AlVG §33 Abs2
AlVG §38
AlVG §7
AlVG §8 Abs1
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:L524.2231172.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Dr. Claudia WOLFSGRUBER-ECKER und Nina ABRAHAM als Beisitzerinnen über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 20.04.2020, nach Beschwerdevorentscheidung vom 06.05.2020, Zl. LGSOÖ/Abt.2/2020-0566-4-000582-24, betreffend Einstellung der Notstandshilfe mangels Arbeitsfähigkeit, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) vom 20.04.2020 wurde gemäß § 33 Abs. 2 iVm §§ 38, 7, 24 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AlVG ausgesprochen, dass die Notstandshilfe mangels Arbeitsfähigkeit ab dem 18.04.2020 eingestellt werde. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin laut Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt (Pensionsversicherungsanstalt) originär berufsunfähig sei.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde führte die Vertreterin der Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass ein Dienstverhältnis angestrebt werde. Arbeitsfähigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit könne nur durch einen Arzt ausgesprochen werden. Das Gericht prüfe (Klage). Bis dahin habe die Beschwerdeführerin Anspruch auf Notstandshilfe.
Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 06.05.2020, Zl. LGSOÖ/Abt.2/2020-0566-4-000582-24, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 20.04.2020 abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass mit Bescheiden der PVA vom 24.10.2016 und 25.03.2020 originäre Berufsunfähigkeit gemäß § 255 Abs. 7 ASVG festgestellt worden sei. Aufgrund dieser Feststellung sei Arbeitsfähigkeit im Sinne des § 8 AlVG nicht gegeben. Notstandshilfe könne daher ab dem 18.04.2020 nicht gewährt werden und sei einzustellen.
Die Beschwerdeführerin beantragte über ihre Vertreterin, die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Ergänzend wurde vorgebracht, dass der Bescheid der PVA vom 25.03.2020 noch nicht rechtskräftig sei, da dagegen Klage eingebracht werde.
II. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin stellte am 14.06.2016 einen Antrag auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension. Mit Bescheid der PVA vom 24.10.2016 wurde dieser Antrag abgelehnt und das Vorliegen originärer Berufsunfähigkeit zum Zeitpunkt der erstmaligen Aufnahme einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung anerkannt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Die Beschwerdeführerin beantragte am 26.04.2019 die Gewährung von Notstandshilfe.
Die Beschwerdeführerin stellte am 09.03.2020 einen Antrag auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension. Mit Bescheid der PVA vom 25.03.2020 wurde dieser Antrag abgelehnt und das Vorliegen originärer Berufsunfähigkeit zum Zeitpunkt der erstmaligen Aufnahme einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung anerkannt. Die dagegen erhobene Klage wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 10.02.2021, XXXX , abgewiesen.
III. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Antrag auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension vom 14.06.2016, zur Ablehnung dieses Antrags und zur Feststellung der originären Berufsunfähigkeit zum Zeitpunkt der erstmaligen Aufnahme einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung ergeben sich aus dem Bescheid der PVA vom 24.10.2016, XXXX und die Feststellung hinsichtlich der Rechtskraft dieses Bescheides aus dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 10.02.2021, XXXX .
Die Feststellung zum Antrag vom 26.04.2019 auf Gewährung von Notstandshilfe ergibt sich aus ebendiesem Antrag.
Die Feststellungen zum Antrag auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension vom 09.03.2020, zur Ablehnung dieses Antrags und zur Feststellung der originären Berufsunfähigkeit zum Zeitpunkt der erstmaligen Aufnahme einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung ergeben sich aus dem Bescheid der PVA vom 25.03.2020, XXXX und dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 10.02.2021, XXXX .
IV. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) lauten auszugsweise:
„Arbeitslosengeld
Voraussetzungen des Anspruches
§ 7. (1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,2. die Anwartschaft erfüllt und3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.
(2) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.
(3) – (8) …
Arbeitsfähigkeit
§ 8. (1) Arbeitsfähig ist, wer nicht invalid und nicht berufsunfähig im Sinne des ASVG ist. Arbeitsfähig ist jedenfalls nicht, wer eine Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit bezieht. Arbeitsfähig ist weiters nicht, wer die Anspruchsvoraussetzungen für eine derartige Leistung erfüllt.
(2) Arbeitslose sind, wenn sich Zweifel über ihre Arbeitsfähigkeit ergeben oder zu klären ist, ob bestimmte Tätigkeiten ihre Gesundheit gefährden können, verpflichtet, sich ärztlich untersuchen zu lassen. Die Untersuchung der Arbeitsfähigkeit hat an einer vom Kompetenzzentrum Begutachtung der Pensionsversicherungsanstalt festgelegten Stelle stattzufinden. Die Untersuchung, ob bestimmte Tätigkeiten die Gesundheit einer bestimmten Person gefährden können, hat durch einen geeigneten Arzt oder eine geeignete ärztliche Einrichtung zu erfolgen. Wenn eine ärztliche Untersuchung nicht bereits eingeleitet ist, hat die regionale Geschäftsstelle bei Zweifeln über die Arbeitsfähigkeit oder über die Gesundheitsgefährdung eine entsprechende Untersuchung anzuordnen. Wer sich weigert, einer derartigen Anordnung Folge zu leisten, erhält für die Dauer der Weigerung kein Arbeitslosengeld.
(3) Das Arbeitsmarktservice hat Bescheide der Pensionsversicherungsträger und Gutachten des Kompetenzzentrums Begutachtung der Pensionsversicherungsanstalt zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit anzuerkennen und seiner weiteren Tätigkeit zu Grunde zu legen.
(4) Auf Personen, die der Verpflichtung zur ärztlichen Untersuchung gemäß Abs. 2 Folge leisten, sind § 7 Abs. 3 Z 1, Abs. 5, Abs. 7 und Abs. 8, § 9 und § 10 sowie Abs. 1 bis zum Vorliegen des Gutachtens zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit, längstens jedoch außer bei Vorliegen besonderer Gründe für drei Monate, nicht anzuwenden. Wenn auf Grund des Gutachtens anzunehmen ist, dass Arbeitsfähigkeit nicht vorliegt, so verlängert sich dieser Zeitraum bis zur bescheidmäßigen Feststellung des Pensionsversicherungsträgers, ob berufliche Maßnahmen der Rehabilitation zweckmäßig und zumutbar sind.
…
§ 38. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.“
Aus der Anknüpfung des § 8 Abs. 1 AlVG an die Invalidität bzw. Berufsunfähigkeit im Sinn des ASVG folgt, dass das AMS bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit jedenfalls an eine positive rechtskräftige Feststellung der Invalidität bzw. Berufsunfähigkeit – als maßgebliche Vorfragenbeurteilung durch die PVA bzw. das Gericht – gebunden ist. Ebenso ist eine negative Feststellung der dauernden Invalidität bzw. Berufsunfähigkeit grundsätzlich bindend für das AMS (vgl. VwGH 19.12.2017, Ro 2017/08/0010).
Auf die Begründung kommt es für die Bindungswirkung einer rechtskräftigen Feststellung der (dauernden oder vorübergehenden) Invalidität bzw. Berufsunfähigkeit nicht an (vgl. VwGH 19.12.2017, Ro 2017/08/0010).
Dass das AMS nach § 8 Abs. 3 AlVG Bescheide der Pensionsversicherungsträger und Gutachten des Kompetenzzentrums Begutachtung der Pensionsversicherungsanstalt zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit "anzuerkennen und seiner weiteren Tätigkeit zu Grunde zu legen" hat, kann – in Verbindung mit der tatbestandsmäßigen Anknüpfung in § 8 Abs. 1 AlVG – in Bezug auf rechtskräftige Bescheide und Gerichtsurteile nur bedeuten, dass ihre Rechtskraftwirkung zu beachten ist, die nach allgemeinen Grundsätzen durch den Inhalt des Spruchs bestimmt wird (vgl. VwGH 19.12.2017, Ro 2017/08/0010 unter Hinweis auf Hengstschläger/Leeb, AVG § 38 Rz 24).
Die Beschwerdeführerin stellte am 09.03.2020 einen Antrag auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension. Mit Bescheid der PVA vom 25.03.2020 wurde dieser Antrag abgelehnt. Zudem wurde spruchmäßig das Vorliegen originärer Berufsunfähigkeit zum Zeitpunkt der erstmaligen Aufnahme einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung gemäß § 255 Abs. 7 ASVG anerkannt. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid eine Klage. Diese Klage wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 10.02.2021, XXXX , abgewiesen.
Nach der oben angeführten Rechtsprechung ist das AMS an eine positive rechtskräftige Feststellung der Invalidität bzw. Berufsunfähigkeit – als maßgebliche Vorfragenbeurteilung durch die PVA bzw. das Gericht – gebunden. Bei der Beschwerdeführerin wurde eine originäre Berufsunfähigkeit rechtskräftig festgestellt. Die bei der Beschwerdeführerin vorliegende originäre Berufsunfähigkeit schließt daher eine Arbeitsfähigkeit gemäß § 8 Abs. 1 AlVG aus. Die Einstellung der Notstandshilfe erfolgte daher zu Recht und die Beschwerde war somit abzuweisen.
Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Von der Beschwerdeführerin wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht beantragt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.
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