10 Abs. 1 und 2 zu beteiligen.

(2) Das Einlangen eines Antrags gemäß § 10 Abs. 1 und 2 ist von der Behörde im elektronischen Informationssystem bekannt zu machen (Verfahrenskundmachung). In der Verfahrenskundmachung sind Art, Lage, Umfang und Verwendung des Vorhabens anzugeben und auf die in Abs. 3 bis 6 festgelegten Rechte hinzuweisen. Dies gilt auch für Antragsänderungen.

(3) Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens von der Behörde eingeholte Sachverständigengutachten sind im elektronischen Informationssystem bereitzustellen.

(4) Umweltorganisationen können binnen vier Wochen ab Bereitstellung eine schriftliche Stellungnahme zu dem Vorhaben sowie den Sachverständigengutachten abgeben.

(5) Ab der Verfahrenskundmachung können Umweltorganisationen Akteneinsicht nehmen.

(6) Umweltorganisationen, welche fristgerecht eine Stellungnahme zu einem Vorhaben bzw. einem Sachverständigengutachten abgegeben haben, sind berechtigt, Beschwerde gegen Bescheide der Behörde gemäß § 10 Abs. 1 und Abs. 2 an das Landesverwaltungsgericht zu erheben. Werden in einer solchen Beschwerde Beschwerdegründe erstmalig vorgebracht, so sind diese nur zulässig, wenn in der Beschwerde begründet wird, warum sie nicht bereits im Feststellungs- oder Bewilligungsverfahren geltend gemacht werden konnten und die beschwerdeführende Umweltorganisation glaubhaft macht, dass sie daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Wenn dies bei sämtlichen Beschwerdegründen nicht glaubhaft gemacht werden kann, ist die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen, wenn jedoch nur teilweise Gründe betroffen sind, ist die Beschwerde in diesen Punkten nicht zu behandeln.

 

§ 27c

Nachprüfende Kontrolle durch Umweltorganisationen

(1) Umweltorganisationen im Sinne des § 27b Abs. 1 steht das Recht zu, gegen Bescheide gemäß § 20 Abs. 4, sofern geschützte Tier- und Pflanzenarten, die in

- Anhang IV der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie oder

- Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie aufgelistet oder in

- Art. 4 Abs. 2 der Vogelschutz-Richtlinie genannt sind,

betroffen sind, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu erheben.

(2) Die betroffenen Bescheide sind von der Behörde im elektronischen Informationssystem des § 27a bereitzustellen. Ab dem Tag der Bereitstellung ist einer Umweltorganisation für fünf Wochen Einsicht in den Verwaltungsakt zu gewähren. Auf das Recht zur Akteneinsicht ist im Zuge der Bereitstellung hinzuweisen.

 

§ 38

Schluss- und Übergangsbestimmungen

[…]

(10) Umweltorganisationen im Sinne des § 27b Abs. 1 steht nur gegen Bescheide nach

1. § 10 Abs. 1 und 2 sowie

2. § 20 Abs. 4, sofern geschützte Tier- und Pflanzenarten, die in

- Anhang IV der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie oder

- Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie aufgelistet oder

- Art. 4 Abs. 2 der Vogelschutz-Richtlinie genannt sind, betroffen sind,

und die bis zu einem Jahr vor Inkrafttreten dieses Gesetzes in der Fassung LGBl. Nr. 26/2019 erlassen worden sind, das Recht zu, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu erheben. Beschwerden gegen solche Bescheide haben keine aufschiebende Wirkung. § 27c Abs. 2 gilt sinngemäß.

(11) Umweltorganisationen im Sinne des § 27b Abs. 1, die in einem vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes in der Fassung LGBl. Nr. 26/2019 noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren beigezogen wurden, sind weiterhin beizuziehen.

 

5. Erwägungen:

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist - über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

6.1. Zur Beschwerdelegitimation:

 

Mit dem EuGH-Urteil vom 20.12.2017, Zl. C-664/15 („Protect“), sprach der Gerichtshof aus, dass auch Umweltorganisationen in umweltbezogenen Verfahren bzw. bei Vorhaben, die eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können, einzubeziehen sind und ein Beschwerderecht gegen Bewilligungsbescheide zukommen muss.

 

Der beschwerdeführende Verein ist mit Anerkennungsbescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 8.2.2012, Zl. ***, als Umweltorganisation gemäß § 19 Abs. 6 und 7 UVP-Gesetz anerkannt und hat seinen Tätigkeitsbereich in Niederösterreich, Burgenland, Oberösterreich, Steiermark und Wien.

 

Der beschwerdeführende Verein ist als Verein im Sinne des Vereinsgesetzes am 1.1.1990 entstanden und wird auf Grund der Statuten vom Obmann bzw. dessen Stellvertreter nach außen vertreten. Laut Vereinsregisterauszug vom 24. Juli 2019 ist für die Funktionsperiode 30.11.2018 bis 29.11.2021 als Obmann-Stellvertreter B eingetragen und als solcher daher berechtigt, für den beschwerdeführenden Verein eine Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht einzubringen.

 

6.2. Zur Zulässigkeit:

 

Die Erlassung eines Bescheides kann durch mündliche Verkündung oder durch Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides erfolgen (VwGH 27.03.2014, 2013/10/0244).

 

Im gegenständlichen Fall wurde der nunmehr angefochtene Bescheid am 13. März 2018 an einen Arbeitnehmer des *** und am 14. März 2018 an eine Bedienstete der Gemeinde *** übergeben sowie an die NÖ Umweltanwaltschaft elektronisch übermittelt. Mit der Übergabe des Bescheides an einen Arbeitnehmer des *** am 13. März 2018 wurde die Zustellung bewirkt und der Bescheid mit diesem Datum erlassen. Von den genannten Verfahrensparteien erhob keine Beschwerde, weshalb der Bescheid auch im April 2018 in Rechtskraft erwuchs.

 

Wenngleich nunmehr ein Beteiligtenrecht bzw. die Möglichkeit der Anrufung eines Gerichtes von Umweltorganisationen auf Grund der Vorgaben der Aarhus-Konvention abgeleitet wird, so ist im gegenständlichen Fall auf die aktuelle Rechtslage im NÖ Naturschutzgesetz, insbesondere §§ 27b sowie 38 Abs. 10 und 11, Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß § 38 Abs. 10 NÖ Naturschutzgesetz können Umweltorganisationen im Sinne des § 27b Abs. 1 NÖ Naturschutzgesetz gegen Bescheide nach § 10 Abs. 1 und 2 sowie § 20 Abs. 4 NÖ Naturschutzgesetz, sofern geschützte Tier- und Pflanzenarten - die in Anhang der Fauna Flora Habitatrichtlinie bzw. in Anhang 1 der Vogelschutzrichtlinie aufgelistet oder in Artikel 4 Abs. 2 der Vogelschutzrichtlinie genannt sind - betroffen sind und die bis zu einem Jahr vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen worden sind, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht erheben.

 

Der gegenständliche Bescheid wurde am 13. März 2018 erlassen.

 

Die am 31. Jänner 2019 beschlossene Änderung des Naturschutzgesetzes wurde am 21. März 2019 mit LGBl. Nr. 26/2019 kundgemacht. Das Gesetz trat in der Fassung LGBl. Nr. 26/2019 gemäß § 11 Abs. 2 NÖ Verlautbarungsgesetz 2015 am 22. März 2019 in Kraft.

 

Der angefochtene Bescheid wurde außerhalb der in § 38 Abs. 10 NÖ Naturschutzgesetz festgelegten einjährigen Frist vor Inkrafttreten dieses Gesetzes in der Fassung LGBl. Nr. 26/2019 erlassen und kommt damit eine Beschwerdeberechtigung des beschwerdeführenden Vereines nicht mehr in Betracht.

 

Da der angefochtene Bescheid im April 2018 in Rechtskraft erwuchs, liegt auch kein Anwendungsfall des § 38 Abs. 11 NÖ Naturschutzgesetz vor.

 

Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass durch die bloße Zustellung eines Bescheides nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 21.1.2014, 2010/04/0078, VwGH 26.9.2013, 2013/07/0062) keine Parteistellung begründet wird. Der beschwerdeführende Verein kann sich folglich nicht darauf stützen, dass ihm der nunmehr angefochtene Bescheid von der Bezirkshauptmannschaft zugestellt wurde.

 

Die Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.

 

7. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 VwGVG entfallen, da die Beschwerde zurückzuweisen war. Zudem waren für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde keine Sachverhalts- sondern lediglich Rechtsfragen zu klären.

 

8. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

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