AlVG §38
AlVG §9
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:G305.2260111.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter KommR. Mag. Heinz ZAVECZ und Mag. Robert DRAXLER als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice vom XXXX .2022, VSNR: XXXX , und über den Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung vom XXXX , GZ: XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.01.2023 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bescheid vom XXXX .2022, VSNR: XXXX , und die Beschwerdevorentscheidung vom XXXX .2022, GZ: XXXX , werden bestätigt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Mit Bescheid vom XXXX .2022, VSNR: XXXX , sprach die regionale Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: belangte Behörde oder kurz: AMS) aus, dass XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer oder kurz: BF), im Zeitraum XXXX .2022 bis XXXX .2022 gemäß § 38 iVm § 10 AlVG den Anspruch auf die Notstandshilfe verloren habe.
Begründend führte das AMS aus, dass der Beschwerdeführer eine ihm am XXXX .2022 vom AMS bei der Fa. XXXX als XXXX zugewiesene Beschäftigung mit möglichem Arbeitsantritt am XXXX .2022 vereitelt habe, da er angegeben hatte, dass er diese Beschäftigung aus gesundheitlichen Gründen nicht ausüben könne. Nach dem Gutachten des BBRZ vom XXXX .2022 sei ihm die Ausübung der Tätigkeit aus medizinischer Sicht jedoch zumutbar.
2. Gegen diesen Bescheid richtete sich die Beschwerde vom XXXX .2022, in deren Begründung es im Wesentlichen kurz zusammengefasst heißt, dass er sich wegen des Gutachtens des BBRZ vom XXXX .2022, das ohne Rücksichtnahme auf die körperlichen Anforderungen dieser Arbeitsstelle seine Arbeitsfähigkeit für die ausgeschriebene Stelle der Qualitätskontrolle bei der Fa. XXXX befürworte, beschwere.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom XXXX .2022, GZ: XXXX wies die belangte Behörde die gegen den Ausgangsbescheid erhobene Beschwerde ab und sprach aus, dass der angefochtene Bescheid bestätigt werde.
4. Gegen die dem BF am XXXX .2022 im Wege einer Ersatzzustellung an seine Mitbewohnerin zugestellte Beschwerdevorentscheidung richtet sich der Vorlageantrag des BF, die er mit dem Begehren verband, dass seine Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt werden möge. Begründend führte der BF aus, dass er schon im XXXX 2022 telefonisch bei einer Mitarbeitern der potentiellen Dienstgeberin seine gesundheitlichen Einschränkungen bekannt gegeben hätte. Hierauf sei das Gespräch von seiten der potentiellen Dienstgeberin mit der „Begründung der belastenden Arbeit in der XXXX beendet“ worden. Er habe sich schon sehr oft erfolglos bei dieser Dienstgeberin beworben.
5. Am XXXX .2022 brachte die belangte Behörde den Ausgangsbescheid vom XXXX .2022, die dagegen erhobene Beschwerde, die darüber ergangene Beschwerdevorentscheidung vom XXXX 2022, GZ: XXXX , und den dagegen erhobenen (fristgerechten) Vorlageantrag dem Bundesverwaltungsgericht zur Vorlage.
6. Am XXXX .2022 reichte der BF beim Bundesverwaltungsgericht eine schriftliche Eingabe nach, in der es heißt, dass in dem am 08.08.2022 vom AMS XXXX übermittelten Stellenangebot eine 2- und 3-Schichtbereitschaft gefordert werde. Laut PVA Gutachten vom XXXX .2018 seien 3-Schichtarbeiten nicht möglich. Im Stellenangebot vom XXXX .2022 werde auf eine Bereitschaft zur Überzahlung bei beruflicher Qualifikation ausdrücklich hingewiesen und habe eine Mitarbeiterin der potentiellen Dienstgeberin eine Überzahlungsmöglichkeit bei seinen beruflichen Qualifikationen völlig ausgeschlossen. Mit seiner schriftlichen Eingabe brachte der BF ein von ihm als „Stellenangebot vom XXXX .2022“ bezeichnetes Stellenangebot vom XXXX .2022 bei der Fa. XXXX über eine Stelle als Mitarbeiter/in in der XXXX im Bereich XXXX und ein zum XXXX .2018 datiertes Ärztliches Gutachten gemäß § 8 AlVG der Pensionsversicherungsanstalt Landesstelle XXXX zur Vorlage.
7. Am 23.01.2023 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers und einer informierten Vertreterin der potentiellen Dienstgeberin durchgeführt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der am XXXX in Graz (Österreich) geborene Beschwerdeführer ist im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft und hat seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet (er ist seit dem XXXX .2015 bis laufend an der Anschrift in XXXX gemeldet) [Amtswegig eingeholte ZMR-Abfrage vom 23.01.2023].
Er hat den Beruf eines XXXX und eines XXXX erlernt und zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2005 eine Lehrabschlussprüfung abgelegt. Zuletzt übte er die Tätigkeit eines XXXX aus [Arbeitsmedizinische Begutachtung des BBRZ Österreich vom XXXX .2022, S. 2 oben].
1.2. Ausgehend vom XXXX .2013 bis laufend scheinen bei ihm im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger folgende, die Arbeitslosigkeit ausschließenden Beschäftigungen auf:
XXXX XXXX .2013 bis XXXX .2013 Arbeiter
XXXX XXXX .2013 bis XXXX .2015 Arbeiter
XXXX XXXX 2018 bis XXXX .2018 Arbeiter
Weitere, die Arbeitslosigkeit ausschließenden Beschäftigungsverhältnisse scheinen bei ihm bis laufend nicht auf [HV-Abfrage vom 23.01.2023].
1.3. In den zwischen den in Punkt 1.2. angeführten Zeiten gelegenen Zeiträumen stand der Beschwerdeführer im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosengeld und Notstandshilfe), wobei diese Zeiten wiederholt durch den Bezug von Krankengeld unterbrochen waren [HV-Abfrage vom 23.01.2023; Bezugsverlauf des AMS vom XXXX .2022].
1.4. Am XXXX .2022 schloss das AMS mit ihm eine bis XXXX 2022 gültige Betreuungsvereinbarung ab, worin sich das AMS auf Grund seiner gesundheitlichen Einschränkungen, die dazu geführt hatten, dass es trotz zahlreicher Bewerbungsversuche noch zu keiner Arbeitsaufnahme gekommen war, verpflichtete, ihn bei der Suche nach einer Stelle als XXXX bzw. als XXXX und für HelferInnenstellen, die den AlVG-Zumutbarkeits- bzw. Verfügbarkeitsbestimmungen für NotstandshilfebezieherInnen entsprechen, mit Arbeitsort in den Bezirken XXXX und XXXX im Ausmaß Vollzeit zu unterstützen.
Der BF wiederum verpflichtete sich in dieser Betreuungsvereinbarung dazu, selbständig Aktivitäten wie z.B. Aktivbewerbungen zu setzen, sich auf ihm von der belangten Behörde übermittelte Stellenangebote zu bewerben und innerhalb von 8 Tagen über ihre Bewerbung Rückmeldung zu geben, an Informationstagen und Jobbörsen des AMS teilzunehmen, die Selbstbedienungsangebote zu nutzen und auf Anrufe oder E-Mails von Unternehmen, die direkt mit ihm in Kontakt treten, zu reagieren.
1.5. Am XXXX .2022 schloss das AMS mit ihm eine neuerliche, bis XXXX .2022 gültige Betreuungsvereinbarung gleichen Vereinbarungsinhalts wie in der Betreuungsvereinbarung vom XXXX .2022 ab.
1.6. Am XXXX 2022 übermittelte ihm die belangte Behörde eine die Arbeitslosigkeit auszuschließen geeignete Stelle als XXXX bei der Dienstgeberin XXXX mit einer Entlohnung laut Kollektivvertrag zuzüglich Unterkunft, Verpflegung etc. und einem möglichen Beschäftigungsbeginn am XXXX .2022 und Arbeitsort in XXXX [Niederschrift über die Nichtannahme bzw. das Nichtzustandekommen einer zugewiesenen Beschäftigung vom 21.06.2022].
Die in der Stellenzuweisung dargestellten Anforderungen wurden wie folgt beschrieben:
„- Erfahrung in der Produktion und im Bereich XXXX von Vorteil
- Deutschkenntnisse
- 2- und 3-Schichtbereitschaft
- Führerschein B und eigener PKW zwingend erforderlich
- zeitliche Flexibilität, genaue und selbständige Arbeitsweise und Teamfähigkeit“
Die Aufgaben des/der potentiellen Bewerbers/Bewerberin wurden wie folgt dargestellt:
„- selbständige XXXX an verschiedenen XXXX
- Unterstützung der Produktionsabläufe
- genaue Dokumentation“
1.7. Noch am selben Tag wurde er von einer Mitarbeiterin der potentiellen Dienstgeberin angerufen, erschien jedoch ihr gegenüber als „sehr frech“, indem er sich mehrmals über die Entlohnung beschwerte bzw. sich darüber lustig machte und bezüglich der Entlohnung ausführte, dass er „nicht unter einem Facharbeiterlohn arbeiten“ gehe und man „1974 so wenig Lohn“ erhalten habe und „kein Mensch zu so einer Arbeitsstelle“ gehe [Schreiben der XXXX vom XXXX .2022].
Mit Schreiben vom XXXX .2022 meldete die potentielle Dienstgeberin der belangten Behörde zurück, dass sie „sofort eine langfristige Arbeitsstelle“ für den BF gehabt hätte, dieser jedoch wegen seines Verhaltens nicht mehr in Evidenz komme [Ebda].
1.8. Am XXXX .2022 wurde der BF zur Nichtannahme bzw. zum Nichtzustandekommen der ihm zugewiesenen Beschäftigung als XXXX bei der Dienstgeberin XXXX niederschriftlich einvernommen.
Anlässlich dieser Einvernahme teilte er mit, dass er gegen die ihm angebotene Entlohnung, wegen der angebotenen beruflichen Verwendung, wegen der vom Unternehmen geforderten Arbeitszeit, aus Gründen seiner körperlichen Fähigkeiten, der Gesundheit und Sittlichkeit, wegen der täglichen Wegzeit für den Hin- und Rückweg und wegen allfälliger Betreuungspflichten keine Einwendungen gegen die ihm zugewiesene Arbeitsstelle habe. Zur Rubrik „sonstige Gründe“ gab er an, sich schon „x-mal“ bei dieser Dienstgeberin beworben zu haben und dass er im XXXX die letzte Absage erhalten hätte. Desweiteren gab er anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme an, dass er die Stelle auch aus gesundheitlichen Gründen ausüben könne, weshalb er um einen Termin beim BBRZ zur ärztlichen Abklärung ersuchte [Niederschrift des AMS vom XXXX 2022, S. 2].
1.9. Am XXXX .2022 wurde der BF beim BBRZ Österreich einer arbeitsmedizinischen Untersuchung unterzogen und ergab die arbeitsmedizinische Begutachtung zusammengefasst folgendes arbeitsmedizinisches Leistungskalkül:
„Der Klient ist am allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung des erstellten medizinischen Leistungskalküls einsetzbar.
Maßnahmenfähigkeit ist gegeben.
Verweisend auf die Arbeitsplatzanalyse ergibt sich folgende Einschätzung:
Der K kann Hebebelastungen nur leicht, sowie eine stärkere Belastung im linken Handgelenk nicht mehr tolerieren.“ [Arbeitsmedizinisches Gutachten des BBRZ Österreich vom 29.06.2022, S. 4 Mitte].
Nach dem medizinischen Leistungskalkül war die dem BF als XXXX bei der Dienstgeberin XXXX zugewiesene Beschäftigung mit möglichem Arbeitsantritt am XXXX .2022 zumutbar.
1.10. Bis laufend hat der BF keine die Arbeitslosigkeit beendende Beschäftigung mehr angenommen.
2. Beweiswürdigung:
Das Bundesverwaltungsgericht geht vom oben dargelegten, unstrittigen Sachverhalt aus, der sich unmittelbar aus der Aktenlage (Verwaltungsakten und Gerichtsakten) ergibt.
Beweis wurde weiter erhoben durch den Verwaltungsakt und die darin einliegenden Schriftstücke der belangten Behörde, das Beschwerdevorbringen der BF und deren Einvernahme als Partei in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die Feststellung, dass ihm die belangte Behörde am XXXX .2022 eine die Arbeitslosigkeit auszuschließen geeignete Stelle als XXXX bei der Dienstgeberin XXXX mit einer Entlohnung laut Kollektivvertrag zuzüglich Unterkunft, Verpflegung etc. und einem möglichen Beschäftigungsbeginn am XXXX 2022 und Arbeitsort in XXXX übermittelte, gründet im Kern auf der im Akt einliegenden Stellenausschreibung und auf den in der Niederschrift über die Nichtannahme bzw. das Nichtzustandekommen einer zugewiesenen Beschäftigung vom XXXX .2022 enthaltenen Angaben. Die bezogenen Angaben wurden vom BF in keiner Phase des verwaltungsbehördlichen und des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens in Zweifel gezogen.
Die Feststellung, dass sich der der BF zwar um diese Stelle bewarb, auf einen Anruf der potentiellen Dienstgeberin „sehr frech“ reagierte, indem er sich mehrmals über die Entlohnung beschwerte bzw. lustig machte und bezüglich der Entlohnung ausführte, dass er „nicht unter einem Facharbeiterlohn arbeiten“ gehe und man „1974 so wenig Lohn“ erhalten habe und „kein Mensch zu so einer Arbeitsstelle“ gehe, gründet auf dem Schreiben der potentiellen Dienstgeberin an die belangte Behörde vom XXXX 2022. Diese Angaben der potentiellen Dienstgeberin erscheinen dem erkennenden Gericht glaubhaft, zumal sie vom BF in der mit ihm aufgenommenen Niederschrift über die Nichtannahme bzw. das Nichtzustandekommen der ihm zugewiesenen Beschäftigung vom XXXX .2022 nicht in Zweifel gezogen wurden, als er mit den Angaben der Dienstgeberin konfrontiert wurde. Darüber hinaus hatte er bei seiner niederschriftlich dokumentierten Einvernahme zu Protokoll gegeben, dass er bezüglich einer Überzahlung nachgefragt hätte und seine Gesprächspartnerin ihm mitgeteilt hätte, dass „dies absolut nicht möglich wäre“.
Die Konstatierung, dass die potentielle Dienstgeberin der belangten Behörde mit Schreiben vom XXXX .2022 zurückgemeldet hätte, für ihn „sofort eine langfristige Arbeitsstelle“ gehabt zu haben, er jedoch wegen seines Verhaltens nicht mehr in Evidenz komme, gründet ebenfalls auf dem Schreiben der potentiellen Dienstgeberin vom XXXX .2022.
Die Feststellung, dass er am XXXX .2022 beim BBRZ Österreich einer arbeitsmedizinischen Untersuchung unterzogen wurde und die arbeitsmedizinische Begutachtung zusammengefasst ein positives arbeitsmedizinisches Leistungskalkül ergab und dass ihm die bei der Dienstgeberin XXXX zugewiesene Beschäftigung mit möglichem Arbeitsantritt am XXXX .2022 zumutbar gewesen wäre, gründet auf den in der arbeitsmedizinischen Begutachtung gezogenen ärztlichen Schlussfolgerungen. Diesen nachvollziehbaren, als schlüssig und vollständig zu wertenden Schlussfolgerungen bis dato auf derselben fachlichen Ebene nicht entgegengetreten.
Es waren daher die entsprechenden Konstatierungen zu treffen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF. BGBl. I Nr. 133/2012, geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu Spruchteil A):
3.2.1. Der in Beschwerde gezogene Ausgangsbescheid des XXXX vom XXXX .2022 gründet im Kern darauf, dass dem BF eine Beschäftigung als Qualitätsprüfer bei der Fa. XXXX zugewiesen worden sei, ihm diese Stelle aus gesundheitlichen Gründen zumutbar wäre und er durch sein Verhalten eine mögliche Arbeitsaufnahme mit XXXX .2022 vereitelt hätte.
Anlassbezogen ist daher die Frage zu prüfen, ob und inwieweit der Ausspruch der mit der Bestimmung des § 10 AlVG verbundenen Sanktion gegenüber dem BF gerechtfertigt war und ob tatsächlich keine Gründe für eine Nachsicht gegeben sind, wie es die belangte Behörde vermeint.
3.2.2. Für den beschwerdegegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen maßgeblich:
Gemäß § 7 Abs. 1 AlVG 1977 iVm. mit § 38 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (Z 1), die Anwartschaft erfüllt (Z 2) und die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat (Z 3).
Der Arbeitsvermittlung steht gemäß § 7 AlVG zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist. Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf eine Person, die sich zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden, zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung bereithält (Z 1) und die sich berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben sowie, wenn ihr eine unselbständige Beschäftigung nur nach Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gestattet ist, keine dieser gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975, entgegenstehenden wichtigen Gründe wie insbesondere wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate vorliegen (Z 2).
Gemäß § 8 Abs. 1 erster Satz AlVG gilt als arbeitsfähig, wer nicht invalid und nicht berufsunfähig im Sinne des ASVG ist.
Arbeitswillig im Sinne des § 9 Abs. 1 AlVG ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 Arbeitsmarktförderungsgesetz (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.
Gemäß § 9 Abs. 2 AlVG ist eine Beschäftigung zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht, und gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest nach den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für den Hin- und den Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.
Die für die Aberkennung einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung maßgebliche Bestimmung des § 10 AlVG lautet auszugsweise wörtlich wiedergegeben wie folgt:
„§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person
1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder
2. sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch ihr Verschulden den Erfolg der Nach(Um)schulung vereitelt, oder
3. ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, oder
4. auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen,
so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.
[…]
(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.
[…]“
Die zitierten Bestimmungen gelten sinngemäß für die Notstandshilfe (§ 38 AlVG).
3.2.2.1. Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszwecks, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses keine Beschäftigung gefunden hat, möglichst rasch durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung wieder einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich also darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, was bedeutet, dass die arbeitslose Person auf eben diesen Arbeitsplatz bezogen arbeitswillig zu sein hat (VwGH vom 15.10.2014, Zl. 2013/08/0248 mwN).
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden, aktiven Handelns des Arbeitslosen (siehe dazu VwGH vom 15.10.2014, Zl. 2013/08/0248 und vom 22.02.2012, Zl. 2009/08/0104) und der Unterlassung jedes Verhaltens, das objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern.
§ 9 Abs. 1 AlVG sieht folgende (fünf taxativ aufgezählte) Möglichkeiten bzw. Wege vor, die Arbeitslosigkeit zu beenden und hinsichtlich derer die arbeitslose Person verhalten ist, Gebrauch zu machen, um überhaupt als arbeitswillig zu gelten. Demnach wird als arbeitswillig angesehen, wer bereit ist,
eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom AMS beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung aufzunehmen,
sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen,
an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen,
von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen
und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist (Julcher in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz. 4 zu § 9).
3.2.2.2. Ein Anspruchsverlust nach § 10 Abs. 1 AlVG tritt insbesondere dann ein, wenn sich die arbeitslose Person weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle bzw. von einem vom AMS mit der Arbeitsvermittlung beauftragten, im Einklang mit den Vorschriften des AMFG vorgehenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung oder eine sonst sich bietende Arbeitsmöglichkeit anzunehmen, oder wenn sie sich weigert, einem Auftrag zur Nach(Um-)schulung zu entsprechen oder an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, wobei es in den zuletzt genannten beiden Fällen nur dann zu einer Sanktion kommt, wenn die Weigerung ohne wichtigen Grund erfolgt ist. Ein solcher wichtiger Grund ist dann anzunehmen, wenn ein Umstand vorliegt, der bei einer Beschäftigung Unzumutbarkeit begründen würden, sohin wenn die Maßnahme nicht in angemessener Zeit erreichbar wäre oder ihretwegen gesetzliche Betreuungspflichten nicht eingehalten werden könnte (Julcher in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz. 6ff zu § 10 AlVG).
Neben einer Weigerung kommt es auch im Fall der Vereitelung der Aufnahme einer von der regionalen Geschäftsstelle bzw. von einem vom AMS mit der Arbeitsvermittlung beauftragten, im Einklang mit den Vorschriften des AMFG vorgehenden Dienstleister zugewiesenen Beschäftigung bzw. einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit (Julcher in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz. 16ff zu § 10 AlVG). Es genügt dolus eventualis, der dann als gegeben angenommen wird, wenn die arbeitslose Person das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses durch ihr Verhalten zumindest in Kauf genommen hat (Julcher in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz. 17 zu § 10 AlVG mwN). Auch muss das Verhalten für das Nichtzustandekommen der Beschäftigung kausal sein (VwGH vom 20.10.1992, Zl. 92/08/0042; VwSlg 13.722 A); dabei genügt es, dass die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses verringert wurden (VwGH vom 13.11.2013, Zl. 2013/08/0020 mwH). Um sich in Bezug auf eine vom AMS vermittelte, zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichteten (unverzüglich zu entfaltenden) aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, das objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern (VwGH vom 24.11.2000, Zl. 2000/10/0062 mwH). Das Nichtzustandekommen eines den Zustand der Arbeitslosigkeit beendenden (zumutbaren) Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen (sieht man vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen, ab) auf zwei Wegen verschuldet werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (Unterlassung der Vereinbarung eines Vorstellungstermins, Nichtantritt der Arbeit) oder aber, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach der allgemeinen Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung der arbeitslosen Person abzubringen, zunichtemacht (VwGH vom 27.04.1993, Zl. 92/08/0219 und vom 24.11.2000, Zl. 2000/19/0062).
Eine Vereitelung kann auch in einem zu langen Zuwarten oder einer fehlenden bzw. zweifelhaften Art der Kontaktaufnahme bestehen (Julcher in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz 22 zu § 10 AlVG). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist das insbesondere dann der Fall, wenn nach offenem Vorstellungsgespräch ein Anruf unterlassen wurde, obwohl ein solcher vereinbart war (VwGH vom 07.08.2002, Zl. 2002/08/0129).
3.2.3. Für den beschwerdegegenständlichen Fall bedeutet dies:
Am XXXX .2022 übermittelte die belangte Behörde dem BF eine die Arbeitslosigkeit auszuschließen geeignete Stelle als XXXX bei der Dienstgeberin XXXX mit einer Entlohnung laut Kollektivvertrag zuzüglich Unterkunft, Verpflegung etc. und einem möglichen Beschäftigungsbeginn am XXXX .2022 und Arbeitsort in XXXX .
Noch am selben Tag wurde er von einer Mitarbeiterin der potentiellen Dienstgeberin telefonisch kontaktiert, erschien jedoch ihr gegenüber als „sehr frech“, indem er sich mehrmals über die Entlohnung beschwerte bzw. sich darüber lustig machte und bezüglich der Entlohnung ausführte, dass er „nicht unter einem Facharbeiterlohn arbeiten“ gehe und man „1974 so wenig Lohn“ erhalten habe und „kein Mensch zu so einer Arbeitsstelle“ gehe. Dieses Verhalten des BF führte letztlich dazu, dass er von der potentiellen Dienstgeberin außer Evidenz genommen wurde und eine Beschäftigung nicht zustande kam.
Wenn sich der BF in seiner Nachreichung vom XXXX .2022, in der er – auf der Grundlage eines ärztlichen Sachverständigengutachtens des Kompetenzzentrums Begutachtung der Pensionsversicherungsanstalt vom XXXX .2018 – ausführte, dass ihm 3-Schichtarbeiten nicht möglich wären, vermochte er damit eine Unzumutbarkeit der ihm zugewiesenen Stelle aus folgenden Gründen nicht aufzuzeigen. So ergibt sich aus dem jüngsten, vom AMS in Auftrag gegebenen arbeitsmedizinischen Gutachten des BBRZ Österreich vom XXXX .2022 die Einschätzung, dass dem BF die ihm bei der Dienstgeberin XXXX zugewiesene Stelle als XXXX medizinisch zumutbar ist. In der über das Nichtzustandekommen der ihm bei dieser Dienstgeberin zugewiesenen Beschäftigung am XXXX .2022 mit ihm aufgenommenen Niederschrift, hatte der BF unter anderen angegeben, dass er gegen diese Beschäftigung aus Gründen der körperlichen Fähigkeiten, der Gesundheit und Sittlichkeit keine Einwendungen hätte [Niederschrift über die Nichtannahme bzw. das Nichtzustandekommen einer zugewiesenen Beschäftigung vom XXXX .2022, S. 1 Mitte]. Anlässlich seiner niederschriftlich dokumentierten Einvernahme äußerte er lediglich Bedenken wegen des angebotenen Arbeitslohns, nicht aber solche aus gesundheitlichen Gründen. Im Gegenteil, sagte er anlässlich dieser Einvernahme auch aus:
„Ich kann diese Stelle auch aus gesundheitlichen Gründen ausüben…“ [BF in Niederschrift des AMS vom XXXX .2022, S. 2 oben].
An einer anderen Stelle seiner niederschriftlich dokumentierten Einvernahme gab er an: „Ich habe am XXXX .22 nochmal bei der Dame angerufen und habe ihr mitgeteilt, dass ich bereit wäre, sofort mit der Arbeit zu beginnen (auch zukünftig), auch ohne Überzahlung. Ich habe mich auch entschuldigt. Daraufhin sagte sie mir, die Stelle wäre nun bereits besetzt.“ [BF in Niederschrift des AMS vom XXXX .2022, S. 1 unten]. Bei Wahrunterstellung dieses Anrufs am XXXX .2022, worin er einer Mitarbeiterin der potentiellen Dienstgeberin (letztlich erfolglos) seine Arbeitsbereitschaft bekundet haben soll, spricht ein Verhalten, der Dienstgeberin, wenn auch verspätet und vorbehaltlos die Arbeitsbereitschaft signalisiert zu haben, gegen die Unzumutbarkeit dieser Stelle aus gesundheitlichen Gründen. Wären dem BF Arbeiten im 3-Schichtbetrieb tatsächlich unzumutbar, hätte er diese vorbehaltlose Bereitschaft, die ihm zugewiesene Beschäftigung auch tatsächlich ausüben zu wollen, nicht signalisiert. Anders gewendet spricht sein inkonsequentes Verhalten gegen eine allfällige Unzumutbarkeit der ihm zugewiesenen Beschäftigung aus medizinischen Gründen, zumal sich aus dem ärztlichen Gutachten des Kompetenzzentrums Begutachtung der Pensionsversicherungsanstalt vom XXXX .2018 zusammengefasst ergibt, dass ihm „am allgemeinen Arbeitsmarkt leichte und fallweise mittelschwere Erwerbsarbeiten“, wenn auch mit Einschränkungen zumutbar sind [Ärztliches Gutachten der PVA Steiermark vom XXXX .2018, S. 5 unten]. Aus diesem Gutachten ergibt sich als Einschränkung, dass ihm „Nachtarbeit“ nicht möglich wäre. Schichtarbeit wird dagegen aus ärztlicher Sicht ausdrücklich befürwortet [Ärztliches Gutachten der PVA vom XXXX .2018, S. 7 Mitte].
Zusammengefasst ist daher zu folgern, dass keine Anhaltspunkte erkannt werden können, dass ihm die bei der Dienstgeberin Fa. XXXX zugewiesene Beschäftigung aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich gewesen wäre.
Vor diesem Hintergrund begegnet es keinen Bedenken, dass die belangte Behörde im gegenständlichen Fall das Verhalten des Beschwerdeführers als kausal für das Nichtzustandekommen der ihm zugewiesenen Beschäftigung gewertet und mit dem in Beschwerde gezogenen Ausgangsbescheid, beginnend mit dem möglichen Arbeitsantritt, eine Sanktion gemäß § 10 AlVG verhängt hat.
3.2.4. In Hinblick auf eine etwaige Nachsichterteilung ist die Bestimmung des § 10 Abs. 3 AlVG von Relevanz, die wörtlich wie folgt lautet:
„§ 10
[…]
(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.
[…]“.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind in Hinblick auf die zitierte Bestimmung Gründe dann als berücksichtigungswürdig anzusehen, wenn diese dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug der Leistung den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter trifft, als dies sonst ganz allgemein der Fall ist. Berücksichtigt man den Zweck des § 10 AlVG, den zeitlich befristeten Ausschluss vom Leistungsbezug als Sanktion für jene Arbeitslosen vorzusehen, die es zumindest in Kauf nehmen, dass die Versichertengemeinschaft durch eine Verletzung der ihnen bei der Arbeitssuche durch das Gesetz auferlegten Pflichten über Gebühr belastet wird, dann kann ein berücksichtigungswürdiger Fall nur dann vorliegen, wenn der Arbeitslose in der Folge entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, das den potentiellen Schaden ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch alsbaldige tatsächliche Aufnahme einer anderen Beschäftigung), oder wenn ihm sein Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht auf Dauer vorliegenden und auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann. Es kommt dabei aber nicht auf persönliche finanzielle Umstände an; ebenso wenig können aufgrund der Systematik des Gesetzes jene Umstände zur Annahme eines berücksichtigungswürdigen Falles führen, die schon im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit der Beschäftigung iSd. § 9 Abs. 2 und 3 AlVG von Bedeutung sind und deren Prüfung ergeben hat, dass sie diese nicht ausschließen (vgl. VwGH vom 02.04.2008, Zl. 2007/08/0234, und vom 07.09.2011, Zl. 2008/08/0135 mwN).
Unter einer anderen Beschäftigung iSd. § 10 Abs. 3 AlVG kann nur eine die Arbeitslosigkeit ausschließende bzw. beendende Beschäftigung verstanden werden. Wird sie noch während der Sperrfrist aufgenommen, so stellt dies (unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände) einen Grund für eine gänzliche oder teilweise Nachsicht des Ausschlusses vom Bezug des Arbeitslosengeldes mit der Konsequenz dar, dass auch für die Zeit vor dem Beginn der die Arbeitslosigkeit ausschließenden Beschäftigung je nach der zeitlichen Nähe zum Beginn der Sperrfrist diese ganz oder teilweise nachzusehen ist. Eine ausdrückliche Regelung, innerhalb welcher Frist die andere Beschäftigung aufgenommen werden muss, um eine gänzliche oder teilweise Nachsicht vom Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes zu rechtfertigen, enthält § 10 Abs. 3 AlVG nicht (VwGH vom 02.04.2008, Zl. 2007/08/0234).
Im Zusammenhang mit § 10 Abs. 3 AlVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass diese Bestimmung die Aufnahme einer anderen Beschäftigung ausdrücklich als Beispiel für einen berücksichtigungswürdigen Grund für eine Nachsichtserteilung nennt. Dass eine solche Beschäftigung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt - etwa bis zum Ablauf der Sperrfrist - aufgenommen worden sein muss, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Grundsätzlich kann daher jede Beschäftigung berücksichtigt werden, die vor der (endgültigen) Entscheidung über die Nachsicht angetreten worden ist und auf Grund einer gewissen zeitlichen Nähe zur Weigerung bzw. Vereitelung noch deren negative Konsequenzen für die Versichertengemeinschaft (teilweise) auszugleichen vermag. Während aber im Fall der Aufnahme einer Beschäftigung vor Ablauf der Ausschlussfrist die (gänzliche oder teilweise) Nachsicht jedenfalls zu erteilen ist, werden bei einer späteren Beschäftigungsaufnahme zumindest ernsthafte Bemühungen schon im Vorfeld verlangt, damit - allenfalls in Verbindung mit anderen zugunsten des Arbeitslosen sprechenden Umständen - noch von einem berücksichtigungswürdigen Fall im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG ausgegangen werden kann (VwGH vom 17.12.2015, Zl. Ro 2015/08/0026).
Solche ernsthaften Bemühungen, eine neue, die Arbeitslosigkeit beendende Vollzeitarbeitsstelle zu erlangen, konnte der BF im vorliegenden Fall nicht vorweisen. Er hat seit dem Ende seiner letzten Beschäftigung bei der Dienstgeberin XXXX am XXXX .2018 keine die Arbeitslosigkeit zu beenden geeignete Beschäftigung mehr angenommen. Dieser Umstand vermag eine (teilweise oder gänzliche) Nachsicht von den Rechtsfolgen gemäß § 10 AlVG nicht zu rechtfertigen.
3.2.5. Aus den angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
