BVwG W258 2236970-1

BVwGW258 2236970-113.5.2022

B-VG Art133 Abs4
DSG §9
DSGVO Art17
DSGVO Art21
DSGVO Art4 Z1
DSGVO Art6 Abs1 litf
DSGVO Art85

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W258.2236970.1.00

 

Spruch:

 

 

W258 2236970-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerold PAWELKA-SCHMIDT als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Dr. Gerd TRÖTZMÜLLER und Gerhard RAUB als Beisitzer über die Beschwerde von 1) XXXX und 2) XXXX , beide vertreten durch Zacherl Schallaböck Proksch Manak Kraft, Rechtsanwälte GmbH, 1010 Wien, (mitbeteiligte Partei vor dem Verwaltungsgericht: XXXX , vertreten durch Schindler Rechtsanwälte GmbH, 1010 Wien) gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 18.09.2020, Zl. XXXX , in einer datenschutzrechtlichen Angelegenheit nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 02.02.2022 im Umlaufweg zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Eingabe vom 28.08.2019 erhoben die Beschwerdeführer (in Folge auch kurz „BF“) Datenschutzbeschwerde an die belangte Behörde und brachten sinngemäß vor, sie seien Betreiber eines Hotel- und Restaurantbetriebs. Die mitbeteiligte Partei sei Anbieter einer Online-Reisebewertungs-Plattform, in der Dritte ua ihren Betrieb, in diesem Zusammenhang aber auch sie selbst bewerten würden.

Diese Verarbeitung personenbezogener Daten über die Beschwerdeführer erfolge ohne Rechtfertigungstatbestand iSd Art 6 DSGVO. So liege das Interesse der mitbeteiligten Partei alleine darin, über Werbung, Verlinkung von Buchungsplattformen und kostenpflichtigen Premium-Diensten wirtschaftliche Vorteilen zu erzielen. Dieses Interesse trete in den Hintergrund, weil es zahlreiche andere Möglichkeiten gebe, sich über die Leistungen des Betriebs zu informieren und persönliche Erfahrungen auszutauschen. Die Beschwerdeführer hätten ein Recht auf Löschung bzw ein „Recht auf digitale Ruhe“, das dadurch verletzt sei, dass sie die Plattform der mitbeteiligten Partei aufsuchen müssten, um auf Bewertungen zu antworten bzw diese löschen zu lassen. Darüber hinaus werde die Plattform von Kunden dazu missbraucht um – unter Androhung einer negativen Bewertung – Leistungen zu erzwingen.

Das Recht auf „digitale Ruhe“ schränke lediglich die kommerzielle Datenverarbeitung ein, nicht aber die Meinungsfreiheit, die weiterhin im nicht-kommerziellen Bereich, etwa über soziale Netzwerke oder Blogs, stattfinden könne.

Die mitbeteiligte Partei sei daher verpflichtet, sämtliche Beiträge, Fotos und Informationen, inklusive Bewertungen, über den Betrieb der Beschwerdeführer zu löschen. Da die mitbeteiligte Partei auf den Löschungsantrag der Beschwerdeführer nicht reagiert habe, seien die Beschwerdeführer in ihren Rechten verletzt worden.

2. Mit Parteiengehör vom 25.10.2019 und 13.02.2020 beantragte die mitbeteiligte Partei die Abweisung der Beschwerde und brachte sinngemäß zusammengefasst vor:

Eine Löschung der allgemeinen Informationen des Betriebs der Beschwerdeführer komme nicht in Frage, weil sie sich auf die Personengesellschaft der Beschwerdeführer beziehen würden, die als juristische Person nicht in den Anwendungsbereich der DSGVO falle. Den Erfahrungsberichten fehle – im Unterschied zu Ärztebewertungsplattformen – der Personenbezug, weil in ihnen das Hotel bzw das Restaurant, nicht aber natürliche Personen bewertet werden. Ferner sei auf die Bewertungsplattform der mitbeteiligten Partei das Medienprivileg nach Art 85 DSGVO anwendbar, weshalb die belangte Behörde hinsichtlich der Erfahrungsberichte unzuständig sei.

Jedenfalls habe die mitbeteiligte Partei ein berechtigtes Interesse an der Datenverarbeitung nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO. Insbesondere seien die getroffenen Schutzmaßnahmen, der Umstand, dass lediglich die berufliche Tätigkeit bewertet werde sowie das Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung nach Art 10 GRC bzw Art 10 EMRK zu berücksichtigen.

Die getroffenen Schutzmaßnahmen umfassen die folgenden Maßnahmen: Es sei nur registrierten Nutzern möglich Bewertungen abzugeben, welche die Nutzungsbedingungen und die Datenschutzerklärung der mitbeteiligten Partei akzeptiert haben. Darin würden sich Nutzer verpflichten, keine Bewertungen abzugeben, die das Recht auf Privatsphäre oder Persönlichkeitsrechte verletzen. Darüber hinaus setze die Beschwerdeführerin Überprüfungstechnologien und besonders geschulte Teams zur „Content-Moderation“ ein. Es sei möglich auf Bewertungen zu antworten, oder sie bei der mitbeteiligten Partei zu melden. Ergebe eine Prüfung durch die mitbeteiligte Partei, dass der gemeldete Beitrag gegen ihre Richtlinien verstoßen würde, werde er gelöscht.

Das von den Beschwerdeführern genannte „Recht auf digitale Ruhe“ gebe es nicht und es sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Recht auf Meinungsfreiheit auf kommerziellen Plattformen eingeschränkt werden solle. Außerdem sei die mitbeteiligte Partei als Host-Provider im Sinne des ECG zu qualifizieren und daher für die von Nutzern gespeicherten Informationen weder verantwortlich noch bestehe diesbezüglich eine aktive Prüfpflicht.

Letztlich könne die deutsche Judikatur zur Zulässigkeit von Bewertungsplattformen auf Österreich übertragen werden.

3. In ihrer Stellungnahme vom 20.11.2019 und 12.05.2020 replizierte die Beschwerdeführer zusammengefasst, sie sei persönlich betroffen, weil es sich bei ihrem Betrieb um ein klassisches Familienunternehmen handle und sie in den Kommentaren mehrfach namentlich erwähnt seien, in denen auch ihre Persönlichkeit und ihr Auftreten kommentiert werden würden. Das öffentliche Interesse an Hotelbewertungen sei äußerst gering; andere Bewertungsportale würden namentliche Bewertungen von Personen unterbinden.

Das Medienprivileg sei nicht anwendbar, weil es an einem Mindestmaß an journalistischer Bearbeitung fehle, schließlich gebe die mitbeteiligte Partei lediglich fremde Meinungen ungefiltert wieder.

4. Mit Bescheid vom 18.09.2020 wies die belangte Behörde die Beschwerde sowohl hinsichtlich der behaupteten Verletzung im Recht auf Geheimhaltung, als auch im Recht auf Löschung ab. Begründend führte sie aus, das Medienprivileg sei mangels journalistischer Bearbeitung nicht anwendbar. Die Einträge zu Betrieben seien keine personenbezogenen Daten. Allerdings seien die Bewertungen und Erfahrungsberichte personenbezogene Daten. Ihre Verarbeitung sei aber durch ein berechtigtes Interesse der mitbeteiligten Partei gedeckt. Unter Berücksichtigung der Schutzmaßnahmen der mitbeteiligten Partei, dass die Beschwerdeführer einfach und rasch als Betriebsinhaber ermittelt werden können, dass lediglich die berufliche Tätigkeit der Beschwerdeführer betroffen sei, bei der – unter Verweis auf höchstgerichtliche Judikatur des deutschen Bundesgerichtshofs zur Zulässigkeit einer Ärzte-Bewertungsplattform – und dass ein erhebliches Interesse der Öffentlichkeit an Bewertungsplattformen bestehe, falle die Interessensabwägung zugunsten der mitbeteiligten Partei aus. Die auf der Plattform befindlichen Erfahrungsberichte seien vom Schutzbereich des Rechts auf Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit umfasst, weshalb die Datenverarbeitung im Ergebnis rechtmäßig sei und den Beschwerdeführern kein Recht auf Löschung zukomme.

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom 22.10.2020 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Die mitbeteiligte Partei könne die Verarbeitung der Daten der Beschwerdeführer auf keinen Erlaubnistatbestand des Art 6 DSGVO, insbesondere nicht auf berechtigte Interessen iSd Art 6 Abs 1 lit f DSGVO stützen. Die berechtigten Interessen und Grundrechte der Beschwerdeführer würden überwiegen. Die belangte Behörde habe bei ihrer Interessensabwägung außer Acht gelassen, dass es den Beschwerdeführern nicht zumutbar sei, die unzähligen Bewertungsplattformen im Internet nach missbräuchlichen Kommentaren zu durchsuchen.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde seien Bewertungsplattformen von Ärzten auch nicht mit Bewertungsplattformen von Hotelbetrieben vergleichbar. Während jene, sensiblen medizinischen Versorgung oder Behandlungsfehlern dokumentieren würden, an denen ein besonderes Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht, würden auf Bewertungsplattformen von Hotelbetrieben nicht sensible Informationen, wie den Dekor von Hotelzimmern, die Aussicht auf einer Sonnenterasse, oder der Gemütszustand von Angestellten, veröffentlicht, an denen das Informationsinteresse geringer sei.

Ärzte und Lehrer würden Dienstleistungen anbieten, die untrennbar mit der Person des Erbringers zusammenhängen. Bei der Dienstleistung des Hotelbetriebs sei das aber nicht der Fall. Ihr Hotel sei darüber hinaus als preisgekröntes Hotel bzw Restaurant der Oberklasse nur für einen weitaus kleineren Teil der Öffentlichkeit von Interesse, Informationen über ärztliche Dienstleistungen, würden hingegen die breite Masse der Bevölkerung betreffen. An der Verarbeitung personenbezogener Daten von Betreibern auf einer Bewertungsplattform im Bereich des Tourismus im Allgemeinen und von den Beschwerdeführern im Besonderen bestehe daher keine Notwendigkeit und die mitbeteiligte Partei betreibe das Portal tatsächlich aus finanziellen Interessen, nämlich um Betrieben Premiumprodukte zu verkaufen.

Die mitbeteiligte Partei könne sich nicht auf das Recht auf freie Meinungsäußerung stützen, weil sie lediglich fremde Inhalte wiedergebe bzw sei dieses bei ihr als Plattformbetreiberin jedenfalls geringer zu gewichten. Insbesondere sei die zwangsweise Listung des Betriebs der Beschwerdeführer auf der Plattform der mitbeteiligten Partei gegen den ausdrücklich erklärten Willen der Beschwerdeführer nicht mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung zu rechtfertigen.

6. Die Datenschutzbehörde legte dem erkennenden Gericht die Bescheidbeschwerde unter Anschluss des Verwaltungsaktes mit Schriftsatz vom 10.11.2020, hg eingelangt am 17.11.2020, vor und beantragte die Beschwerde – unter Verweis auf die Begründung des Bescheids – abzuweisen.

7. Über hg eingeräumtes Parteiengehör replizierte die mitbeteiligte Partei mit Schriftsatz vom 26.01.2022 auf das Beschwerdevorbringen, verwies auf ihr bisheriges Vorbringen im verwaltungsbehördlichen Verfahren und brachte – unter Verweis auf die „spickmich.de“ Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofs – ergänzend vor, dass neben Ärzten, Lehrern und sonstigen Dienstleistern auch Hotelbetreiber hinnehmen müssten, dass sie selbst und ihre Produkte im Internet bewertet werden.

Die beanstandeten Erfahrungsberichte, deren Löschung begehrt werde, würden die berufliche Tätigkeit der Beschwerdeführer, also einem Bereich betreffen, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht. Aus diesem Grund müssten sich die Beschwerdeführer auf die Beobachtung ihres Verhaltens durch eine breite Öffentlichkeit und auf Kritik ihrer Leistungen einstellen. Dies gelte natürlich auch und insbesondere für Hotelbetreiber, die ihr Hotel als Familienbetrieb führen und aktiv bei der Erbringung von Dienstleistungen mitwirken, wie dies gegenständlich der Fall sei. Gerade bei einem Familienbetrieb hätten die Betreiber in der Regel einen beachtlichen Einfluss auf das Gästeerleben.

Der Verweis auf die Exklusivität des Betriebs der Beschwerdeführer und der damit verbundenen Einschränkung der interessierten Öffentlichkeit helfe nicht, würden doch auch auf Ärztebewertungsplattformen Wahl- und Privatärzte bewertet, die für einen noch eingeschränkteren Personenkreis von Interesse sind. Die Beschwerdeführer würden überdies damit zugestehen, dass die – wenngleich eingeschränkte – Öffentlichkeit Interesse an ihrem Betrieb haben, die ergebe sich auch daraus, dass die Beschwerdeführer ihren Betrieb selbst aktiv auf anderen Plattformen bewerben würden. Auch auf diesen Plattformen würden die Beschwerdeführer zum Teil persönlich angesprochen bzw bewertet werden.

Die mitbeteiligte Partei biete ausreichend Schutz vor missbräuchlichen Bewertungen, die gemeldet werden könnten und allenfalls gelöscht werden würden.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung umfasse auch den Empfang und die Weitergabe von Nachrichten oder Ideen, womit die Abgabe und der Empfang von Bewertungen bzw Erfahrungsberichten jedenfalls erfasst sei.

8. Am 02.02.2022 fand eine mündliche Verhandlung statt, in der ua der Zweitbeschwerdeführer einvernommen worden und der mitbeteiligten Partei aufgetragen worden ist, interne Dokumente zum Missbrauchsschutz vorzulegen.

9. Mit Stellungnahme vom 23.02.2022 brachte die mitbeteiligte Partei sinngemäß vor, dass ihre Vorgehensweise zur Bekämpfung von Fake-Bewertungen ein zu schützendes Geschäftsgeheimnis sei, sie jedoch bemüht sei authentische und glaubwürdige Bewertungen zu garantieren. Die diesbezügliche Vorgangsweise ergebe sich aus dem vorgelegten Transparenzbericht.

10. Mit Replik vom 21.03.2022 führten die Beschwerdeführer aus, dass die Maßnahmen zur Missbrauchskontrolle der mitbeteiligten Partei – insbesondere die bloße Registrierung per E-Mail – unzureichend seien. Andere Plattformen würden die Möglichkeit zur Abgabe von Bewertungen an eine tatsächlich erfolgte Buchung knüpfen, oder zur Registrierung eine Handynummer verlangen.

11. Der mitbeteiligten Partei und der belangten Behörde wurde diese Stellungnahme mit Schriftsatz vom 28.03.2022 übermittelt. Weitere Äußerungen langten nicht ein.

Beweis wurden erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und die Website der mitbeteiligten Partei sowie Einvernahme des Zweitbeschwerdeführers als Partei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Beschwerdeführern:

Der Zweitbeschwerdeführer ist Komplementär der XXXX KG (in Folge „Betreiberin“), die das „Hotel XXXX , und das zugehörige Restaurant (in Folge zusammen „Hotel“ oder „Betrieb“) betreibt. Er agiert ua als „zweiter Gastgeber“ des Betriebs.

Die Erstbeschwerdeführerin ist als leitende Angestellte für die Betreiberin tätig und fungiert ua als „erste Gastgeberin“.

Die Beschwerdeführer stellen das „Gesicht“ des Betriebes dar.

1.2. Zur mitbeteiligten Partei und der von ihr betriebenen Reisebewertungsplattform:

Die mitbeteiligte Partei ist Betreiberin einer weltweiten Reisebewertungsplattform (in Folge „Plattform“), die in Österreich auf der Website „www. XXXX .at“ angeboten wird. Auf der Plattform können ua verschiedene touristische Dienstleistungen, wie Hotels, Restaurants, Aktivitäten, Mietwagen oder Flüge, gesucht werden.

Hotels und Restaurants, die bestimmte Richtlinien erfüllen, können aus verschiedenen Gründen in die Plattform aufgenommen werden. Entweder durch die mitbeteiligte Partei auf Grund eigener Wahrnehmung oder Meldung durch einen Vertreter des Hotels oder Restaurants, oder durch einen registrierten Nutzer der Plattform. Sollte die mitbeteiligte Partei einen Eintrag veranlassen, greift sie dafür auf öffentlich verfügbare Informationen zurück. ( XXXX ).

1.3. Zu den auf der Plattform verarbeiteten Datenarten:

In Bezug auf Hotels und Restaurants verarbeitet die mitbeteiligte Partei allgemeine Informationen, wie Name, Adresse, Beschreibung und Ausstattung sowie Lichtbilder und Bewertungen des Betriebs. Die Bewertung erfolgt durch registrierte Nutzer, die zu gelisteten Hotel oder Restaurants Bewertungen (in Form von „Kreisen“, die zu bestimmten Kategorien vergeben werden können) sowie Erfahrungsberichte (als „Freitext“) abgeben können. Bewertungen in Form von Kreisen nicht nur bei den jeweiligen Bewertungen, sondern auch als gemittelte Gesamtbewertung zum Betrieb angezeigt.

Allgemeine Informationen über den Betrieb können von der mitbeteiligten Partei, vom Betreiber selbst oder einem Dritten stammen ( XXXX ).

Bestimmte Informationen, wie ein etwaige Sterne-Klassifizierung für Hotels, erhält die mitbeteiligte Partei von Dritten und sie können vom Betreiber nicht geändert werden XXXX ).

All diese Informationen sind über die Plattform öffentlich einsehbar.

1.4. Maßnahmen des Plattformbetreibers gegen Missbrauch:

Betreiber/Verantwortliche eines Objekts können die dazugehörigen Beiträge für sich beanspruchen und dann die Bewertungen und Erfahrungsberichte – als Betreiber/Verantwortlicher – kommentieren. Ebenso besteht dann die Möglichkeit, per E-Mail über neue Bewertungen benachrichtigt zu werden. Bewertungen können weiters nach Schlagworten durchsucht werden. Inhaber müssen, wenn sie ein Objekt als Inhaber oder Vertreter übernehmen wollen, die Nutzungsbedingungen der mitbeteiligten Partei akzeptieren.

Nutzer müssen sich vor einer Bewertung registrieren. Sie müssen bei der Registrierung und bei jeder Anmeldung die Nutzungsbedingungen der mitbeteiligten Partei, dh dieselben Nutzungsbedingungen wie Vertreter von Betrieben, akzeptieren. Im Zuge des Registrierungsprozesses, werden der Name und die E-Mail-Adresse abgefragt. Die Identität der Bewertenden wird nicht geprüft.

Bei Abgabe einer Bewertung muss der Bewertende bestätigen, dass er tatsächlich Gast des Betriebs war.

Registrierte Benutzer können Bewertungen und Erfahrungsberichte an den Plattformbetreiber melden, indem sie nach Auswählen der Option „diesen Inhalt melden“ entweder einen vordefinierten Text auswählen oder einen benutzerdefinierten Text erstellen. Die mitbeteiligte Partei prüft die gemeldeten Inhalte und entfernt sie, wenn sie den Richtlinien für Bewertungen oder Einträgen nicht entsprechen, etwa weil sie strafrechtliche relevante Inhalte aufweisen. Nutzer, die missbräuchliche Inhalte veröffentlichen, können von der mitbeteiligten Partei gesperrt werden ( XXXX ).

Die mitbeteiligte Partei versucht zwar durch verschiedene Methoden, wie automatisierte Plausibilitätskontrollen, unrichtige Bewertungen zu erkennen und ihre Veröffentlichung zu verweigern, sie können aber nicht vor Bewertungen, von fiktiven Nutzern, die lediglich einen fiktiven Sachverhalt wiedergeben, schützen, die grundsätzlich veröffentlicht werden.

1.5. Zur Verarbeitung von Daten über die BF und ihren Betrieb:

Die mitbeteiligte Partei hat das von den BF betriebene Hotel samt Restaurant ohne ihre Einwilligung auf der Plattform gelistet. Auf der Plattform scheinen hierzu – neben allgemeinen Angaben und Lichtbildern des Betriebs – mehrere Bewertungen auf. In einigen Bewertungen werden die BF – im Zusammenhang mit ihrer Funktion als Betreiber bzw Inhaber des Betriebes – namentlich genannt. Diese lauten auszugsweise:

Mai 2012

„[…]

Wir waren zweimal im XXXX , zum Essen und zum Wohnen. Die Zimmer sind individuell & geschmackvoll eingerichtet, das Essen unter der Leitung von XXXX ist hervorragend und ausgewogen. Der Eingang mit dem Kamin ist im Winter ein gemütlicher Treffpunkt, im Sommer bietet die wunderschöne Terrasse mit Blick auf den XXXX einen wunderbaren Platz zum Essen und Erholen. Das Frühstück ist sehr gut, mit hausgemachten Produkten, chillige Hintergrundmusik gibt es gelegentlich, die angenehm ist. Es gibt nur eine kleine Sauna im Dachgeschoss, das ist ggfs. ausbaubar, wenn man einen richtigen Wellnessbereich erwartet, ist an hier eher nicht richtig. In der Nähe ein Golfplatz, der allerdings nicht so schön zu spielen war.

[…]“

Oktober 2012

„[…]

Der XXXX am XXXX im " XXXX " ist eine Institution und besticht nicht nur durch die Lage und die sehr gute Küche. Es wird auch ein gutes Stück Familiengefühl übertragen, dass durch die Eigentümerfamilie repräsentiert wird (wobei ehrlicherweise meist nur die Fr. XXXX im Haus ist aufgrund der verschiedenen anderen Gastro-Aktivitäten von Hausherr XXXX ). Davon lebt das Haus. Die Zimmer sind individuell und modern in traditioneller Hülle liebevoll ausgestattet.

Einzig das es gar keinen kleinen Spa-Bereich gibt stimmt traurig, besonders, wenn es doch zu kalt ist, um im Oktober in den XXXX See zu springen. Auch ein kleiner Fitness Raum wäre nett. Aber wie gesagt. Es ist ein guter Ort zum Abhängen, idealerweise mit ein paar Freunden, um die kulinarischen Genüsse und den Wein zu geniessen.

Traumhaft ist natürlich das Alpenpanorama. Das ist natürlich immer eine Reise wert.

[…]“

November 2013

„[…]

Doch was ist mit den Besitzern los? XXXX und XXXX , die sich alles so schön ausgedacht haben, können mit Ihrem sorgfältig ausgewählten Personal und den Erwartungen die durch blumige Beschreibungen auf der hauseigenen Internetseite geweckt werden in keinster Weise mithalten. Wir haben sie uns gegenüber stets gleichgültig bis zugeknöpft und verkniffen erlebt. Dafür waren Sie mehr den lauteren/offensichtlich „geldigeren“ /prominenteren Gästen zugewandt. Zeitweise machte dies fast den Eindruck einer Zweiklassengesellschaft im XXXX . Das hat uns zunächst nicht gestört, waren wir ja bestens betreut vom bereits erwähnten liebenswerten Personal und nicht auf Anbiederung aus. Mit der Zeit ging uns die zur Schau getragene Arroganz jedoch ziemlich auf den Keks.

[…]“

Juni 2014:

„[…]

Für das gute Wetter konnten die Betreiber des XXXX nichts, alles andere war absolut perfekt. Ein ausgesprochen herzlicher Empfang, sowohl vom Ehepaar XXXX als auch von […] von der Rezeption. Obwohl wir erstmals im XXXX zu Gast waren, hatten wir das Gefühl Stammgäste zu sein. Die Ausstattung des Hotels ist äußerst geschmackvoll, so finden sich Design-Klassiker neben modernem und tradionellem Interieur. Der Badesteg mit eigenem Ruderboot ist ein Traum, selbst wenn mal andere Gäste da sind. Empfehlenswert sind die Zimmer mit Balkon und Seeblick, dann können sie die tolle Aussicht schon beim Aufstehen genießen. Das Essen ist andernorts schon gelobt worden, es ist ein Ereignis. Wir sind aufrichtig begeistert vom XXXX .

[…]“

Mai 2015„[…]

So Gut kann eine Küche gar nicht sein, dass sie nicht von unfähigem Servierpersonal umgebracht wird. Herrn XXXX kann man nur dringend empfehlen das Restaurantpersonal dem hohen Küchenniveau anzupassen. Freue mich dann auf einen neuen Besuch.

[…]“

Dezember 2015:

„[…]

Wir waren mit unseren beiden Kindern, 4 und 7, anlässlich eines Helmut Art Dinners im XXXX . Wir waren in einer Suite untergebracht, die Kinder hatten so ihr eigenes Zimmer mit Aufklappbett, das Bad hat uns verbunden. Eine perfekte Aufteilung für Familien. Im Bad steht eine herrliche Seife von "be (…) my friend", die entsprechend dem hoteleigenen Konzept von R120 in Salzburg hergestellt wird. Das Hotel ist mit viel Liebe zum Detail eingerichtet, überall hängen inspirierende Kunstwerke. An diesem Wochenende wurde ein junger Österreichischer Künstler, […] in einer Suite präsentiert.Es gibt neben der Bar ein großes Wohnzimmer mit offenem Kamin, wo wir gerne ein paar Stunden mit einer Zeitung verbracht haben. Gleich davor gibt es eine große Terrasse mit Blick auf den kleinen XXXX , der sich auch mit Kindern gut umrunden lässt.Das Essen war vom Frühstücksbuffet bis zum mehrgängigen Abendessen ausgezeichnet, auf Sonderwünsche wird sehr zuvorkommend eingegangen, das Service war top und immer freundlich, auch wenn es an diesem Wochenende ziemlich rund gegangen ist. Das hausgebackene Brot ist köstlich. Das Schnitzel ist eine Wucht und gelingt selbst in Wien nicht immer so hervorragend.Für die Kinder gibt es einen eigenen Raum und viele Bücher zum Ausleihen.Man spürt, dass die Hausherrin, XXXX , viel Herzblut in das Haus steckt und ihm so einen speziellen Charakter verleiht.

Wir haben das Wochenende sehr genossen und fahren jederzeit sehr gerne wieder in den XXXX !

[…]“

Jänner 2017:

„[…]

XXXX und XXXX verstehen es immer wieder aufs Neue unseren Besuch im XXXX in ein ganz besonders schönes Erlebnis zu verzaubern. Besonders die malerische Umgebung, die familiäre und stilvolle Atmosphäre im Haus, sowie die kulinarischen Höhepunkte beim Frühstück und dem abendlichen Haubenmenü bilden den perfekten Rahmen für ein paar 'entschleunigte' Tage.

[…]“

März 2019:

„[…]

Wir sind nach einem anstrengenden Arbeitstag erstmalig in den XXXX um uns genüsslich ein Achterl Rotwein an der Bar zu gönnen, danach wollten wir die Zimmer buchen.Die Bedienung ( die Juniorchefin- wie ihm Nachhinein bemerkt) sehr herablassend, das Achterl Rotwein frisch aus dem Kühlfach serviert, mit der Begründung das dieser Rotwein kalt getrunken werden muss. (dies wurde erst beim Servieren erwähnt)

Auf meine Bitte den Rotwein zu retournieren weil ich keinen gekühlten Rotwein mag, wurde sehr harsch reagiert: der Rotwein muss kalt getrunken werden und ich muss ihn gefälligst bezahlen. Auf meine Aussage, das ich JETZT durstig sei und ich nicht eine halbe Stunde warten möchte bis der Wein Zimmertemperatur hätte, ausserdem hätte ich mir gewünscht vor dem Servieren die Information zu bekommen, das es sich um einen gekühlten Rotwein handelt- entlockte der vermeintlichen Bedienung nur: den Wein nehme ich sicher nicht zurück und ich müsse ihn bezahlenAusserdem dürfe ich nicht "Fräulein" zu ihr sagen, sondern sie wäre die Chefin des Hauses, Frau XXXX .Daraufhin bestellte ich zusätzlich ein Achterl Rotwein das Zimmertemperatur hatte und bekam den Wein in einem schmutzigen Glas serviert.

Fazit: sehr unprofessioneller Umgang mit Kundenreklamation, 1 Stern. Keine Zimmer gebucht.

[…]“

Die Betriebe der Beschwerdeführer werden auf der Plattform einige Male pro Monat bewertet.

1.6. Zum Löschungsbegehren der BF:

Mit Schreiben vom 27.06.2019 forderten die BF die mitbeteiligte Partei auf, sämtliche Beiträge, Fotos und Informationen betreffen das „Hotel XXXX “ sowie Frau XXXX , Herrn XXXX und der XXXX KG von sämtlichen von ihr betriebenen Datenbanken und Webseiten unverzüglich – längstens jedoch innerhalb eines Monats – dauerhaft zu löschen.

Die mitbeteiligte Partei kam diesem Löschungsbegehren nicht nach.

2. Die Feststellungen gründen auf der folgenden Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu 1.1., zu den Beschwerdeführern, dem Betrieb und ihren Aufgaben im Betrieb gründen in den Angaben des Zweitbeschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung.

Die Feststellungen zu 1.2. und 1.3., zur mitbeteiligten Partei, der von ihr betriebenen Plattform und den auf der Plattform verarbeiten Datenarten, gründen in einer Einschau in die Website bzw die jeweils zitierten Webseiten der mitbeteiligten Partei.

Die Feststellungen zu 1.4., Maßnahmen zur Missbrauchsbekämpfung, gründen in einer Einschau in die Website der mitbeteiligten Partei samt durchgeführtem Registrierungsprozess, und Start eines Bewertungsvorganges, eine Einschau in die Allgemeine Nutzungsbedingungen XXXX und den folgenden Überlegungen:

Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer müssen sowohl Bewertende als auch Inhaber von Objekten bei einer Registrierung dieselben Nutzungsbedingungen akzeptieren. Dies gründet in einer Einschau auf der Website www. XXXX .at. Dort findet sich unter dem Registrierungsfenster ua der Hinweis: „Indem Sie fortfahren, erklären Sie sich mit unseren Nutzungsbedingungen einverstanden und bestätigen, dass Sie unsere Datenschutzerklärung sowie die Cookie-Richtlinien gelesen haben.“, wobei beim Wort „Nutzungsbedingungen“ auf die Adresse XXXX verlinkt wird, über die die Nutzungsbedingungen der mitbeteiligten Partei abrufbar sind.

Die Feststellung, dass Beiträge fiktiver Nutzer, die unrichtige Sachverhalte enthalten, grundsätzlich veröffentlicht werden, gründen in den Angaben des Zweitbeschwerdeführers, wonach er selbst auf der Plattform mehrere fiktive Bewertungen in Bezug auf den Betrieb abgegeben hat.

Die Feststellungen zu 1.5., zu den über den Betrieb der Beschwerdeführer und über die Beschwerdeführer auf der Plattform verarbeiteten Daten, gründen in einer Einschau in den Eintrag zum Betrieb der Beschwerdeführer auf der Plattform ( XXXX ).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Die zulässige Beschwerde ist nicht berechtigt.

3.1. Zur Zuständigkeit der Datenschutzbehörde:

Die mitbeteiligte Partei brachte bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren vor, die Datenverarbeitung im Rahmen der Bewertungsplatt unterliege dem Medienprivileg des § 9 DSG iVm Art 85 DSGVO. Träfe dies zu, wäre gemäß § 9 Abs 1 DSG unter anderem Kapitel VI des DSGVO, in dem die unabhängigen Aufsichtsbehörden geregelt werden, nicht anwendbar, was zu einer Unzuständigkeit der Datenschutzbehörde führen könnte.

Tatsächlich ist das „Medienprivileg“ auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar:

Gemäß § 9 Abs 1 DSG finden auf die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch Medieninhaber, Herausgeber, Medienmitarbeiter und Arbeitnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes im Sinne des Mediengesetzes – MedienG, BGBl. Nr. 314/1981, zu journalistischen Zwecken des Medienunternehmens oder Mediendienstes die Bestimmungen des DSG sowie von der DSGVO die Kapitel II (Grundsätze), III (Rechte der betroffenen Person), IV (Verantwortlicher und Auftragsverarbeiter), V (Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer oder an internationale Organisationen), VI (Unabhängige Aufsichtsbehörden), VII (Zusammenarbeit und Kohärenz) und IX (Vorschriften für besondere Verarbeitungssituationen) keine Anwendung.

Der Oberste Gerichtshof hat im Zusammenhang mit einer Lehrerbewertungsplattform unter Berufung auf Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen Union, des deutschen Bundesgerichtshofs und Literaturmeinungen ausgesprochen, dass die Privilegierung von Datenverarbeitungen zu journalistischen Zwecken eines gewissen Maßes an journalistischer Bearbeitung und meinungsbildender Wirkung für die Allgemeinheit bedarf, weil ansonsten der Schutz der personenbezogenen Daten Betroffener allzu einfach ausgehöhlt würde (OGH 02.02.2022, 6Ob129/21w Rz 42 ff):

„[…] Das Verständnis der „journalistischen Zwecke“ hat sich am Unionsrecht zu orientieren. […] Nach der Rechtsprechung des Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zur Vorgängerbestimmung des Art 9 DS-RL (Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr) ist der Begriff „Journalismus“ weit auszulegen. Journalistische Tätigkeiten sind demnach Tätigkeiten, die zum Zweck haben, Informationen, Meinungen oder Ideen, mit welchem Übertragungsmittel auch immer, in der Öffentlichkeit zu verbreiten (C-345/17, Sergejs Buivids, ECLI:EU:C:2019:122 Rz 51, 53; C-73/07, Satakunnan Markkinapörssi und Satamedia, ECLI:EU:C:2008:727 Rz 56, 61). Die Befreiungen und Ausnahmen von Bestimmungen der DSGVO gelten nach der Rechtsprechung des EuGH daher nicht nur für Medienunternehmen, sondern für jeden, der journalistisch tätig ist (C-73/07, Satakunnan Markkinapörssi und Satamedia, ECLI:EU:C:2008:727, Rz 58). Die Ausnahmen und Einschränkungen müssen sich in Bezug auf den Datenschutz auf das absolut Notwendige beschränken, um die Freiheit der Meinungsäußerung mit der ebenfalls grundrechtlich geschützten Privatsphäre in Einklang zu bringen (C-73/07, Satakunnan Markkinapörssi und Satamedia, ECLI:EU:C:2008:727 Rz 56).

Allerdings fällt nicht jegliche im Internet veröffentlichte Information, die sich auf personenbezogene Daten bezieht, unter den Begriff der „journalistischen Tätigkeiten“ (C-345/17, Sergejs Buivids, ECLI:EU:C:2019:122, Rz 58). So qualifizierte der EuGH etwa die vom Betreiber einer Suchmaschine ausgeführte Datenverarbeitung nicht als Verarbeitung zu journalistischen Zwecken (C-131/12, Google Spain ECLI:EU:C:2014:317 Rz 85).

Konkret zur Qualifikation des Betriebs einer Bewertungsplattform hat der EuGH allerdings noch nicht Stellung genommen.

Der deutsche Bundesgerichtshof hat hingegen bereits mehrfach den Betrieb von Bewertungsplattformen nicht als Datenverarbeitung zu journalistischen Zwecken beurteilt (jüngst VI ZR 488/19, Ärztebewertung IV, Rz 12 ff zu Art 85 Abs 2 DSGVO; ebenso zur Vorgängerbestimmung VI ZR 196/08, www.spickmich.de , Rz 21 f; VI ZR 358/13, Ärztebewertung II).

In der Literatur wird für das Vorliegen einer Datenverarbeitung zu journalistischen Zwecken – im Anschluss an die Entscheidung des BGH VI ZR 196/08 (www.spickmich.de , Rz 21 f) – ein Mindestmaß an journalistischer Bearbeitung und meinungsbildender Wirkung für die Allgemeinheit gefordert (Öhlböck in Knyrim, DatKomm [18. Lfg] Art 85 DSGVO Rz 16; Buchner/Tinnefeld in Kühling/Buchner, DS-GVO/BDSG³ [2020] Art 85 DSGVO Rz 17a, 24 f; Jahnel, DSGVO [2021] Art 85 Rz 15; Specht/Bienenmann in Sydow, Europäische Datenschutz-Grundverordnung² [2018] Art 85 Rz 13). Das bloße Bereitstellen eines Bewertungsportals wird nicht als ausreichend angesehen (Jahnel, DSGVO [2021] Art 85 Rz 15; implizit Buchner/Tinnefeld in Kühling/Buchner, DS-GVO/BDSG³ [2020] Art 85 DSGVO Rz 25; ohne eigene Stellungnahme etwa Öhlböck in Knyrim, DatKomm [18. Lfg] Art 85 DSGVO Rz 16; Pauly in Paal/Pauly, Datenschutz-Grundverordnung³ [2021] Art 85 Rz 8). (siehe zum Ganzen OGH 02.02.2022, 6 Ob 129/21w)

Unter Abwägung der in der Rechtsprechung des EuGH zum sogenannten Medienprivileg hervorgehobenen, bei der Auslegung des Art 85 Abs 2 DSGVO miteinander in Einklang zu bringenden Interessen – des Schutzes der personenbezogenen Daten und der Privatsphäre auf der einen, des Schutzes der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit im Zusammenhang mit journalistischen Tätigkeiten auf der anderen Seite (vgl nur EuGH C-73/07, Satakunnan Markkinapörssi und Satamedia, ECLI:EU:C:2008:727 Rz 54 ff) – schließt sich der Senat der in der Literatur vertretenen Ansicht an, dass die Privilegierung von Datenverarbeitungen zu journalistischen Zwecken eines gewissen Maßes an journalistischer Bearbeitung und meinungsbildender Wirkung für die Allgemeinheit bedarf, weil ansonsten der Schutz der personenbezogenen Daten Betroffener allzu einfach ausgehöhlt würde.“

Im konkreten Fall hat der OGH das bloße Errechnen des Durchschnitts der abgegebenen Bewertungen und das Zugänglichmachen dieser Durchschnittsbewertungen als nicht ausreichend erachtet, um bei einer an Art 85 Abs 2 DSGVO ausgerichteten unionsrechtskonformen Auslegung des § 9 Abs 1 DSG die Privilegierung der Datenverarbeitung der Beklagten durch die Ausnahme von den Kapiteln II bis VII und IX der DSGVO zu rechtfertigen (OGH 02.02.2022, 6Ob129/21w Rz 49).

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Ausführungen des Obersten Gerichtshofes und der in Judikatur des deutschen Bundesgerichtshofs, Literatur und von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretenen Meinung an, dass die Privilegierung von Datenverarbeitungen zu journalistischen Zwecken eines gewissen Maßes an journalistischer Bearbeitung und meinungsbildender Wirkung für die Allgemeinheit bedarf, weil ansonsten der Schutz der personenbezogenen Daten Betroffener allzu einfach ausgehöhlt würde.

Die Erstellung einer Sammlung von Hotel- und Gastronomiebetrieben aus öffentlich verfügbaren Informationen, die Prüfung von Informationen von Betreibern und Dritten auf Einhaltung der Richtlinien der Plattform sowie die automatisierte Zuordnung von Bewertungen und Beiträgen Dritter und die automatisierte Durchschnittsbildung von Bewertungen Dritter erfüllen dieses Mindestmaß an journalistischer Bearbeitung nicht.

§ 9 Abs 1 DSG ist somit nicht anwendbar und die Datenschutzbehörde war zur Behandlung der Beschwerde zuständig.

3.2. Zur Qualifikation der verarbeiteten Informationen als personenbezogene Daten:

Die belangte Behörde unterscheidet im bekämpften Bescheid die Informationen auf der Plattform in allgemeine Informationen über Hotel- und Gastronomiebetriebe einerseits und durch Dritte abgegebene Bewertungen andererseits. Erstere könnten keiner Person zugeordnet werden und seien daher keine personenbezogenen Daten. Letztere seien, weil in den Bewertungen die Betroffenen namentlich genannt werden, personenbezogen.

Dazu ist folgendes festzuhalten:

Gemäß Art 4 Z 1 DSGVO handelt es sich bei „personenbezogenen Daten“ um alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person“) beziehen.

Er umfasst alle Arten von Informationen sowohl objektiver als auch subjektiver Natur, unter der Voraussetzung, dass es sich um Informationen „über“ die in Rede stehende Person handelt.

Die letztgenannte Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Information aufgrund ihres Inhalts, ihres Zwecks oder ihrer Auswirkungen mit einer bestimmten oder bestimmbaren Person verknüpft ist (siehe zum Ganzen das noch zur Datenschutzrichtlinie 95/46/EG („DS-RL“) ergangene Urteil EuGH 22.06.2017, C-434/16, NOWAK Rz 33, dessen Aussagen auf Grund der im Englischen gleichlautenden Definition des Begriffs „personenbezogene Daten“ in Art 2 lit a DS-RL und in Art 4 Z 1 DSGVO auch für die DSGVO übernommen werden können (so auch Klar/Kühling in Kühling/Buchner (Hrsg), DSGVO² Art 4 Rz 2)).

Zwar könnte es sein, dass – so die belangte Behörde – sich aus den allgemeinen Angaben zum Hotel- und Gastronomiebetrieb noch keine personenbezogenen Daten in Bezug auf die Beschwerdeführer ableiten lassen und zwar selbst dann nicht, wenn sie führende Mitarbeiter des Betriebs sind. Im konkreten Fall werden die allgemeinen Angaben aber mit Kommentaren Dritter verknüpft, in denen auch die Beschwerdeführer namentlich und eindeutig als Personen bezeichnet und bewertet werden, die einen maßgeblichen Einfluss auf den Hotel- und Gastronomiebetrieb nehmen und damit für seine Ausgestaltung verantwortlich sind. In dieser Konstellation besteht eine direkte Verbindung zwischen den Beschwerdeführern und den von ihnen geführten Betrieb bzw mittelbar zu den über ihn verarbeiteten allgemeinen Informationen und Lichtbildern, wodurch eine Aussage über die Beschwerdeführer getroffen wird: Die Beschwerdeführer sind in leitender Funktion für einen bestimmten Betrieb tätig, der eine bestimmte Ausstattung und ein bestimmtes Erscheinungsbild hat, wofür sie (zumindest mit)verantwortlich sind (siehe zur vergleichbaren Problematik des „Werts einer Immobilie als personenbezogene Daten“ oder von „Servicedaten eines KFZ“ auch die noch zur Datenschutz-Richtlinie ergangene Stellungnahme der Art-29 Datenschutzgruppe 20.06.2007 „Stellungnahme 4/2007 zum Begriff „personenbezogene Daten““ WP 136 S 10 f, die auf Grund der – soweit relevant – gleich gebliebenen Definition „personenbezogener Daten“ auf die DSGVO übertragen werden kann).

Die auf der Plattform zu den Hotel- und Gastronomiebetreiben verarbeiteten allgemeinen Informationen, Lichtbilder und Bewertungen sind daher als personenbezogene Daten zu sehen.

3.3. Zur Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung:

3.3.1. Rechtsgrundlagen:

Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist zulässig, wenn sie – unter Einhaltung der in Art 5 DSGVO genannten Verarbeitungsgrundsätze – auf Grund einer der in Art 6 DSGVO genannten Erlaubnistatbestände erfolgt.

Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist ua gemäß Art 6 Abs 1 lit f DSGVO zulässig, wenn sie zur Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.

Somit ist nach dieser Bestimmung die Verarbeitung personenbezogener Daten unter drei kumulativen Voraussetzungen zulässig: erstens muss von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von einem Dritten ein berechtigtes Interesse wahrgenommen werden, zweitens muss die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erforderlich sein und drittens dürfen die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Person, deren Daten geschützt werden sollen, nicht überwiegen. (EuGH 17.06.2021, C‑597/19 Mircom vs Telenet Rz 106)

Es ist eine einzelfallbezogene Interessensabwägung durchzuführen, bei der die berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten für die Verarbeitung den Interessen oder Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, gegenüberzustellen sind (zur vergleichbaren Vorgängerbestimmung des Art 7 lit f Datenschutzrichtlinie 95/46/EG vgl EuGH 04.05.2017, C-13/16, Rigas satiksme, Rz 31). Dabei sind einerseits die Interessen des Verantwortlichen und von Dritten (mögliche Geschäftspartner der Zweitbeschwerdeführerin) sowie andererseits die Interessen, Rechte und Erwartungen der betroffenen Person zu berücksichtigen (ErwG 47 DSGVO).

Das Interesse an der Datenverarbeitung ist weit zu verstehen (Frenzel in Paal/Pauly, DS-GVO/BDSG³ [2021] Art 6 DSGVO Rz 28). In Betracht kommen rechtliche, wirtschaftliche und ideelle Interessen (Schulz in Gola, Datenschutz-Grundverordnung² [2018] Art 6 DSGVO Rz 57).

Ein berechtigtes Interesse zur Datenverarbeitung kann sich aus der Wahrnehmung des Rechts auf Meinungs- und Informationsfreiheit ergeben (Kastelitz/Hötzendorfer/Tschohl in Knyrim, DatKomm [39. Lfg] Art 6 DSGVO Rz 54). Dabei ist zu beachten, dass Art 10 EMRK sowohl das Empfangen von Informationen und Ideen als auch deren Weitergabe schützt (vgl 6 Ob 236/19b – Ibiza-Video, [ErwGr B.5.1.] MR 2020, 72 [Frauenberger] = ecolex 2020, 617 [Hofmarcher]). Das gilt schon nach dem Wortlaut der Bestimmung ebenso für die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit nach Art 11 GRC. (zum Ganzen vgl wiederrum OGH 02.02.2022, 6 Ob 129/21w Rz 54 f)

3.3.2. Angewendet auf den Sachverhalt bedeutet das:

Zum berechtigten Interesse an der Datenverarbeitung:

Die Plattform ermöglicht – soweit hier gegenständlich – einerseits ehemaligen Gästen Betriebe zu bewerten und andererseits potentiellen Gästen nach Betrieben zu suchen und in ihre allgemeinen Informationen, Bewertungen und Bewertungsergebnisse einzusehen. Sie dient damit einem legitimen Informationsinteresse in Form der Ausübung der Meinungs- und Informationsfreiheit der bewertenden Gäste ebenso wie der Personen, die Bewertungen einsehen. Der von der Rechtsordnung gebilligte Zweck liegt darin, der interessierten Öffentlichkeit einen Überblick über die auf einem Markt angebotenen Leistungen zu bieten (vgl OGH 02.02.2022, 6 Ob 129/21w, BGH VI ZR 488/19, Ärztebewertung IV, Rz 28; VI ZR 495, 496, 497/18, www.yelp.de , Rz 46; VI ZR 30/17, Ärztebewertung III, Rz 15). Da es bei Hotel- und Gastronomiebetrieben, insbesondere bei Familienbetrieben, regelmäßig Personen gibt, die nach außen auftreten und den Betrieb gegenüber Gästen vertreten, umfasst das Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch das Verhalten dieser Personen im Betrieb.

Dass – wie die Beschwerdeführer vorbringen – bei Hotel- und Gastronomiebewertungsplattformen im Gegensatz zu Ärzte- und Lehrerbewertungsplattformen kein direkter Bezug zur Person des Dienstleistungserbringers vorliegt, trifft daher nicht zu.

Das Interesse der Öffentlichkeit an der Bewertung von Betrieben und ihrer maßgeblichen Akteure ist entgegen der Meinung der Beschwerdeführer auch nicht dadurch reduziert, wenn ein Betrieb – wie hier – der gehobenen Klasse angehört. Eine derartige Ansicht würde dazu führen, dass potentielle Kunden von Betrieben der gehobenen Klasse von der Nutzung von Bewertungsplattformen für Hotel- und Gastronomiebetriebe ausgeschlossen wären, was einen sachlich nicht gerechtfertigten Eingriff in ihr Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit darstellen würde.

Wenn die Beschwerdeführer behaupten, dass die mitbeteiligte Partei mit der Plattform lediglich kommerzielle Interessen verfolge und sie dazu diene Betreiber dazu zu bringen, kostenpflichtige Zusatzdienste zu buchen, kann das die genannten Interessen der Öffentlichkeit – die die Plattform unabhängig von etwaigen wirtschaftlichen Hintergründen erfüllt – nicht beeinträchtigen.

Zur Erforderlichkeit der Datenverarbeitung:

Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten der BF ist auch zur Wahrung dieser Interessen erforderlich. Sie ist von der Meinungsfreiheit der bewertenden Nutzer umfasst, die von ihnen geschöpften Erfahrungen möglichst authentisch wiederzugeben, und von der Informationsfreiheit potentieller Gäste umfasst, möglichst authentische Erfahrungsberichte zu erhalten. Das beinhaltet auch Wahrnehmungen über und die Nennung von Personen, die den Betrieb maßgeblich mitgestalten, wie die Beschwerdeführer. Die Interaktionen zwischen Gästen und Betreibern, etwa in Bezug auf Gastfreundlichkeit oder dem Umgang mit Beschwerden, stellt nämlich einen maßgeblichen Faktor für das Besuchserlebnis der Gäste dar. Im konkreten Fall gilt das besonders, weil die Beschwerdeführer ua den Betrieb „als Gesicht nach außen“ vertreten.

Zur Interessensabwägung:

Dieses Interesse der Nutzer an der Veröffentlichung allgemeiner Informationen und von Bewertungen hinsichtlich des Betriebes der BF ist gegen das Interesse der Beschwerdeführer an Nichtverarbeitung ihrer personenbezogenen Daten abzuwägen.

Eingriff in die Privat-/Sozialsphäre:

Hinsichtlich der Geheimhaltungsinteressen Betroffener ist zu differenzieren, in welche Sphäre der Persönlichkeit eingegriffen wurde. Die Sozialsphäre, in der der Betroffene als in Gemeinschaft stehender Mensch in Kommunikation mit Außenstehenden tritt, genießt keinen so weitgehenden Schutz wie die Privatsphäre. In der Sozialsphäre muss er sich auf die Beobachtung und Bewertung seines Verhaltens einstellen. Dies gilt in umso höherem Maße, je intensiver sich eine Person im öffentlichen und sozialen Leben betätigt (OGH 02.02.2022, 6 Ob 129/21w Rz 70).

Die Beschwerdeführer werden in den Kommentaren lediglich im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit als Mitarbeiter mit maßgeblichen Einfluss auf den Geschäftsbetrieb und „Gesicht des Betriebs“ bewertet. Die Bewertungen fallen daher in ihre Sozialsphäre, die nur einen geringeren Schutz beanspruchen kann als die Privatsphäre. Dies im Besonderen, weil der Betrieb als Familienbetrieb geführt wird und die Beschwerdeführer als „Familie“ und als „Gesicht des Betriebs“ im besonderen Maße nach Außen auftreten und mit dem Betrieb verbunden sind. Ihr Verhalten bestimmt somit maßgeblich das Besuchserlebnis ihrer Gäste. Darüber hinaus sind bei Familienbetrieben vergangenen Erfahrungen für potentielle Gäste von besonderer Bedeutung, weil Familienbetriebe regelmäßig über längere Zeit von denselben Personen (Familienmitgliedern) betrieben werden. Der Einwand der Beschwerdeführer, ihre Tätigkeit erfolge im Rahmen eines Familienbetriebs und sei daher der Privat- und Familiensphäre zuzurechnen, kann daher nicht überzeugen.

Zur Zumutbarkeit, Bewertungsplattformen zu durchsuchen:

Wenn die Beschwerdeführer vorbringen, es sei ihnen unzumutbar sei, permanent die unzähligen Bewertungsplattformen im Internet nach missbräuchlichen Kommentaren zu durchforsten, ist ihnen entgegen zu halten, dass die mitbeteiligte Partei Betrieben die Möglichkeit bietet, über neue Bewertungen per E-Mail informiert zu werden. Es ist für die Beschwerdeführer daher nicht erforderlich, die Plattform aktiv zu durchsuchen, weshalb ihr Aufwand – auch vor dem Hintergrund der geringen Bewertungsfrequenz – nicht überschießend ist. Darüber hinaus müssen sich Personen mit maßgeblichen Einfluss auf einen Hotel- oder Gastronomiebetrieb gefallen lassen, in der Öffentlichkeit kritisiert zu werden und allenfalls unberechtigter Kritik entgegen zu treten. Dies umfasst auch die Sichtung maßgeblicher Bewertungsplattformen, sofern es Vertretern der kritisierten Betriebe – wie hier – möglich ist, zu Bewertungen Stellung zu nehmen. Ein diesbezüglich von den Beschwerdeführern postuliertes „Recht auf private Ruhe“ besteht nicht.

Zu etwaigen missbräuchlichen Bewertungen und Missbrauchsschutz:

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, die Plattform ermögliche die Abgabe von missbräuchlichen Bewertungen, etwa von Personen, die niemals Kunden waren, oder auf Grund von Versuchen, Leistungen vom Betrieb unter Androhung einer schlechten Bewertung zu erzwingen. Auch habe die mitbeteiligte Partei kein wirksames und transparentes Verfahren für den Umgang mit und die Erledigung von Meldungen über auf der Kommunikationsplattform verfügbare, behauptetermaßen rechtswidrige Inhalte iSd § 3 Abs 1 Kommunikationsplattformen-Gesetz eingerichtet, weshalb die Datenverwendung rechtswidrig sei.

Dazu ist folgendes auszuführen:

Es besteht kein berechtigtes Interesse von Personen, einen Hotel- oder Gastronomiebetrieb zu bewerten, in dem sie kein Gast waren bzw nicht einmal in den Geschäftsanbahnungsprozess eingetreten sind. Ebenso besteht kein berechtigtes Interesse daran, wissentlich falsche oder strafrechtliche relevante Bewertungen abzugeben. An solchen Bewertungen besteht auch kein legitimes Informationsinteresse der Öffentlichkeit.

Ob diese Missbrauchsmöglichkeit die Datenverarbeitung der mitbeteiligten Partei rechtswidrig macht, hängt aber davon ab, wie intensiv die zur Missbrauchsverhinderung denkbaren Maßnahmen sämtliche in die Interessenabwägung einzubeziehenden Grundrechte einschränkt (vgl OGH 02.02.2022, 6 Ob 129/21w Rz 80). Das beinhaltet – auch wenn ein Verstoß gegen die Pflicht ein Meldesystem gemäß § 3 Abs 1 Kommunikationsplattformen-Gesetz einzurichten für sich nicht zur Rechtswidrigkeit der Datenverwendung führt – auch etwaige Maßnahmen, die Betroffene in die Lage versetzen, dem Betreiber einer Bewertungsplattform missbräuchliche, beleidigende, kreditschädigende oder sonst strafrechtliche relevante Einträge zu melden und entfernen zu lassen.

Die mitbeteiligte Partei hat einige Maßnahmen ergriffen, um missbräuchliche Verwendungen einzuschränken bzw es Vertretern von Betrieben zu ermöglichen, sich gegen Kommentare zu wehren: Benutzer müssen sich vor Abgabe einer Bewertung registrieren und bei jeder Bewertung bestätigen, dass es sich dabei um ihre eigenen Erfahrungen handelt. Benutzer als auch Vertreter von Betrieben können missbräuchliche Inhalte unkompliziert melden, die im Anschluss von der mitbeteiligten Partei geprüft und allenfalls entfernt werden.

Das von den Beschwerdeführern angezogene Ungleichgewicht zwischen dem Aufwand einer Bewertung und dem Aufwand für Vertreter eines Betriebes, Bewertungen zu melden, lässt entgegen der Meinung der Beschwerdeführer nicht darauf schließen, dass die mitbeteiligte Partei die Meldung von Missbrauch erschweren will. Zwar ist den Beschwerdeführern zuzustimmen, dass der Aufwand für eine Registrierung für Bewertende geringer ist, als für Vertreter von Betrieben. Während erstere sich nicht identifizieren müssen, müssen letztere ihrer Identität nachweisen. Diese unterschiedlichen Vorgangsweisen sind aber gerechtfertigt. So ist es für die Abgabe von Bewertungen – sieht man vom Missbrauchsschutz ab – nicht erforderlich, die Person zu identifizieren, die bewertet hat. Vertreter von Betrieben bekommen mit ihrem Zugang aber auch die Möglichkeit, die allgemeinen Informationen des Betriebs ändern zu lassen und im Namen des Betriebs auf Kommentare zu reagieren. Hier kommt es daher auf die konkrete Person an, die einen Kommentar abgibt. Unberechtigte Dritte könnten auch wesentlich mehr Schaden anrichten, indem sie Einträge von Betrieben manipulieren.

Die ergriffenen Maßnahmen können die Wahrscheinlichkeit eines Missbrauchs zwar reduzieren und ermöglichen es Betreibern bei eindeutigen Fällen eine Entfernung des Eintrags über die Plattform zu erreichen bzw zu den Bewertungen Stellung zu nehmen, sie können den Missbrauch aber nicht verhindern. Fraglich ist, ob diese Missbrauchsmöglichkeit ausreicht, um zu einer Rechtswidrigkeit der Datenverwendung zu führen. Hierbei ist folgendes zu berücksichtigen:

Auf Seiten der Beschwerdeführer ist zu berücksichtigen, dass die hier strittigen Bewertungen ausschließlich ihre Berufsausübung, sohin die Sozialsphäre betreffen, die nur einen geringeren Schutz beanspruchen kann als die Privatsphäre.

Weiters ist zu berücksichtigen, dass die im Sinne einer einfachen Bewertung eröffnete Missbrauchsmöglichkeit nicht nur zu negativen, sondern auch zu positiven Bewertungen führen kann, wodurch die Folgen eines Missbrauchs abgeschwächt werden.

Ebenso ist zu berücksichtigen, dass inzwischen weithin bekannt ist, dass im Internet abrufbare Inhalte, wie Forenbeiträge, Erfahrungsberichte und Bewertungen unrichtig sein können, etwa durch Nutzung kommerzieller Dienste, die die Schaffung positiver Bewertungen anbieten, oder Mitbewerber.

Besonderes Gewicht kommt in diesem Zusammenhang dem Umstand zu, dass die Bewertungen nur von Personen eingesehen werden können, die die Plattform besuchen und nach einem Betrieb suchen. Weiters, dass die Beschwerdeführer nur in einzelnen Kommentaren namentlich genannt werden, sodass auch im Missbrauchsfall nicht zu erwarten ist, dass mit den Kommentaren eine Prangerwirkung in Bezug auf die Beschwerdeführer entsteht.

Zwar ist den Beschwerdeführern zuzustimmen, dass ein wesentlich besserer Schutz vor Missbrauch erreichbar wäre, wenn Bewertende ihre Identität nachweisen müssten oder bei jeder Bewertung nachweisen müssten, tatsächlich Gast des bewerteten Betriebs gewesen zu sein. Dieser Nachweis würde die Meinungsfreiheit aber zu stark einschränken:

Dies würde nämlich bedeuten, dass bei jedem einzelnen Bewertungsprozess der tatsächliche Besuch durch die Vorlage geeigneter Urkunden nachgewiesen werden müsste. Bereits dieser erhöhte Aufwand würde die Bereitschaft zur Vornahme von Bewertungen herabsetzen.

Hinzu käme, dass derartige Urkunden, wie Rechnungen, oftmals nicht mehr beigebracht werden könnten. So wird bei Konsumation in Restaurant regelmäßig keine schriftliche Reservierungsbestätigung vorhanden sein und keine Rechnung mehr verfügbar sein. In diesen Fällen wäre eine Bewertung faktisch unmöglich.

Auch der Verweis des Beschwerdeführers auf Buchungsplattformen, die Bewertungen nur ermöglichen, wenn über die Plattform eine Leistung gebucht worden ist, kann nicht überzeugen. Dies würde dazu führen, dass Bewertungsplattformen, die selbst keine Buchungsmöglichkeiten anbieten, unzulässig wären, was sachlich nicht gerechtfertigt wäre.

Die von der mitbeteiligten Partei ergriffenen Maßnahmen zum Missbrauchschutz sind daher als ausreichend anzusehen; das verbleibende Missbrauchspotential ist nicht ausreichend, um von einer Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung ausgehen zu können.

Der Eingriff in die Interessen der Beschwerdeführer durch die beanstandete Datenverarbeitung ist daher – auch unter Berücksichtigung der Missbrauchsmöglichkeit – nicht höher zu bewerten als das Interesse der Gesamtheit der Nutzer daran, den Hotel- und Gastronomiebetrieb der mitbeteiligten Partei zu bewerten und die Bewertungen einsehen zu können.

Zur besonderen Gefährdung des Zweitbeschwerdeführers als ehemals politisch exponierte Person

Der Zweitbeschwerdeführer bringt vor, er sei als ehemals politisch exponierte Person im besonderen Maß gefährdet, missbräuchlichen Kommentaren auf der Plattform ausgesetzt zu sein. Dem ist entgegen zu halten, dass Aspekte, die in der besonderen Situation eines Betroffenen gelegen sind, von Verantwortlichen nicht im Rahmen einer allgemeinen Interessensabwägung nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO berücksichtigt werden können. Berücksichtigen Verantwortliche solche Situationen nicht, wird die Datenverarbeitung damit nicht rechtswidrig.

Betroffene können ihre besondere Situation gegenüber Verantwortlichen dadurch geltend machen, indem sie der Datenverarbeitung gemäß Art 21 DSGVO unter Beschreibung ihrer besonderen Situation widersprechen.

Da der Zweitbeschwerdeführer der Datenverarbeitung gegenüber der mitbeteiligten Partei nicht gemäß Art 21 DSGVO widersprochen hat, war auf den Einwand des Zweitbeschwerdeführers nicht weiter einzugehen.

3.4. Zur behaupteten Verletzung im Recht auf Löschung:

Aufgrund der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO ist auch der vom Beschwerdeführer geltend gemachte, auf Art 17 Abs 1 lit d DSGVO gestützte Löschungsanspruch, der eine Datenlöschung bei rechtswidriger Datenverarbeitung vorsieht, nicht berechtigt. Einem darüber hinausgehenden, von den Beschwerdeführern aus Art 17 DSGVO abgeleiteten, „Recht auf digitale Ruhe“, fehlt in Hinblick auf die konkret formulierten Löschungstatbestände des Art 17 DSGVO die rechtliche Grundlage.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen die Verarbeitung von Daten über ihren Betrieb und Kommentare Dritter über ihr Verhalten im Betrieb abgewiesen, weshalb die dagegen gerichtete Beschwerde ebenfalls abzuweisen war.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist zulässig, weil Rechtsfragen zu lösen waren, denen grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zukommen. Zwar handelt es sich bei der Frage, ob Bewertungen und Kommentare von Betrieben und Personen mit maßgeblichen Einfluss auf diese Betriebe auf einer Bewertungsplattform für Hotel- und Gastronomiebetriebe unter Vornahme einer Interessensabwägung nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO zulässig sind, um eine grundsätzlich nicht reversible Einzelfallentscheidung. Es konnte sich das erkennende Gericht in Bezug auf die Grundsätze einer Interessensabwägung im Zusammenhang mit Bewertungsportalen auch auf die zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stützen. Es fehlt aber an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, welchen Grundsätzen eine solche Interessensabwägung im Zusammenhang mit Bewertungsplattformen genügen muss.

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