DSG §1
DSG §24
DSGVO Art17
DSGVO Art21
DSGVO Art5 Abs1 litd
DSGVO Art77
DSGVO Art79
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:W274.2214412.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. LUGHOFER als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Prof. KommR POLLIRER und Dr. GOGOLA als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , Fachärztin für Augenheilkunde, XXXX , vertreten durch MMag. Dr. Susanne BINDER-NOVAK, Rechtsanwältin, Riemerplatz 1, 3100 St. Pölten, gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 04.01.2019, GZ: DSB-D123.264/0007-DSB/2018, Mitbeteiligte XXXX , XXXX , vertreten durch Mag. Stefan KORAB, Rechtsanwalt, Schwindgasse 6, 1040 Wien, wegen Verletzung im Recht auf Löschung und Widerspruch, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Mit „Beschwerde gemäß Art. 15 bis 18 und 21 DSGVO“ vom 24.07.2018, eingelangt bei der Datenschutzbehörde (im Folgenden: belangte Behörde) am 26.07.2018, begehrte XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin, BF), die belangte Behörde wolle die Verletzung der Rechte der BF feststellen sowie XXXX (im Folgenden: Mitbeteiligte, MB) mittels Bescheid verpflichten, alle Daten, deren Verwendung nicht im Einklang mit den Bestimmungen der DSGVO sowie des DSG stehen, insbesondere das gesamte Arztprofil der BF inklusive aller Bewertungen auf der Plattform XXXX , zu löschen und jede weitere Verarbeitung der Daten zu unterlassen. Dazu führte die BF - anwaltlich vertreten - zusammengefasst, aus: Sie erhebe Beschwerde gemäß Art. 77 DSGVO wegen Verletzung im Recht auf Löschung von Daten nach Art. 17 DSGVO und im Recht auf Widerspruch gegen die Datenverarbeitung nach Art. 21 DSGVO. Die MB habe sich nach eigenen Angaben als führendes Arztsuchportal in Österreich etabliert mit den reichweitenstärksten Internetseiten des Landes. Die MB sei wiederholt aufgefordert worden, die Verarbeitung von Daten der BF zu unterlassen und Ihre Daten zu löschen. Sowohl am 03.07.2017 (Aufforderungsschreiben mit Widerspruch) als auch am 22.06.2018 (Löschungsbegehren) seien diesbezügliche Schreiben erfolgreich an die MB gesendet worden. Zum Schreiben vom 03.07.2017 habe die MB am 10.07.2017 per E-Mail an die ausgewiesene Rechtsvertreterin mitgeteilt, dass sie dem Antrag nicht Folge leisten werde. Das Löschungsbegehren vom 22.06.2018 sei mit E-Mail vom 06.07.2018 abgelehnt worden. Die MB begründe ihre Weigerung dahingehend, dass es sich bei den auf der Plattform XXXX veröffentlichten Daten um veröffentlichte, allgemein zugängliche Daten handle. Diese Begründung sei mangelhaft und stelle keine Rechtfertigung für die Weigerung der Datenlöschung dar. Die MB sei Betreiberin der Webseite XXXX . Dabei handle es sich um ein Ärztesuchportal, das Patientinnen und Ärztinnen ermöglichen solle, einander zu finden. Die MB führe dazu auf ihrer Webseite Ärzte - darunter die BF - mit Titel, Namen, Adresse, Fachrichtung, Telefonnummer sowie Ordinationszeiten an. Direkt unterhalb der Darstellung dieser Daten ermögliche es die MB anonymen Dritten, die jeweiligen Ärzte nach einem Schulnotensystem in verschiedenen Kategorien zu bewerten sowie einen „Erfahrungsbericht“ im Freitext zu verfassen. Um eine solche Bewertung abgeben zu können, sei es notwendig, sich auf der Webseite mit einem freigewählten Benutzernamen sowie der Angabe von E-Mailadresse und Geburtsdatum zu registrieren. Die Eingabe weiterer Daten werde nicht verlangt. Die Rechtsprechung des OGH (6 Ob 48/16a), wonach die bloße Wiedergabe von zulässigerweise veröffentlichten Daten keine Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz darstelle, sei überholt und nicht auf den gegenständlichen Fall anwendbar.
Es werde hier nur auf die neue Rechtslage eingegangen: Gemäß § 7 DSG sei die Verarbeitung von öffentlich zugänglichen Daten mittlerweile nur mehr zulässig, wenn sie für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke, wissenschaftliche und historische Forschungszwecke oder statistische Zwecke, die keine personenbezogenen Ergebnisse zum Ziel haben, erfolge. Der Betrieb und die Bereitstellung einer Bewertungsplattform, die den wirtschaftlichen Interessen des Betreibers diene, sei kein im öffentlichen Interesse liegender Archivzweck. Die Bewertungsplattform gehe weit über die bloße Reproduktion von allgemein zugänglichen Daten hinaus. Die MB stelle die Möglichkeit zur Verfügung, die angeführten Ärzte zu bewerten und einen Erfahrungsbericht zu verfassen. Durch die Verknüpfung der wiedergegebenen Daten entstünden neue Daten. Diese neu entstandenen Daten unterlägen weder dem Privileg nach alter Rechtslage (§ 8 Abs. 2 DSG 2000) noch der Ausnahmebestimmung nach § 7 DSG. Die BF habe der Verwendung ihrer Daten weder zugestimmt noch liege ein anderer Rechtfertigungsgrund vor. Die BF sei durch die Veröffentlichung ihrer Daten und insbesondere durch die Verknüpfung mittels unwahren Aussagen und Missbrauch ihrer Daten als Werbeplattform für andere „Premium-Ärzte“, während die Premium-Ärzte nicht mit derartiger Werbung konfrontiert seien, massiv in ihren Rechten beeinträchtigt.
Zu a):
Die unwahren Behauptungen in manchen Bewertungen, die BF würde ihre Patienten unbegründet mehrere Stunden lang warten lassen, falsche Medikamente verschreiben sowie sich keine Zeit für die Anliegen der Patienten nehmen, seien geeignet, das Ansehen und den Ruf der BF zu beeinträchtigen. Offenkundig könnten die Vorwürfe, die BF würde falsche Medikamente verschreiben und die Anliegen der Patienten nicht ernst nehmen, jedenfalls schwere Folgen für die Reputation der BF haben. Die BF habe auch erheblichen Aufwand, um die Veröffentlichungen auf der Webseite ständig zu prüfen bzw. rasch zu reagieren, da sie als Nicht-Premium-Mitglied nicht informiert werde. Selbst wenn sie reagiere, sei es wiederholt vorgekommen, dass ihr die Daten des Users nicht bekanntgegeben werden, sodass die BF diesen nicht direkt auf Unterlassung und Widerruf in Anspruch nehmen könne. Ein Abmelden vom System sei bei anderen Portalen wie zB Herold, das ein Bewertungssystem auf der Homepage führe, möglich, genauso zB auch beim Bewertungssystem der Ärztekammer, nicht aber bei der MB.
Zu b):
Mit den Daten der BF werde weiters in unzulässiger Weise geworben: XXXX werbe bei den zahlenden Mitgliedern damit, dass die Premium-Einträge auf Einträgen von Nicht- Premium-Kunden in der Umgebung eingespielt würden, während umgekehrt der zahlende Premium-Kunde von derartiger Werbung von anderen Ärzten auf seinem Portal frei sei. Im Übrigen sei gemäß § 2 Abs. 3 Z 3 der Verordnung der österreichischen Ärztekammer über die Art und Form zulässiger ärztlicher Informationen in der Öffentlichkeit die Selbstanpreisung der eigenen Person oder Leistungen durch aufdringliche und/oder marktschreierische Darstellung unzulässig. Der Werbebanner mit der Veröffentlichung der Premium-Kunden untergestellten Darstellungen im Internet sei daher unzulässig.
Die Verarbeitung der Daten durch die MB erfolge daher rechtswidrig.
Mit anwaltlicher Stellungnahme vom 31.08.2018 beantragte die MB die Zurückweisung der Beschwerde, in eventu deren Abweisung.
Sie beantragte deren Zurückweisung unter dem Aspekt der Gerichtsanhängigkeit und der Verspätung und brachte dazu vor, mit Klage vom 27.11.2017, eingebracht beim HG Wien, verlange die BF gestützt auf ihren Widerspruch und die behauptete Verletzung ihres Datenschutzrechts von der MB die Löschung Ihrer Daten. Das Verfahren sei in erster Instanz zu 39 Cg 60/17d beim HG Wien anhängig. Dieselbe Rechtssache könne nicht gleichzeitig Gegenstand zweier Verfahren bei unterschiedlichen Behörden sein.
Weiters habe die BF nach eigenem Vorbringen mit Schreiben vom 03.07.2017 an die MB der Verarbeitung ihrer Daten widersprochen und deren Löschung verlangt. Die MB habe am 10.07.2017 bekanntgegeben, dass sie dem nicht Folge geben werde. Die verfahrensgegenständliche Beschwerde habe die BF am 26.07.2018 und somit über ein Jahr nach der Ablehnung durch die MB bei der Datenschutzbehörde eingebracht. Die Beschwerde sei daher gemäß § 24 Abs. 4 DSG verspätet und zurückzuweisen.
Im Übrigen sei die Beschwerde auch inhaltlich nicht berechtigt:
Die MB nahm sodann ausführlich unter Punkt 3. dazu Stellung, weshalb die Beschwerde inhaltlich nicht berechtigt sei. Insbesondere handle es sich bei den Daten der BF, Namen, Ordinationsanschrift, Telefonnummer, Ordinationszeiten sowie Krankenkassen um zulässigerweise veröffentlichte Daten, da diese die BF auf ihrer Homepage selbst veröffentliche. Diese Daten seien überdies aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung gemäß § 27 Abs. 1 ÄrzteG öffentlich. An diesen Daten bestehe kein Geheimhaltungsinteresse und eine allgemeine Verfügbarkeit gemäß § 1 Abs. 1 DSG. Weiters ziehe die BF mit § 7 DSG eine unzulässige Begründung für ihr Begehren heran. Grundlage der Verarbeitung sei Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Die Verarbeitung der Ärzte-Daten und die Veröffentlichung derselben auf dem XXXX sei auch ohne Zustimmung zulässig.
Durch die Erfahrungsberichte bestehe keine Beeinträchtigung von Ansehen und Ruf der BF. Die Frage der allfälligen Unwahrheit von Behauptungen von Nutzern sei eine Frage zivilrechtlicher Natur und keine Frage des Datenschutzes. Bereits die AGB regelten Grundsätze des Verfassens von Erfahrungsberichten. Weiters bestünden Filter und die Möglichkeit, zu jedem Erfahrungsbericht eine Missbrauchsmeldung zu erstatten. Die MB gehe jeder Missbrauchsmeldung einzeln nach. Es sei auch jeder Missbrauchsmeldung der BF einzeln nachgegangen worden und es seien teilweise Maßnahmen (auch Löschung) ergriffen worden. Für Ärzte bestehe weiters die Möglichkeit, eigene Kommentare zu Erfahrungsberichten zu veröffentlichen. Von dieser Möglichkeit habe die BF Gebrauch gemacht. Die MB biete allen Ärzten und Kunden die Möglichkeit, sich automatisch über jede Bewertung auf dem XXXX informieren zu lassen.
Die MB betreibe keine unzulässige Werbung für andere Ärzte. Im Übrigen handle es sich dabei nicht um datenschutzrechtliche Fragestellungen. Der OGH habe sich mit dem XXXX bereits befasst und dieses für zulässig erachtet (6 Ob 48/16a). Die MB habe auch nicht gegen ärztliches Standesrecht verstoßen.
Im Übrigen falle die Verarbeitung der Daten der BF durch die MB unter das Medienprivileg des § 9 DSG, weshalb Art. 21 und Art. 17 DSGVO nicht anwendbar seien. Die MB sei darüber hinaus ein Medienhilfsdienst. An einem öffentlichen Meinungsaustausch zu Gesundheitsthemen bestehe ein hohes öffentliches Interesse. Selbst bei Anwendbarkeit der Art. 17 und 21 DSGVO würde eine Interessensabwägung zu Gunsten der MB ausfallen, sodass kein Löschungsanspruch bestehe.
Über Aufforderung äußerte sich die BF am 18.09.2018 wie folgt:
Zur Behauptung der Gerichtsanhängigkeit führte die BF aus, das Gerichtsverfahren stütze sich primär auf Verletzung des unlauteren Wettbewerbs bzw. des UWG. Das hier gegenständliche Löschungsbegehren auf Grund der Verletzung des Datenschutzgesetzes werde aufgrund der DSGVO-Novelle begehrt.
Zur behaupteten Verspätung führte die BF aus, nunmehr sei die belangte Behörde für Beschwerden zuständig. Die MB habe in ihrem Schreiben vom 24.05.2018 die Auffassung vertreten, dass eine Zustimmung zur Verarbeitung dieser Daten durch die BF nicht erforderlich sei, „somit sei mit Schreiben vom 24.05.2018 auf Basis des neuen Datenschutzgesetzes erforderliche Überprüfungstatbestand gesetzt worden“. Mit Schreiben vom 22.06.2018 sei auf Basis der neuen Rechtslage die Löschung begehrt worden, sodass für das gegenständliche Verfahren die Zuständigkeit der Datenschutzbehörde gemäß § 32 DSG gegeben sei.
Die BF bestritt die Argumente der MB, wonach die Datenschutzbeschwerde inhaltlich unberechtigt sei.
Mit Stellungnahme vom 24.10.2018 wiederholte die MB im Wesentlichen ihren bisherigen Standpunkt, ergänzte diesen im Hinblick auf die Stellungnahme vom 18.09.2018 ausdrücklich und brachte vor, unrichtig sei es, wenn die BF behaupte, im Verfahren vor dem Handelsgericht primär Ansprüche aus Verletzung des unlauteren Wettbewerbs bzw. des UWG geltend zu machen. Sie mache sowohl wettbewerbsrechtliche als auch datenschutzrechtliche Ansprüche vor dem HG Wien geltend. Es liege daher dieselbe Sache wie im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vor. Betreffend Verspätung sei es der BF nicht möglich, durch das Versenden eines inhaltsgleichen späteren Aufforderungsschreibens die Frist des § 24 Abs. 4 DSG (zuvor § 34 Abs. 1 DSG 2000) nach Belieben zu verlängern.
Mit dem bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerde zurück und traf dabei folgende Feststellungen (die Parteienbezeichnungen wurden adaptiert):
„1. Die MB betreibt ein Online-Ärzte-Suchportal mit der Möglichkeit, Ärzte zu bewerten. Die BF ist als Fachärztin für Augenheilkunde bei der MB gelistet. Die BF begehrte bereits mit Aufforderungsschreiben vom 03.07.2017 die Löschung ihres Arztprofils sowie sämtlicher dazugehöriger Bewertungen bei der MB. Da die MB dem Begehren der BF nicht entsprach, brachte diese am 27.11.2017 eine Klage beim Handelsgericht Wien zu GZ 39 Cg 60/17d ein. Im Rahmen dieser Klage bringt die BF unter anderem vor, dass sie durch die MB in ihrem Recht auf Datenschutz gemäß § 1 Abs. 1 DSG 2000 beeinträchtigt sei und begehrt, dass ihre veröffentlichten Daten sowie die damit verknüpften Bewertungen und Erfahrungsberichte von der Webseite XXXX oder anderen gleichartigen von der MB betriebenen Websites zu löschen wären und dass eine erneute Aufnahme und Verarbeitung der Daten der BF hinkünftig zu unterlassen wäre.
2. Die BF begehrte mit Schreiben vom 22.06.2018 erneut die Löschung ihrer Daten von der Webseite der MB, in eventu jedenfalls die Löschung ihrer Daten aus der Bewertungsplattform. Da die MB auch diesem Begehren nicht entsprach, brachte die BF mit Eingabe vom 24.07.2018 eine Beschwerde bei der Datenschutzbehörde wegen Verletzung im Recht auf Löschung und Widerspruch ein. Das Verfahren beim Handelsgericht Wien zu 39 Cg 60/17d war jedenfalls zum Stichtag vom 25.05.2018 noch anhängig.
Rechtlich führte die belangte Behörde aus, gemäß Art. 79 Abs 1 DSGVO müsse einer betroffenen Person unbeschadet eines verwaltungsgerichtlichen Rechtsbehelfs wirksamer gerichtlicher Rechtsbehelf zukommen. Weder aus dem verbindlichen Teil der DSGVO noch aus den Erwägungsgründen sei abzuleiten, in welchem Verhältnis der gerichtliche und der verwaltungsgerichtliche Rechtsbehelf zueinander stünden. Eine parallele (oder sukzessive) Verfahrensführung in derselben Sache vor einem Gericht (Art. 78 DSGVO) und vor der Aufsichtsbehörde (Art. 77 DSGVO) sei der DSGVO nach systematischer Betrachtung nicht zu entnehmen. Auch wenn Art. 77 und Art. 79 DSGVO einen derartigen Anschein erweckten, so würde dies dem Rechtsschutzmechanismus der DSGVO zuwiderlaufen. Ziel der Inanspruchnahme eines Rechtsschutzweges sei es, endgültig Abhilfe zu schaffen. Eine parallele Verfahrensführung eröffne allerdings die Möglichkeit, in ein und derselben Rechtssache unterschiedliche Entscheidungen zu erwirken. Weder der DSGVO noch dem AVG bzw. der ZPO seien Aussetzungsregelungen für den Fall einer parallelen Verfahrensführung zu entnehmen, wenn es nicht um die Beurteilung von Vorfragen gehe, sondern die Hauptfrage in beiden Verfahren ident sei. Es könne folglich im Ergebnis nicht Zweck der DSGVO sein, zunächst ein Gericht mit der Frage der Rechtmäßigkeit einer bestimmten Verarbeitung personenbezogener Daten zu befassen, nur um dieselbe Frage nach Abschluss des Rechtszuges - oder wie gegenständlich sogar gleichzeitig - der Beantwortung einer Aufsichtsbehörde zuzuführen. Eine besondere Problematik würde sich überdies bei grenzüberschreitenden Sachverhalten stellen, diesbezüglich wäre der Mechanismus nach Art. 60 ff DSGVO hinfällig.
In der Klage vom 27.11.2017 bringe die BF unter anderem vor, dass sie durch die MB in ihrem Recht auf Datenschutz gemäß § 1 Abs. 1 DSG 2000 beeinträchtigt sei und begehre, dass ihre veröffentlichten Daten zu löschen wären und eine erneute Aufnahme und Verarbeitung der Daten zu unterlassen wäre.
In der hier zugrundeliegenden Beschwerdesache mache die BF ausdrücklich eine Verletzung im Recht auf Löschung gemäß Art. 17 DSGVO und Widerspruch gegen die Datenverarbeitung gemäß Art. 21 DSGVO geltend und beantrage, der MB aufzutragen, das gesamte Arzt-Profil der BF inklusive aller Bewertungen auf der Plattform XXXX zu löschen und jede weitere Verarbeitung der Daten zu unterlassen.
Sowohl das gerichtliche als auch das administrative Verfahren stellten daher auf denselben Gegenstand ab, nämlich letztlich die Löschung der Daten der BF von der Plattform XXXX sowie die Unterbindung einer zukünftigen Verarbeitung.
Es sei anzumerken, dass die BF mit Antrag vom 22.06.2018 lediglich die Löschung all ihrer Daten auf der Plattform der MB beantrage und sich nicht ausdrücklich auf Art. 21 DSGVO gestützt habe, wobei der Widerspruch letztlich zur Löschung führe und daher vom geltend gemachten Recht auf Löschung konsumiert werde.
Gemäß § 69 Abs. 4 DSG seien zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des DSG 2018 bei den ordentlichen Gerichten zum DSG 2000 anhängige Verfahren nach den Bestimmungen des DSG und der DSGVO fortzuführen mit der Maßgabe, dass die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte aufrecht bleibe. Da die Klage zu 39 Cg 60/17d jedenfalls zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des DSG bzw. der DSGVO (am 25.05.2018) noch anhängig gewesen sei, ändere sich auch nichts an der Zuständigkeit des HG Wien. Sofern die BF vorbringe, das gerichtliche Verfahren stütze sich primär auf eine Verletzung des Rechts des unlauteren Wettbewerbs bzw. das UWG, so sei ihr entgegenzuhalten, dass es nicht schade, wenn bei dem gerichtlichen Rechtsbehelf - neben behaupteten Verletzungen datenschutzrechtlicher Betroffenenrechte - gleichzeitig auch weitere zivilrechtliche Ansprüche geltend gemacht würden, weil die ZPO eine kumulative Geltendmachung gleichartiger Ansprüche zulasse. So habe das HG Wien dennoch über das verweigerte Löschbegehren abzusprechen.
Im Ergebnis hätte die belangte Behörde aus datenschutzrechtlicher Sicht im gegenständlichen Beschwerdeverfahren über dieselbe Frage wie das HG Wien absprechen müssen. Eine gleichzeitige Inanspruchnahme des Beschwerderechts bei der Aufsichtsbehörde und des gerichtlichen Rechtsbehelfs in derselben Sache komme aber nicht in Betracht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde der BF wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie sekundärer Feststellungsmängel mit dem primären Antrag, den Bescheid – „gegebenenfalls nach berichtigender Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts“ - dahingehend abzuändern, dass den Anträgen der BF Folge gegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt in elektronischer Form mit dem Antrag vor, die Beschwerde abzuweisen. Der maßgebliche Sachverhalt stehe fest. Ergänzend führte die belangte Behörde aus, aufgrund der Zurückweisung sei auf die inhaltliche Beurteilung der Beschwerde nicht einzugehen, weil diese nicht Beschwerdegegenstand vor der belangten Behörde gewesen sei und somit auch nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sein könne. Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sei nur, ob die belangte Behörde die Beschwerde zu Recht zurückgewiesen habe. Wenn die BF ausführe, dass es im Rahmen des Verfahrens vor der belangten Behörde keinen unmittelbaren Anspruch gäbe, die belangte Behörde nichts zusprechen könne und die BF auch keinen Exekutionstitel erhalte, sei ihr entgegenzuhalten, dass nach Art. 58 Abs. 2 lit. c DSGVO iVm § 24 Abs. 5 bei der Stattgabe der Beschwerde neben der Feststellung einer Rechtsverletzung auch ein Auftrag an den Beschwerdegegner zu erteilen sei, den Anträgen zu entsprechen, um die festgestellte Rechtsverletzung zu beseitigen. Dabei handle es sich um einen Leistungsbescheid, dessen Exekution die BF selbst nach den Bestimmungen des VVG beantragen könne. Es sei zwar richtig, dass kein subjektiver Rechtsanspruch auf Einleitung eines amtswegigen Prüfverfahrens bestehe. Es handle sich hier aber zweifelsfrei um ein Beschwerdeverfahren nach Art. 77 Abs. 1 DSGVO iVm § 24 Abs. 1 DSG, auf dessen Erledigung ein subjektiver Rechtsanspruch bestehe. Die Identität des Streitgegenstandes sei gegeben. Eine parallele (dh zeitgleiche) Inanspruchnahme des Beschwerderechts bei der Aufsichtsbehörde und eines gerichtlichen Rechtsbehelfs in derselben Sache sei nicht möglich.
Die Beschwerde ist im Ergebnis nicht berechtigt:
Das Verwaltungsgericht legt seiner Entscheidung die bereits von der belangten Behörde getroffenen und oben wiedergegebenen Feststellungen zugrunde und ergänzt diese wie folgt:
Die BF richtete am 03.07.2017 durch ihre rechtsfreundliche Vertretung ein Schreiben an die MB mit - soweit relevant - folgendem Inhalt:
„ XXXX - XXXX / XXXX
….
Auf der von ihnen betriebenen Online-Plattform XXXX werden wiederholt Bewertungen veröffentlicht, die sich auf die gutachterliche Tätigkeit meiner Mandantin beziehen
…
Meine Mandantin hat darüber hinaus einer Verwendung ihrer Daten und die Bereitstellung derselben auf ihrer Webseite nicht zugestimmt und spricht sich ausdrücklich gegen diese Datenverarbeitung aus. Sie werden daher auch hiemit aufgefordert, den am 27.06.2017 veröffentlichten Bericht von XXXX zu löschen, das Arzt-Profil von Frau XXXX von ihrer Plattform XXXX zu beseitigen, eine erneute Bereitstellung der Daten zu unterbinden und sämtliche Bewertungen zu entfernen. Als Termin für die Durchführung einer Löschung wird der 20.07.2017 vorgemerkt. Für den Fall der nicht fristgerechten Veranlassung wurde ich beauftragt, gerichtliche Schritte einzuleiten“.
(Beilage ./A1 zur Datenschutzbeschwerde vom 24.7.2018)
Mit Schreiben vom 10.07.2017 an Rechtsanwältin MMag. Dr. BINDER-NOVAK, zeitnah eingelangt bei dieser, teilte die MB unter anderem mit:
„Wir nehmen Bezug auf ihr Schreiben vom 03.07.2017 als Rechtsvertretung von Frau XXXX und möchten wie folgt Stellung nehmen:
…
Sie fordern uns auf, das Profil von Frau XXXX zusammen mit allen Bewertungen zu löschen. Wir möchten anmerken, dass wir die wiederholte Vorgehensweise von Frau XXXX , die freie Meinungsäußerung von Patientinnen auf XXXX unterdrücken zu wollen, äußerst bedenklich finden. Hinsichtlich der auf XXXX angezeigten Unternehmensdaten ihrer Mandantin handelt es sich um bereits veröffentlichte und allgemein zugängliche Daten. Die Unternehmensdaten wurden persönlich von Frau XXXX in Umlauf gebracht mit dem Ziel, sie Interessenten (insbesondere Patientinnen) zugänglich zu machen.
…
Einer Löschung des Profils von Frau XXXX können wir daher nicht nachkommen.
…“
(Beilage ./20 der Klagebeantwortung der MB im Verfahren 39 Cg 60/17d des HG Wien).
Der Inhalt des Versendungsdatums sowie das zeitnahe Einlangen des Schreibens vom 10.07.2017 bei der rechtsfreundlichen Vertretung der BF sind unstrittig und ergeben sich bereits aus dem Vorbringen der BF in ihrer Beschwerde vom 24.07.2018.
Rechtlich folgt:
Gemäß § 69 Abs. 4 DSG sind zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des DSG bei der Datenschutzbehörde oder bei den ordentlichen Gerichten zum Datenschutzgesetz 2000 anhängige Verfahren nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der DSGVO fortzuführen mit der Maßgabe, dass die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte aufrecht bleibt.
Gemäß Art. 77 Abs. 1 DSGVO hat jede betroffene Person unbeschadet eines anderweitigen verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde, insbesondere in dem Mitgliedstaat ihres Aufenthaltsorts, ihres Arbeitsplatzes oder des Orts des mutmaßlichen Verstoßes, wenn die betroffene Person der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen diese Verordnung verstößt.
Gemäß Art. 79 Abs. 1 DSGVO hat jede betroffene Person unbeschadet eines verfügbaren verwaltungsrechtlichen oder außergerichtlichen Rechtsbehelfs einschließlich das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde gemäß Art. 77 das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf, wenn sie der Ansicht ist, dass die ihr aufgrund dieser Verordnung zustehenden Rechte infolge einer nicht im Einklang mit dieser Verordnung stehenden Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten verletzt wurden.
Gemäß § 24 Abs. 1 DSG hat jede betroffene Person das Recht auf Beschwerde bei der Datenschutzbehörde, wenn sie der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen die DSGVO oder gegen § 1 und Art 2 erstes Hauptstück verstößt.
Gemäß Abs. 4 erlischt der Anspruch auf Behandlung einer Beschwerde, wenn der Einschreiter sie nicht binnen eines Jahres, nachdem er Kenntnis von dem beschwerenden Ereignis erlangt hat, längstens aber binnen drei Jahren, nachdem das Ereignis behauptetermaßen stattgefunden hat, einbringt. Verspätete Beschwerden sind zurückzuweisen.
Gemäß § 34 Abs. 1 DSG 2000 erlischt der Anspruch auf Behandlung einer Eingabe nach § 30, einer Beschwerde nach § 31 oder einer Klage nach § 32, wenn der Einschreiter sie nicht binnen eines Jahres, nachdem er Kenntnis vom beschwerenden Ereignis erlangt hat, längstens aber binnen drei Jahren, nachdem das Ereignis behauptetermaßen stattgefunden hat, einbringt. Verspätete Beschwerden sind zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 23.05.2019 6Ob91/19d beschäftigte sich der OGH ausdrücklich mit der Frage der „Doppelgleisigkeit der Rechtsschutzmöglichkeiten in Bezug auf Art. 77 Abs. 1 und Art. 79 Abs. 1 DSGVO“.
Er führte dort zusammengefasst aus, in der Literatur werde die Doppelgleisigkeit der Rechtsschutzmöglichkeiten weitgehend bejaht. Demnach sei das „One-Stop-Shop“-Prinzip gerade nicht (ausnahmslos) durchgehalten. Im Gesetzgebungsprozess auf europäischer Ebene habe Österreich als einziger Staat gegen die Verabschiedung der DSGVO gestimmt, weil durch die Parallelität der Rechtsschutzmöglichkeiten die Gefahr von sich widersprechenden gerichtlichen Entscheidungen in derselben Sache entstehe und eine Verletzung des Grundsatzes „res judicata“ im Raum stehe. Gerade diese Episode der Gesetzwerdung spreche aber dafür, dass die DSGVO vom EU-Gesetzgeber gewollt eine Zweigleisigkeit des Rechtsschutzes normiert habe. In welchem Verhältnis Art. 77, 78 und Art. 79 zueinander stehen, regle die DSGVO nicht. Daran änderten die Erläuterungen im Bericht des Verfassungsausschusses (ErläutAB 1761 BlgNR. 25. GP 30) nichts, da einerseits dem Gesetzeswortlaut selbst der offenbar vom Gesetzgeber intendierte Ausschluss des Zivilrechtswegs nicht zu entnehmen sei, andererseits die DSGVO unmittelbare Geltung habe und unmittelbar anwendbar sei, weshalb der DSGVO widersprechende nationale Regelungen infolge des Vorrangs des EU-Rechts unangewendet bleiben müssten.
Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre sei aus Art. 94 Abs. 1 B-VG das Gebot abzuleiten, eine Angelegenheit zur Vollziehung entweder gänzlich den Gerichten oder den Verwaltungsbehörden zuzuweisen. Das Verbot von Parallelzuständigkeiten verpflichte den Gesetzgeber dazu, objektiv erfassbare Kriterien für die Zuständigkeit des einen oder des anderen Vollzugsorganes aufzustellen. Zulässig sei es aber, einen Lebenssachverhalt in mehrere Aspekte aufzuspalten, dh, es dürfe in ein und derselben Angelegenheit der Verwaltungsbehörde die bescheidmäßige Feststellung des Vorliegens eines Tatbestandselements, dem Gericht dagegen die Feststellung des Vorliegens anderer Voraussetzungen übertragen werden.
Das DSG 2000 habe in § 31 Abs. 2 noch eine Abgrenzung und ausdrücklich keine Parallelzuständigkeit vorgesehen. Nunmehr sehe § 24 Abs. 1 DSG vor, dass jede betroffene Person das Recht auf Beschwerde bei der Datenschutzbehörde habe, wenn sie der Ansicht sei, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen die DSGVO oder gegen § 1 und Art. 2 erstes Hauptstück DSG verstoße. Nach den Gesetzesmaterialien soll diese Bestimmung das Recht auf Beschwerde nach Art. 77 DSGVO umsetzen. Der Umstand, dass dem (dort) Kläger gegebenenfalls mehrere Rechtsschutzmöglichkeiten der verschiedenen innerstaatlichen Stellen offenstehen, wobei jeweils eine nachprüfende Kontrolle der Entscheidungen durch unabhängige Gerichte gewährleistet sei, stelle jedenfalls keine Verletzung eines unverzichtbaren Kerns des österreichischen Verfassungsrechts dar.
Dies bedeutet für den gegenständlichen Fall:
Wenngleich Gegenstand der zitierten Entscheidung die Frage war, ob neben der gegebenen Zuständigkeit der Datenschutzbehörde eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte bestand, hier aber die umgekehrte Frage zu lösen ist, ob auch im Falle der Inanspruchnahme ordentlicher Gerichte bei gleichem Streitgegenstand eine Inanspruchnahme der Datenschutzbehörde in Frage kommt, schließt sich das Verwaltungsgericht der Argumentation des Obersten Gerichtshofes an, wonach die Parallelität der Rechtsschutzmöglichkeiten nach der in Österreich unmittelbar anwendbaren DSGVO zulässig ist und der Umstand der parallelen Inanspruchnahme der administrativen Zuständigkeit unter nachfolgender gerichtlicher Kontrolle keinen unverzichtbaren Kern des österreichischen Verfassungsrechts berührt.
Die belangte Behörde begründete ihre Zurückweisung der Datenschutzbeschwerde allein mit der ihrer Ansicht nach gegebenen Unzulässigkeit der Inanspruchnahme der Datenschutzbehörde, weil in casu bereits ein ordentliches Gericht mit derselben Sache befasst sei. Die belangte Behörde bejahte dabei die Vorfrage einer Identität des Streit- bzw. Beschwerdegegenstands.
Die BF wandte sich in ihrer Beschwerde offenbar nicht gegen die Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach eine Zweigleisigkeit des Rechtsschutzes bei gegebener Identität des Streitgegenstandes zu verneinen sei, sondern verneinte die Identität des Streit- bzw. Beschwerdegegenstandes betreffend das von der BF geführte Verfahren vor dem Handelsgericht einerseits und jenes vor der Datenschutzbehörde andererseits.
Wie dargestellt, schließt sich das Verwaltungsgericht der ausführlich begründeten Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofs an, wonach eine derartige Zweigleisigkeit ausdrücklich gewollter Regelungsinhalt der DSGVO ist. Eine Zurückweisung aus den von der belangten Behörde genannten Gründen, eines Ausschlusses der parallelen Rechtsdurchsetzung kommt daher nicht in Betracht, ohne dass es eines Eingehens auf die Behauptung der BF ankäme, dass der Streit- bzw. Beschwerdegegenstand nicht ident sei (in diesem Fall stünde ebenso der Rechtsweg an die Datenschutzbehörde offen).
Eine Entscheidungskompetenz der belangten Behörde ist daher grundsätzlich zu bejahen.
Sowohl nach alter (DSG 2000) als auch neuer Rechtslage ab 25.05.2018 bestanden und bestehen Präklusionsregeln für die Geltendmachung von Datenschutzrechtsverletzungen. Beide Bestimmungen enthalten eine subjektive kurze Präklusionsfrist (binnen eines Jahres ab Kenntnis des beschwerenden Ereignisses) sowie eine objektive lange Frist (längstens binnen drei Jahren, nachdem das Ereignis behauptetermaßen stattgefunden hat).
Bereits nach dem eigenen Vorbringen und unter Zugrundelegung des Schreibens der BF durch ihre anwaltliche Vertretung an die MB am 03.07.2017 war die BF zum damaligen Zeitpunkt in Kenntnis des Umstandes, dass (nach ihrer Behauptung) die MB das „Arzt-Profil“ der BF unzulässig auf der Plattform XXXX veröffentlichte, ebenso nach Ansicht der BF unzulässige Bewertungen. Zwar bezieht sich das Schreiben vom 03.07.2017 anfangs auf einen bestimmten Aspekt, nämlich die Sachverständigeneigenschaft der BF. Aus den (oben widergegebenen) letzten Absätzen geht aber unzweifelhaft hervor, dass die BF bereits damals ihren gesamten im nunmehrigen Verfahren vorgetragenen Rechtsstandpunkt in voller Kenntnis der Sachlage, die auch den Eingaben in diesem Verfahren zugrunde liegt, verfolgte. Im weiteren Verfahren (siehe die Beschwerde vom 24.07.2018, die Äußerung vom 18.09.2018 sowie die nunmehrige Beschwerde vom 31.01.2019) ist kein weiteres wesentliches Sachverhaltselement behauptet, das nicht offenbar bereits vom Schreiben vom 03.07.2017 und dem damaligen Löschungsbegehren erfasst war.
Zu Recht führte die belangte Behörde aus, dass der in der Beschwerde vom 24.07.2018 auch erhobene Widerspruch nach Art. 21 DSGVO (in den Anträgen nicht enthalten) vom begehrten Recht auf Löschung konsumiert ist.
Die MB wies in ihrer Stellungnahme vom 31.08.2018 bereits auf eine Verspätung der Beschwerde im Sinne des § 24 Abs. 4 DSG hin. Die BF äußerte sich in ihrer Stellungnahme vom 18.09.2018 dazu (Punkt 2.) dahingehend, die MB habe in ihrem Schreiben vom 24.05.2018 die Auffassung vertreten, dass eine Zustimmung zur Verarbeitung dieser Daten nicht erforderlich sei, somit sei „mit Schreiben vom 24.05.2018 auf Basis des neuen Datenschutzgesetzes erforderliche Überprüfungstatbestand gesetzt worden“. Mit Schreiben vom 22.06.2018 sei auf Basis der neuen Rechtslage die Löschung begehrt worden. Die Zuständigkeit der angerufenen Behörde sei gegeben.
Abgesehen von der grammatikalischen Unverständlichkeit des zweiten Absatzes des Punktes 2. der Datenschutzbeschwerde vom 18.09.2018 ist auch nicht ersichtlich, inwieferne ein – im Verfahren offenbar nicht vorgelegtes – weiteres Ablehnungsschreiben der MB vom 24.05.2018 Relevanz für die mit 3.7.2017 beginnende Präklusionsfrist für die BF haben könnte. Wenn die BF offenbar meint, durch die Änderung der Rechtslage bzw. die Ablehnung der Ansprüche der BF durch die MB sowie ihr weiteres Aufforderungsschreiben vom 22.06.2018 liege kein Verstoß gegen Präklusionsfristen vor, so ist dieser Sichtweise nicht beizutreten.
Präklusiv- bzw. Verjährungsfristen dienen der Sicherstellung einer Verfahrensführung binnen angemessener Frist, sodass insbesondere Beweisschwierigkeiten vermieden werden sollen. Durch die (formale) Änderung der Rechtslage tritt keine Unterbrechung der genannten Präklusionsfristen ein, wobei sich hier an der materiellen Formulierung dieser Präklusionsfristen ohnedies nichts geändert hat. Der Umstand, dass der von der BF in vorprozessualer Korrespondenz geltend gemachte Standpunkt abgelehnt und sodann unwesentlich modifiziert weiterhin geltend gemacht wurde, ändert am Lauf der Präklusionsfrist des § 24 Abs. 4 solange nichts, solange die „Kenntnis vom beschwerenden Ereignis“ nicht berührt wird. Da aber, wie festgestellt, die BF bereits zum Zeitpunkt ihres ersten Aufforderungsschreibens, am 03.07.2017, in Kenntnis des gesamten sie beschwerenden Ereignisses, das sie zum Gegenstand des Verfahrens vor der belangten Behörde machte, war, war der diesbezügliche Anspruch auf Behandlung im Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde am 26.07.2018 bereits erloschen gewesen.
Zwar beschränkte die belangte Behörde ihre Begründung der Zurückweisung allein auf die Frage der Zulässigkeit der parallelen Inanspruchnahme der administrativen Zuständigkeit. Wie die belangte Behörde aber richtig in ihrer Stellungnahme zur Aktenvorlage ausführt, umfasst der Beschwerdegegenstand vor der belangten Behörde und somit vor dem Verwaltungsgericht die Frage, ob die belangte Behörde die Beschwerde zu Recht zurückgewiesen hat.
Auch eine verspätete Beschwerdeerhebung im Sinne des § 24 Abs. 4 DSG führt zu einer Zurückweisung (dort letzter Satz). Die belangte Behörde hat die Beschwerde daher - wenn auch aus einem anderen Grund - im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, sodass der Beschwerde - wiederum im Ergebnis - kein Erfolg zukommt.
Eine mündliche Verhandlung konnte entfallen. Eine solche wurde nicht beantragt und der für die zu treffende rechtliche Beurteilung maßgebliche Sachverhalt (einschließlich der auf Grund der allen Parteien bekannten und vorliegenden Urkunden ergänzend festgestellte Sachverhalt) steht fest.
Der Ausspruch der Unzulässigkeit der Revision beruht auf den Umstand, dass sich die Zweigleisigkeit des Rechtsschutzes gemäß Art. 77 Abs. 1 und Art. 79 Abs. 1 DSGVO letztlich eindeutig aus dem Verordnungstext ergibt und dieser Umstand durch den OGH ausdrücklich klargestellt wurde.
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